Die totale Haltung | Von Roberto J. De Lapuente

Ein Standpunkt von Roberto J. De Lapuente.

Beim Kauf eines ÖPNV-Tickets wird man dieser Tage schon mal indoktriniert. »Stay with the Ukraine«, steht auf dem Automatendisplay. Dazu ist alles in Landesfarben der ehemaligen Sowjetrepublik gehalten. Wie kommt das, dass man jetzt immer, überall, laut, schrill und ohne gefragt zu werden, mit Bekenntnissen und »Haltung« bedrängt wird?

Neulich auf dem Weg zur U-Bahn traute ich meinen Augen kaum. Am Ticketautomaten flackerte die ukrainische Flagge über das Display. Darunter war zu lesen: »Stay with the Ukraine«. Ticketautomaten nehme ich eigentlich nur aus dem Augenwinkel wahr, denn ich habe eine Monatskarte, muss mir also nicht bei jeder Fahrt einen Fahrschein ziehen. Ich war schon in Gedanken dran vorbeigelaufen, blieb nach der Realisierung des Gesehenen kurz wie vom Donner gerührt stehen, ging zwei Schritte rückwärts und wagte nochmals einen Blick: Habe ich da tatsächlich richtig gesehen?

Oh ja, hatte ich. So ein Ticketkauf ist ja, beäugt man es mal ganz nüchtern und rein kaufmännisch, nichts anderes als eine Vertragssituation: Man erwirbt sich ein Stück Mobilität. Dass man dabei auch gleich noch mit politischen Statements bedrängt wird, ist in so einer Konstellation gar nicht vorgesehen. Was interessiert es mich denn auch, ob ein Mobilitätsunternehmen einen Krieg in Osteuropa ächtet oder nicht? Ist es Ausdruck beruflicher Kompetenz, wenn etwa mein Apotheker für Weltoffenheit wirbt? Kann man es als als Dienst am Kunden sehen, wenn der Rewe in der Nachbarschaft eine Regenbogenflagge auf die Eingangstore klebt? Eigentlich will ich beim Apotheker oder im Supermarkt ja was ganz anderes: Weltanschauung in Pillenform oder in dünnen Scheiben ist es jedenfalls nicht, was ich dort erstehen möchte.

Verkaufen mit Anstand

Im Laufe der letzten Jahre habe ich mehrfach darauf hingewiesen, dass der Anstand, das Gute, Wahre und Schöne, zu einer plumpen Marketingstrategie umfunktioniert wurde. Kaum wurde das  moralistische aufgeladene Klima auf die Straßen der freitäglichen Republik getragen, warben Unternehmen damit, unglaublich klimafreundliche, klimaschonende oder gar klimaneutrale Produkte im Angebot zu haben. Ob das nun stimmte oder nicht, war letztlich völlig egal: Vermutlich handelte es sich oft auch bloß um einen klaren Etikettenschwindel. Aber Werbeleute wissen ja, dass Kunden belogen werden wollen. Also gibt man ihnen, was sie begehren.

Dann kam Corona und wieder wurde daraus Marketing für Unternehmen aller Art. Erst »warben« sie noch zögerlich damit, ließen sich von der Öffentlichkeit loben, weil sie ihre Läden nicht etwa auf Geheiß der Politik schlossen, sondern weil sie selbst es auch für nötig hielten: Das las man an den Türen nicht weniger Geschäfte seinerzeit. Später repräsentierte man Hygienepläne für Angestellte und Kunden, bei denen man den Eindruck haben musste, dass es da nicht um Sinn und Sicherheit ging, sondern darum als möglichst bemüht, möglichst wertschätzend angesehen zu werden. Unternehmensverbände übten bestenfalls verhalten Kritik an den Maßnahmen, teils unterstützte man den Regierungskurs sogar.

Dass nun mit dem Krieg in der Ukraine der nächste Komplex bereitsteht, der sich als Werbe- oder Imagestrategie anbietet, verwundert daher nicht wirklich. Man muss die Ereignisse und die moralisch aufgeladenen Themen halt nehmen und deuten wie sie fallen. Marketing ist ja letztlich nie etwas anderes gewesen, man muss den Verbrauchern etwas bieten, was über die Ware oder Dienstleistung hinausgeht. Ein porentiefes Weiß beispielsweise oder die neidischen Blicke der Nachbarn waren früher solche Nebenprodukte, die das Gekaufte mit einem bestimmten Lebensgefühl aufluden. Solche Narrative nähren einen Glauben: Nämlich dass die objektiv vergilbte Bluse dennoch weiß ist, weil es doch ein Versprechen war.

Die Ukraine-Flagge verspricht auch etwas: Sie fahren hier mit einem öffentlichen Nahverkehr durch ihre Großstadt, der moralisch einwandfrei ist und der Haltung zeigt. Bitte genießen Sie die Fahrt mit moralisch reinem Gewissen und steigen Sie nicht auf das Auto um. Noch was schwingt mit: Wir wissen, dass wir technisch schlecht aufgestellt sind, alte Züge anbieten, zu oft ausfallen, zu spät kommen und dass die Abteile dreckig sind. Aber wir bieten Ihnen was anderes an: Anstand.

Haltung ist Marketing

Gemeinhin wird heute ein anderes Wort für Anstand verwendet. Vermutlich auch, weil Anstand sich nach Großvater anhört. Und nach Knigge. Wer heute Anstand meint, sagt ganz oft Haltung. Den Begriff habe ich oben bereits als Synonym für den Anstand verwendet. Aber wenn man es recht betrachtet, sind Haltung und Anstand nicht dasselbe. Denn wer mit einer Haltung durchs Leben geht, muss gar nicht sittlich sein, wie es der Anstand vorgibt. Ein Milliardär etwa, der endlos Geld in Medien und Politik pumpt, um so die Gesellschaft vor der ihn grauenden Idee abzubringen, hohe Vermögen hoch zu besteuern: Der zeigt ja auch Haltung. Zumal, wenn er dann auch noch öffentlich auftritt und seine Vorstellungen vom schlanken Staat vertritt. Anständig ist er deswegen noch lange nicht. Eher im Gegenteil.

Dennoch – oder gerade deswegen? – hat sich die Haltung zum Modewort der letzten Jahre entwickelt. Journalisten weisen nicht etwa ihre berufsspezifische Professionalität aus, wenn sie etwas Positives über sich erzählen wollen. Nein, sie sagen, dass sie eine Haltung hätten. Claas Relotius‘ Artikel waren ja auch so beliebt, weil sie eine Haltung verinnerlichten. Die Branche war sich einig, dass seine Texte nicht sonderlich beschwingt geschrieben waren: Aber er vermittelte ein Weltbild. Und das hielt man für extrem wichtig. Journalistischer Anstand ist etwas ganz anderes als Haltungsjournalismus. Er hat was mit recherchierter Sauberkeit, Objektivität, Chronistenpflicht und unbestechlicher Beobachtungsgabe zu tun – übrigens auch mit Distanz zur Macht.

Haltung hat sich aber gemausert. Sie hat als Pseudoanstand in alle Ecken und Winkel der Gesellschaft hineingewirkt. Und die Marketingabteilungen haben schnell erkannt, dass man mit ihr punkten kann, ohne gleich dem Anstand verfallen zu müssen. Denn wer mit Anstand wirbt, der lügt in den meisten Fällen dreist – wer Haltung vermittelt, der sagt vielleicht nicht unbedingt die Wahrheit. Muss er auch nicht, denn Haltung hat auch mit Realitäten und dem, was man gemeinhin als wahr erachtet, nichts zu tun. Sie ist ein Gefühl, ein Lifestyle. Und letzterer wurde immer schon von der Werbeindustrie ausgeschlachtet.

In gewisser Weise ist Haltung eine ziemlich alte Werbemasche. Die Frage war ja stets: Wie hältst du es mit weißer Wäsche und strahlenden Gardinen? Oder: Wie hältst du es mit dem Sitz deiner Haare? Oder auch: Wie hältst du es mit dem Protzen? Wenn du es mit dem Aufschneiden hältst, dann kauf dir einen SUV und deine Nachbarn werden dir neidvoll nachschauen, wenn du aus Suburbia hinaus in die Welt fährst.

Ist Marketing Haltung?

Was soll denn schon dagegen einzuwenden sein, wenn man jetzt mit wichtigen, auch vernünftigen Themen wirbt? Schließlich sind wir alle Konsumenten, wir leben in einer kommerzialisierten Welt, in der wir nur als Käufer und Kunden wirkliche Freiheit erleben – jedenfalls dann, wenn wir sie uns auch finanziell leisten können. Wenn der homo consumens dort mit politischen oder gesellschaftlichen Themen abgeholt wird, profitiert am Ende doch jeder. Bei Linksliberalen gilt seit einigen Jahren: Der kritische Verbraucher macht den Markt besser, gerechter und fairer. Vorher hat man in diesem Milieu noch hinterfragt, ob Konsum alleine glücklich machen kann. Diese Frage beantwortet man heute nicht direkt mit Ja, man hat schließlich seinen Stolz – man umschifft eine etwaige peinliche Antwort einfach mit dem kritischen Verbraucher, der vielleicht nicht glücklich ist, aber als Käufer mit Haltung die Welt verändert.

Das ist natürlich ausgemachter Unsinn, denn Verbraucher sind im Regelfall dann kritische Konsumenten, wenn sie sich das auch leisten können. Leute mit kleinem Einkommen sind nicht kritisch, bei denen wird es höchstens kritisch – wenn am Ende des Lohns noch zu viel Monat übrig ist nämlich. Es ist blanker Snobismus, so zu tun, als sei es für jeden möglich, kritisch zu konsumieren. Außerdem ist es ein fataler Irrglaube, wenn man denkt, die hohlen Parolen der Werbung würden irgendwie einen offenen Diskursraum ersetzen. Nur weil jemand einen klimaschonenden Fernseher kauft, wird Klimaschutz hat nicht zum zentralen Kaufargument.

Haltung mag zum Marketing geworden sein – aber Marketing ist keine Haltung. Anstand schon gar nicht. Es geht letztlich nur um einen Anstrich. Greenwashing, Corona-Washing, Ukraine-Washing – die beiden letzten Begriffe verwendet keiner. Schade eigentlich. Wir wissen aus den Erfahrungen der letzten Monate, dass der Lack der Zivilisation sehr dünn ist. Er splittert schnell. Das Washing ist noch nicht mal ein Lack. Es ist eine wenige Mikrometer dünne Schicht von Politur. Ein Wisch – und alles verschmiert. Nachhaltig ist so ein Marketing nicht. Denn es ist hohl, arbeitet mit Slogans, verbreitet griffige Sätze ohne Wesenskern. Aber was ist am Klimawandel, an einer Pandemie oder einem Krieg ist Osteuropa mit drei Worten oder gar nur einem Schlagwort erklärbar?

Unternehmen, die sich im Fahrwasser von zeitgeschichtlichen Geschehnissen moralisch blitzeblank waschen, sind nicht plötzlich gut und anständig. Sie fischen nach Komplimenten, wollen Anerkennung. Ihre Haltung ist eine pure Imagekampagne. Oder wer glaubt wirklich, dass in der Vorstandsetage der Deutschen Bahn betroffene Menschenfreunde sitzen, weil vor Bahnhöfen die ukrainische Flagge gehisst wurde? Wer das glaubt, geht wohl davon aus, dass Kapitalismus ein anderes Wort für Humanismus ist. Wenn diese Art von Washing Sensibilisierung schaffen soll, sollte man sich Sorgen machen.

Der Totalitarismus des Haltungsmarketings

Womöglich ist es aber ungeschickt, diese Sorgen in den Konjunktiv zu setzen. Es gibt handfeste Gründe, warum man sich tatsächlich, hier und jetzt nämlich, sorgen sollte. Das Haltungsmarketing ist keine Randerscheinung mehr. Jedes Unternehmen zieht da mit: Von Supermärkten, Dienstleistern, Mobilunternehmen, Transportdiensten, Lieferservices, Metallbetrieben bis hin zu Onlineplattformen habe alle diese recht günstige Art des Werbens für sich entdeckt. Die Mitmache ist total – und ja, sie wirkt totalitär.

Aus der Imagekampagne der Unternehmen nährt sich der Eindruck des totalen Bekenntnisses, das man überall antrifft, in jeder Nische, jeder noch so unbeleuchteten Gasse. Man entkommt dem nicht mehr, wird eingeschworen und indoktriniert – und soll Schwüre ablegen und andere auf Linie bringen. Unpolitische Zeitgenossen gab es immer. Sie kümmerten sich nicht ob die zentralen Fragen des Zusammenlebens, nicht ums politische Zeitgeschehen. Auch das erlaubt eine Demokratie schließlich. Bis vor einigen Jahren konnte man sogar noch so unpolitisch in den Tag hineinleben. Der Einkauf war kein Staatsakt im wahrsten Sinne des Wortes. Er war noch die bloß Beschaffung von Dingen des Alltags. Heute ist so ein unpolitisches Dasein ja kaum noch denkbar. Keiner entkommt den Credos des Augenblicks. Jeder wird erreicht, berieselt und bearbeitet.

Dieses pervertierte Marketing mit der Haltung wirkt im Grunde so auf die gesamte Gesellschaft, wie ein zentralisiertes Propagandaministerium. Nur eben viel glatter und wesentlich polierter, denn niemand drückt die Propaganda gegen einen entgegen gerichteten Willen durch. Es geschieht freiwillig, vorauseilend und in der munteren Erwartung, dass das Mitmachen und Mitlaufen einen Mehrwert für alle erzeugt: Für die Unternehmern, die Konsumenten und am Ende sogar für den autoritären Feudalkapitalismus.

Diese Haltung, von der jetzt alle reden, ist also genauer betrachtet nichts als ein Totalitarismus der Krämerseelen – und der Influencer und Imagelinge in den Netzwerken. Er engt den Diskursraum ein und erobert alle gesellschaftlichen Räume, macht weitergehendes Denken schwieriger und zermürbt kritische Zeitgenossen. Ein autoritärer Staat stört diesen Totalitarismus nicht sonderlich, ist aber andererseits nicht unbedingt notwendig, wenn die Unternehmen »Staat machen«.

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Der zugehörige Originalbeitrag erschien zuerst am 11. April 2022 bei Neulandrebellen.

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Bildquelle: Vitamin444/ shutterstock

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Kommentare (18)

18 Kommentare zu: “Die totale Haltung | Von Roberto J. De Lapuente

  1. Wortwahlhelfer sagt:

    Ein guter Artikel.

  2. Maththth sagt:

    Genial mathematisches Gleichungssystem. Ich hatte Gänsehaut. Kolossaler Beitrag, wirklich, wow!!!
    Dass Werbung beinah aussliesslich die Lüge bedient leuchtet wohl allen ein.
    Dass die Lüge den Journalismus und die Politik eingesackt hat und nun praktisch unter dem Diktat unmenschlich anmutender Milliardäre qualvoll dahin siecht, das wäre noch auszuhalten.
    Doch, dass soziale Errungenschaften unter verlogener und opportunistischer Regentschaft immer mehr ins bodenlose weggeglättet werden, buchstäblich erodieren, ist zügelloser Irrsinn und wird unsere Gesellschaftsstrukturen genau nach dem Vorbild des "New World Order" zum Allzeit-Faschismus umordnen.
    Es ensteht eine Klassengesellschaft, wo Einzelpersonen durch rücksichtslose Gier die lohnendste und mit hohem Ansehen bekleidete Machtposition zufällt.
    Wenn Gier die erstrebenswerteste Qualifizierung innerhalb der Gemeinschaft ist, ist "Pfahlblind" und "Stockstumm" vielleicht für alle Endstation.
    Gier ist die schlimmste Eigenschaft, denn sie verursacht sämtliche "Todsünden" respektive Verbrechen an der Menschheit zudem massenhaft und flächendeckend, auch noch anonymisiert sowie völlig legal.
    Bestes Besipiel sind die Corona-Massnahmen, die Grüne und Sozialistische Parteien schamlos unter Missbrauch polizeilicher Regierungsgewalt als Trittbrett genutzt haben um wieder die Spitze der Regierung zu erklimmen, dies ohne jedwelcher Art ein legitimisierendes gesellschaftspolitisches Programm vorzuweisen. Ich muss kotzen.

  3. KaraHasan sagt:

    Zelensky ist ein Marketingprodukt, das den Naatostaaten mehr Raum richtung Osten schaffen soll.

  4. ne utrum sagt:

    Alles schön und ungut, der Westen mal lügen, aber was hilft es, dies sich in unserer Blase gegenseitig zu versichern.

    Auf diese Weise haben wir schon bei Corona nicht wirklich gepunktet.

    Fakt ist: Die Alternativen sind in die Schmuddelecke gedrängt und so leid es mir tut und ich genau aus dem Grund viel zu oft an einer Wand abpralle:

    Wir finden keinen passenden Ton, um die anderen zu erreichen.

    Ich schlage mich bei Thema Krieg mal wieder in der Regionalzeitung im Forum herum, aber was da kommt…

    In diesem Sinn hat Putin den Kampf um die Herzen verloren. Er ist an allem Schuld. Fertig.

    Was hätte ich mir erwartet: Das der große Stratege im Kreml einen Plan hat, um diesem erwartbaren Übergewicht an Dumm- und Bösartigkeit etwas entgegenzusetzen. Aber nicht ist.

    Langsam geht mir da auch die Geduld aus. Seit Wochen Durchhalteparolen aus zweiter Hand. der große Plan, wie bei Q und Trump. Vielleicht wollen wir auch nichts anderes sehen.

    Es ist Krieg, er ist hässlich und ich sehe noch immer nicht, warum das alles und wie man am Ende der Kämpfe wirklich weiter machen kann.

    Putin ist endgültig zum Teufel geworden. Für die Zerebralnekrotiker.

    Beweise, Biolabs, Kinderhandel. Come on. Die Messe ist gelesen. Mit Kriegsbeginn gab es ein Zeitfenster von gefühlt einer Woche, in der noch alles offen schien. Danach hatte des Westen den PR-Krieg gewonnen.

    Viele träumte vom schnellen Enthauptungsschlag gegenüber dem deep state, dann Verhaftungen, Beweise.

    Und nun? Vielleicht steckt in Putin mehr Dugin drin als unsere Projektionen erlauben.

    • Andreas I. sagt:

      Nur; wenn Sie meinen, es gäbe einen "passenden Ton, die anderen zu erreichen", projizieren Sie da nicht selber?

      Ja im direkten Kontakt mit Menschen mag das noch möglich sein – oder auch nicht – da hat der eine oder andere Erfahrungen, wie das schon schwierig werden kann.
      Aber mittelbar medial?!
      Keine Chance gegen frühkindliche Prägungen.

    • ne utrum sagt:

      Seit es Putin gibt, wird mit ihm im alternativen Lager der große Mythos des game changers verbunden.
      Er rettet die russischen Menschen vor dem Westen.

      Dabei hat man immer alle Fünfe gerade sein lassen. Nun ist Krieg und wieder liest man an vielen Stellen, dass Putin ganz und gar richtig liegt, mit dem was er macht.

      Da sträuben sich bei mir viele Nackenhaare. Nicht weil ich anti-russisch bin. Es geht mir darum, dass wir die Sphäre der Macht zum geringsten Teil wirklich sehen und quasi 99 % dazu dichten und das dann irgendwie zu glauben anfangen sowie immer nur das konsumieren, was diese Sicht bestätigt.

      Für die Hauptstrommedien ist man der Feind, wenn man Putin nicht hasst.

      Im Alternativen ist man an vielen Stellen ein Verräter, wenn man Putin nicht liebt.

    • Andreas I. sagt:

      Hassen oder lieben, schwarz oder weiß ?!
      Och nööö.

  5. Alex C sagt:

    Als ob sich die Kunden für eine Haltung von einem Unternehmen interessieren?! Es wird das billigste genommen. Geiz ist Geil …

  6. MomentMal sagt:

    Wen wundert das alles noch, wenn man den verblödeten Konsumenten in der Berliner S und U-Bahn schon per automatischer Ansage darauf aufmerksam machen muss, dass die Türen sich auch automatisch öffnen können :D

    Mich erinnert das alles irgemdwie an die maoistische Kulturrevolution.

  7. _Box sagt:

    Perspektiven, Herr De Lapuente,

    das Politikum als Marke. Wurde gerade behandelt:

    Demokratie – nicht mehr als ein Markenname
    12. April 2022 um 9:52 Ein Artikel von Irmtraud Gutschke

    Welchen Inszenierungen wir ausgesetzt sind und wie wir sie durchschauen können: Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Sheldon S. Wolin bietet in seinem Band „Umgekehrter Totalitarismus“ eine scharfsinnige Analyse neoliberaler Herrschaft. Von Irmtraud Gutschke.
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=82874

    Dieser Krieg wird ihnen präsentiert von Deutsche Bahn, demnächst, per Neuralink, direkt ins Hirn geschrieben.

  8. Zivilist sagt:

    Bei Netto's Pfandautomaten können Sie das auch haben, so wird Propaganda zur Belästigung.

    Und apolut ist mir längst schon viel zu Blau Gelb.

  9. Norbert sagt:

    Jetzt weiß ich endlich, warum ich seit zwei Jahren wieder vom ÖPNV auf Auto, Motorrad und Fahrrad umgestiegen bin! So zeige ich (Körper)haltung – mit Anstand! Ist zwar nicht Mitweltfreundlich, aber gegen den "Totalitarismus der Krämerseelen", der Kleinkarierten, der naiv Gehaltenen oder vielleicht schon mit Hannah Arendt, gegen die "Banalität des Bösen."

    • wasserader sagt:

      Mitwelt ist die richtige Bezeichnung, wenn man schon den Menschen von der Welt trennen will .
      Der gewohnte Begriff Umwelt trennt den Menschen einerseits strikt von der Welt und dann ist er aber auch Vorwand in abstrahierten Problemstellungen Sachwalterschaft übernehmen zu müssen(dürfen).
      // Wollte auch von Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, mit dem Zwang zur Gesichtsverhüllung stellt sich diese Option nicht mehr.

    • Andreas I. sagt:

      @ Norbert
      "wieder vom ÖPNV auf Auto, Motorrad und Fahrrad umgestiegen bin! So zeige ich (Körper)haltung – mit Anstand! Ist zwar nicht Mitweltfreundlich,"

      Kommt drauf an, und zwar auf Ihre täglichen Strecken. Statistisch sind die meisten Strecken Kurzstrecken, d.h. < 10 km. Also Fahrrad für die Kurzstrecken macht schon einen wesentlichen Teil aus. Wenn man dann noch die Wahl zwischen Auto und Motorrad hat, je nachdem, ob man eine Waschmaschine oder noch drei Leute oder nur sich selbst transportiert und für längere Strecken, dann hilft das auch noch ein bisschen.

      Und Krieg ist erst recht nicht gut für die Natur (zu der der Mensch dazuzählt oder dazuzählte, damals, als er noch ein natürliches Immunsystem hatte, was ohne Bill mit Allerweltsviren fertig wurde ;)

  10. Andreas I. sagt:

    Kritisch konsumieren kann und muss man gerade dann, wenn man kein Einkommen hat. Denn wenn man kein Einkommen hat, dann hat man Zeit (Ausnahme Mütter mit Neugeborenen). Und dann ist es fast schon eine betriebswirtschaftliche Rechnung:
    Wenn man kein Geld hat, muss man Zeit investieren.
    Egal ob man sich ein Fahrrad selber aufbaut und alle Wartungen und Reparaturen selber macht, um nichts mit Nato-ÖPNV-Automaten zu tun zu haben und überhaupt unabhängig mobil zu sein …
    Oder statt fertigen Klamotten eine Nähmaschine kaufen und einmal die Ausgabe haben, aber fortan Stoff nur als Meterware zu brauchen, wo dann auch Leinen & Co. erschwinglich werden …
    Oder, wo es am schwierigsten wird Bio-Lebensmittel, aber auch da kann man zusehen, dass man das wenige, was man tun kann, tut. Ein kleines Sch(t)rebergärtchen, "urban gardening" also Hochbeete u.ä. in der Stadt, Einkaufs- / Erzeugergemeinschaften … da kann man sich nicht komplett versorgen, man muss schon noch im Supermarkt einiges an Glyphosat-Dreck kaufen – aber man muss deutlich weniger im Supermarkt kaufen und dadurch ist deren Umsatz etwas geringer und so am Ende auch die Gewinne der Aktionäre etwas geringer.
    Also finanzielle Armut ist _kein_ Argument.

    Geistige Armut ja … sich einreden zu lassen, etwas ohne Rückgrat könnte Haltung sein … aber da landet man letztendlich wieder bei der normopathischen Gesellschaft.

    Übrigens kann man durchaus die eingeforderte Verbundenheit mit der Ukraine zeigen:
    Nicht den in Deutschland verbotenen Gruß ausführen, aber ähnliche Bewegung; nicht schreien, aber mit vernehmlicher Lautstärke und ordentlich zackig sprechen "Slava Ukraina!" und insgesamt die dazugehörige militärische KörperHALTUNG ;-) , vielleicht noch Hacken zusammenknallen …
    Falls dann einige Leute leicht irritiert sein sollten, hat man es gut gemacht. :-)

    • Ines sagt:

      Lieber Andreas,

      deine Vorschläge für die finanziell weniger gut ausgestatteten Menschen in allen Ehren, aber vom Nähen hast du offensichtlich nicht die geringste Ahnung. Die Meterware Stoff, Leinen, Baumwolle und Co. ist in aller Regel erheblich teuerer als das fertige Kleidungsstück, besonders dann, wenn die Kleidung bei den allseits bekannten Billiganbietern erstanden wird.

      Nur mal so als Beispiel: ein Meter Leinen kostet zwischen 10,00 und 20,00 Euro im unteren Preissegment, Nähgarn und Knöpfe oder Reißverschlüsse nochmal 10,00 Euro (wenn's reicht), mit Kleid oder Hose komme ich auf ca. 40,00 Euro. Eine Billigjeans kostet mitunter weniger als 10,00 Euro, von shirt um die 2,00 Euro gar nicht zu reden.

      Nichts für Ungut, aber selbst machen ist heuer oft teurer als das fertige Produkt zu kaufen.

    • Andreas I. sagt:

      Hallo Ines,
      vom Nähen habe ich bisher tatsächlich noch ;) wenig Ahnung bzw. das liegt so lange zurück, da wurde noch in anderen Währungen gerechnet …
      Ja die Preise für Leinen habe ich so ähnlich auch gefunden, aber es ist immer die Frage, womit man vergleicht und was für Nebeneffekte man noch erzielen kann oder will, z.B.
      – ob Stoff schnell stinkt und man auch waschen muss, wenn er gar nicht dreckig ist (Baumwolle) oder ob man weniger waschen muss (Energiekosten) oder
      – ob es länger hält oder
      – ob man aus ökologischen Gründen keine Bauwolle will und sich mit selber nähen Leinen&Co überhaupt leisten kann (dann vergleicht man nämlich preislich auch nicht mit Billig-Jeans aus Baumwolle, sondern mit fertigen Leinenhosen) oder
      – ob man aus polit-ökonomischen Gründen das wenige Geld lieber einem Stoffladen gibt als C&A und anderen (Aktien)Unternehmen; die politischen Gegner nicht auch noch unnötig füttern, darum geht es ja u.a. beim kritischen Konsumieren …
      … oder ob man es relativ leicht reparieren kann und dafür kann man bei Selbstgemachtem von Anfang an sorgen.

      Der einzige Haken am Selbermachen ist nach meiner bisherigen Erfahrung (in anderen Bereichen), dass das erste (Stück) immer zum lernen ist, Prototyp.
      Aber da man bei Industrie-Produkten als Kunde auch Beta-Tester ist …

      Und ja, wie ein italienischer Designeranzug sieht es nicht aus, aber so muss ich ja auch nicht rumlaufen, ich bin ja weder Berufsmafiosi noch Berufsdiplomat, also muss das auch gar nicht sein. :-)

    • Ines sagt:

      Hallo Andreas,

      mit was "man" vergleichen möge, sei mal dahin gestellt. Aber du hast ja abgestellt auf …

      …"wenn man kein Einkommen hat." und "Wenn man kein Geld hat…."

      und da greift deine Argumentation nicht.

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