Bundestagsuntersuchungsausschuss oder Tribunal? • STANDPUNKTE

Wollen wir auf einen nicht existenten Selbstreinigungsprozess vertrauen?

Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Die Forderung von Ken Jebsen nach einem Corona-Untersuchungsausschuss (ausgehend von der letzten Ausgabe von Me, Myself and Media 57 auf dem Portal KenFM), hat nicht nur die bereits existierenden Gesinnungsprüfungsseiten, auch “Faktenchecker” genannt, auf den Plan gerufen, sondern auch neue Verfechter der einzig wahren Meinung, welche verzweifelt versuchen, die öffentliche Meinung davon abzuhalten, den Glauben an die Aussagen der Regierung zu verlieren.

Die Chance, dass es überhaupt zu einem Untersuchungsausschuss im Bundestag kommen könnte, ist gering, denn praktisch alle im Bundestag vertretenen Parteien haben die Maßnahmen der Regierung aus Furcht, durch einen populistischen Angst-Tsunami in Ungnade zu fallen, unterstützt. Und nun ist die Paria-Partei AfD die einzige, welche einen Untersuchungsausschuss fordert. Und andere Oppositionelle trauen sich nicht, “gemeinsame Sache” mit der AfD zu machen, aus Angst vor “Querfront”-Vorwürfen und den üblichen Totschlagargumenten.

Aber selbst wenn es zu einem Untersuchungsausschuss kommen würde, bleibt die Frage, welches Ergebnis ein solcher Ausschuss denn erzielen könnte. Was wurde denn durch die diversen vorhergehenden Untersuchungsausschüsse erreicht? Schauen wir uns den vielleicht größten Skandal der letzten Jahre an, der angeblich durch die NSU-Untersuchungsausschüsse (1) aufgearbeitet wurde. Was war das Ergebnis? Die wichtigsten Unterlagen verschwanden für 120 Jahre in der Geheimhaltung! (2)

Man schaue sich die Liste der Untersuchungsausschüsse an und überlege dann, welcher davon ernsthafte Folgen und eine echte Auswirkung auf die öffentliche Meinung hatte. (3) Ich glaube, ein Untersuchungsausschuss mehr oder weniger würde keinen Einfluss auf die Gesellschaft haben. Das Verfahren würde sich über Jahre hinziehen, in der Zwischenzeit werden Fakten geschaffen, das Interesse an dem Ausschuss wird immer kleiner, und die Medien tun alles, um die Nachrichten zu verwässern. Was wäre eine Alternative?

Das Tribunal

Als Alternative bietet sich ein öffentliches Tribunal an. Natürlich werden weder die Regierung, noch die Regierungspolitiker an diesem teilnehmen. Aber ist dies wirklich notwendig? Es gibt so viele öffentlichen Aussagen der Politiker und der die Regierung vertretenden Wissenschaftler, und es gibt die Möglichkeit des Einklagens der Freigabe von Dokumenten. “Frag den Staat” hat eine gute Historie der Beschaffung von Unterlagen, die scheinbar in den staatlichen Tresoren versteckt gehalten wurden. Auf diese Weise besteht zumindest die vage Möglichkeit, zu rekonstruieren, was wirklich passierte, und wer für was verantwortlich ist.

Die “Richter”

Als Richter und Moderatoren des Verfahrens sollten ausländische Persönlichkeiten wirken, die noch nicht mit einer expliziten Meinung zur Corona-Affäre aufgetreten waren, also nicht als voreingenommen gelten können. Vorzugsweise sollten sie deutschsprachig sein. Idealerweise gehören sie unterschiedlichen politischen Richtungen an. Alternativ oder zusätzlich könnte man pensionierte deutsche Richter oder Politiker hinzuziehen, welche als Autoritäten allgemein anerkannt werden, und noch nicht mit einer klaren Meinung in der Öffentlichkeit aufgetreten waren.

Die “Ankläger”

Als Ankläger empfehlen sich natürlich die hauptsächlichen Vertreter der Kritik an der Regierung während der Corona-Krise. Da wären zum Beispiel der Herausgeber des Rubikon, Jens Wernicke und der erste und wichtigste Kritiker, Dr. Wolfgang Wodarg.

Die “Verteidiger”

Das größte Problem dürfte die Suche nach Verteidigern sein, weil die meisten Anhänger der Regierung sich weigern werden, an einem solchen Tribunal teilzunehmen. Die Aufgabe wäre deshalb, neutrale Wissenschaftler und/oder Juristen zu finden, die bereit sind, in glaubhafter Weise das Interesse der beschuldigten Regierungspolitiker zu vertreten.

Die Zeugen

Die Liste der Zeugen ist sicher so lang, dass sich die Dauer des Tribunals über Monate hinziehen dürfte. Wenn ich alleine meine Unterlagen durchsehe, sind es hunderte von wissenschaftlichen und Kritikern aus der Justiz, die auf Grund ihrer Untersuchungen zu dem Schluss kommen, dass die deutsche Regierung drastische Fehler bei der Behandlung der Corona-Krise gemacht hat. Dabei ist es vollkommen unerheblich, ob es zu einer “zweiten” oder überhaupt einer Welle kommen wird.

Die Öffentlichkeit

Das Verfahren muss natürlich öffentlich sein, es muss live gestreamt und auf einem unabhängigen Server in Video-Dateien gesichert werden. Transkripte und Zusammenfassungen müssen erstellt und für mediale Weiterverarbeitung vorbereitet werden.

Die Finanzierung

Jetzt kommen wir zu einem Punkt, der vermutlich das größte Hindernis für die Realisierung eines solchen Tribunals sein wird: Die Finanzierung. Für das vermutlich monatelange Verfahren werden Kosten in Millionenhöhe anfallen. In der Vergangenheit waren daher Tribunale stets durch große Organisationen oder Staaten gesponsert worden (8). Dies dürfen wir im vorliegenden Fall aber nicht erwarten. Im Gegenteil. Es wird alles getan werden, um das Tribunal zu verhindern.

Bleibt die Hoffnung auf einen unbekannten Spender? Das würde sofort den Vorwurf der Einflussnahme hervorrufen, den dann das Verfahren ausräumen müsste. Alternative oder zusätzliche Quelle der Finanzierung könnte natürlich ein Crowd-Funding-Projekt sein. In beiden Fällen wäre es hilfreich, wenn die Einzahlungen als Spenden steuerlich abzugsfähig wären. Wenn also das Tribunal durch einen gemeinnützigen Verein organisiert werden würde. Aber auch das wird auf den entschiedenen Widerstand des Establishments treffen. Wir sehen, dass immer mehr unbequeme Vereine ihre Gemeinnützigkeit verlieren (9), während zum Beispiel die Stiftungen der politischen Parteien sogar mit demnächst wohl fast einer Milliarde Euro aus Steuergeldern finanziert werden, wenn man die Projektgelder mitrechnet, aus denen die Stiftungen ihre Lobbyarbeit finanzieren (10).

Die möglichen Folgen

Natürlich hat der Ausgang eines solchen Tribunals keine juristischen Folgen. Aber wenn es gelänge, so etwas wie das “Corona Verfassungsbruch Tribunal” (Corona Tribunal of Breach of Constitution) aufzubauen, wäre das nationale und internationale Echo und die Folgen auf die gesellschaftliche Meinung nicht zu unterschätzen.

Für die Organisatoren und angeblichen “Verschwörungstheoretiker” würde ein solches Verfahren nur Vorteile bringen, unabhängig vom Ausgang. Denn kommt es zu keiner fundierten Beschuldigung der Regierung eines Fehlverhaltens, wird man den “Verschwörungstheoretikern” zubilligen müssen, an einem neutralen Verfahren mit offenem Ausgang teil genommen zu haben. Konkretisieren oder bestätigen sich aber die Thesen der Kritiker der Regierungspolitik sogar, dürften sie endgültig rehabilitiert sein.

Und genau das ist wohl der Grund, warum die Politik alles versuchen wird, ein solches Tribunal zu verhindern. Aus diesem Grund sollte man schon zu Beginn überlegen, das Tribunal nicht in Deutschland, sondern einem Nachbarland, oder vielleicht in Island, durchzuführen. Warum Island? Weil Island eine Geschichte des Widerstandes gegen den Druck globalen Konformismus hat. Erkennbar an der vollkommen unterschiedlichen Behandlung der “Bankenkrise” und des Skandals der Verfolgung von Julian Assange und WikiLeaks.

Universelle Gerichtsbarkeit

Die universelle Gerichtsbarkeit gehört zu einem Weltrechtsprinzip, das über dem Recht nationaler Staaten steht. Es wird in erster Linie für Kriegsverbrechen in Anspruch genommen. Aber in Anbetracht der in der Geschichte Nachkriegs-Deutschlands einzigartigen Folgen der Aktionen der deutschen Regierung, der Behauptung von tausenden von Todesfällen auf Grund des staatlich verordneten Shutdowns, ergibt sich meines Erachtens eine vergleichbare Situation. Waren die Folgen des Shutdowns mit tausenden, ja zehntausenden von Toten tatsächlich schlimmer, als es das Coronavirus jemals hätte sein können?

In einem Kriegsverbrecherprozess wird untersucht, ob die eingesetzten Mittel, durch die Menschen starben, durch die behaupteten befürchteten Opfer legitimiert waren. Das Gleiche gilt für die Maßnahmen, welche die Bundesregierung gegen die deutsche Bevölkerung verhängt hat.

Die Kernfrage, die durch das Tribunal geklärt werden muss ist, ob die Maßnahmen der Bundesregierung berechtigt und angemessen waren, und zusätzlich, falls sich dies bewahrheiten sollte, ob sie möglicherweise notwendig waren, weil es zu einem vorherigen Vernachlässigen der staatlichen Aufgabe der Gesundheitsversorgung gekommen war.

Natürlich wird die Basis der universellen Gerichtsbarkeit weder von den Medien, noch der Politik anerkannt werden. Bliebe im Fall einer “Verurteilung” die Übergabe der Unterlagen an ein Gericht, das eine Verfolgung vornehmen könnte. Aber dieses existiert nicht. Denn alle möglichen Gerichte in Deutschland und der EU werden durch die politischen Parteien bestimmend beherrscht. Deshalb ist das einzige mögliche Gericht die deutsche Gesellschaft, die dann auf Basis der Ergebnisse des Tribunals aufgefordert werden müsste, entweder eine Verurteilung durch Wahlentzug und damit Entzug der Legitimierung auszusprechen, oder die Regierung durch Wahl der staatstragenden Parteien erneut zu bestätigen.

Wobei ziemlich sicher ist, dass sich zunächst nur eine marginale Veränderung in der Gesellschaft bei Wahlen wird erkennen lassen. Ebenso wie es einige Wahlperioden gedauert hatte, bis die Democrazia Christiana in Italien von der führenden Regierungspartei zur Nischenpartei degenerierte, nachdem man ihr die Zusammenarbeit mit der Mafia nachgewiesen hatte (4). Da es in Italien, im Gegensatz zu Deutschland, eine unabhängige Staatsanwaltschaft gibt, darf man natürlich nicht erwarten, dass die Justiz in Deutschland Ähnliches in Angriff nehmen würde (5). Es ist kaum zu erwarten, dass der Justizminister einen Staatsanwalt anweisen wird, gegen die Regierung zu ermitteln.

Die Medien

Entscheidend für die Wirkung eines Corona-Tribunals zur deutschen Politik dürfte die Reaktion der Medien sein. Sollte sich die Phalanx der “Qualitätsmedien” nicht auflösen, obliegt es alleine den alternativen Medien, das Tribunal selbst und seine Ergebnisse zu verbreiten. Das verlangt nach einer Koordination, die bisher noch nicht zu erkennen ist. Sollten die Alternativen es schaffen, diese zu realisieren, könnte sich eine Wirkung ergeben, die durchaus ähnlich zu der Berichterstattung in den offiziellen Medien ist.

Natürlich sind weitere Verleumdungs- und Vernichtungskampagnen gegen die Alternativen zu erwarten. Ebenso wie weiter zunehmender Zensurdruck. Aber inzwischen zeigt sich, dass die Internetnutzer beginnen, Lücken zu nutzen und Zensur zu überwinden. Im Gegenteil scheint es geradezu, dass mit jedem bekannten Fall von Zensur, neue Menschen überzeugt werden, etwas dagegen tun zu müssen. Das ist eine ermutigende Entwicklung.

Den Menschen muss bewusst werden, dass sie auf sich gestellt sind. Es gibt weder eine unabhängige Justiz, noch eine Gewaltenteilung durch Kontrolle der Regierung im Parlament (6). Und auch als Wähler haben sie keinerlei Einfluss auf die Politik, wie Angela Merkel schon 2010 festgestellt hatte (7). Deshalb ist die Gesellschaft, alleine auf sich gestellt, dafür verantwortlich, ob eine Regierung legitimiert wird, indem die Wähler zu den Urnen gehen, oder delegitimiert wird, indem die Wähler sich weigern ihre Stimme abzugeben.

Wenn einmal weniger als 50% der Wähler den politischen Parteien das Vertrauen entziehen, entsteht eine Legitimationskrise, welche nur durch Veränderungen gelöst werden kann. Und Veränderung bedeutet dann, endlich die Versprechungen einzulösen, welche uns das Grundgesetz einst gab. Eine Verfassung, über die das deutsche Volk abstimmen darf, die Strafbarkeit von Verletzungen der Verfassung, und die Realisierung von echter Gewaltenteilung.

Leider ist die De-Legitimation durch Wahlentzug die einzige Waffe, über welche die Menschen in Deutschland verfügen, nachdem die politischen Parteien den Staat gekapert und sich untertan gemacht haben. Die Politischen Parteien haben alle Waffenüberlegenheit auf ihrer Seite: Die Medien, die angeblichen Säulen der Gewaltenteilung, und schließlich die Waffen, mit denen man nicht nur wirtschaftlich, intellektuell oder gesellschaftlich, sondern auch physisch töten kann.

Versuchen wir den Weg eines Tribunals und versuchen wir die wenigen Mittel zu nutzen, die wir zur Verfügung haben. Schon alleine, damit unsere Nachkommen nicht wieder fragen müssen: “Und was habt ihr getan?”

An das Establishment

Und, liebes Establishment, nehmt diesen lächerlichen Versuch doch als Gelegenheit, um zu demonstrieren, wie demokratisch und liberal ihr seid, nutzt das Tribunal als Feigenblatt.

Quellen:

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/NSU-Untersuchungsaussch%C3%BCsse
  2. https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_84106974/warum-bleibt-die-nsu-akte-120-jahre-unter-verschluss-.html
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Untersuchungsaussch%C3%BCsse_des_Deutschen_Bundestags
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Democrazia_Cristiana#Krise_und_Aufl%C3%B6sung_der_DC
  5. https://www.gewaltenteilung.de/
  6. https://kenfm.de/standpunkte-%E2%80%A2-die-einsaeulengewaltenteilung/
  7. https://kenfm.de/standpunkte-%E2%80%A2-das-primat-der-politischen-parteien/
  8. https://de.wikipedia.org/wiki/Kuala_Lumpur_War_Crimes_Commission
  9. https://www.tagesspiegel.de/berlin/vereinigung-nazi-verfolgter-nicht-mehr-gemeinnuetzig-holocaust-ueberlebende-schreibt-offenen-brief-an-olaf-scholz/25259718.html
  10. https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/finanzierung-parteinah-stiftungen-organstreit-bverfg/

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.

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Bildquelle: Sybille Reuter / shutterstock

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