China eindämmen? | Von Jochen Mitschka

Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Die politische Elite der USA und der langsam an Einfluss verlierenden ehemaligen Kolonialländer und Verbündeten haben sich leider nicht dazu durchringen können, eine auf gegenseitigem Vorteil aufgebaute Kooperation mit den neuen aufstrebenden Mächten einzugehen. Stattdessen versuchen sie unter der Führung der USA alles einzudämmen, was die Position Chinas in der Welt stärkt. Dazu gehört neben dem Anfachen von Konflikten, zum Beispiel um Taiwan und Korea, selbstverständlich auch, Chinas Initiativen zu verhindern, die Frieden in den von den Vereinigten Staaten angefachten Kriegen vermitteln wollen. Aber auch hier wird den imperialen Mächten immer mehr die Grenzen der eigenen Macht aufgezeigt. So musste Washington zähneknirschend die neue Zusammenarbeit Saudi-Arabiens mit dem Iran hinnehmen, und damit auch die Bemühungen, den Krieg gegen den Jemen zu beenden. Was natürlich nicht heißt, dass nicht noch ein Ereignis, kontrolliert durch die USA, den Frieden verhindern könnte. Dieser PodCast soll etwas über diese aufregende Zeit berichten, die aber auch leicht in einem großen, einem Weltkrieg, enden könnte. Und wie immer aus der Sicht des Globalen Südens.

Der Widerstand

War Saudi-Arabien einst ein Vasall der USA, hat sich diese Diktatur vollkommen und unerwartet innerhalb kürzester Zeit aus den Zwängen befreit und spielt nun eine vollkommen eigenständige Rolle. Und immer mehr Länder versuchen den gleichen Weg zu gehen. M.K. Bhadrakumar schreibt(1), dass trotz des Lärms, der aus Washington kommt, immer mehr Länder ihre Lieferketten mit China integrieren. Selbst der britische Außenminister unternehme Annäherungsversuche an China, während Zelensky am Mittwoch ein “langes und bedeutungsvolles” Telefonat mit Xi Jinping geführt habe. Die Position Washingtons, Sanktionen und alles andere, löse sich auf, meint der Autor.

Es sei noch zu früh, vorherzusagen, was aus der Rede des britischen Außenministers James Cleverly im Mansion House hervorgehen werde, in der er die Position der Regierung gegenüber China darlegte. Die Global Times habe die Rede mit Zurückhaltung begrüßt. Offensichtlich spüre Großbritannien die Dringlichkeit, sich aus der Ecke zu befreien, in der sich das Land nach dem Scheitern des Five Eyes-Versuchs, die Proteste in Hongkong zu entfachen, wiederfand. Großbritannien könne nicht weit hinterherhinken, wenn die Gesamtinteressen der europäischen Länder, die tiefe, für beide Seiten vorteilhafte Wirtschaftsbeziehungen mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt unterhalten, offensichtlich sind.

Abgesehen davon sei der Zeitpunkt interessant. Cleverlys Rede sei am Vorabend des Telefongesprächs zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und dem ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensky erfolgt. Von seiner einzigartigen Position auf der transatlantischen Achse aus könne Großbritannien Erschütterungen spüren, die sich auf die Geopolitik des indopazifischen Raums und den Ukraine-Konflikt auswirken, die in gewisser Weise miteinander verknüpft sind. Großbritannien sei dabei, sich neu zu positionieren.

Der Inhalt von Gesprächen auf höchster Führungsebene werde nie öffentlich bekannt gegeben, und die überwältigende Masse bleibe unbekannt. Der chinesische Bericht über das Gespräch zwischen Xi und Zelensky am Dienstag verströme jedoch einen positiven Ton, meint der Autor. Und er erklärt, dass Xi die chinesisch-ukrainischen Beziehungen als “strategische Partnerschaft, die die Entwicklung und die Wiederbelebung der beiden Länder fördert” lobte, und dass er dann schmeichelhaft auf die persönliche Rolle Zelenskys verwiesen habe. Xi habe auch Chinas konsequente Position bekräftigt, dass “die gegenseitige Achtung der Souveränität und territorialen Integrität die politische Grundlage der chinesisch-ukrainischen Beziehungen ist.” Xi zeige sich bereit, die strategische Partnerschaft der beiden Länder mit einer langfristigen Perspektive voranzutreiben.

Zum Thema Ukraine habe sich Xi in drei Kernpunkten geäußert:  Chinas “zentrale Haltung ist es, Gespräche für den Frieden zu erleichtern“, wie es in seinem Positionspapier vom 24. Februar heiße; Peking beabsichtige, proaktiv zu handeln, und Dialog und Verhandlungen seien der einzige Weg nach vorn.

Die Bedeutung, so Bhadrakumar, liege darin, dass Xi darauf hinwies, dass in letzter Zeit “rationales Denken und Stimmen zunehmen” und dass Kiew “die Gelegenheit ergreifen und günstige Bedingungen für eine politische Lösung schaffen” sollte. Xi habe den Ball im Auge behalten und könnte angedeutet haben, dass Zelensky immer noch die Nase vorn haben könne, wenn er die riskante, sinnlose Idee einer Gegenoffensive, deren Idee ihm von Washington und London eingepflanzt worden sei, beiseite schiebe.

Xi, der vielleicht Zelenskys Aufgeschlossenheit gespürt habe, schlug vor, dass China “sich für einen baldigen Waffenstillstand und die Wiederherstellung des Friedens einsetzen wird“. Konkret werde China den Sonderbeauftragten der chinesischen Regierung für eurasische Angelegenheiten in die Ukraine und andere Länder entsenden, um mit allen Parteien eingehende Gespräche über eine politische Lösung der Ukraine-Krise zu führen. Ein Zeitplan sei jedoch nicht genannt worden.

In der Zwischenzeit, so der Artikel weiter, hätten die durchgesickerten Pentagon-Dokumente gezeigt, dass die Uneinigkeit, das Misstrauen und die Divergenzen zwischen den USA, Europa und der Ukraine ernsthaft seien und sich weiter verschlimmern. Andererseits sei Washington nicht nur das größte Hindernis für einen Waffenstillstand und Friedensgespräche, sondern dränge die westlichen Verbündeten dazu, sich hinter seine indopazifische Strategie zur Eindämmung Chinas zu stellen.

An dieser Stelle werde der außergewöhnliche Ausbruch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in seinem Interview mit Politico an Bord der Cotam Unité (Frankreichs Air Force One) nach seiner Rückkehr aus China, nachdem er rund sechs Stunden mit Xi verbracht hatte, zu einem entscheidenden Moment. Mehr dazu unter Quellen und Hinweisen(7).

Den Ausschlag habe jedoch das jüngste Durchsickern geheimer US- und NATO-Dokumente über das ukrainische Militär und die mit Spannung erwartete Frühjahrs-Gegenoffensive Kiews gegeben. Die Dokumente enthüllten zahlreiche Nachteile und Unzulänglichkeiten des ukrainischen Militärs und führten zu der streng geheimen Einschätzung Washingtons, dass sich das ukrainische Militär nach den jüngsten Rückschlägen in einer schwierigen Lage befindet.

Verstärkt würde durch die durchgesickerten Geheimdienstberichte, wonach die USA “auch die obersten militärischen und politischen Führer der Ukraine ausspionieren, was das Bemühen Washingtons widerspiegelt, einen klaren Überblick über die Kampfstrategien der Ukraine zu erhalten.” (New York Times) Ein Hauch von Edward Snowden sei zu spüren, und wie die USA ihre Hegemonie versuchten aufrecht zu erhalten.

Nichtsdestotrotz habe ein Leitartikel in der chinesischen Global Times geschrieben:

“Im Laufe der Zeit hat die internationale Gemeinschaft kühlere Überlegungen zu diesem heißen Konflikt angestellt. Vor allem nimmt die Verhandlungsbereitschaft aller Parteien zu, und in verschiedenen europäischen Ländern werden immer mehr rationale Stimmen laut. In gewissem Sinne hat sich die Gelegenheit ergeben, eine politische Lösung für die Ukraine-Krise zu finden.”

Interessant in dem Artikel ist auch, wen China zum Leiter der Delegation zur Beilegung der Ukraine gemacht hat.

„Li Hui, einer der fähigsten Eurasienexperten Chinas, war zuvor über einen außergewöhnlich langen Zeitraum von zehn Jahren (2009-2019) als Gesandter beim Kreml tätig. Er ist sowohl mit der ukrainischen als auch mit der russischen Situation bestens vertraut, versteht die Psychologie der slawischen Völker und spricht natürlich Russisch.“(1)

Die Ernennung eines Sonderbeauftragten stelle einen ernsthaften Versuch dar, Vermittlungsfunktionen zu aktivieren und Brücken zu bauen. Aber es gebe gewaltige Herausforderungen. Russland begrüße alles, was das Ende des Ukraine-Konflikts näher bringen könnte, aber unterm Strich müsse das Land die Ziele seiner militärischen Sonderoperation in der Ukraine erreichen. Auch sehe Russland keine Bereitschaft des Westens zu einer friedlichen Lösung. Dafür gebe es gute Gründe, denn Washington setze ganz auf eine militärische Lösung und den totalen Sieg.

Von China vermittelte Verhandlungen wären ein schwerer Schlag für die amerikanische Strategie in der Ukraine, und wenn sie sie durchsetzen, würde dies die USA auch im indopazifischen Raum in die Defensive bringen. Kurzfristig könne daher der Druck auf Zelensky nur zunehmen, die Gegenoffensive  einzuleiten. Soweit der Artikel.

In diesem Zusammenhang sei auch auf einen Artikel des rechts-konservativen Philosophen Alexander Dugin über den Zustand des Ukraine-Konfliktes im Anhang verwiesen(8).

Ukraine: Warnung wovor?

Während im Westen das Narrativ verbreitet wird, dass das Beispiel der Ukraine Ländern wie Finnland und Schweden bewiesen habe, dass sie nur in der NATO und unter dem Schutz der USA sicher vor dem Aggressor Russland seien, entwickelt sich im Nahen und Mittleren Osten eine gegensätzliche Bewegung. Länder erkennen, dass sie leicht zur Opferanode eines Stellvertreterkrieges werden und suchen mehr Unabhängigkeit von den USA.

Ganz anders wieder das AUKUS-Bündnis im pazifischen Raum gegen China. Dabei war ich auf die Rede eines Politikers aus Singapur gestoßen, die ich leider nur im Vorbeigehen im Fernsehen sah. Seine Rede klang so, als ob Singapur dem Bündnis positiv gegenüber steht, aber um es von Innen heraus an einem Krieg gegen China zu hindern. Das wird allerdings sicher nicht für die Regierungspolitiker Australiens zutreffen, die ganz offensichtlich die Spaltung des Landes bewusst in Kauf nehmen, um als Atombombenbasis der USA in einem Krieg gegen China zu dienen.

Interessant auch die Überlegungen auf den Philippinen, ein Land, das zwar vier weitere US-Basen zur Verfügung stellt, aber behauptet, dass diese nicht als Basis für einen Krieg gegen China verwendet werden dürfen.

Leider werden in einem Krieg alle guten Vorsätze schnell zerstört werden, und nur Fakten zählen. Deshalb wird China der Tatsache, dass die USA sich aktiv auf einen Krieg vorbereiten, sicher nicht untätig zusehen. Es ist sogar zu befürchten, dass China, ein Land, das viele Jahre keinen Krieg geführt hat, diesmal sogar den ersten Schritt tun wird, um sich nicht durch einen Präventivschlag der USA in die Gefahr der Entwaffnung zu begeben, sondern auf einen ähnlichen Erfolg wie Israel im Sechs-Tage-Krieg hoffend, seinerseits die das Land bedrohenden Basen und evtl. Flugzeugträgerverbände der USA präventiv zerstören könnte.

Was natürlich die Gefahr einer Antwort der USA mit Kernwaffen beinhaltet. Denn diese sind laut US-Atom-Doktrin heute nicht mehr wie im ersten Kalten Krieg als letztes Mittel und zur Sicherstellung der Gegenseitigen Vernichtung gedacht, sondern als normale Gefechtsfeldwaffen, die im Falle einer drohenden Niederlage eingesetzt werden können. Was vermutlich auch den Ausschlag dafür gab, dass China seine ursprünglich eingefrorene Entwicklung von Kernwaffen wieder aufgenommen hatte.

„Russland und die USA besitzen zusammen mehr als 90 Prozent aller Atomwaffen der Welt. Die anderen sieben Nuklearstaaten sind entweder dabei, neue Waffensysteme zu entwickeln, oder modernisieren ihre Arsenale, wie das Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) in seinem Jahrbuch 2022 feststellte. ‚China ist dabei, sein Atomwaffenarsenal beträchtlich zu erweitern, was laut Satellitenbildern den Bau von über 300 neuen Raketensilos einschließt‘, heißt es darin. Jahrzehntelang war die Welt daran gewöhnt, dass China sein Atomwaffenarsenal nach dem Prinzip der minimalen Abschreckung aufstellte: gerade genug Raketen, um einen Angriff zu verhindern. Auch jetzt verfügt China nur über gut 400 Atomsprengköpfe, weniger als ein Zehntel der Bestände der USA oder Russlands.“(2)

Lesen Sie den Atomwaffensperrvertrag und fragen Sie sich dann, ob die Atommächte noch irgendeine Berechtigung haben, dessen Einhaltung von anderen Ländern zu verlangen.

Inzwischen wird also die militärische Hegemonie der USA nicht nur durch Russland mit einer im Vergleich ähnlich starken Nuklearabschreckung bedroht, sondern auch durch China, welches ganz offensichtlich auch ein „Gleichgewicht des Schreckens“ gegenüber den USA erreichen will. Sollten sich Russland und China nun sogar verbünden, würde den USA die Bedrohung eines dieser Länder mit der Bedrohung der eigenen Vernichtung beantwortet werden. Was das Ende der militärischen Hegemonie bedeutet.

Noch ist ein solches Bündnis weder durch Russland, noch China auf der Tagesordnung. Zu stark ist der Wunsch, die eigene Souveränität zu erhalten, und widerspricht ein Militärbündnis dem Gedanken der Multipolarität. Aber der Rahmen eines solchen Bündnisses wäre im Prinzip schon durch die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) gegeben.

Die SOZ ist zwar ein sicherheitspolitisches Forum, in dem Pakistan, Indien und Iran mit am Tisch sitzen, aber kein Militärbündnis wie die NATO. Diese Organisation konzentriert sich wie BRICS auf das Prinzip von Gleichheit und Souveränität und basiert auf dem Völkerrecht in Übereinstimmung mit der Charta der UNO.

Dem gegenüber stehen die von den USA angeführten Bündnisse wie NATO oder G7. Sie basieren auf gemeinsamen Werten und Regeln, mit denen die eigenen Wertevorstellungen anderen Völkern aufgezwungen werden sollen. Demgegenüber ist die SOZ als Befürworterin einer multipolaren Welt aufgetreten, als Gegengewicht zur Dominanz der USA auf der Welt, und fokussiert sich derzeit auf Wirtschaftsinteressen, Handel aber eben auch auf Sicherheitsfragen. Leider erinnere ich mich nicht mehr, wer das sinngemäß so zutreffend ausgeführt hatte.

Die Domino-Theorie

Die Älteren werden sich erinnern, dass der Hauptgrund für den Vietnamkrieg angeblich der Glauben der US-Führung war, dass die ganze Region vom Kommunismus überrollt werden würde. Und tatsächlich gab es ja sogar eine kommunistische Widerstandsbewegung in Thailand. Es nannte sich „Domino-Theorie“. Fällt Vietnam, fällt ganz Südostasien, ja fällt am Ende die ganze Welt!

Was wir im Moment beobachten, ist tatsächlich ein doppelter Domino-Effekt. Einerseits fällt ein früherer Verbündeter der USA nach dem Anderen dem Imperium in den Rücken, und je mehr es werden, ohne dass die USA die Länder bombardieren, desto mehr scheinen zu folgen. Nachdem Russland, China, Indien und der Iran vormachten, dass man dem Druck standhalten kann, folgten Saudi-Arabien und ungenannte Länder, die weitgehend unter dem Radar bleiben.

Aber es ist ein doppelter Domino-Effekt. Auf der anderen Seite geraten die transatlantischen Politiker in Panik, und benutzen die unprovozierte Aggression Russlands, um zu begründen, warum sie sich stärker um den Hegemon scharen. Ein Beispiel dafür sind nicht nur Schweden und Finnland, sondern ist der eindeutig gegen China gerichtete AUKUS-Pakt(3).

Die Bevölkerungen der Länder, die sich nun als Gegner Chinas gerieren, sind aber keineswegs mit großer Mehrheit glücklich darüber. Das heißt, dass es durchaus nicht sicher ist, was im Falle eines ausbrechenden Krieges passieren wird. Sobald die USA in Syrien die Kurden „unter den Bus werfen“, wird die Geschichte der USA, als eine Macht, die Kollaborateure böse im Stich lässt, wieder in das Bewusstsein geraten, und die Bevölkerungen der verbündeten Staaten noch stärker kritisch gegenüber dem Aukus-Pakt werden. Letztlich haben die Länder nur negative Folgen, die sie spüren. AUKUS dient ganz alleine dem US-militärisch-industriellen Komplex und den Hegemoniebemühungen der USA in der Region. Sobald die USA gezwungen werden, sich daraus zurückzuziehen, werden die Länder wieder mit dem Feind China auskommen müssen. Und statt ihn einzudämmen werden sie froh sein, wenn er als Lokomotive für die eigene Wirtschaft funktioniert.

China eindämmen?

Während der Point of No Return überschritten sein dürfte, und der Aufstieg Chinas zur Wirtschaftsmacht Nr. 1 nicht mehr aufgehalten werden kann, könnte eine Entwicklung in China einen Hinweis darauf geben, warum Protagonisten des Westens so verbissen dagegen ankämpfen.

Eine schwedische, russlandfreundliche Denkfabrik hat im Januar einen Artikel veröffentlicht. Der Autor schreibt, dass der unaufhaltsame Aufstieg Chinas im internationalen System, insbesondere auf wirtschaftlichem, militärischem, politischem und technologischem Gebiet in den letzten 30 bis 40 Jahren, das Land zum wichtigsten globalen Rivalen der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gemacht habe. Wenn man den Aufstieg Chinas aus der Sicht der USA betrachte, die Begründer und Hauptakteur des gegenwärtigen internationalen Systems seien, gebe es zwei politische Ansätze, die verfolgt werden könnten: Engagement und Eindämmung.

„In der Tat halten sich diese beiden politischen Ansätze in gewisser Weise die Waage. Während das Engagement eine Art weiches Gleichgewicht darstellt, ist die Eindämmung der harte Balanceakt. Während ein Akteur, der einen weichen Ausgleich anstrebt, den Schwerpunkt darauf legt, von seiner wirtschaftlichen Entwicklung und seinem Aufstieg zu profitieren, indem er die wirtschaftlichen und handelspolitischen Beziehungen zu einer aufstrebenden Macht intensiviert, begrenzt ein Akteur, der einen harten Ausgleich anstrebt, die Intensität seiner wirtschaftlichen und handelspolitischen Beziehungen zu einer aufstrebenden Macht so weit wie möglich und versucht gleichzeitig, seinen Handlungsspielraum durch den Ausgleich einzuschränken, was zu einer Eindämmungsstrategie führt.“

Der Artikel beschreibt dann, wie sich die Politik der USA von Kooperation zur Eindämmung entwickelte und fragt dann, ob die immer aggressivere Eindämmung von Erfolg sei. Angeblich sei die Containment-Strategie der USA noch gar keine vollständige Eindämmung, allenfalls sei es eine Art strategische Eindämmung, denn wegen der geografischen Lage Chinas sei eine vollständige Eindämmung gar nicht möglich. Zu viele Länder an den Grenzen des Landes würden mit China zusammenarbeiten, insbesondere in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.

Der geografische Raum, in dem die Akteure der strategischen Eindämmung angesiedelt sind, bestehe aus Ländern, die in einem Meeresstreifen liegen, der sich von Nordostasien bis nach Südasien erstreckt, und umfasse hauptsächlich die regionalen Verbündeten und Partner der USA wie die Republik Korea, Japan, Australien und Indien. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Eindämmungsstrategie gegen China mit diesen Ländern erfolgreich ist, scheine gering, da der größte Wirtschafts- und Handelspartner jedes dieser Länder China sei. Daher werde es diesen Ländern nicht möglich sein, sich vollständig auf eine amerikanische Eindämmungsstrategie einzustellen. Für die ASEAN-Länder gälte das Gleiche. Aber lesen Sie mehr unter Quellen und Hinweise(5)

Reichenwachstum begrenzen?

China, bzw. sein Präsident Xi Jinping hat angekündigt, das ungebremste Wachstum von Vermögen einschränken zu wollen zugunsten eines gemeinsamen Wohlstandes. Eigentlich ist das nur die Bestätigung einer längst klar gewordenen Strategie der Kommunistischen Partei. Man darf reich werden, man darf superreich werden, aber man darf zwei Dinge nicht tun: A) sich in die Politik einmischen und B) den Reichtum nicht mit der Allgemeinheit teilen.

Nun ist bisher unklar gewesen, was zumutbar ist. Neben den üblichen Steuern erwartete die Regierung, dass profitable Unternehmen sich auch in sozialen Projekten beteiligten. Und wenn sich jemand offensichtlich gegen den Willen der Politik äußerte, verschwand er für einige Tage von der Bildfläche, um dann geläutert seine Loyalität zu Staat und Partei zu verkünden. China arbeitet stark daran, die in erstaunlich kurzer Zeit beseitigte Armut im Land nicht wieder entstehen zu lassen, und auch, man höre genau hin, den Mittelstand zu stärken. Und man verfolgt diese Ziele mit ziemlich rigorosen Mitteln.

Man kann dies, was hier negativ berichtet wird, natürlich auch positiv sehen, wenn man das Gegenteil in westlichen Ländern beobachtet, in denen die Schere zwischen Arm und Reich immer stärker auseinanderklafft, und der Mittelstand immer stärker unter Druck gerät. Wenn man hier sieht wie die großen Vermögen explodieren während die Angebote für kostenlose Nahrungsmittel immer stärker frequentiert werden, und immer mehr Menschen mit ihrer Arbeit nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Aber natürlich ist sich die Regierung Chinas über die Risiken ihre Umverteilungspolitik im Klaren:

„Yue Su, leitende Ökonomin bei Economist Intelligence Unit, erklärte dazu: ‚In Anbetracht der Tatsache, dass eine Anhebung der Steuern für einkommensstarke Gruppen und Kapitalerträge die Investitionen bremsen und möglicherweise zu Kapitalabflüssen führen könnte, wird die chinesische Regierung die Auswirkungen der Umverteilungspolitik auf die Wirtschaft nicht völlig ignorieren.‘“(6)

Na, und da kommt natürlich die Eindämmungspolitik des Westens der Kommunistischen Partei Chinas genau zur rechten Zeit. Denn diese erschwert ausländische Investitionen, erhöht die Angst von chinesischen Investoren, ihre Investition zu verlieren und vor Sanktionen, ähnlich denen, die zu Vermögensverlusten bei russischen Oligarchen führten, und stärkt den Geist des Patriotismus. Mit anderen Worten stützt die westliche Politik die Bemühungen der chinesischen Politik, die in letzter Zeit zu beobachtende westliche Krankheit, nämlich das Anwachsen der Vermögen der Superreichen zulasten der breiten Masse, zu bekämpfen. Übrigens wird auch die Politik Russlands unterstützt, Kapitalabfluss ins Ausland zu reduzieren.

Fazit

Alles deutet darauf hin, dass die westliche Politik der letzten Jahre, egal wie man es betrachtet, immer das Gegenteil des angeblich Beabsichtigten erreicht. Aber vielleicht gibt es ja auch geheime Pläne, die wir noch nicht erkennen?

Quellen und Hinweise:

 

Der Autor twittert zu aktuellen politischen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka

(1) https://www.indianpunchline.com/china-shifts-gear-on-ukraine-mediation/

(2) https://www.fr.de/politik/china-beschert-der-welt-ein-atom-dreieck-92247955.html

(3) https://en.wikipedia.org/wiki/AUKUS

(4) https://www.isdp.eu/u-s-strategic-containment-of-china-destined-to-fail/

(5) Die ASEAN-Länder befänden sich in einer relativ ähnlichen Situation, so dass es für sie schwierig ist, sich vollständig in eine amerikanische Eindämmungsstrategie einzufügen, führt der Artikel weiter aus. Zunächst einmal sei China der größte Wirtschafts- und Handelspartner der ASEAN. Das Engagement der ASEAN-Staaten gegenüber China sei sehr hoch und sie profitieren in hohem Maße davon. Es komme für sie nicht in Frage, in eine amerikanische Eindämmungsstrategie einbezogen zu werden und sich selbst die wirtschaftlichen Vorteile zu versagen, die sie aus China ziehen.„Die ASEAN-Länder haben außerdem entweder nicht die Fähigkeit, einen internen Balanceakt gegen die wachsende chinesische Macht zu vollziehen, oder sie sind sehr begrenzt. Sie wollen jedoch nicht den Weg des externen Ausgleichs gehen und das Engagement gegenüber China reduzieren, weil sie die Bedrohung durch China nicht so stark wahrnehmen wie die USA. China verfolgt keine Ziele wie die Invasion von ASEAN-Ländern, den Austausch von Regierungen, den Export seines eigenen Regimes, die Errichtung von Marionettenregimen usw., da China keine Eroberungsgeschichte hat. Dies ist den Ländern der Region durchaus bekannt. Einige Länder der Region wie Vietnam und die Philippinen, die See- und Territorialstreitigkeiten mit China haben, sehen zwar eine Bedrohung ihrer Interessen in Gebieten wie dem Südchinesischen Meer durch China, nicht aber eine existenzielle Bedrohung. Aus diesem Grund sollte von diesen Ländern nicht erwartet werden, dass sie das Soft Balancing aufgeben, indem sie ihr Engagement gegenüber China reduzieren, und sich der Containment-Strategie der USA anschließen, indem sie ein Hard Balancing betreiben.Vor allem wäre es im Zeitalter der wirtschaftlichen Globalisierung falsch, von einer Strategie aus der Zeit des Kalten Krieges außergewöhnliche Ergebnisse zu erwarten. Der wichtigste Grund für den Erfolg der Eindämmungspolitik der USA gegenüber der Sowjetunion in der Zeit des Kalten Krieges war das geringe wirtschaftliche Engagement zwischen den Ost- und Westblockstaaten. Heute gibt es keine solche Situation oder Spaltung in Bezug auf China. Daher kann man sagen, dass die strategische Eindämmung Chinas durch die USA zum Scheitern verurteilt ist.“

(6) https://de.rt.com/asien/122784-china-will-uebermaessige-einkommen-eindaemmen/

(7) Macrons aufrüttelnder Appell, Europa solle es vermeiden, “in eine Block-gegen-Block-Logik zu verfallen“, habe in Zhongnanhai sicherlich Widerhall gefunden – nämlich Europas Sehnsucht nach strategischer Autonomie; Europas nagende Zweifel und Überdruss daran, ein Vasall zu sein; und Europas vielfältige Herausforderungen im Bereich der sozialen Regierungsführung und seine Priorisierung von Entwicklung und Wohlstand, ließen ihm letztlich keine andere Wahl, als Eurasien mit mehr Konnektivität zu umarmen, bilaterale Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit China zu entwickeln und die Beziehungen zu Russland wieder aufzubauen. Eine Lawine von chinesischen Kommentaren sei auf Macrons Äußerungen gefolgt.

(8) Alexander Dugin wird im Westen als Nazi und rechtsextremer Einflüsterer Putins bezeichnet. Ich hatte dem eine etwas ausgewogenere Beurteilung entgegen gestellt. https://staging.apolut.net/alexander-dugin-gefahr-fuer-wen-von-jochen-mitschka/ Damit wir uns ein besseres Bild davon machen können, welche Gedanken Intellektuelle in Russland umtreiben, möchte ich die Übersetzung von Alexander Dugins neuester Auslassung empfehlen. Immer dran denken: Hier wird die Welt aus einer extrem patriotisch russischen Sicht erklärt. Wenn er von „Partei“ redet, ist keine politische Partei, sondern eine Strömung, eine Gruppierung in der Gesellschaft gemeint.

Kriegs-Schach … von Alexander Dugin

Betrachten wir die Hauptakteure des Krieges, der sich in der Ukraine abspielt. Hier können wir uns auf die von Zbigniew Brzezinski eingeführte Metapher des “geopolitischen Schachbretts” beziehen. Offensichtlich ist das Territorium der Ukraine und bis zu einem gewissen Grad auch Russlands ein “Schachbrett“, auf dem sich die globale geopolitische Konfrontation abspielt. Gleichzeitig hat Kiew selbst, wie jeder seit langem verstanden hat, keine Unabhängigkeit oder Subjektivität: Es ist einfach ein Werkzeug, das die Hauptakteure, vor allem diejenigen, die gegen Russland spielen, nach ihrem Gutdünken bewegen. Wie jede Metapher hat auch das von uns vorgeschlagene Schema des “geopolitischen Schachs” Schwächen und Grenzen, aber wenn es dazu beiträgt, das Geschehen zu erhellen, rechtfertigt dies allein seine Existenz.

Das Schachspiel der Apokalypse

Jedes Schema vereinfacht das reale Bild, aber es versucht, die zugrunde liegenden Trends und die wirklich entscheidenden Machtzentren aufzuzeigen. Offensichtlich befindet sich Russland jetzt im Krieg mit dem kollektiven Westen, und es sind diese beiden geopolitischen Instanzen, die wir als die beiden gegensätzlichen Anfänge betrachten können. Russland steht für die Weißen und der kollektive Westen für die Schwarzen.

Innerhalb der Schwarzen zeichnen sich die Konturen mehrerer mächtiger und einflussreicher Pole ab. Da wir von geopolitischem Schach sprechen, können wir uns jeden Pol als eine Art Figur vorstellen, die ihren eigenen Plan, ihre eigene Logik, ihre eigene Strategie, ihre eigenen Kriegsziele hat. Gleichzeitig ist jede geopolitische Figur in ihren Aktionen durch die anderen Figuren, sowohl die weißen als auch die schwarzen, die eigenen und die des Gegners, eingeschränkt.

Für jede Seite, Schwarz und Weiß, werden drei Hauptfiguren vorgeschlagen. Diese Hauptfiguren verallgemeinern jedoch eine große Anzahl von sekundären Entscheidungszentren, Analyse- und Expertengruppen, Einflussnetzwerken usw. Dies sind die Makro-Figuren des geopolitischen Schachspiels des Ukraine-Kriegs, der in der Tat leicht und schnell in einen Dritten Weltkrieg ausarten könnte. Der gegenwärtige Konflikt wäre somit als dessen Vorläufer oder erste Phase zu bezeichnen. Sollte er nicht in einen Dritten Weltkrieg ausarten, so ist aufgrund der Beteiligung globaler Akteure und der globalen Dimension jede Makrofigur für das Schicksal der Menschheit verantwortlich. Jede Bewegung einer Makrofigur ist unter den gegenwärtigen Umständen mit einem Armageddon verbunden. Die Wahrscheinlichkeit einer direkten nuklearen Konfrontation zwischen Russland und dem NATO-Block mit dem Einsatz strategischer Atomwaffen (SNW) ist der Hintergrund, vor dem sich das Schachspiel auf dem Schachbrett der Ukraine (Westrussland) abspielt. Wir haben es also mit dem “Schach der Apokalypse” zu tun.

Die Zentren von Schwarz

Bei Schwarz können wir drei Hauptmakrofiguren unterscheiden, die nicht symmetrisch zueinander sind, aber jede von ihnen verfügt über ein ausreichendes Maß an Souveränität, um den Verlauf der gesamten Konfrontation aktiv zu beeinflussen. Wir haben sie wie folgt benannt:

-Die Partei des vollständigen und sofortigen Sieges über Russland.
-Die Partei des verzögerten Sieges über Russland.
-Die Partei der Gleichgültigkeit gegenüber Russland.

Die ersten beiden Makrofiguren repräsentieren die Fraktionen der Globalisten, die heute die atlantischen Eliten in den USA und der EU fast vollständig kontrollieren, die beide auf dem Weg zur Weltregierung sind und dabei keine Widersprüche dulden. Sie unterscheiden sich nur in der Geschwindigkeit und Radikalität der Maßnahmen, die zur Erreichung ihres gemeinsamen Ziels erforderlich sind. Sowohl die Partei des sofortigen Sieges über Russland als auch die Partei des aufgeschobenen Sieges sind fest entschlossen, eine unipolare Welt zu errichten, sich der liberalen globalistischen Ideologie zu verschreiben und die westliche Hegemonie im globalen Maßstab um jeden Preis aufrechtzuerhalten. Im Grunde sind sie ein und dieselbe Kraft, aber ihre beiden Pole – die Partei des sofortigen schwarzen Sieges und die Partei des aufgeschobenen schwarzen Sieges – unterscheiden sich erheblich in ihrer Einschätzung der Lage, der Methoden und der Wege zur Erreichung des Ziels.

Die Partei des totalen und sofortigen Sieges über Russland

Der radikalste Teil der Globalisten besteht darauf, die Situation und die ihrer Ansicht nach im Ukraine-Krieg bewiesene erhebliche Schwäche Russlands (viele glauben aufrichtig, dass “Russland bereits verloren hat“) auszunutzen, um die Situation zu beenden, Russland eine totale und vernichtende Niederlage zuzufügen, es zur bedingungslosen Kapitulation zu zwingen und dann in ein blutiges Chaos zu stürzen und den Zusammenbruch der Russischen Föderation entlang aller möglichen Bruchlinien – sozial, ethnisch und konfessionell, territorial – zu gewährleisten.

Diese Makrofigur wird in erster Linie von den britischen Geheimdiensten repräsentiert, die in enger Verbindung mit bestimmten neokonservativen Zentren der USA (Kagan, Nuland, Kristol) und den ihnen nahestehenden Kreisen des Pentagon und der CIA agieren.

Aus der Sicht dieser Institutionen ist Russland extrem schwach und hängt in jeder Hinsicht am seidenen Faden. Der Stillstand an den Fronten, die Unentschlossenheit oder das ständige Aufschieben von Mobilisierungsreformen, die hohe Toleranz gegenüber politischer und kriegsgegnerischer Opposition innerhalb der Eliten, die Verwirrung innerhalb der militärischen Führung, die Verwirrung der Gesellschaft, die Auswirkungen der Sanktionen und die Notwendigkeit, sofortigen Importsubstitution zu suchen, das Fehlen einer kohärenten Ideologie, das Fehlen eines klaren strategischen Siegeswillens – all dies sind Anzeichen dafür, dass Russland am Rande eines Abgrunds steht und dass es, wenn es hart auf hart kommt, zusammenbrechen wird. Deshalb plant und führt die erste Makrofigur der Schwarzen – die Partei des vollständigen und sofortigen Sieges über Russland – die drastischsten Schritte dieses Krieges aus: Hier werden Terroranschläge auf russisches Territorium, Attentate, Bombenanschläge, Drohnenangriffe, Angriffe auf altes und neues russisches Territorium, einschließlich Angriffe auf zivile Ziele in den russischen Grenzgebieten, geplant und ausgeführt, die Operation zur Sprengung der nördlichen Ströme und der Krim-Brücke. Dies ist der schwarze Pol, der darauf abzielt, das Marionettenregime in Kiew mit allen Arten von Waffen zu versorgen, Geschosse mit abgereichertem Uran zu liefern, neue groß angelegte Terroranschläge in russischen Hauptstädten und Städten zu verüben, die interne russische Opposition zu radikalisieren und ihr Personal für den bewaffneten Aufstand, die Bildung von DRGs usw. zu rekrutieren.

Keine Verhandlungen mit Russland, kein Waffenstillstand wird von diesem Pol in Betracht gezogen. Russland befindet sich in einer sorgfältig gestellten strategischen Falle, und der verwundete Bär muss jetzt und sofort mit allen erforderlichen Mitteln erledigt werden. Dieser Pol befürwortet eine parabolische Eskalation der Feindseligkeiten unter Einsatz des gesamten Spektrums von Mitteln und in beschleunigter Form.

Das Hauptargument dieser Makrofigur ist die Annahme, dass Putin unter keinen Umständen Nuklearwaffen (NSNW) oder gar strategische Nuklearwaffen (TNW) einsetzen wird, und die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes taktischer Nuklearwaffen (TNW) ist aus Sicht dieser Gruppe nicht fatal. Jede Andeutung, dass Moskau bereit ist, im Extremfall mit Atomwaffen zu antworten, wird von dieser schwarzen Gruppe als Bluff betrachtet, da das bestehende Regime ihrer Ansicht nach in Ermangelung einer brillanten Ideologie organisch einfach nicht in der Lage ist, diesen Schritt zu tun.

Derselbe Pol setzt aktiv Netzstrategien ein, beaufsichtigt das IPSO [Anmerkung: Gemeint ist vermutlich die unabhängige Presseorganisation] und moderiert Social-Engineering-Strategien für die russische Gesellschaft, indem er geschickt jede Schwachstelle in der russischen Informations- und Internetpolitik ausnutzt. Man kann sagen, dass er Wellen des Gesinnungsterrors mit einer Vielzahl von Methoden orchestriert – einschließlich vieler Nachrichtensender, die angeblich “neutral” und “objektiv” sind.

Dieser Pol wird eine wichtige Rolle bei dem von Kiew geplanten Gegenangriff spielen und beansprucht die vollständige Führung der Operation. Das Ziel – die Zerstörung Russlands – wird schnell und hart und in kürzester Zeit erreicht werden. Massenhafte Terroranschläge mit vielen zivilen Opfern und sogar Raketenangriffe auf Moskau werden erlaubt sein.

Die Partei des verzögerten Sieges über Russland

Die zweite Makrofigur ist die Partei des verzögerten Sieges über Russland. Hier ist die Einschätzung der Lage etwas anders als bei der ersten Makrofigur. Diese Gruppe ist wie die erste der Meinung, dass Russland in diesem Krieg bereits “verloren” hat – die Angriffe auf die Zentralukraine und sogar auf Charkiw und Odessa sind ins Stocken geraten, die Front ist selbst im Donbass ins Stocken geraten, die Sanktionen haben Russland wirtschaftlich vom Westen isoliert, die Unentschlossenheit der patriotischen Reformen hat Moskau weiter geschwächt. In dieser Situation ist das Minimalprogramm, wie es dieser schwarze Pol formuliert, erreicht. Die Länder des Westens haben sich erneut um die NATO unter der Führung der USA geschart, der Globalismus hat seine Position erneut gestärkt. Folglich ist es an der Zeit, den Konflikt in die langfristige Phase zu überführen. Je länger der “Status quo” anhält, desto mehr wird Russland geschwächt werden. Und dann werden die zerstörerischen Prozesse von selbst einsetzen: Die Auswirkungen der Sanktionen und die Schwierigkeiten bei der Organisation von Parallelimporten und Importsubstitution werden spürbar werden; die zunehmende Zahl der Kriegsopfer wird das Vertrauen in die Regierung untergraben; und wenn wir uns nicht beeilen und zu weit gehen, wird Russland selbst wie eine reife Frucht den Globalisten zu Füßen fallen. In Wirklichkeit hat der Westen den Krieg bereits “gewonnen“, und die Ukraine war und bleibt nur entbehrliches Material in diesem geopolitischen Schachspiel – ein Bauer wurde geopfert (und nicht einmal ganz), und die Gesamtsituation hat sich deutlich verbessert. General Mark Milley, Vorsitzender der Stabschefs der US-Streitkräfte, ist ein Paradebeispiel für diese Position.

Die zweite Makrofigur von Schwarz ist ebenfalls auf die endgültige Niederlage Russlands ausgerichtet, allerdings nur schrittweise und mit Verzögerung. Die Aufnahme von Friedensverhandlungen, vorzugsweise zu für Russland nachteiligen Bedingungen – beschämend – und die Verlängerung des Krieges über einen langen Zeitraum, ja sogar ein gewisses Entgegenkommen gegenüber den Russen in lokalen Bereichen sind hier zulässig.

Und vor allem: Die zweite Makrofigur ist sich nicht sicher, dass Putin in einer kritischen Situation – zum Beispiel im Falle eines entscheidenden und überstürzten Angriffs der Truppen Kiews auf russisches Territorium – keine Atomwaffen, einschließlich NSNW, einsetzen wird. Man geht davon aus, dass es sich um einen Bluff handeln könnte, aber wenn nicht, könnte es zu spät sein. Warum also alles riskieren, die Zerstörung des Planeten, nur um etwas schneller zu bekommen, was man will, als man es ohnehin bekommen würde?

Dies ist die Position von Biden selbst und dem Großteil seiner Regierung (mit Ausnahme der extremen Neokonservativen). Und aus diesem Grund leugnen einige Veröffentlichungen in der vom Weißen Haus kontrollierten US-Presse die Verantwortung für die Terroranschläge in Russland, die Nord-Stream-Explosion und die Eskalation im Allgemeinen. Die Tatsache, dass die Verantwortung auf Kiew abgewälzt wird, ist als Euphemismus, als Redewendung zu verstehen. Die Bedeutung ist natürlich eine andere: Die Gemäßigten verweisen – über Kiew – auf die erste Makrofigur der Schwarzen, d.h. die Partei des totalen und unmittelbaren Sieges über Russland

Welche Beziehung besteht zwischen diesen Makrofiguren? Es ist nicht leicht, dies mit Sicherheit festzustellen. In mancher Hinsicht sind sie solidarisch – in ihrem Wunsch, Russland zu besiegen, die Multipolarität zu stören und die Hegemonie des globalistischen Westens zu erhalten. In anderer Hinsicht unterscheiden sie sich. Aber in jedem Fall sind sie zwei unterschiedliche Charaktere. Sie haben zwei verschiedene Visionen und zwei verschiedene Ziele. Es gibt keine klare Hierarchie zwischen ihnen: Jeder geht seinen eigenen Weg, nach seinen eigenen Einschätzungen, Methoden und Möglichkeiten. Es könnte den Anschein haben, dass sich das Gleichgewicht zwischen der ersten und der zweiten Figur von Zeit zu Zeit in die eine oder andere Richtung verschiebt.

Auch hier hilft uns das Bild des Schachspiels weiter. Jede der Figuren bewegt sich nach ihrem eigenen Algorithmus. Die eine ist auf Eskalation, beschleunigtes Timing und Missachtung der Regeln ausgerichtet. Die andere agiert vorsichtiger, versucht die Eskalation unter Kontrolle zu halten und ist bereit, den Prozess in die Länge zu ziehen, in der Gewissheit der bereits erzielten Ergebnisse und der Wahrscheinlichkeit, das Gewünschte (den Zusammenbruch Russlands als souveräne Macht) im natürlichen Verlauf der Ereignisse zu erreichen, was der Westen natürlich aktiv unterstützen sollte.

Die Partei der Gleichgültigkeit

Es gibt noch eine dritte Makro-Figur unter den Schwarzen. Sie ist weit weniger einflussreich als die ersten beiden und hat mit der direkten Beeinflussung des Laufs der Dinge wenig zu tun. Aber sie ist da, und sie kann nicht ignoriert werden. Es handelt sich um die Position jener amerikanischen politischen Kräfte, die die Interessen der USA nicht mit dem Globalismus identifizieren, die sich nicht auf die Regeln der atlantischen Geopolitik stützen (wo das Hauptziel der angelsächsischen Zivilisation des Meeres ein überwältigender Sieg über die eurasische Zivilisation des Landes, d.h. das souveräne Russland, ist) und die daher Russland gegenüber gleichgültig sind, das bei einer nüchternen pragmatischen Analyse die nationalen Interessen der USA – weder im militärischen noch im wirtschaftlichen Bereich – im Allgemeinen nicht bedroht. Wenn wir die Gleichung “USA=Globalismus, Welthegemonie und Liberalismus” aufgeben, die die ersten beiden schwarzen Makrofiguren teilen und die die dritte Gruppe ablehnt, ändert sich die Haltung gegenüber dem Krieg in der Ukraine sofort. Diese Haltung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die USA sind an diesem Krieg überhaupt nicht interessiert, und die Besessenheit mit der Russophobie hängt mit den privaten Interessen der globalistischen Eliten zusammen, die die USA und die europäischen NATO-Länder für ihre eigenen Unternehmensinteressen nutzen.

Dies ist genau die Position, die der ehemalige US-Präsident Donald Trump vertritt. Seine Behauptungen, dass der Konflikt in der Ukraine sofort beendet wird, wenn er wieder US-Präsident wird, sind keine Prahlerei, sondern reiner Realismus. Sobald der kollektive Westen das erbitterte Schachspiel gegen Russland aufgibt, wird das ganze Drama unbedeutend und die USA wenden sich anderen – akuteren – Problemen zu, wie der wirtschaftlichen Rivalität mit China, der Finanz- und Auswanderungskrise in den USA selbst usw.

Unter den Schwarzen ist dies nun die schwächste Position. Ihr Einfluss ist sehr begrenzt. Doch mit den bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen 2024 könnte ihr Einfluss zunehmen. Auch aus pragmatischen Gründen ist es wahrscheinlich, dass die Republikaner in ihrem Widerstand gegen Bidens Ukraine-Politik auf diese Art von realistischer Logik zurückgreifen werden. Hinter einer solchen Position steckt nicht die geringste Sympathie für Russland, aber objektiv würde sie die Spannungen drastisch reduzieren und zu einer Deeskalation führen.

Unter den Republikanern selbst ist Trumps Logik nicht die einzige, und einige Neocons werden das atlantische Szenario unterstützen. Aber schon für die unternehmensinternen Interessen der amerikanischen Politik ist die ukrainische Karte so fest mit den Demokraten und Biden verbunden, dass sie keine Chance hat, von den Republikanern in der Kontroverse vor den Wahlen aufgegriffen zu werden.

Es kann daher vorsichtig vorausgesagt werden, dass bis zum Herbst 2023 und insbesondere dann, wenn Russland die bevorstehende Offensive gelingt, die Rolle der dritten schwarzen Makrofigur allmählich zunehmen wird.

Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Kurs der amerikanischen Außenpolitik, der auf Realismus und dem nationalen Interesse der Vereinigten Staaten als Macht beruht, die Strategie des Schachspiels vollständig auf die schwarze Seite verlagern wird, auch wenn der Einfluss der anderen Makrofiguren bestehen bleiben wird. Es wird bereits ein völlig anderes Spiel sein, und es ist kein Zufall, dass das Regime in Kiew alles verabscheut, was mit Trump zu tun hat. Die Stärke der dritten Partei – der Partei der Gleichgültigkeit gegenüber Russland – wird das Ende der modernen Ukraine bedeuten.

Die Weißen: die Partei der unmittelbaren Niederlage

Wenden wir uns nun den Weißen und ihren Makro-Figuren zu. Auch hier lassen sich drei symmetrische “Parteien” unterscheiden. Sie entsprechen teilweise den Makro-Figuren der Schwarzen, unterscheiden sich aber in einigen Punkten von ihnen. Sie können konventionell wie folgt benannt werden:

-Die Partei der unmittelbaren Niederlage Russlands.
-Die Partei der verzögerten Niederlage Russlands.
-Die Partei des Sieges.

Die Partei der sofortigen Niederlage umfasst die radikale liberale Opposition – Nawalnys Strukturen, die sich in offenen Terror verwandelt haben (Darya Trepowa), die alten politischen Emigranten (Chodorkowski, Kasparow usw.), Vertreter der neuen politischen Emigranten (Tschubais), wirtschaftliche Emigranten (Darya Trepowa) usw. ), Vertreter der neuen politischen (Tschubais), wirtschaftlichen (Fridman, Aven), künstlerischen (Pugatschowa, Galkin) Emigranten, Opfer des Social Engineering des Feindes, hypnotisiert durch den Slogan “Nein zum Krieg”, und schließlich direkte Agenten des Westens in verschiedenen staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen, die zunehmend in der direkten Sabotage tätig sind, DRGs organisieren, den Feind mit wertvollen Informationen versorgen, usw.

Nun wird diese Makrofigur politisch als etwas Inakzeptables bezeichnet, aber ihre tiefe Verwurzelung in Gesellschaft und Staat in den letzten 30 Jahren der direkten Westorientierung unseres Landes ist so umfassend, dass der Widerstand dagegen bisher nur die Spitze des Eisbergs betrifft. Russland ist von liberalen Netzwerken von Einflussagenten durchzogen, und die Schwarzen zählen in ihrem geopolitischen Spiel auf diese weiße Figur als einen der Hauptfaktoren ihrer Strategie. Diese Figur ist nur formal “weiß“, da sie Russen, Halbrussen oder ehemalige Russen sind. In Wirklichkeit dienen die Liberalen und die Westler, sowohl diejenigen, die bereits gegangen sind, als auch diejenigen, die noch gehen müssen, den Interessen der Schwarzen. So verlieren korrupte Jockeys absichtlich Rennen und korrupte Boxer verlieren Kämpfe. Die erste Makrofigur von White, die Immediate Defeat Party, spielt den Schwarzen im Grunde bei allem in die Hände. Und nicht nur Schwarz im Allgemeinen, sondern speziell die schwarze Partei des unmittelbaren Sieges, die erste schwarze Makrofigur. In der Tat wird diese “weiße” Figur von einer schwarzen Figur kontrolliert.

Darauf hat der verstorbene atlantische Geopolitiker Brzezinski ausdrücklich angespielt, als er auf meine Frage nach geopolitischem Schach antwortete, dass “Schach ein Spiel für einen, nicht für zwei” sei. Brzezinski war es gewohnt, für Schwarz zu spielen und die weißen Figuren zu bewegen. Das ist genau der Zustand der russischen Elite vor der BBS. Sie wurde vom Westen beherrscht. Doch nach der BBS wurde dieses Modell immer inakzeptabler, und die liberalen Eliten, die “weiß” schienen, entpuppten sich schließlich als schwarz regierte Figuren.

Daher das Auftauchen von direkten Vertretern des MI6 wie Hristo Groziev zusammen mit seinen Untergebenen (Navalny und sein Gefolge) am Vorabend der BBS. Die Liberalen legten ihre Maske ab und entpuppten sich als direkte Agenten des Feindes in einem tödlichen Konflikt.

Man kann sich jedoch fragen, ob die Vertreter der Partei der unmittelbaren Niederlage Russlands vollständig bekannt, identifiziert und entsprechend gekennzeichnet sind. Offensichtlich nicht alle von ihnen. Aber das ist eine Frage, die man den entsprechenden Strukturen stellen sollte. Und um sie gründlich zu klären, müsste der SMERSH [war ein Nachrichtendienst der Sowjetunion, vornehmlich zur Spionageabwehr und Abwehr von „Subverion“] oder etwas Ähnliches neu gegründet werden.

Es ist wichtig festzuhalten, dass die herrschende Elite in den 1990er Jahren überwiegend aus westlichen Radikal-Liberalen bestand, und auch wenn einige von ihnen während Putins souveränem Kurs ihre Meinung aufrichtig geändert haben mögen, kann die Erfahrung nicht umsonst gewesen sein.

Die weiße Partei der aufgeschobenen Niederlage

Die zweite Makrofigur von Weiß ist die Partei der aufgeschobenen Niederlage. Dies ist der Teil der russischen Elite, der sich zu einer doppelten Loyalität bekennt: Einerseits ist diese Gruppe Putin gegenüber loyal und erkennt die Legitimität seiner Ausrichtung auf Souveränität und Multipolarismus an, was bedeutet, dass sie die militärische Sonderoperation unterstützt und formal auf den Sieg abzielt. Andererseits orientiert sich diese Gruppe nach wie vor hauptsächlich am modernen liberalen Westen, seiner Kultur, seinen Codes, Technologien, Praktiken und Tendenzen. Daher sieht diese Makrofigur den Bruch mit dem Westen als eine Katastrophe an und prophezeit das baldige Ende des Konflikts und die Einleitung von Prozessen zur Wiederherstellung der zerbrochenen Bindungen. Diese zweite Makrofigur von White ist nicht bereit für direkte Sabotage, Spionage und terroristische Aktivitäten gegen die Behörden. Außerdem ist sie sich bewusst, dass Souveränität ein Wert ist und ihr vollständiger Verlust auch ihr eigenes Ende als loyale Elite bedeuten würde. Aber die Partei der aufgeschobenen Niederlage sieht Russland nicht als Zivilisation, ist nicht bereit, alles für die Front zu opfern und sieht keine Zukunft für das Land außerhalb des Westens.

Die BBS war für diese Makrofigur eine Katastrophe, aber im Gegensatz zur weißen Partei der unmittelbaren Niederlage sind ihre Vertreter gezwungen, Putin und dem Land gegenüber loyal zu bleiben.

Sie ist eine sehr ernstzunehmende und einflussreiche Gruppierung innerhalb der russischen Regierung. Sie ist teilweise symmetrisch zur Partei des verzögerten Sieges der Schwarzen. Ihre Vertreter würden im Namen des Friedens die unangenehmsten Vorschläge des Westens akzeptieren. Da aber die Partei des sofortigen Sieges der Schwarzen ihnen keine Chance lässt, sind sie gezwungen, für den Krieg zu arbeiten und die Operation zu unterstützen. Kürzlich veröffentlichte Privatgespräche einiger Eliten beschreiben deutlich den Geisteszustand dieser Gruppe: Sie glauben nicht an den Sieg, sie verfluchen die BBS, sie bedauern weinerlich die alten Vorkriegszeiten und sind bereit, fast alle Bedingungen zu akzeptieren, um den Konflikt zu beenden. Gleichzeitig sind sie gezwungen, eine offiziell “patriotische” Haltung einzunehmen, da dies in Russland selbst zur Norm der politischen Korrektheit geworden ist.

Die Partei des verspäteten Sieges in den USA und im Westen im Allgemeinen stützt sich in hohem Maße auf die Partei der verspäteten Niederlage in Russland, da sie aktiv eine umfassende öffentliche Mobilisierung und entscheidende patriotische Reformen, die längst überfällig sind, einschließlich der Verkündung einer kohärenten und kohärenten Ideologie, blockiert.

Diese Makrofigur bleibt jedoch, anders als die erste, die in Wirklichkeit gar nicht weiß ist, auf der Seite Russlands, und in einer direkten und harten Konfrontation und vor allem angesichts einer anderen Makrofigur des Feindes (der Partei des unmittelbaren schwarzen Sieges) wird auch sie gezwungen sein, nach der Logik des gegen sie geführten Krieges zu handeln.

Die Partei des Siegers

Die dritte Makrofigur der Weißen ist die Siegespartei. Sie ist in der russischen Gesellschaft relativ stark vertreten; andererseits war sie bis vor kurzem in der absoluten Minderheit in der Führungselite. Wir sprechen von überzeugten Patrioten und Anhängern Russlands als einer ursprünglichen Zivilisation, von Trägern traditioneller Werte, die mit Russlands Mission und historischer Identität – seiner Religion, seinem Volk, seiner Souveränität – sympathisieren.

Die BBS hat die Siegespartei in den Vordergrund gerückt, und ihre Einschätzungen, Wahrnehmungen und Dechiffrierungen des radikalen Konflikts mit dem kollektiven Westen sind in der Tat zur offiziellen Version der Ereignisse geworden. Die Vertreter der zweiten weißen Makro-Figur sind gezwungen, diese Version zu wiederholen, manchmal mit Nachdruck.

Die Siegespartei konzentriert sich auf die frontale Opposition gegen den Westen, um die BBS zu ihrem logischen Abschluss zu bringen und die strategischen Bedingungen einer multipolaren Welt zu zementieren, in der die westliche Hegemonie keinen Platz hat. Es ist diese Makrofigur, die den militärischen Konflikt mit dem Westen als einen entscheidenden Moment im Kampf um die nächste Weltordnung und als die Erfüllung der historischen Mission Russlands sieht. Die Victory-Partei sieht den Konflikt nicht als situative Konfrontation oder regionalen Streit, sondern als Krieg der Zivilisationen. Für den Sieg muss Russland, der Staat und die Gesellschaft, daher alle notwendigen Maßnahmen ergreifen und jeden Preis zahlen. Der Ausbruch der BBS war, aus welchen Gründen auch immer, die letzte Schlacht um Russlands Souveränität und historische Existenz. Deshalb sind sofortige patriotische Reformen und eine umfassende Mobilisierung von Staat und Gesellschaft erforderlich. Und aus der Sicht dieser Partei ist der Einsatz von Atomwaffen angesichts der Ernsthaftigkeit der Bedrohung Russlands und insbesondere im Falle eines negativen Szenarios der Feindseligkeiten metaphysisch gerechtfertigt und keineswegs ein Bluff.

Der Weiße Pol ist derzeit noch nicht der dominierende Elitenpol, und die Partei der aufgeschobenen Niederlage übertrifft ihn in mehreren administrativen Belangen. Dennoch nimmt das Gewicht der Partei des Sieges stetig zu, und auf der Ebene des offiziellen Diskurses in Russland gelten ihr Programm, ihre Strategie und ihre Einschätzung der Lage als normativ. In jedem Fall ist diese Makrofigur des geopolitischen Schachspiels präsent, kontrastreich und unterscheidbar.

Konsolidierung

Reduzieren wir nun unsere vorgeschlagene Klassifizierung der Akteure auf ein allgemeines Schema.

Jede Makrofigur hat ein ziemlich klares Bild von dem, was geschieht, vor Augen, mit dem alle anderen Figuren im Prinzip übereinstimmen. Das heißt, sie alle handeln nach bestimmten Algorithmen, die in die objektive Struktur der Konfrontation eingeschrieben sind, über die sie keine Illusionen haben. Jedem ist klar, wer mit wem und für welche Ziele kämpft.

Die Ukraine ist nur ein Territorium, ein Schachbrett – mit eigenen Merkmalen, eigener Topographie und Topologie, aber sie ist ein reiner Hintergrund. Sie ist weder eine Figur noch ein Subjekt. Alles wird außerhalb von ihr und unabhängig von ihr entschieden.

Militärische, politische, wirtschaftliche, soziale, diplomatische, informationstechnische und technologische Prozesse sind eng miteinander verknüpft und bilden trotz der Spontaneität des Krieges ein ziemlich geordnetes System. Alle 6 Makrofiguren können herangezogen werden, um zu verstehen, wie diese Systeme konfiguriert sind und wie ihre verschiedenen Teile miteinander verbunden sind.

Aber diese allgemeine Übereinstimmung mit dem objektiven geopolitischen Rahmen geht nicht weiter. Jedes Subjekt im Entscheidungsprozess bewegt sich nach seiner eigenen Logik, und allein die Tatsache dieser Bewegung kann unter bestimmten Umständen das Gesamtbild verändern. So hat beispielsweise die Entscheidung über die Teilmobilisierung in Russland, ihr Zeitpunkt und sogar ihre Einzelheiten Auswirkungen auf das gesamte System. Offensichtlich fand die Partei der verzögerten Niederlage in Russland beim kollektiven Westen die beste Resonanz, aber sobald sie eintrat, begannen sich die Ereignisse in einem anderen Tempo zu entwickeln. Das Gleiche gilt für die anderen wichtigen Entscheidungen dieses Krieges: Offensiven, Rückzüge, Verteidigungen, Angriffe, terroristische Angriffe, Bombardierung militärischer und ziviler Ziele auf dem Territorium des Gegners und so weiter. Die Unregelmäßigkeit der Situation besteht darin, dass das Territorium des eigentlichen Feindes in diesem Krieg – des kollektiven Westens – vorerst vollkommen sicher bleibt, während der Feind auf dem Territorium Russlands zuschlägt, bis hin zu dem jüngsten Drohnenangriff auf den Kreml.

In diesem Diagramm können wir das Verhältnis der drei schwarzen Pole zueinander weiter analysieren, was uns ein klareres Bild des Gesamtvektors vermittelt, wobei der politische Moment in den USA und die eher sekundären Prozesse in den NATO-Ländern – Europa und der Türkei – berücksichtigt werden. Wir können auch die Beziehung und das Gleichgewicht der drei weißen Makrofiguren betrachten. Auch hier gibt es eine eindeutige Dynamik, die mit demselben politischen Moment zusammenhängt, aber bereits innerhalb Russlands. Schließlich ist es möglich zu analysieren, wie sich die von den einzelnen Polen der einen Seite (der schwarzen Seite) initiierten Einstellungen, Entscheidungen und Aktionen zu den ähnlichen Einstellungen, Entscheidungen und Aktionen der anderen Seite (der weißen Seite) verhalten. Dies erfordert jedoch eine weitere, detailliertere Analyse. Für den Moment reicht es aus, die wichtigsten Makrofiguren dieses Schachkriegs, der der letzte Krieg der Menschheit werden könnte, hervorzuheben und kurz zu beschreiben. Alles hängt von diesen Figuren ab, von ihrer Interaktion, ihrer Korrelation, ihrer Besetzung von Subjekten und Objekten, ihrem Willen, ihrer Entschlossenheit, ihren Mitteln und ihrer inneren Überzeugung von ihrer Richtigkeit.

Übersetzung aus dem Russischen ins Englische von Lorenzo Maria Pacini in https://www.geopolitika.ru/en/article/chess-war

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Bildquelle: John_T / shutterstock

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Kommentare (10)

10 Kommentare zu: “China eindämmen? | Von Jochen Mitschka

  1. Zivilist sagt:

    Den Krieg gewinnt, wer an kleiner Schlacht teilnimmt. Goo Bye West, 500 Jahre waren auch zu viel.

  2. Schramm sagt:

    China Berichte, eine unvollständige Zusammenfassung.

    Chinas Bourgeoissozialismus ist keine gesellschaftspolitische Alternative zum Kapitalismus Chinas.

    1.) China: Aspekte zur aktuellen gesellschaftspolitischen Realität
    China: Aspekte zur aktuellen gesellschaftspolitischen Realität (infopartisan.net)

    2.) Leseauszüge aus chinesischen Quellen
    Die Deng-Xiaoping-Theorie
    Die Deng-Xiaoping-Theorie (infopartisan.net)

    3.) CHINA Berichte
    China: Selbstdarstellung – und gesellschaftliche Realität
    www.trend.infopartisan.net/trd1207/t431207.html

    4.) Chinas Sozialismus der Milliardäre
    www.trend.infopartisan.net/trd1019/t321019.html

    5.) Arbeitsbeziehungen in China
    Die Entwicklung hin zum Kapitalismus ist fortgeschritten und unumkehrbar.
    Auszüge aus einer Studie
    www.trend.infopartisan.net/trd1207/t491207.html

    6.) China stützt den deutschen und europäischen Imperialismus mit Milliardenaufträgen – natürlich auch die USA-Bourgeoisie!
    www.trend.infopartisan.net/trd0309/t120309.html

    7.) Kapitalistische Betriebs-Führung in China
    Anmerkungen zur Anziehungskraft der spätmaoistisch-kapitalistischen Betriebsführung auf das deutsche und internationale Kapital.
    www.trend.infopartisan.net/trd0108/trd380108.html

    8.) Ungeschminktes Selbstbekenntnis der VR China zum Kapitalismus
    Meldungen aus der Wirtschafts- und Handelsabteilung der Botschaft der VRCh in der BRD
    www.trend.infopartisan.net/trd0208/t430208.html

    9.) Deutsch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen
    Fakten der ökonomischen Zusammenarbeit
    www.trend.infopartisan.net/trd5618/t395618.html

    10.) Ausländische Direktinvestitionen in China in den ersten neun Monaten 2016
    Statistiken zufolge wurden 21 292 Unternehmen mit ausländischen Investitionen in den ersten neun Monaten 2016 neu genehmigt zu gründen, was einem Zuwachs von 12,2 Prozent entsprach.
    www.trend.infopartisan.net/trd0117/t400117.html

    – unvollständige Zusammenfassung

    12.05.2023, Reinhold Schramm

  3. Querdenker sagt:

    "… die unprovozierte Aggression Russlands, um zu begründen, warum sie sich stärker um den Hegemon scharen."

    So, so, Herr Mitschka, es ist also eine "unprovozierte Aggression Russlands". Da frag' ich mich doch, wo waren Sie die letzten zehn Jahre bzw. welche Quellen haben Sie glesen. Oder besser gefragt, welche nicht :-(

    • Andreas I. sagt:

      Hallo,
      da habe ich auch kurz gestutzt und es für ein Zitat von Bhadrakumar gehalten, aber sicher bin ich mir nicht.
      Es mag bei längeren Bezugnahmen nicht ganz so einfach sein, den Text so zu strukturieren, dass an jeder Stelle klar ist, was was ist.
      Das wäre auch völlig alte Schule und wer will sowas heute noch … :-)

    • Habe wohl die Anführungsstriche vergessen … aber aufmerksame Leser sollten verstehen, was gemeint war. "unprovozierte".

    • Nevyn sagt:

      Wenn wir etwas von den Chinesen lernen können, dann dass Schuldzuweisungen völlig sinnlos sind und den Weg zu echten Lösungen versperren.
      Wenn es einen Sinn gibt, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, dann wohl den, die Mechanismen zu verstehen, die zu der Katastrophe führten, um ihre Wiederholung zu verhindern. Der Rest des Handelns sollte auf die Zukunft ausgerichtet sein. Wer an der Vergangenheit klebt, in ihr leben will, ist schon tot. Alte Leute sind meist so drauf, und viele junge, die sich so ihrer Zukunft selbst berauben.

      Die Chinesen wissen offenbar um diese Dinge. Sie machen sich ihre Fehler bewusst und schreiten weiter.
      Die Schuldfrage ist was für Menschen, die nicht den Mut haben, hinzusehen.

      "Wer die Schuld auf sich nimmt, kann das Land regieren." (Dao de King)
      Es müsste einmal im Land der German-Angst-Projektionen voller armer unschuldiger Opfer verstanden werden, dass der handelnde, gestaltende Mensch sich immer schuldig macht. Die Zukunft gehört den Kains, nicht den Abels dieser Welt.

    • Querdenker sagt:

      " … aber aufmerksame Leser sollten verstehen, …"

      Nein, nein, so lasse ich Sie hier nicht heraus Herr Mitschka ;-) Uns werden so viel unterschwellige Botschaften in den unterschiedlichsten Medien vermittelt um eine bestimmte Richtung vorzugeben (Nudging). Aufmerksame Leser merken so etwas und lassen diese Botschaften sich _nicht_ verstetigen.

      Und offen gesagt, was Sie da erwarten ist kontraproduktiv! Wenn ich als Rezipient immer meine eigenen Vorstellungen in die Aussagen anderer Menschen interpretiere, bin ich letztlich in meiner eigenen Echokammer/Welsicht gefangen und ein wirklicher Meinungsaustausch kann gar nicht mehr stattfinden. Wollen Sie das ernsthaft? Ich denke doch eher nicht.

      Ich jedenfalls werde weiterhin jeden Text aufmerksam lesen und jede unterschwellige Botschaft kritisch hinterfragen. Und um noch einmal auf Ihren Text konkret zu kommen: Ich habe mir die Mühe gemacht beim Lesen nochmal nach oben und unten zu scrollen, genau zu schauen, wie Sie Zitate machen etc. Dabei war für mich aber nicht erkennbar, dass dies nicht Ihre eigene Aussage wäre, also habe ich es thematisiert …

    • Querdenker sagt:

      "Der Rest des Handelns sollte auf die Zukunft ausgerichtet sein. Wer an der Vergangenheit klebt, in ihr leben will, ist schon tot."

      @Nevyn: Sie haben schon Recht, die Frage, ob die Russland oder die USA in der Ukraine angefangen haben, ist nicht von belang. Wir richten Richten uns auf die Zukunft aus, so wie es auch viele Politiker in der Corona Causa wollen, die Vergangenheit ruhen lassen und nach vorne blicken </Ironie>.

  4. Andreas I. sagt:

    Hallo,
    Konkurrenz ist eine liberale Einstellung, Kooperation eine sozialistische. Der Liberalismus ist mehr oder minder in UK entstanden und in USA besonders stark, also wäre zu erwarten, dass dort die politischen Kräfte dominieren, die auf Konkurrenz setzen.
    Das Blöde ist nur: Schutzzölle usw. sind übliches Geschäft, aber wenn man einen Konkurrenten "eindämmen" muss, ist man selber schon nicht mehr konkurrenzfähig und wenn man auf Konkurrenz setzt, während man selber nicht mehr dazu fähig ist …

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