von Peter Frey.
Angesichts der Sanktionshysterie in Medien und Politik gegenüber einem angeblich durchgeknallten diktatorischen Nordkorea erschien es mir notwendig, Tiefenforschung zur jüngeren Geschichte des geteilten Korea zu betreiben. Was dabei am meisten bestürzt, ist die gewonnene Erkenntnis, dass die Vereinten Nationen sich in den Krieg gegen dieses Land praktisch seit ihrer Gründung einspannen ließen.
Vorwort
Im Titel der Artikelreihe finden sie Korea, statt Nordkorea. Das ist bewusst gewählt, denn die Menschen auf der koreanischen Halbinsel sehen sich, trotz der seit Jahrzehnten existierenden Teilung, in überwältigendem Maße als Teil einer Nation. Und die westliche Politik, der intensiv daran gelegen ist, beide koreanische Staaten in Feindpositionen zu zwingen, richtet sich natürlich gegen Korea als Ganzes! Es gibt keine Gewinner in diesem stetig von außen geschürten Konflikt.
Wenn wir nun über die jüngere traumatische Geschichte dieser Nation sprechen, werden wir erfahren, dass ihre Teilung, wie auch deren Aufrechterhaltung das Ergebnis paranoider Geopolitik ist. Wir werden außerdem erfahren, dass diese Paranoia – und das wird verschwiegen wie verschleiert – NICHT von der Sowjetunion ausging.
Dazu gilt mit Blick auf den, der sich, weil mächtig, auch entsprechend aufspielt: Der Paranoide sieht seine Paranoia zwar als Spiegel in seinen Opfern; ist jedoch nicht in der Lage, den Bezug zu sich selbst herzustellen.
Im Laufe der Artikelreihe erfahren wir von der unseeligen Rolle, welche den Vereinten Nationen, der United Nations Organisation (UNO) von ihrer Gründung an zugedacht war; die eines Herrschaftsmittels, eines vor allem ideologischen Werkzeugs, welches kriegerisches Handeln in den Köpfen der Menschen zu Friedensaktivitäten verzauberte und sie damit in Machtpolitik einspannte. George Orwells Buch 1984 war in jener Zeit gerade veröffentlicht worden, als das dort beschriebene Neusprech auch schon Einzug in die große Politik fand.
Wie groß das Ausmaß ist, in welchem die UNO für Machteliten Verwendung findet, wurde in anderen Beiträgen bereits behandelt. Wer sich für die Hintergründe der abgründigen wie verlogenen Giftgaskampagne gegen die syrische Regierung und die Rolle welche die UNO dabei spielt(e), interessiert, dem sei diese dreiteilige Artikelserie empfohlen.
Als man die Spaltung Koreas ins Auge fasste, gab es die UNO noch nicht, doch das Ausnutzen einer Organisation der Völkergemeinschaft für geopolitische Zwecke war bereits in der Strategie enthalten. Ja, es war gelebte Erfahrung. In diesem ersten Teil fassen wir Korea zeitlich in die schließende Klammer der Gegenwart und die Öffnende in den 1940ger Jahren – bevor und als die Vereinten Nationen gegründet wurden.
Wir müssen uns jedoch an diese Rolle der UNO systematisch heran arbeiten. Wird doch ihr reales Wirken – hier nur im Falle Koreas – von einem gigantischen Lügengemälde zu dessen Geschichte überdeckt, welches erst einmal zur Seite gezogen muss.
Zum Einstieg der beispielhafte Blick in die Gegenwart
Die Teilung Nordkoreas hat einen Namen: 38. Breitengrad. Hierzu ist mir eine sehr interessante Parallele aufgefallen, auf die ich durch einen manipulativen Medienbeitrag aufmerksam wurde und auf den ich in diesem Artikel hinführen möchte. Umso aktueller sind solche Zusammenhänge, da – kurz vor Beginn der Olympischen Winterspiele in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang – Hass und Zwietracht in Politik wie Medien gesät wurden, welche den Geist Olympias, vor allem aber die immer wieder gestarteten Annäherungsversuche der beiden koreanischen Staaten zu vergiften suchen(1,2). Warum tat man das?
Warum wird das Bestreben nach Verständigung, nach Entwicklung eines konstruktiven Dialogs nicht gefördert, nicht einmal honoriert? Warum statt dessen eine solche Feindbildpflege? Es genügt nicht, das als unangenehm zu empfinden. Notwendig ist die Frage des WARUM, die nach den Motiven. Glauben Sie, dass hier, in dieser Einleitung eines Zeit-Online Artikels(b1), das Motiv Völkerverständigung und Friedenssehnsucht der Menschen eine Rolle spielte?
“Vereinte Nationen: Nordkorea umgeht Sanktionen
Das nordkoreanische Regime nimmt laut UN-Experten weiterhin Millionen Dollar mit Rüstungsgeschäften ein. Syrien unterstützte es demnach bei der Produktion von Giftgas.”
Es ist nicht so, dass Die Zeit nicht auch qualitativ wertvolle, informative Artikel liefert. DAS aber ist nicht die Arbeit eines Journalisten und nachfolgend eines Redaktionskollegiums gewesen. Was Sie da sehen, hatte auch nie vor, journalistischen Ansprüchen zu genügen. Das ist echte Auftragsarbeit; plumpe Propaganda. Wenn Sie ein wenig bewandert sind, wie man so etwas erkennen kann: Sehen Sie auch rasch die (mindestens) SECHS TRIGGER, die das begründen?
Erster Trigger: Vereinte Nationen
Gleich am Beginn des Artikels werden sie als Marker gesetzt: Die Vereinten Nationen. Nur noch als Hure missbraucht, um Falschmeldungen und Verleumdungen ein Mehr an Glaubwürdigkeit einzuhauchen. Gehen Sie zu den offiziellen Publikationsquellen der Vereinten Nationen und suchen Sie nach der „Quelle“, die Ihnen hier absichtsvoll untergeschoben wird, aber schlicht nicht vorhanden ist. Die Vereinten Nationen werden schon in ihrer reinen Begrifflichkeit als Werkzeug der Kriegstreiber eingesetzt. Denn was mehr soll das denn sein, als den Ruf zu stärken, „die Daumenschrauben gegen Nordkorea anzuziehen“?
Dass sich die UNO dafür neben dem Missbrauch ihres Namens und der damit verbundenen Glaubwürdigkeit auch ganz konkret vereinnahmen lässt – auch und besonders im Falle Koreas; darauf werden wir noch öfter zurück kommen.
Zweiter Trigger: Sanktionen
Die Menschen sind schon dermaßen indoktriniert, dass sie sich gar keine Gedanken mehr darüber machen, was Sanktionen für Menschen anderswo überhaupt bedeuten. Völlig unempathisch spielen Politiker und Medien mit diesem KRIEGSWERKZEUG, um Macht durchzusetzen. Sanktionen sind aber mit Existenziellem verbunden. Sie sind nicht gegen mehr oder weniger fiktive Diktaturen gerichtet, sondern gegen die Bevölkerung! Sie führen zu mangelnder medizinischer Versorgung, unbeheizten Wohnungen, zu höherer Kindersterblichkeit, zu Hunger und Mangelerkrankungen. Vielleicht wird es mit Blick auf die Geschichte im Irak und Syrien deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass Sanktionen TÖDLICH sind.
Versetzen Sie sich einfach in ein Land, welches solchen Sanktionen ausgesetzt ist. Versuchen Sie, die Gefühle der Menschen nachzuvollziehen und Sie werden die Schuld niemals den politischen Führern jenes Landes zuweisen, sondern den Sanktionierern, den Trägern dieser Embargo-Politik. Ja, es stärkt sogar das eigene politische Establishment. Die Geschichte hat das doch unzählige Male bewiesen.
Beispiele? Deutschland im Ersten Weltkrieg (Embargo Großbritanniens), Irak in den 1990ger Jahren, Syrien in der jüngeren Vergangenheit, Eritrea in der jüngeren Vergangenheit, Iran in der jüngeren Vergangenheit …
Wir jonglieren gefühllos mit einem Werkzeug herum, welches Menschen an den Rand der Existenz bringt und glauben allen Ernstes, das wäre friedenserhaltend, Konflikte lösend, Demokratie fördernd? Wir glauben das natürlich nur, weil es so schön bequem ist und wir uns schlicht keine Gedanken darüber machen, wie unglaublich tief Sanktionsmechanismen greifen.
Inzwischen führt sich die Europäische Union diesbezüglich – gleich ihrem US-amerikanischen Vorbildern – wie ein globaler Dorf-Sheriff auf und ist in ihrer Sanktionswut als Mittel politischer Machtausübung außer Rand und Band geraten. Sie führt einen ungezügelten WirtschaftsKRIEG gegen missliebige Gesellschaften(3). Da passt doch der Beifall klatschende mediale Krieg gegen die Opferstaaten wie die Faust aufs Auge.
Wissen Sie eigentlich, dass die Terrororganisation Islamischer Staat niemals so stark sanktioniert wurde, wie Syrien als souveräner UN-Mitgliedsstaat in den vergangenen Jahren? Mit Nordkorea sieht das nicht viel anders aus; warum wohl? Weil das Freiheit und Demokratie fördert? Warum lassen wir uns eigentlich ständig dermaßen – mit Verlaub – verarschen?
Nicht umsonst bringe ich immer wieder die Vereinten Nationen ins Spiel. Die Bekämpfung des Terrorismus, dem sich ja die Weltgemeinschaft (wer nimmt Weltgemeinschaft eigentlich für sich in Anspruch?) verschrieben hat, hört ja nicht beim IS auf. Al-Qaida, welchem das Trauma von 9/11 angelastet wird und aus dessem Grunde Afghanistan seit Jahrzehnten „befriedet“ wird, kann ungestört in Syrien wüten und zählt plötzlich als „Opposition“? Die UNO sanktioniert ein Land, das sich im Kampf gegen als solche von der UNO angesehene terroristische Organisationen befindet. Spüren Sie, wie absurd sich das anfühlt?
Aber es ist nicht absurd, so drückt sich Machtpolitik über abhängige Organisationen aus.
Dritter Trigger: Regime
Im Deutschen ist das Wort Regime eindeutig negativ konnotiert. Es hat den Bezug zum Militär (Regiment) und vermittelt den Eindruck der (diktatorischen) Führung über eine gleichgeschaltete Masse – eben wie das Regiment beim Militär. Diese Begriffe sind dermaßen in den Hirnen von Journalisten verankert, dass sie sich wahrscheinlich überhaupt keine Gedanken mehr um den tieferen Sinn machen. Wenn sie Nordkorea hören, zündet bei ihnen eine Art Pawlowscher Reflex, der sie wie fremdgesteuert Regime schreiben oder sagen lässt.
So ist man sich der eigenen Unterwerfung unter eine Manipulation nicht bewusst und gleichermaßen unbewusst manipuliert man nun seinerseits andere Menschen. Propaganda wird deshalb von ihren Protagonisten in der Regel auch nicht als verwerflich empfunden, denn sie merken es gar nicht, dass es eine Solche ist.
Vierter Trigger: UN-Experten
Eigentlich stecken da wiederum zwei – gar drei Trigger drin.
Den Schaden welche Experten hier in Deutschland und auf der Welt insgesamt angerichtet haben, kann man kaum beziffern. Man hat sie – die Experten – aus privat finanzierten Denkfabriken, aus der Wirtschaft und Instituten aller möglichen Schattierungen in die Politik geholt, damit nun die Experten die Arbeit für unbedarfte Politiker übernehmen. Was sie auch tatsächlich tun und sie tun es natürlich Interessengeleitet – logisch wie nachvollziehbar.
Dass damit aber die Demokratie unterhöhlt wird, weil es mit der mehr oder weniger freiwilligen Abgabe von Kompetenzen an private Akteure verbunden ist, verschwindet aus unserem Blickfeld. Sehr bedacht wird uns immerfort vermittelt, wie wertvoll, vertrauenswürdig und kompetent doch Experten sind. Der Begriff ist positiv konnotiert und das soll auch in der von Zeit Online veröffentlichten Meldung die emotionale Note der Nachricht stärken.
Erneut bekommen Sie den Bezug auf die UNO. Wieder werden Sie darauf hingewiesen, dass die Informationen von einer absolut glaubwürdigen, integren Organisation stammen – und auch noch von deren Experten. Die, wie wir ja wissen, eine ganz, ganz tolle politische Rolle in unseren Gesellschaften spielen.(a1) Die guten UN-Experten haben erneut bestätigt, dass die bösen Diktaturen hinterhältig tricksen, sich verschwören und finstere Pläne aushecken.
Nur als griffiges Gegenbeispiel: Hatten irgendwelche guten UN-Experten das bei der Behandlung des Verbrechens, benamt als Tonkin-Zwischenfall auch getan?(4) Immerhin hatte das den gewaltsamen Tod von 50.000 US-Amerikanern aber vor allem den von mindestens einer Million Vietnamesen zur Folge. Wieso sind eigentlich die USA nicht längst von UNO-Truppen besetzt und fremd verwaltet?
Das ist keine Ironie! Die Frage ist ernsthaft und die Antwort liegt auf der Hand.
Oh nein, solche monströsen Kriegsverbrechen mit der Folge verheerter Staaten und Millionen von Toten untersuchten die UN-Experten natürlich nicht. Denn man hätte dann die Vereinigten Staaten von Amerika sanktionieren müssen. Man hätte sie ENTMACHTEN müssen. Um zum Kern zu kommen:
Es hatte niemals eine UN-Institution die MACHT, unabhängig die Geschicke der Völkergemeinschaft zu lenken. Das geht auch gar nicht. Müssten doch Machtgierige freiwillig ihre Macht abgeben; ein Widerspruch in sich und natürlich tendiert Macht in die genau entgegen gesetzte Richtung – zur Machterweiterung. Das Bild einer heilen unabhängigen Weltorganisation steckt aber als Denkfehler tief in den Köpfen der Menschen.
Doch auch damit ist die Propaganda – nur im Wort UN-Experten – noch nicht erschöpft.
Denn sie sind fiktiv – schlicht erfunden. In Wirklichkeit gibt es diese Experten, auf die man sich bezieht, gar nicht. Suchen Sie sie. Diese Suche wird nicht umsonst sein; sie wird Ihnen mit Sicherheit eine Fülle wertvoller Erkenntnisse bringen. Eine davon ist aber eben, dass DIESE Experten – und zwar jene die handfeste und prüfbare Fakten zum gegebenen Thema liefern könnten – gar nicht existieren. Aber wer macht sich schon die Mühe, dass zu prüfen …
Fünfter und sechster Trigger: Syrien und das Giftgas
An dieser Stelle merken Sie auch, dass den Produzenten des Zeit Online-Artikels Eines völlig abging. Sie haben ihre Verantwortung an der journalistischen Garderobe abgegeben und ziehen sich mit Sicherheit auf praktische Zwänge zurück.
Welche das wären? „Na, es kam doch von AP und AFP. Wir können nicht jede Nachricht einzeln prüfen. Ich fand das auch Scheiße, aber was sollte ich tun? Wir alle waren eigentlich dagegen, aber ich habe eine Familie zu ernähren. Es machen doch alle …“
Suchen Sie selbst nach weiteren Beispielen; am Besten im eigenen Umfeld – oder noch besser bei sich selbst …
Nachrichten werden übermittelt, damit die erfassten Informationen den beabsichtigten Zweck des Informanten erfüllen. Hierzu können Sie auch geframt, also für den Empfänger „passend“ gemacht werden und das geschieht viel häufiger, als wir es glauben. Nachrichten werden aber auch schlicht erfunden, um den Rezipienten zu manipulieren. Oder Framing und Erfindung werden gemixt, um im Sinne von Glaubwürdigkeit eine „Restwahrheit“ – jedoch mit maximaler emotionaler Botschaft – zu transportieren. Die emotionale Botschaft – um die geht es dabei vorrangig und das ist im Beispiel hervorragend erkennbar.
Hier wurde ein über Jahre mit massivem Aufwand tief in den Köpfen verankertes Vorurteil zur emotionalen Stärkung angewandt: Syrien und Giftgas. Selbst Menschen wie ich, die um die wahren Umstände des Themas wissen, müssen diese Dinge im Kopf ganz bewusst immer wieder gerade rücken; so stark wirken die Trigger. Syrien und Giftgas als negative Botschaft zur Feindbilderkennung wird nun mit einem weiteren Feindbild nordkoreanische Diktatur zusammen gebracht. Unser Unterbewusstes verknüpft die beiden Informationen, bildet daraus ein Narrativ (also eine Geschichte) und speichert sie so im Kopf ab.
Sie erleben in Bezug auf Nordkorea die gleiche anmaßende und arrogante sprachliche Ausdrucksweise (neudeutsch Wording)(5), welche sattsam gegenüber Syrien praktiziert wird. Man geriert sich als Richter über einen abgeurteilten Straftäter und ist dabei unfähig, auch nur ansatzweise einmal die eigene (auch und gerade ethische) Mängelliste selbstkritisch durchzuarbeiten.
Mit all dem festigt man in uns eine Haltung, die wir glauben rational zu vertreten. Dass dies ein Irrtum ist, merken Sie spätestens dann, wenn Sie mit hoher Emotionalität Ihre vermeintliche Rationalität ausspielen. Zwei Sätze und eine Überschrift; ist es nicht erstaunlich, wie viel Propaganda in so einer lapidaren Meldung stecken kann?
Die alte Geschichte: Kreative Gestalter am Werk
Der Zusammenhang, den Zeit Online konstruiert hatte, brachte mich allerdings auf Zusammenhänge ganz anderer Art zwischen Syrien und Korea – und die sind nicht konstruiert. Auffallend ist erst einmal, dass, wie im Falle Syriens und Jahre zuvor Libyens die UNO vorgeschoben wird, um eine brutale, Menschen verachtende Sanktionspolitik für die Köpfe der Menschen akzeptabel zu machen. Das geschah und geschieht sowohl mit als auch ohne aktives Zutun von Gremien der Vereinten Nationen.
Um einen weiteren Zusammenhang zu erkennen, müssen wir in die Geschichte zurück blicken; zuerst einmal Syrien(b2):
und nun Korea(b3):
Was kann uns hier auffallen?
Nun, dass mit dem Lineal Grenzen gezogen wurden. Und wer tat das? Im Falle des Nahen Ostens ist es unbestritten, dass die Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien – verankert im Sykes-Picot-Abkommen – sich die Kriegsbeute des zerschlagenen Osmanischen Reiches untereinander aufteilten. Sowohl im Falle Syriens als auch in dem Koreas wurde diese Teilung auf die gleiche Weise – nachträglich – rechtens gesprochen; wie das?
Die beiden europäischen Siegermächte des Ersten Weltkrieges ließen sich das durch „die Völkergemeinschaft“ „völkerrechtlich“ (wer schrieb das „Völkerrecht“?) verbriefen und diese „Völkergemeinschaft“ hieß damals Völkerbund. Im Namen steckte eine Lüge; denn auch der Völkerbund war nicht mehr als ein Werkzeug von Macht und Herrschaft. So winkte er auch den Vertrag von Sevres durch, mittels dem sich Großbritannien und Frankreich große Teile der arabischen Halbinsel als sogenannte Mandatsgebiete unter den Nagel rissen(6).
Das gleiche Prozedere sollte Jahrzehnte später Korea erfahren. Nur, dass dabei die Institution „der Völkergemeinschaft“ unter neuem Namen und neuen Machtverhältnissen in Aktion trat – und zwar nahtlos. Der Völkerbund wurde erst im Frühjahr 1946 aufgelöst(7). Aber nicht weil er „gescheitert war“, sondern weil sich die Machtverhältnisse grundlegend geändert hatten und dem wurde durch eine neue Weltorganisation Rechnung getragen.
Wie aber sieht es mit Korea aus? Hierzu sei zitiert aus einem Wikipedia-Artikel, mit dem wir uns nachfolgend näher beschäftigen werden:
„Die beiden Siegermächte des Zweiten Weltkriegs teilten das Land entlang des 38. Breitengrads unter sich auf. Die Sowjetunion, deren Rote Armee kurz vor Kriegsende in der Mandschurischen Operation die japanisch kontrollierte Mandschurei besetzt hatte, übernahm den nördlichen Teil, während die Vereinigten Staaten den Süden verwalteten. Ziel der Treuhänderschaft sollte es sein, eine provisorische koreanische Regierung einzurichten, die „frei und unabhängig in ihrer Ausrichtung“ sein sollte.(8)“
Was Sie da gerade lasen, ist eine krasse Geschichtsfälschung! Die möchte Ihnen mindestens einreden, dass die Sowjetunion und die USA sich irgendeine Beute aufgeteilt und Interessensphären abgesteckt hätten. Dem war nicht so! Wo, wann und durch wen wurde im Jahre 1945 eine Treuhänderschaft über Korea vereinbart – ja, warum sollte das überhaupt notwendig gewesen sein? Wieso sollten fremde Mächte eine provisorische koreanische Regierung einrichten?!
Ja klar, weil es eben Mächte sind. Doch wessen Machtanspruch steckt in obigem Zitat?
Es wird desweiteren verwässert, warum exakt sowjetische Truppen was auf mandschurischem Boden taten. Es werden die zeitlichen Abhängigkeiten der sowjetischen Militäroperation verwischt. Hierzu eine weitere Fälschung in Wikipedia:
„In einer in der koreanischen Bevölkerung umstrittenen Entscheidung – welche sich endlich staatliche Souveränität erhoffte – übertrug der UN-Treuhandrat zunächst der Sowjetunion und den USA die treuhänderische Verwaltung des Landes.(9)“
Dass die dreiste Einmischung in die Belange ihres Landes innerhalb der koreanischen Bevölkerung „umstritten“ war, ist pure Schönfärberei. Außerdem geht unter, WANN der UN-Treuhandrat aktiv wurde – im Jahre 1945, als bestimmte Leute ganz gezielt Fakten schufen, auf jeden Fall nicht. Doch wer mischte sich da in welchem Ausmaß ein? Versuchen wir das aufzulösen und begeben uns in die erste Hälfte der 1940ger Jahre.
Die Konferenz von Jalta, Operation Unthinkable und Fat Man
Erstens wird beiseite gedrückt, dass die Rote Armee die Region nicht „besetzte“, sondern in Kampfhandlungen eine mehrere hunderttausend Mann starke japanische Kolonialarmee – die Kwangtung-Armee – auf dem von dieser besetzten Gebiet niederwarf. Als Besatzungsmacht, welche dazu gedacht ist, wie eine Ordnungsmacht in einem fremden Land zu fungieren, war sie nicht angetreten. Dass von dieser militärischen Operation auch Korea betroffen sein würde, erklärt ein kurzer Blick auf die geografische Karte Ostasiens. Die territoriale Nähe Russlands (damals der Sowjetunion) zu Korea ist unübersehbar; es gibt sogar eine (wenn auch kurze) gemeinsame Grenze beider Nationen(10).
Halten wir schon einmal fest:
Der Eintritt in den Pazifik-Krieg war in keiner Weise Ausdruck sowjetischen Expansionsstrebens sondern entsprach dem Hände ringenden Bitten der Vertreter Großbritanniens und der USA während der Konferenz von Jalta!
Warum die westlichen Staaten um diese militärische Operation baten, die übrigens mit dem Bruch des Neutralitäts- und Nichtangriffsvertrages der UdSSR(a2) mit dem japanischen Kaiserreich verbunden war? Dafür muss man auf das Datum schauen. Denn der Eintritt der Roten Armee in den Pazifik-Krieg wurde der UdSSR in der Zeit vom 3. bis 11. Februar 1945 abgerungen; eben jener Krim-Konferenz(a3).
Wie lange der Krieg gegen die beiden faschistischen Mächte noch gehen würde, stand zur damaligen Zeit in den Sternen(11). Die immer noch vorhandene Kampfkraft der deutschen Wehrmacht hatten die westlichen Alliierten schmerzhaft bei der Ardennen-Offensive im Dezember 1944 zu spüren bekommen. Endgültig gescheitert war diese erst, als die sowjetischen Armeen ihre Frühjahrs-Offensive auf den Januar 1945 vorzogen, was die deutsche Heeresführung zwang, einen Teil ihrer Truppenverbände nach Osten zu verlegen.
Über die Stärke der japanischen Aggressoren, welche noch immer riesige Gebiete im Pazifikraum und in Ostasien besetzt hielten, war man sich im Unklaren. Die bislang geführten Auseinandersetzungen mit den Japanern waren blutig und langwierig gewesen. Man fürchtete hohe Verluste in den eigenen Streitkräften.
Abgesehen davon war dem britischen Premier Winston Churchill alles recht, was die sowjetische Militärpräsenz in Europa schwächen würde. Ihre Operation in Ostasien beinhaltete auch Truppenverlegungen aus Europa. Churchill ließ seit ein paar Monaten insgeheim Pläne ausarbeiten, mittels derer – unter Einbeziehung großer Wehrmachtsverbände – ein überraschender Schlag gegen die Rote Armee in Ostdeutschland und Polen geführt werden sollte. Verantwortlich für Operation Unthinkable zeichnete sein Stabschef und späterer erster NATO-Oberbefehlshaber Ismail Hastings.(12-14)
Dieser hinterhältige Schlag gegen den Verbündeten im Kampf gegen das faschistische Deutschland sollte genau im Zeitraum der nun geplanten Militäroperation in der Mandschurei stattfinden.
Und noch etwas darf man nicht vergessen. Im Februar 1945 verfügten die Vereinigten Staaten von Amerika noch nicht über die atomare Keule, mit der sie später skrupellos Machtpolitik durchsetzen würden.
Das muss man wissen, wenn man die Abläufe auf der koreanischen Halbinsel im Verlaufe des Jahres 1945 richtig einordnen möchte. Doch gibt es noch mehr. Wieder greife ich auf Wikipedia zurück. Gerade in Bezug auf Korea lässt sich hier ganz hervorragend darstellen, auf welch vielschichtige Weise Narrative gestrickt und gestärkt werden:
Nach der offiziellen Kapitulation Japans am 15. August 1945 […] wurde in Folge dessen ehemalige Kolonie Korea […] durch die Siegermächte in zwei Besatzungszonen aufgeteilt. Ausgehend von der Kairoer Erklärung von 1943 nahm die Sowjetunion schließlich den Vorschlag der USA an, Korea vorläufig entlang des 38. Breitengrads in zwei Besatzungszonen zu teilen(15).
Dass die UdSSR einen Vorschlag der USA zur Aufteilung Koreas in Besatzungszonen annahm, ist nirgendwo belegt. Das ist das Erste. Warum das so ist, werden wir gleich herausarbeiten. Bezug nimmt Wikipedia auf die Kairoer Erklärung aus dem Jahre 1943 und auch dafür bietet sie einen Artikel. Dort sind die Ziele der Kairoer Erklärung aufgeführt, wozu unter anderem gehört:
„Alle von Japan geraubten chinesischen Gebiete wie die Mandschurei, Taiwan oder die Pescadores müssten wieder an die Republik China zurückfallen. Korea solle frei und unabhängig werden.(16)“
Das klingt ja im Prinzip nicht schlecht. Aber, liebe Leser, es ist etwas schwieriger. Sie müssen genau lesen, was da steht. Die zu entdeckende „Kleinigkeit“ wird nämlich sieben Jahre später ausgenutzt, um den Krieg gegen Korea seitens der Vereinten Nationen führen zu können.
Der Korea-Krieg von 1950 bis 1953 war ja offiziell tatsächlich ein „Friedenseinsatz“ der UNO, welcher letztlich etwa vier Millionen Koreanern ewigen Frieden – also den Tod brachte. Aber wo im Wikipedia-Artikel ist die Information versteckt? Bevor wir uns weiter durch die Enzyklopädie hangeln, zeigen ich Ihnen aus gerade betrachteter Quelle hier ein Bild (b4).
Die Aufnahme (b4) zeigt Ihnen die Spitzenvertreter der Kairo-Konferenz. Die Persönlichkeiten in der Mitte und rechts dürften den meisten geschichtsinteressierten Lesern bekannt sein. Es sind der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premier Winston Churchill. Aber wer ist der in Uniform?
Es ist Chiang Kai-shek, viele Jahre lang Chef der sogenannten chinesischen Guomindang und seit dem Krieg der Japaner auf dem chinesischen Festland Günstling der US-Amerikaner. Über sie erhielt Kai-shek, dem man eine ausgeprägte Korruption vorwarf, bis zum Kriegsende zwei Milliarden US-Dollar – und danach bis 1949 die gleiche Summe noch einmal. Chiang Kai-shek war also ein Günstling, der China in einer Weise „entwickeln“ sollte, dass es gut im Grand Area verankert werden konnte(17).
Weitere zwei Jahre zuvor hatten nämlich die Eliten der USA ihrer Regierung eindringlich die Gebiete benannt, welche unverzichtbar unter wirtschaftliche und militärische Dominanz der aufstrebenden Weltmacht zu nehmen waren. Das taten sie über die vom Council on Foreign Relations (CoFR) entwickelte Denkschrift des Grand Area Planning und in der tauchte auch China auf. Kai-shek war also Washingtons Mann und wurde als Bollwerk gegen die von den zunehmend Paranoiden wahrgenommene wachsende Gefahr des Kommunismus in Fernost betrachtet.
Was immer auch in China zukünftig geschehen würde. Die USA würden ihren Proxy auf allen Ebenen als zersetzendes Element gegen einen nach Souveränität strebenden Staat in Stellung bringen. Ihm war die tragende Rolle des Teile und Herrsche für den Fall China zugedacht. Merken wir uns die Personalie Chiang Kai-shek; sie wird in späteren Folgen dieser Artikelreihe noch eine Rolle spielen, nämlich als Führer des Vasallenstaates REPUBLIK China, der helfen sollte die VOLKSREPUBLIK China zu isolieren, zu schwächen und schließlich ganz im Sinne des Grand Area Planning zu domestizieren.
Greifen wir mal vor: Ein Pendant des Chiang Kai-shek wurde von den USA bereits (lange vor 1945) für Korea vorgehalten. Er, Syngman Rhee, sollte später die Drecksarbeit in Südkorea umsetzen. Daher hat dieses, 1949 aufgenommene Bild (b5) zweier von den USA gezüchteten „demokratisch gewählten Präsidenten“ eine schon symbolische Bedeutung. Diese beiden Männer (b5) in ihrer jeweils eingesetzten Rolle als Präsident waren maßgebliche „Anschaffer“ des Korea-Krieges.
Von der Einrichtung eines Besatzungsregimes in Korea aber finden Sie weder etwas bei der Krim-Konferenz noch bei der Kairo-Konferenz. Es ist eine schlichte Erfindung. Diese Erfindung war auch dringend notwendig, weil darüber einer der beiden Großmächte die Legitimation für ihre militärische Präsenz in Korea nachträglich herbei gezaubert wurde.
Wer zog eine Grenze mit dem Lineal?
In allen möglichen Wikipedia-Artikeln – und nicht nur dort – lesen wir von einer Abmachung, dass zwei Großmächte irgendwann entschieden hätten, Korea aufzuteilen und unter Mandatsherrschaft zu nehmen. Doch nirgends gibt es Quellen, die das belegen. Was wir finden sind Referenzierungen, die einen Zirkelschluss bilden. Der 38. Breitengrad in Korea ist ganz offensichtlich Teil eines Narrativs. Das hat Konsequenzen. Wenn nämlich in keiner Weise eine Besetzung Koreas durch die beiden Supermächte vorgesehen war, außer Jener, welche aus Kampfhandlungen der Roten Armee gegen die Kwantung-Armee resultierte:
Was hatten dann US-amerikanische Truppen in Korea verloren?
In seinem 1964 erschienenen Buch Die Teilung der Welt beschreibt Arthur Conte fast minutiös die Sitzungen der Krim-Konferenz, von der es – außer dem Abschlusskommunique und dem Geheimabkommen zur Mandschurei-Operation keine offiziellen schriftlichen Aufzeichnungen gibt(18). Gehen wir davon aus, dass Conte als Sekretär (er war damals gerade 25 Jahre alt) der Konferenz persönlich oder/und im nahen Umfeld beiwohnte(a4).
Conte ist parteiisch auf der Seite der westlichen Demokratien, doch die Aufzeichnungen der Ereignisse vor Ort erscheinen überzeugend authentisch. Wie Macht sich ausdrückt, hat er in folgender Begebenheit festgehalten:
„Stalin erhält obendrein einen von General Arnold zusammengestellten Bildband mit zahlreichen Luftaufnahmen von den durch die „Fliegenden Festungen“ in Deutschland angerichteten grauenhaften Zerstörungen.(19)“
Über die psychologischen Befindlichkeiten des General Arnold kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Doch kommen wir zur Causa Mandschurei und da schreibt Conte:
„Gegen 16 Uhr empfängt Roosevelt noch einmal Stalin zu einer vertraulichen Aussprache, an der außer Molotow und Harriman nur die beiden Dolmetscher Pawlow und Bohlen teilnehmen. Die Großen Zwei einigen sich endgültig über die Bedingungen, unter denen die Sowjet-Union zwei oder drei Monate nach dem Zusammenbruch Deutschlands in den Krieg gegen Japan eintreten wird:(20)“
Roosevelts persönliches Interesse an einer Entlastung seiner Truppen in Fernost bestätigt sich hier. Aufschlussreich ist, dass Churchill an der folgenden Abmachung (zumindest direkt) nicht beteiligt wurde. Ich zitiere Conte etwas ausführlicher:
„Der Status quo in der Äußeren Mongolei (Mongolische Volksrepublik) bleibt erhalten; die früheren Rechte Rußlands, die „durch den heimtückischen Angriff Japans im Jahre 1904″ verletzt wurden, werden wiederhergestellt; Südsachalin wird zusammen mit den ihm vorgelagerten Inseln an die Sowjet-Union zurückgegeben; das Pachtabkommen für die Hafengebiete von Port Arthur und Dairen tritt wieder in Kraft; die von Rußland vor dem russisch-japanischen Krieg von 1904 innegehabten Rechte für den Betrieb der ostchinesischen und südmandschurischen Eisenbahnen werden wiederhergestellt, doch soll China weiterhin die volle Souveränität in der Mandschurei behalten; die Kurilen fallen an die Sowjet-Union, die sich bereit erklärt, mit der Nationalregierung von China einen Freundschafts- und Bündnisvertrag abzuschließen, und sich verpflichtet, mit ihren Streitkräften China im Kampf um die Befreiung vom japanischen Joch beizustehen.(21)“
Welche Nationalregierung im Falle Chinas gemeint war; darüber herrschten wohl unterschiedliche Sichten. Die USA meinten mit Sicherheit „ihre“ Chiang Kai-shek-Regierung. Doch von einer Korea-Frage ist niemals auch nur andeutungsweise die Rede.
Gern wiederhole ich, dass man in den Leitmedien immer wieder auch echte Perlen findet. Ob der FAZ-Journalistin Friederike Böge klar war, dass sie der „amtlichen Wahrheit“ massiv gegen das Schienbein trat? Jedenfalls schrieb sie im Januar 2018 (hört, hört!):
„Wahr ist, dass am 11. August 1945 ein amerikanischer Soldat, ein Pentagon-Mitarbeiter und ein späterer Außenminister spontan entschieden, dass dort auf dem 38. Breitengrad die Grenze verlaufen sollte. Der Soldat hieß George Lincoln. Er bekam nachts um zwei einen Anruf vom State-War-Navy-Koordinierungskomitee, in dem ihm mitgeteilt wurde, die Vereinigten Staaten würden jetzt Truppen nach Korea verlegen, um dort die besiegten Japaner zu entwaffnen.(22)“
Böge bezog sich dabei auf die Ausführungen des Historikers Rolf Steiningerdes in seinem Buch Der vergessene Krieg, welcher wiederum diese Zeitzeugen selbst zu Wort kommen ließ. Diese Umstände waren auch schon dem Theologen und Publizisten Peter Bürger bekannt, der deshalb schrieb:
„Es stellt sich nämlich […] die Frage, wie man gleichsam bei einer Kaffeepause im Pentagon willkürlich den 38. Breitengrad als Teilungslinie des selbst am Zweiten Weltkrieg gar nicht als Aggressor beteiligten Landes festlegen konnte und hierdurch gleichsam die Lunte für einen Bürgerkrieg legte.“(23)
Schauen wir uns den zeitlichen Kontext an. Die sowjetische Militäroperation in der Mandschurei begann am 9. August 1945 – und verlief in atemberaubendem Tempo. Zu schnell für die US-Strategen, welche davon ausgegangen waren, dass die Kämpfe andauernd und auszehrend sein würden.
Im Prinzip begann man deshalb bereits im Sommer 1945 die in US-amerikanischen Denkfabriken unter Führung des CoFR entwickelten Konzepte des Containment und des Rollback umzusetzen. Natürlich ging es auch in Korea nicht um die Entwaffnung besiegter Japaner, sondern das Ausleben antikommunistischer Paranoia(a5) und die Sicherung der politischen -, wirtschaftlichen – und militärischen Einflusssphäre im Fernen Osten.
Was für eine blödsinnige Begründung erhielt George Lincoln doch für die hastige Absteckung des Claims für die USA in Korea:
„[…] die Vereinigten Staaten würden jetzt Truppen nach Korea verlegen, um dort die besiegten Japaner zu entwaffnen.(24)“
Wenn die Japaner besiegt waren, musste keiner mehr kommen, sie nachträglich zu entwaffnen. Damals wartete man nicht einmal auf „die Gefahr einer humanitären Katastrophe“, um ungefragt wie ungebeten in ein fremdes Land einzumarschieren. Kampfhandlungen von US-Einheiten gegen japanische Truppen auf koreanischem Territorium? Fehlanzeige. Wann gleich bekam George Lincoln den Auftrag, eine Grenze quer durch Korea zu ziehen?
Am 11. August 1945, mitten in jener Zeit, in der die mandschurische Operation der Roten Armee voll angelaufen war.
Sollen wir ernsthaft glauben, dass dies eine abgestimmte Maßnahme war? Natürlich war sie das nicht! Die USA praktizieren das bis heute immer wieder. Als die syrische Armee bei der Bekämpfung des Islamischen Staates im Sommer 2017 nach Osten vorstieß, definierten die US-Amerikaner in einem fremden Land in großer Selbstverständlichkeit eine Demarkationslinie (am Flusslauf des Euphrat), über die sie den Eindruck vermittelten, das wäre (mit Russland) abgestimmt gewesen. Östlich und nördlich dieser Linie deckten sie ihre Proxies und stationierten völkerrechtswidrig eigenes Militär. Spätsommer 1945 in Korea und Spätsommer 2017 in Syrien – was für Parallelitäten sich doch auftun.
Zumal man im Sommer 1945 natürlich auch andere Saiten aufziehen konnte. Als die sowjetische Offensive begann, war das japanische Hiroshima fast vollständig zerstört.
Und eben an jenem 9. August äscherte eine Plutonium-Bombe Nagasaki ein(25). Die militärische Sinnlosigkeit des Abwerfens der Atombomben auf Hiroshima(26) und Nagasaki korreliert mit der Maßlosigkeit der Drohgebärde, die sie nämlich (unter anderem) in Wirklichkeit war.
Denn erstens geschah dieses Verbrechen an der Menschlichkeit, während die Rote Armee den japanischen Truppen in der Mandschurei gerade eine vernichtende Niederlage beibrachte und zweitens hatte zu jener Zeit die Potsdamer Konferenz gerade ihren Abschluss gefunden, bei der sich der neue US-Präsident Truman und der sowjetische Staatschef Stalin Auge in Auge gegenüber saßen. Wessen Geistes Kind der überzeugte Demokrat Truman war, belegt sein berühmt berüchtigter Ausspruch:
„Wenn wir sehen, dass Deutschland siegt, sollten wir Russland helfen, und wenn wir sehen, dass Russland siegt, sollten wir Deutschland helfen und ihnen auf diese Weise gestatten, so viele wie möglich umzubringen, wenn ich auch unter keinen Umständen einen Sieg Hitlers erleben möchte.(27,28)“
Mit Truman hatte der Council on Foreign Relations den absoluten Hardliner in die höchste politische Position der USA bringen können und dieser hatte umgehend das Militär beauftragt, atomare Erstschlag-Konzepte gegen die Sowjetunion auszuarbeiten(29).
Machen wir uns das bewusst:
Zur gleichen Zeit, als mit dem Tod sowjetischer Soldaten in Fernost die Unterstützung des Koalitionspartners bezahlt wurde, betrieb dieser auf verschiedenen Ebenen (siehe auch Operation Unthinkable weiter oben) die Vorbereitung für einen beispiellosen Angriffskrieg gegen eben seinen Partner.
Während Truman in Potsdam verhandelte, gab er Anweisungen, welche eine Kapitulation des japanischen Herrscherhauses unannehmbar machen sollten(30), denn er wollte unbedingt das Menetekel geschehen lassen:
„Wie aus einem Tagebucheintrag Trumans vom 18. Juli hervorgeht, sollte der Kriegseintritt der kommunistischen Sowjetunion überflüssig und ihre Beteiligung an der Neuordnung Ostasiens nach dem Krieg verhindert werden. Am 24. Juli 1945 gab Truman den Befehl zur Vorbereitung des Abwurfs der Atombombe am 3. August.“(31)
Mit der Demonstration überwältigender militärischer Stärke versuchten die US-amerikanischen Verhandlungsführer Vorteile auf diplomatischem Parkett für sich heraus zu schlagen – was ihnen damals teilweise gelang. Denn sie stellten die sowjetische Führung vor vollendete Tatsachen.
„Und so gelangte der 38. Breitengrad in die „General Order No. 1“, die die Details der Kapitulation der japanischen Streitkräfte regelte. Vorschläge, doch lieber den 39. oder gar den 40. Breitengrad zu nehmen, wurden verworfen. Auch Stalin stimmte der Demarkationslinie schließlich zu, von der man dachte, sie hätte nur vorübergehend Gültigkeit.(32)“
Was hätte denn die UdSSR auch Anderes machen können? Sollte sie kriegerische Handlungen auf fremden Boden gegen die USA beginnen? Mit einem sowjetischen Einverständnis zur Aufteilung Koreas hatte all das nichts zu tun. Wieder einmal dürfen wir den Charakter einer Geschichte als den einer B-Geschichte erkennen.
Fazit
Die sowjetische Armee erfüllte ihr in Jalta gegebenes Versprechen, die westlichen Alliierten im Fernen Osten mit einer gewaltigen Offensive zu unterstützen. Sie war nicht selbst auf diese Idee gekommen, sondern entsprach dringenden Bitten von Roosevelt und Churchill.(33,a6) Ihre Landnahme in der Mandschurei bis hin nach Korea erfolgte im Zuge von Kampfhandlungen; der Zerschlagung der japanischen Kwantung-Armee.
Immer wieder aufgeführte Behauptungen eines „geheimen Zusatzprotokolls“, was in Jalta oder im Irgendwo beschlossen wurde und eine Aufteilung Koreas zwischen der UdSSR und den USA beinhaltete, entbehren jeder Grundlage. Auch in regierungsnahen Denkfabriken werden keinerlei Belege für so einen Vorgang erwähnt(34). Besatzungszonen in einem Land, dass nicht Täter sondern Opfer einer Aggression war, einzurichten. Das ist ja auch völkerrechtlich ein Unding.
Doch waren die USA seit Juli des Jahres im Besitz der Atombombe und nun ausreichend machtbewusst, den ungeliebten Partner zu hintergehen. Sie setzten die Atombomben in Hiroshima und Nagasaki ein, um sie zu testen und ihren Anspruch auf globale Hegemonie zu unterstreichen. Vor allem aber war das eine ungeheure, skrupellose, jedes Maß sprengende Machtdemonstration.
Was die US-Truppen in Korea taten; das war die tatsächliche Besetzung. Sie war unter dem Aspekt der Niederwerfung Japans unnötig und von den Koreanern nicht erbeten. Wenn Sie mal wieder grübeln, was eine Annexion ist: Da, im Jahre 1945, die durch die USA in Korea, das war Eine.
Die Koreaner benötigten keinen Hegemon, keinen Gestalter, keine Ordnungsmacht, auch keine „Völkergemeinschaft“, die es so eh nie gab, um ihr Land nach der Kapitulation der Japaner selbst zu organisieren. Sie hätten Dinge gut gemacht und wären bei anderen Dingen gescheitert; so wie das nun einmal in komplexen Gesellschaften völlig normal ist. Die Katastrophe für Korea waren die Demokratie-Exporteure jenseits des Pazifik, welche es in ihrem Elitedenken längst völlig normal fanden, andere Völker und Staaten zu entmündigen, um denen die eigene, in Wirklichkeit doch so fade Einzigartigkeit aufzuzwingen, sowie „ganz nebenbei“ handfeste geopolitische Interessen skrupellos durchzudrücken.
In diesem Artikel haben wir den Missbrauch der Vereinten Nationen zur Gestaltung anderer Gesellschaften vor allem durch den der Massenmedien wahrgenommen. Die UNO selbst war im Sommer 1945 gerade ein paar Wochen alt(35). Dabei ist es in den Jahren nach 1945 aber nicht geblieben. Zuvor schauen wir im nächsten Teil genau auf die Ereignisse, welche sich auf der koreanischen Halbinsel in den August- und Septembertagen des Jahres 1945 abspielten. Wir werden einem schmutzigen wie bewährten Spiel des Teile und Herrsche begegnen, dessen Spielführer die schon damals dramatische Vorgeschichte des koreanischen Volkes bedenkenlos für die eigenen Zwecke ausnutzten.
Bleiben Sie bitte schön aufmerksam.
Anmerkungen
(a1) Es ist natürlich auch nicht zielführend, alle Experten in Bausch und Bogen zu verdammen; alles zu seiner Zeit und am richtigen Ort. Die Experten in der Politik aber, welche in Symbiose mit Lobbyisten gehen, sehe ich dagegen in ihrer Rolle außerordentlich kritisch.
(a2) UdSSR – Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.
(a3) Die Abschlusserklärung der Krim-Konferenz fasste unter anderem auch den finalen Beschluss zur Gründung der Vereinten Nationen im Frühjahr 1945 in San Francisco (USA).
(a4) Es ist mir nicht gelungen, eine verlässliche Biografie zu entdecken, die Arthur Contes persönliches Beiwohnen an der Krim-Konferenz in Jalta belegt.
(a5) Die geradezu krankhafte Angst vor dem Kommunismus gipfelte neun Jahre später in der vom neuen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower verkündeten Domino-Theorie, welche auf die „populistische Kraft der kommunistischen Ideologie“ verwies(36).
(a6) Auch der Wortlaut des Geheimabkommens von Jalta ist bis heute unveröffentlicht. Zumindest gelang es mir nicht, die entsprechenden Quellen zu finden. Jedoch wird seine Existenz von keiner Seite der Anti-Hitler-Koalition (Westmächte, Sowjetunion) bestritten.
(Allgemein)
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Quellen
(1) 25.1.2018; http://www.dw.com/de/gastkommentar-kims-spiele/a-42304403
(2) 3.2.2018; http://www.dw.com/de/maa%C3%9Fen-nordkorea-nutzt-wohl-berliner-botschaft-f%C3%BCr-beschaffung-von-waffen/a-42437182
(3) 4.2.2018; https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Nord-Korea.html
(4) 3.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/Tonkin-Zwischenfall
(5) 4.10.2017; https://propagandaschau.wordpress.com/tag/wording/
(6) Grenzen auf dem Reißbrett; Katharina Lange; Juni 2014; INKOTA-Netzwerk;http://www.inkota.de/material/suedlink-inkota-brief/168-hundert-jahre-erster-weltkrieg/katharina-lange/
(7) 6.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerbund
(8,9) 4.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/Teilung_Koreas
(10) 5.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/Nordkorea#/media/File:North_Korea_physical_map.svg
(11) 22.10.1984; http://www.knutmellenthin.de/artikel/archiv/geschichte/jalta-zur-geschichte-einer-legende-22101984.html
(12) 6.5.2016; https://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Unthinkable
(13) Churchill´s plans for WWIII, Supplement II; http://american_almanac.tripod.com/church.htm; Original veröffentlicht im Daily Telegraph am 1.10.1998
(14) Post WW2 World Order: US planned to Wipe USSR; Ekatarina Blinova; 15.8.2015;http://sputniknews.com/politics/20150815/1025789574/us-planned-to-wipe-out-ussr.html
(15) 4.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/Besatzungszone#Besatzungszonen_in_Korea
(16) 4.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/Kairoer_Erkl%C3%A4rung
(17) Jacques Gernet: Die chinesische Welt von den Anfängen bis zur Jetztzeit. Suhrkamp, 1988; S. 537; ISBN: 978-3-518-38005-5
(18) 14.4.1965; http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46272214.html
(19-21) Die Teilung der Welt (Jalta 1945); Arthur Conte; 1964; Karl Rauch Verlag, Düsseldorf; Übers. aus dem Französischen durch Wilhelm und Modeste Pferdekamp; entnommen aus: 1965;http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46272420.html
(22,24,32) 5.1.2018; http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/wo-verlaeuft-eigentlich-die-grenze-zwischen-nord-und-suedkorea-15373816.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0
(23) 1.9.2015; https://www.heise.de/tp/features/Wie-war-das-noch-mit-dem-Korea-Krieg-3375170.html?seite=all
(25) 3.8.2015; http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/japan-nagasaki-atombombe-100.html
(26) 6.8.2017; https://www.tagesschau.de/ausland/hiroshima-bombe-101.html
(27) George S. Wheeler: Die amerikanische Politik in Deutschland, Berlin 1958, S. 12.; Kongress Verlag
(28) Alexrod, Alan. The Real History of the Cold War: A New Look at the Past. Sterling. S. 44.; 6.2.2018, https://en.wikipedia.org/wiki/Alan_Axelrod
(29) Michio Kaku und Daniel Axelrod To Win a Nuclear War. The Pentagon’s Secret War Planes; South end Press, Boston, 1987; https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearstrategie
(30) Mee, Charles L.: Das Ende des Zweiten Weltkrieges – Die Potsdamer Konferenz Wilhelm Heyne Verlag, München, 1995; http://www.atomwaffena-z.info/geschichte/einsatz-von-atomwaffen/der-befehl.html
(31) Wieland Wagner: Tokio und die Stunde Null. Der innerjapanische Streit um die Potsdamer Erklärung. In: Timmermann, Heiner (Hg.): Potsdam 1945. Konzept, Taktik, Irrtum? (Reihe: Dokumente und Schriften der Europäischen Akademie Otzenhausen, Band 81.), Duncker & Humblot, Berlin, 1997. [zitiert: Wagner, Japan]; 6.2.2018; http://potsdamer-konferenz.de/geschichte/japan.php
(33) 19.5.2015; https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/kriegsverlauf/konferenz-von-jalta.html
(34) Gesellschaft für Sicherheitspolitik; 2014; http://www.gsp-sipo.de/archiv/jalta1945.htm
(35) 6.2.2018; https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_the_United_Nations
(36) 6.2.2018; https://de.wikipedia.org/wiki/Domino-Theorie
(b1) Zeit Online; Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-02/sanktionen-nordkorea-ruestung-exporte-vereinte-nationen?page=2
(b2) Map of Sykes–Picot Agreement showing Eastern Turkey in Asia, Syria and Western Persia, and areas of control and influence agreed between the British and the French. Royal Geographical Society, 1910-15. Signed by Mark Sykes and François Georges-Picot, 8 May 1916; Datei:494px-MPK1-426_Sykes_Picot_Agreement_Map_signed_8_May_1916.jpg: Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f9/MPK1-426_Sykes_Picot_Agreement_Map_signed_8_May_1916.jpg/; Originalquelle: The National Archives (United Kingdom); Lizenz: Public Domain
(b3) 38. Breitengrad sowie Demarkationslinie Nord-und Südkorea; Datum: 16.8.2004; Quelle und Dateiname: https://de.wikipedia.org/wiki/Teilung_Koreas#/media/File:Korean_dmz_map.png; Lizenz: CC BY-SA 3.0; nachträgliche Bearbeitung durch Peds Ansichten (https://peds-ansichten.de)
(b4) Titel: Chiang Kai-shek, Franklin Delano Roosevelt und Winston Churchill in Kairo, 25. November 1943.; Datum: 25.11.1943; Autor: Franklin D. Roosevelt; Datei und Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kairoer_Erkl%C3%A4rung#/media/File:Cairo_conference.jpg; Lizenz: Gemeinfrei (Public Domain)
(b5) Titel: Rhee Syng-man bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Republik China, Chiang Kai-shek im August 1949 in Südkorea; Datum: 1.8.1949; Datei und Quelle: http://www.uscg.mil/history/gifs/Korea_Dignitaries.jpg; Lizenz: Gemeinfrei (Public Domain)
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