von Bernhard Trautvetter.
Nach foreignpolicy.com bringt der Klimawandel für die USA und damit auch für weitere Partnerstaaten zunehmend sekundäre Risiken mit sich, die nicht direkt Klimaschäden betreffen, sondern das Resultat davon sind und oft von ärmeren Staaten her das Leben in den USA beeinflussen.
Veränderungen in der Landwirtschaft, die Verschlechterungen und die Reduktion von Lebensräumen nach sich ziehen können, führen zu Migrationswellen (“huge waves of migration that climate change is likely to cause”), die einen Umfang erreichen können, der die Kapazitäten der reicheren Zielländer von Flüchtlingen überfordere. [1]
Das kann auch zu Spannungen zwischen EU- sowie auch zwischen NATO-Staaten führen. “Nordeuropäische Mitgliedsstaaten der NATO versuchen bereits, sich von den Migranten, die das Mittelmeer und osteuropäische Staaten überwinden, zu isolieren, um ein Anwachsen nicht-europäischer Bevölkerungsgruppen auf ihrem Territorium zu verhindern; man kann diese Bemühungen der nordeuropäischen Staaten bereits beim Umgang mit der Zunahme an Flüchtlingen aus Syrien erkennen. [2]
Der führende NATO-General Philip Breedlove wirft Russland und Syrien in diesem Zusammenhang vor, den Massen-Exodus von Flüchtlingen nach Europa als eine “Waffe” gegen die europäischen Strukturen zu missbrauchen. Massen-Bombardements würden durchgeführt, um eine massive und beständige Welle von Menschen, die nach Nahrung, Schutz und Sicherheit suchen, zu kreieren (“creating a massive, and continuous wave of people desperate for food, shelter and safety”). So würden Russland und das Assad-Regime gemeinsam und geplant Migration so einsetzen, dass die Migranten selbst zur Waffe werden.
Breedlove erklärte, er könne sich nicht anders erklären, warum viele von Russland und Syrien willkürlich eingesetzte Waffen so unpräzise sind, außer dass die Regierungen dieser Staaten Fluchtbewegungen auslösen wollen, die diese Vielzahl von Menschen dann zu Problemen anderer Staaten machen. [3]
Das Pentagon hat für derartige Probleme schon seit geraumer Zeit eine Lösungsstrategie in Arbeit, die dabei ansetzt, dass man die mit dem Klimawandel aufkommenden Probleme zur Kenntnis nimmt und dagegen präventive Schutzmaßnahmen ergreift, unabhängig von der strittigen Frage ihrer Ursache. (“Despite political gridlock over global warming, the Pentagon is pushing ahead with plans to protect its assets from sea-level rise and other impacts.”) [4]
Da die Armee die Aufgabe der Sicherheit hat, die zwar zugleich durch Kriege im Atomzeitalter untergraben wird, befasst sich die US-Armee mit dem Thema intern durchaus seit längerem. [5]
Eine Studie, die mir vorliegt, gibt es nicht mehr online unter dem Link, mit dem ich sie 2004 fand [6]. Sie macht sehr konkrete Aussagen zu den “militärischen Erfordernissen”, die sich aus den Problemen für die USA und für befreundete, beziehungsweise verbündete Staaten ergeben:
Der Klimawandel führe zu ungewöhnlichen Wetter-/Klima-Veränderungen wie Kälte-Verschiebungen – etwa wenn der Golfstrom zum Erliegen kommt – oder auch zu Dürren und Stürmen; das führe zu Problemen hinsichtlich Ernährung, Wasser und Energie. Daraus ergäbe sich für die “Sicherheitspolitik” genannte Militärstrategie ein Grenzmanagement angesichts globaler Konflikte und ökonomischer Schwächezustände.
Das Grenzmanagement ist in Europa in den Händen von Frontex. Die Deutsche Welle schrieb dazu am 6.10.2016 [7]:
“EU Migration – Verstärkte “Frontex”-Behörde soll Grenzen sichern: Endlich funktioniert einmal etwas solidarisch in der EU, freut sich EU-Kommissar Avramopoulos. Bei besserer Grenzsicherung durch die Frontex-Behörde sind sich alle einig. “
Diese Strategie bauen die reichen Staaten des NATO-Gebietes systematisch aus. Sie tun das den hier aufgearbeiteten militärischen Unterlagen zufolge mitnichten alleine in der Absicht, mit diesem Kampf gegen Kriegsflüchtlinge ultranationalistische Parteien zu schwächen, sondern im Gegenteil stärken sie diese, indem sie die sozialen Probleme in ihren Ländern eskalieren lassen, und diese mit Sündenbocktheorien über die noch Ärmeren als Krisenverursacher verkaufen, während sie gleichzeitig eine Unterstützung für ihren Abwehrkampf gegen die spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak ausgelösten Flüchtlings-Exodus-Bewegungen, also gegen die Menschen, die sie auf den Weg der Flucht getrieben haben, kämpfen.
Es gibt auch Kapitalfraktionen, wie die industrialisierte Landwirtschaft vor allem in Italien und Spanien, die die Migration als Ausbeutungsgelegenheit nutzen, da sie vor allem Papierlose erbarmungslos mit Arbeitsverhältnissen ohne Rechtsgrundlage versklaven. [8]
Die unvereinbaren Widersprüche kapitalistischer Realität lassen sich innerhalb dieses Systems nur begrenzt abschwächen, wenn es hinreichend kraftvolle Gegenbewegungen gibt. Aber eine grundsätzliche Lösung wird das System der Konkurrenz um den Maximalprofit nicht eröffnen.
Quellen:
[1] https://foreignpolicy.com/2018/01/09/the-only-force-that-can-beat-climate-change-is-the-u-s-army/
[2] ebenda
[3] https://www.dw.com/en/nato-commander-russia-uses-syrian-refugees-as-weapon-against-west/a-19086285
[5] https://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=121352495?storyId=121352495&t=1531255259431#
[6] http://halfgeek.net/weblog/special/gwreport/ Pentagon.html
[7] https://www.dw.com/de/verst%C3%A4rkte-frontex-beh%C3%B6rde-soll-grenzen-sichern/a-35973613
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.
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