von Dirk C. Fleck.
Kaufland wirbt zur Zeit in einer groß angelegten Plakataktion und im Hauskatalog mit einem rohen Steak und dem Slogan „500 Gramm Liebe“. Was ging in den Köpfen der gekauften Werbetexter vor, die sich im Auftrag dieses Konzerns tage-, ja wochenlang im Team um den griffigsten Slogan zur Ankurbelung des Fleischkonsums gestritten haben? In diesem Fall siegte am Ende die Liebe.
Ich erinnere mich an einen anderen, noch perverseren Slogan der Fleischindustrie, der Mitte der neunziger Jahre auf Deutschlands Litfaßsäulen prangte. Und wieder war ein saftiges, rohes Steak auf weißen Grund das Bildmotiv. Darüber stand unübersehbar der Satz: „Wenn des frischer wäre, würde es Muh machen!“
In meinem Roman „GO!-Die Ökodiktatur“ findet einmal pro Woche ein Schauprozess statt, der über die „Home-Computer“ in jeden Haushalt übertragen wird. Angeklagt sind ehemalige Wirtschaftsbosse, Politiker, Journalisten und eben auch die Damen und Herren aus der Werbebranche der vorrevolutionären Zeit, die ja der Treibriemen für den alles vernichtenden Suprakapitalismus war. Unter anderem stand der Chef jener Agentur vor Gericht, die den Muh-Slogan zu verantworten hatte.
So etwas kann man machen in einem Roman – das erleichtert, zumindest den Schreiber, der sich in seinem Unverständnis für die eigene Spezies noch ganz andere Strafmaßnahmen ausgedacht hat. So ist es den „Grünhelmen“ erlaubt, auf der Straße jederzeit sogenannte Erziehungsrazzien durchzuführen und willkürlich Leute zu verhaften, auf LKW`s zu verladen, um sie dann in stillgelegten Schlachthöfen über Video-Installationen mit dem millionenfachen Leid der Tiere zu konfrontieren, das hier mitten unter uns rund um die Uhr stattgefunden hat.
Wenn es nach mir ginge (Gott sei Dank geht es nicht nach ihm – werden die Fleischesser unter euch jetzt denken), würde ich am liebsten jeden Menschen, der Fleisch essen will, dazu verdonnern, sich einer Führung durch einen Schlachthof zu unterziehen. Er bekommt dann vom Staat ein sogenanntes Fleischzertifikat, das ihn berechtigt, sich am Tresen einer Fleischtheke anzustellen, um sich dort dieses oder jenes mit Angsthormonen gesättigte Steak abwiegen zu lassen. Ich höre schon eure Empörung und natürlich schallt mir aus euren Reihen auch das Gleichnis vom Löwen entgegen, der, einem Naturgesetz folgend, die Gazelle reißt.
Ach Leute, ihr werdet mehrheitlich ja doch beim Fleischkonsum bleiben. Weil es gesund ist, wie man uns weismachen will, wegen des Eiweißgehalts, ihr wisst schon. Einige werden darauf verweisen, dass sie nur noch einmal die Woche Fleisch essen – vielleicht stimmt das sogar. Aber solange ihr das Gebrüll der Tiere nicht gehört habt, solange ihr ihren Angstschweiß nicht gerochen habt und solange ihr ihnen nicht in die Augen geschaut habt, wenn die Stahlzange zugeschlagen hat, während sie auf den Bozenschuss warten – solange werdet ihr, die Schuldigen an diesem Elend, eure Händen in Unschuld waschen. 500 Gramm Liebe schmecken euch immer. Wohl bekomms. Oder ist etwa jemand unter euch, der sich dieser alles vernichtenden Spezies gar nicht mehr zugehörig fühlt, wie der ehemalige Sänger der Rockgruppe The Smiths, Steven Patrick Morissey, der gesagt hat:
“I am not a man!/ I’d never kill or eat an animal/ And I never would destroy this planet I’m on/ Well … what do you think I am… a man?”
PS: Mein Artikel „Von der Würde der Tiere“ hat es auf KenFM.de unter den zehn Top-Beiträgen inzwischen auf Platz 1 gebracht. Gemessen wird das an der Zahl der Kommentare, in diesem Fall sind es bisher 554. Das zeigt immerhin, wie aufwühlend das Thema wirkt, wenn es denn klar und radikal angesprochen wird.
Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.
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