Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger.
Nachdem die Gerichte in zweiter Instanz die Berliner Verwaltungsbehörden mit ihrem Verbot der Großdemonstration in die Schranken gewiesen hatten, sollten starke Polizeikräfte die Verhinderungsabsicht des Senats umsetzen. Trotz massiver Behinderungen strömten Tausende Menschen nach Berlin. Schon ab 9:30 Uhr füllten sich zügig die Straßen zwischen dem Brandenburger Tor, Unter den Linden und der Friedrichstraße bis hin zur Torstraße. Es war ein buntes Treiben, ähnlich dem Love-Parade-Feeling der 1990er, mit vielen Fahnen und Transparenten, wie „Sommer der Demokratie 2020“, „Familienvater gegen Verschwörungstheoretiker“ usw. Am sowjetischen Heldendenkmal war ein Transparent unter dem Panzerbug des T34 „Peaceful Revolution Dancing for Democracy“ angebracht und vor dem Podest stand ein großes Porträt von John Lennon mit der Aufschrift „IMAGINE“.
Die anfängliche friedlich-freudige Stimmung ist aus den Bildern abzulesen. Doch dann spielte die Polizei pflichtgemäß die Eskalationskarte und ließ den Demo-Zug nicht starten. „Nach 13 Uhr war allen anwesenden Menschen auf der Gesamtlänge der Friedrichstraße klar und bewusst – dieser Tag entwickelt sich leider nicht so, wie von Hunderttausenden erwünscht und erdacht.“(1)
Die Chance, dass sich Berlin weltweit als Stadt des Friedens zeigen konnte, wurde von Bürgermeister Müller und Innensenator Geisel vereitelt. Stattdessen wurde auf Provokation gesetzt. Die Leitmedien trugen mit dazu bei, ein schiefes Licht auf die Demonstration zu werfen, indem sie die Demonstranten unisono in die rechte Ecke stellten. Diese Diffamierungsrechnung wird nicht aufgehen, da Menschen aus aller Welt vor Ort waren und ihre Eindrücke verbreiten, so wie Martin Armstrong. Er postete unter der Aufschrift „Berlin Protest is multi-national and huge“ nach Wilmington/Delaware: „Die Politiker, die all diese Menschen als Nazis bezeichnet haben, merken nicht, dass es Menschen mit Flaggen aus Israel, den USA, Österreich, Frankreich und Deutschland sind. Es ist einfach erstaunlich, wie korrupt die Politiker und die Medien sind, ständig den Charakter der Menschen falsch darzustellen, die mit Gates und Schwab mit seinem Weltwirtschaftsforum nicht einverstanden sind. Sie plädieren dafür, dass Anwälte helfen, sie und ihre Kinder vor der Gates-Agenda zu schützen.“(2) Die Bilder des Tages wurden von Dutzenden alternativen Kamerateams in die Welt geschickt. Da wird es wenig helfen, wenn die deutschen Qualitätsmedien den Kopf in den Sand stecken und die Demonstration marginalisieren. So wurde über das Top-Ereignis des Tages, die engagierte Rede vom US-Rechtsanwalt und Umweltaktivisten Robert Francis Kennedy junior, Neffe des US-Präsidenten John F. Kennedy, einfach nicht berichtet.
Er sprach wie sein Onkel im Juni 1963 an der Siegessäule und wiederholte unter tosendem Beifall dessen weltberühmten Satz: „Ich bin ein Berliner.“
Am Beginn seiner Rede lenkte er den Blick auf die USA:
„In den Vereinigten Staaten behaupten die Medien, ich sei hierhergekommen, um mit 5.000 Nazis zu reden. Und morgen werden sie genau das berichten, dass ich zu etwa 83 bis 5.000 Nazis geredet habe. Und ich sehe hier das Gegenteil von Nazismus. Ich sehe Leute, die die Demokratie lieben, die eine offene Regierung wollen und Anführer, von denen sie nicht belogen werden. Sie wollen keine Anführer haben, die wahllos irgendwelche Regelungen erlassen, um unsere Demut und unsere Unterwürfigkeit zu erwirken. Wir wollen Anführer, die keine Verbindung zur Pharma-Industrie haben, die für uns arbeiten und nicht für die Pharma-Lobby. Wir wollen Politiker, die sich um unsere Kinder kümmern, und nicht um den Profit der Pharma-Lobby und ihren eigenen Profit“, lautete sein Appell an die Verantwortlichen in der Coronakrise; und er fuhr fort:
“Regierungen lieben Pandemien. Und sie lieben sie aus den gleichen Gründen, aus denen sie den Krieg lieben – weil es sie in die Lage versetzt, Kontrollmechanismen zu installieren, die wir sonst niemals akzeptieren würden.“(3)
Unter Verweis auf den berühmten Berlin-Besuch des US-Präsidenten Kennedy im Juni 1963 sagte er, sein Onkel sei damals nach Berlin gekommen, weil in der Stadt die Front gegen Totalitarismus verlaufen sei. “Heute ist Berlin wieder die Front gegen Totalitarismus”, fügte er an.
Energisch wandte er sich in seiner Rede gegen den Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes, warnte vor einem Überwachungsstaat mit Gesichtserkennung und digitaler Währung, die uns in die Sklaverei führe. In diesem Zusammenhang attackierte er unter anderem Microsoft-Gründer Bill Gates, der zusammen mit Fauci und anderen die Pandemie seit Jahrzehnten geplant habe.
In den deutschen Mainstream-Medien wurde die Rede Kennedys nicht einmal erwähnt. Stattdessen wurden die „mutigen Frauen“ in Belarus gelobt, die trotz Demonstrationsverbot gegen Lukaschenko protestierten. Wie würden unsere Medien wohl jubeln, wenn eine so kraftvolle Demonstration mit so einem prominenten Redner in Kiew oder Moskau stattgefunden hätte – ganz zu schweigen von dem übergriffigen und unverhältnismäßigen Polizeieinsatz in Berlin!
Mit ihrem Verbotsversuch und dem Vorgehen der Polizei haben die Berliner Senatoren dem Ansehen Deutschlands schwer geschadet, denn die Bilder des Tages wurden dank der Veranstalter als Live-Streams in zig Sprachen in die ganze Welt ausgestrahlt.
Eine dem offiziellen Bild diametral entgegengesetzte Beurteilung hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten (Hamburger Signal) e.V. verfasst. Der Bundessprecher Thomas Wüppesahl war mit drei Mitgliedern vor Ort – örtlich getrennt und elektronisch koordiniert. Wüppesahl legte während der Demo 15 km zurück und kann auf reichliche Demonstrationserfahrungen sowohl als Veranstalter wie auch als Teilnehmer oder Beobachter zurückgreifen. So ist seine 11-seitige Pressemitteilung ein Zeitdokument:
Am 29. August „waren nach unserer gesicherten Einschätzung hunderttausende auf den Straßen der Berliner Innenstadt mit unterschiedlichen Demonstrationszielen und in mindestens sieben verschiedenen Demonstrationen unterwegs. Ihr Ziel: Änderungswünsche an Politik und Verwaltung bzgl. des Corona-Krisenmangements.“(4)
Die vier Polizisten erlebten Abläufe wie bei den Anti-AKW-Demonstrationen in Brokdorf, Wackersdorf, Gorleben und anderorts. Teilweise Vergleichbares fand damals auch bei den großen Friedensdemonstrationen statt: „Es herrschte eine gelöste wie friedvolle Grundstimmung. Ähnlich wie am 3. Oktober 1990 am gleichen Spielort: 1. Feiertag zur (sog.) Deutschen Einheit. Es wurde musiziert, sogar ein Piano auf der „Straße des 17. Juni“, der Bundesstraße 2, und viele Dinge die wir von Anti-Atom-Demonstrationen von Form und Auftreten her kennen. Die Menschen waren locker, wenige verbiesterte Zeitgenossen darunter.“
Gegen 20 Uhr erfolgte der „Versuchte Sturm des Reichstages“. Ein rechtes Häuflein Verirrter wurde von einem Demagogen aufgehetzt, die Absperrungen zum Reichstag zu durchbrechen.
„Es war also auch für ungeschulte Köpfe erkennbar“, so die kritischen Polizisten, „dass hier zumindest versucht wurde, ein Gefährdungs- und Bedrohungsszenario zu einer handfesten Störung oder mehr im Sinne der Polizeigesetze zu dynamisieren. Das gelang leider auch. Entscheidend aber wegen der Minusleistung des Polizeiabschnittsführers“.
Haben staatlich bezahlte V-Leute den „Sturm“ gesteuert?
Die Kritischen PolizistInnen fordern von den Behörden, offenzulegen, wie viele V-Leute und andere Spitzel in den Versammlungen mitliefen. Gerade auch von den Landesverfassungsschutzämtern seien Dutzende von V-Leuten vor Ort gewesen.
Und bei dem Irrlichter-Club abends vor dem Reichstagsgebäude, aus dem heraus der „Sturm der Bastille“ nachgedreht werden sollte, müssen diverse Spitzel gewesen sein. Wir wollen wissen:
- In welcher Rolle?
- Mit welchen Tathandlungen?
- Von welchen Behörden?
Abschließend wird festgestellt:
„Die Berliner Polizei wurde also gestern folgerichtig so geführt, dass am Ende ein gewisses Maß der Rechtfertigung für die Verbotsintention von Innensenator und Polizeipräsidentin existierte. Durch eine angebliche Reichstagsgefährdung und den Unsinn vor der russischen Botschaft, wenige hundert Meter entfernt. Beides unerträglich.“
Prompt nannte am Folgetag Bundespräsident Steinmeier den „Demonstranten-Sturm“ auf den Reichstag “unerträglich”, und Politiker aller Parteien reagierten mit Entsetzen.(5)
Obwohl viele Demonstrationsteilnehmer ihre Situationsvideos posteten, ist die Dokumentation der Kritischen PolizistInnen von unschätzbarem Wert. Wir müssen ihnen dankbar sein!
Hinweis: Bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus dem neuen Buch „Schwarzbuch NATO & EU. Warum die Welt keinen Frieden findet” von Wolfgang Effenberger, das am 21. September im zeitgeist-Verlag erscheinen wird. In Kürze kann es vorbestellt werden.
Quellen und Anmerkungen:
4) Thomas Wüppesahl Pressemitteilung: Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten (Hamburger Signal) e.V. vom 30. August 2020
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: Jochen Gittel / shutterstock
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