Russenangst macht Umsatz und Macht.
Von Uli Gellermann.
Erst neulich wieder: “Russischer Geheimdienst womöglich in Mord an Exil-Georgier verwickelt” war im Hamburger SPIEGEL zu lesen. Auch wurde der Mörder ein “mutmaßlicher” genannt. Im Artikel wimmelt es nur von „soll“ und „möglich“. Wie fast immer, wenn es um die Russen geht, triumphiert der Konjunktiv über den Journalismus. Drohend geht der Russe um in den deutschen Medien. Flugs tauchte der mutmaßlich Ermordete auch im FOCUS auf: „Spur in Berliner Fahrrad-Mord führt zu russischem Geheimdienst“. Und im Berliner TAGESSPIEGEL: „Nun verdichten sich Hinweise auf eine Verstrickung Russlands“. Immer, wenn sich Hinweise wie von selbst verdichten, sind Dichter am Werk. Legenden-Dichter der Angst vor Russland. Da kann nicht mal das eigentlich seriöse Onlinemagazin TELEPOLIS beiseite stehen. In einem Artikel über den Mordfall schreibt das Heise-Projekt unversehens: „Im Jargon der russischen Nachrichtendienste wurden Mordoperationen, weil bei ihnen meist Blut fließt, verharmlosend als `nasse Sachen´ bezeichnet.“ Zusammenhang zum Fall? Null. Verdächtigung? Hundert.
Diese jüngste Kampagne, eine von den vielen, vielen im Verdächtigungs-Dauerfeuer gegen „den Russen“, lässt fragen, wem das nützt. Die Energie-Industrie macht prima Geschäfte mit den Russen. Die Automobilindustrie auch. Ebenfalls Siemens, Bayer, SAP. Die einzigen, die am Geschäft mit der Angst vor den Russen bombig verdienen, sind die Unternehmen der Rüstungsindustrie. Allen voran RHEINMETALL. Und kratzt man an der Fassade der RHEINMETALL-Besitzverhältnisse, dann findet man BlackRock, das Finanzmonster, das dort seinen dubiosen Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden Larry Fink als Vertreter des Großaktionärs installiert hat. Larry Fink gilt als mächtigster Mann der Wall Street und BlackRock gilt als das größte Finanzimperium der Welt. Das verwaltete Vermögen des Konzerns lag Ende 2017 bei 6,29 Billionen Dollar. Das Glaubensbekenntnis dieser Umsatzmaschinen heißt Profit, Profit, Profit. Und den wirklich fetten Profit macht man immer noch mit Waffen. Deshalb schüren die Dealer des Todes die Angst vor Feinden, vorzugsweise den Russen, die seit Adolf Hitler die Lieblings-Hassobjekte der deutschen Rüstungsindustrie sind, als RHEINMETALL noch „Reichswerke Hermann Göring“ hieß und stolz den Namen des Führerstellvertreters trug und man sein Geld mit dem Nazikrieg und mit Zwangsarbeitern verdiente.
Nur kurz nahm eine erschrockene deutsche Öffentlichkeit an, dass Friedrich Merz das Monster BlackRock in der deutschen Regierung vertreten würde. Aber inzwischen erledigt die mögliche Kanzlerin Kramp-Karrenbauer das schmutzige Geschäft persönlich. Sie hat sich erst jüngst entschieden dafür ausgesprochen, europäischen Rüstungspartnern bei den strengen deutschen Exportregeln entgegenzukommen. Sie will die Umgehungsstrecke deutscher Rüstungsunternehmen wie RHEINMETALL legalisieren, die ihre blutigen Hände in Italien, Ägypten oder in Südafrika waschen lassen. Neben Larry Fink sitzt im RHEINMETALL-Vorstand Ulrich Grillo. Der leitet den Ausschuss für Rohstoffpolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie: Man muss sich doch um die Sicherung kriegswichtiger Rohstoffe kümmern. Als Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie gehört Grillo zu den wichtigsten Lobbyisten des Landes. Wer es für Zufall hält, dass BlackRock und die deutsche Waffenindustrie die Angst vor den Russen schüren, muss ein kompletter Idiot sein: NATO, Trump und die Karrenbauers brauchen den Feind für den Umsatz ihrer Freunde in der Wirtschaft und für die politische Macht: Nichts macht Wähler dümmer als ein böses Feindbild.
Dass eine der Töchter von Ulrich Grillo, Gabriela Grillo, über Jahre als Dressurreiterin und Olympiateilnehmerin die Fassade des Waffen-Funktionärs tünchte, mag ein Zufall sein. Doch das ästhetische Dressurreiten, der Glanz, den edler Sport und elegante Pferde verbreiten, helfen das dreckige Geschäft zu verdecken. Wer mag schon an aufgeplatzte Bäuche oder zermanschte Gliedmaßen denken – alles bekannte Folgen der RHEINMETALL-Produktion – wenn die TV-Mikrophone das Schnauben der Rösser an ihre Zuschauer senden und andächtige Reporter von Reitern sprechen, die mal wieder für Deutschland Medaillen einsammeln. Für Deutschland ist das nicht, was im Rheinmetall Erprobungszentrum Unterlüß geprobt wird. Dort, am Rand des idyllischen Naturparks Südheide, nicht weit von Celle, wird der Krieg geübt. Wird kühl die Zahl der Toten berechnet, die RHEINMETALL-Munition erzielt. Jene Toten, die den Profit der AG erzielen.
Unweit vom Rheinmetall Erprobungszentrum Unterlüß wird man am 7. September 2019 Clara Tempel treffen können. Clara ist für den Frieden in den Knast gegangen, weil sie an einer Besetzung der Startbahn des Atomwaffenlagers Büchel teilgenommen hat und verhaftet wurde. Sie ist auch an der Aktion „Rheinmetall Entwaffnen“ in Unterlüß (s.Link) beteiligt. Es gibt sie, die Friedensbewegung. Was auch immer in deutschen Medien zusammenmanipuliert wird.
FÜR DEN FRIEDEN IN DEN KNAST, Interview mit Clara Tempel:
Bildquelle: Hadrian /shutterstock
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Dieser Artikel erschien am 02. September 2019 auf dem Blog Rationalgalerie.
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