Aufstieg der russisch-chinesischen Partnerschaft nicht mehr zu stoppen.
Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Bis zum 14. Dezember 2020, der Tag, an dem die Wahlmänner der US-Bundesstaaten sich zum Electoral College versammeln und den US-Präsidenten für die nächsten 4 Jahre wählen, sind es noch über vier Wochen hin. Bis zu dem Zeitpunkt ist Joe Biden noch nicht Präsident, auch wenn deutsche Medien und Politiker bereits so tun, als ob das der Fall wäre. Aber weder die deutschen noch die US-Medien bestimmen, wer US-Präsident ist.
Für den Fall dass Biden Präsident werden sollte, tut sich außenpolitisch bereits jetzt unter den Biden-Beratern eine Fraktion hervor, die gegen Russland eine härtere Gangart als bisher unter Trump verfolgt, kombiniert mit besseren Beziehungen zu NATO-Europa, um die Europäer in die verschärfte Konfrontationspolitik gegen Moskau einzuspannen.
Derweil setzt sich eine andere Fraktion aus wirtschafts- und finanzpolitischen Gründen für die Entspannung mit Peking ein, um in Bidens Amtszeit wieder zum lukrativen Geschäftsmodell der US-Konzerne zurückzukehren, nämlich der Nutzung Chinas als verlängerte Werkbank der US-Wirtschaft. Denn die US-Wirtschaft hatte inzwischen genügend Zeit, um festzustellen, dass es für die Hunderte von Millionen disziplinierter, eifriger und inzwischen auch gut ausgebildeter chinesischer Arbeiter weder in Indien, noch Indonesien, noch in Vietnam eine Alternative zu China gibt. Gleiches gilt für die perfekt funktionierende Infrastruktur des Reiches der Mitte.
Dieser US-Wirtschaftsfraktion, die mit China wieder gute Geschäfte machen will, steht die nicht minder mächtige und politisch einflussreiche Fraktion des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK) gegenüber, der die US-Sicherheits- und Außenpolitik dominiert. Dem hatte sich Biden im Wahlkampf angebiedert, nicht nur mit seiner harten Position gegenüber dem Kreml, sondern auch gegen China. Während der zweiten und zugleich letzten Debatte der Präsidentschaftskandidaten am 23. Oktober hatte Biden nämlich damit geprahlt, dass Obama und er es waren, die im Zusammenhang mit der neuen „Pivot nach Asien“-Strategie bereits 2015, also vor Trump, eine aggressivere Haltung gegenüber Chinas Ansprüchen auf große Teile des Südchinesischen Meers eingenommen hatten.
Wörtlich sagte Biden: „Als ich Xi (den chinesischen Präsidenten) traf und noch Vizepräsident war, sagte er: ‘Wir richten Luftidentifikationszonen im Südchinesischen Meer ein, Ihr könnt da nicht durchfliegen‘. ‘Ich sagte: Wir haben sie gerade mit B52/B1-Bombern durchflogen. Wir werden das Verbot ignorieren”.
Bei dem „Pivot nach Asien“ handelte es sich um den Beschluss, die geo-strategische Militärstruktur der US-Streitkräfte radikal zu verändern, mit neuem Schwerpunkt Asien. Bis dahin war in der strategischen US-Planung die Mehrheit der US-Militärkapazitäten für mögliche Kriege in Europa und dem Nahen und Mittleren Osten vorgesehen. Im Rahmen des „Pivot“ wurde damit begonnen, 60 Prozent des US-Militärpotentials für Konflikte in Asien, also gegen China, umzugruppieren. Daher ist davon auszugehen, dass sich daran in den nächsten vier Jahren auch unter einem Präsident Biden nichts ändern wird.
Im Juli dieses Jahres hat die Trump-Administration die meisten Ansprüche Chinas auf die Gewässer im Südchinesischen Meer kategorisch zurückgewiesen. Zugleich haben die Washingtoner Kriegstreiber die Zusammenarbeit mit asiatischen Ländern gesucht, um sie vor den Karren ihres Konfrontations- und Eindämmungskurses gegen China zu spannen. Auch dieser Kurs wird unter Biden mit hoher Wahrscheinlichkeit fortgesetzt.
Niemand soll sich daher wundern, dass die seit 2014 offen aggressive US-Politik gegen Russland und die neuerdings verschärfte konfrontative Politik gegen China dazu geführt hat, dass sich Moskau und Peking endgültig auf derselben Seite der „Barrikaden“ gegen den großen Hegemon in Washington vereinigt haben.
In Berlin versuchen die außenpolitischen Macher derweil allein schon aus ökonomischen Gründen – China ist für den deutschen Export wichtiger geworden als die USA – sowas wie einen Balanceakt zwischen den beiden Polen hinzukriegen. Das aber geht nicht, solange Deutschland sich nicht aus seinem US-Vasallentum befreit. Aber daran haben die deutschen Eliten in Finanzwirtschaft, Politik, Medien und bezahlter Wissenschaft, die alle mit dem US-Finanzsystem innigst verwoben sind, überhaupt kein Interesse.
Nur vereinzelt hatte es während der ersten Amtszeit von Trump Appelle gegeben, dass sich die EU – mit Deutschland und Frankreich als Führungsmächte – von den USA abnabeln und eine unabhängige Politik betreiben sollte. Mit der Hoffnung auf 4 Jahre Biden im Weißen Haus in Washington, in der das lukrative, aber von Trump schwer angeschlagene, neo-liberale Geschäftsmodell der westlichen Eliten wieder repariert werden soll, sind diese Stimmen für eine von den USA unabhängige EU wieder verschwunden.
Der von Seiten der USA einseitig erklärte Kalte Krieg gegen Russland und China, der laut Ankündigung unter Biden verschärft fortgeführt werden soll, wird auch an die noch (!) Supermacht USA Anforderungen stellen, denen sie allein nicht gewachsen ist. Deshalb soll auch Europa vor den Karren der anti-chinesischen US-Politik gespannt werden. An dem neuen, konfrontativen Ton der selbsternannten deutschen Qualitätsmedien und an den Berliner politischen Stellungnahmen über China kann man bereits erkennen, dass die deutschen Schoßhündchen wieder brav über jedes Stöckchen springen, das ihnen ihr Herrchen in Washington hinhält. Sie tun das, obwohl sie wissen, dass sie damit gegen die ureigensten Interessen der großen Mehrheit des deutschen Volkes handeln, die nichts anderes als Frieden und Ausbau des gegenseitig vorteilhaften Handels mit Russland und China will, statt Aufrüstung und gefährliche Machtspiele zur Sicherung der globalen US-Herrschaft.
Dabei müsste es auch den transatlantischen Vasallen in Berlin längst klar geworden sein, dass sie mit ihrer US-Hörigkeit die wirtschaftliche Zukunft und Prosperität unseres Landes aufs Spiel setzen. Denn der gesellschaftliche und wirtschaftliche Niedergang des Westens kann kaum noch gestoppt werden, während weder Biden noch der möglicherweise doch noch siegreiche Trump die zunehmend enger werdende chinesisch-russische Partnerschaft aufhalten. Diese bietet nicht nur ihren eigenen Ländern, sondern der ganzen Welt, vom Staat geführte Wege zu Fortschritt und Wohlstand der gesamten Gesellschaft, statt westlichem Neoliberalismus mit der Gewinner-nimmt-alles-Mentalität.
Nachfolgendes Beispiel macht den entscheidenden Unterschied zwischen dem US-geführten Westen auf der einen Seite und China und Russland auf der anderen deutlich:
Eine der bedeutendsten Lehren aus der chinesischen Geschichte ist, dass die Versorgung der grundlegenden physischen Bedürfnisse der Menschen die wichtigste Aufgabe für einen Herrscher ist. Die Herrscher jedoch, die in rücksichtslose oder endlose Kriege verwickelt sind, wodurch das Volk verarmt, oder die die Grundbedürfnisse der Volksmassen auf andere Weise ignorieren, werden bald beiseite gefegt. Daher spielt auch im neuen 14. Fünf-Jahresplan der Volksrepublik China die Beschäftigung und die Schaffungen sicherer und ständig qualitativ besserer Arbeitsplätze eine so große Rolle, verbunden mit wachsendem individuellem und gesellschaftlichem Wohlstand.
Das totalitäre System des Neoliberalismus hat dagegen seit Jahrzehnten die unteren Bevölkerungsschichten immer ärmer und die kleine Oberschicht sagenhaft reich gemacht. Die Instrumente dafür waren in der Hauptsache a) die Privatisierung der bis dahin öffentlichen Aufgaben bis hin zur Elektrizitäts – und Wasserversorgung, zwecks privater Gewinnmaximierung der Aktienbesitzer der Großkonzerne, und b) die so genannte „Finanzialisierung“ fast aller Bereiche des Lebens, in der inzwischen alles einen Preis aber nichts mehr einen Wert hat.
Zudem wurde im Westen in den letzten Jahrzehnten der Anteil der Löhne und Gehälter am Bruttoinlandsprodukt systematisch nach unten gedrückt. Das bedeutet, dass das Kapital den Großteil der Arbeiter und Angestellten nicht mehr an den von ihnen selbst erarbeiteten Produktivitätsfortschritten beteiligt hat. Zugleich haben die neoliberalen Bosse den Arbeitnehmern auch noch ein großes Stück von ihrem bisherigen Anteil am gesamtwirtschaftlichen Kuchen gestohlen. So ist z.B. laut dem staatlichen US-„Bureau for Economic Analysis“ in den letzten 50 Jahren der Anteil der Löhne und Gehälter am Bruttoinlandsprodukt BIP der USA von 51, 5 Prozent Anfang der 1970er Jahre auf aktuell 43 Prozent gefallen.
Selbst das US-Nachrichtenmagazin Time war erstaunt, dass zusammengerechnet für den Zeitraum von 50 Jahren das eine Summe von 50 Billionen Dollar ergibt; 50 Tausend Milliarden Dollar, also eine fünf mit 13 Nullen: 50.000.000.000.000 die den US-Arbeitern und Angestellten vorenthalten, bzw. gestohlen und den oberen 10 Prozent zugeschlagen worden sind. Auch in Deutschland geht die Entwicklung in dieselbe Richtung, wobei sie jedoch erst Anfang der 1990er Jahre angefangen hat und noch nicht so schlimm ist wie in den USA.
Das Fazit lautet: das Geschäftsmodell der westlichen, neoliberalen Marktwirtschaft ist im Abstieg und das Modell der gelenkten Marktwirtschaften der russisch-chinesischen Strategischen Partnerschaft ist im Aufstieg. Damit bieten Russland und China vor allem den Ländern des globalen Südens zwei Entwicklungsmodelle an, die sich radikal vom neoliberalen Dogma des Westes unterscheiden, der zunehmend an Einfluss in diesen Weltregionen verliert und sein ausbeuterisches Geschäftsmodell in Gefahr sieht. Genau darin sehen die US- und EU-Eliten die angebliche russische und chinesische Bedrohung, gegen die sie nun militärisch mobilisieren.
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Danke an den Autoren für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: plavevski / shutterstock
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