Entwicklung des Multipolarismus | Von Jochen Mitschka

Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Es ist schwer zu beschreiben, was ich angesichts des Massakers in Gaza empfinde. Vielleicht ist es eine Mischung aus Ekel, Abscheu und Verachtung gegenüber Politikern und Medien, welche versuchen, diese Vertreibung und Ermordungen zu beschönigen, ja zu rechtfertigen und die Schuld auf die Opfer selbst zu lenken. Ich hätte nicht gedacht, dass ich im Alter noch mal den Drang entwickle, als Einsiedler zu leben. Ich möchte daher lieber über andere Themen berichten, zum Beispiel die Frage beleuchten, was nach 20 Jahren Bombardierung und Drogenhandel-Blüte in Afghanistan passiert und wie sich die Region nach Abzug der westlichen Besatzer entwickelt.

Der Afghanistan-Krieg

Wir erinnern uns: Die USA, auch mit der Hilfe Deutschlands, haben 20 Jahre lang Afghanistan bombardiert, eine Marionettenregierung in der Hauptstadt unterstützt, Drogenbaronen weitgehend freie Hand gegeben, sie sogar als bezahlte Verbündete genutzt, bis der Krieg gegen das Land als verloren anerkannt wurde. Etwas, das Kritiker, die dadurch ihre Existenz verloren, schon vor 20 Jahren vorausgesagt hatten.

Wir erinnern uns, dass die Bewaffnung einer ganzen Armee hinterlassen wurde, als sich die USA endlich einsichtig zeigten, und das Land überstürzt verließen, um sich auf den Konflikt mit Russland konzentrieren zu können. Allerdings nicht ohne noch nachzutreten, und Teile des Staatsvermögens Afghanistans an eigene Bürger bzw. Geschädigte durch den Vorfall am 11. September 2001, bei dem ca. 3000 Menschen starben, zu verteilen.

Der Wirtschaftskrieg gegen Afghanistan geht weiter, und durch den US-Regime-Change in Pakistan wird weiter auch militärischer Druck gegenüber dem Land verstärkt. Und natürlich spielt auch teile und herrsche mit dem Ziel, gleich zwei feindliche Akteure in der Region zu schwächen, eine Rolle in der US-Politik. Und so war man eifrig bemüht, die Entstehung eines Krieges zwischen Afghanistan und dem Iran zu befördern.

Der Wasser-Streit

Aber die Länder haben aus der Geschichte der letzten Jahrzehnte gelernt. Und der Iran entwickelt zunehmend diplomatische Fähigkeiten, nicht zuletzt durch Unterstützung aus Russland und China. Und so konnte das größte Risiko für einen Krieg, der Streit um Wasser, beigelegt werden. Ähnlich wie in Afrikas Staudammprojekten, hatte es auch zwischen Afghanistan und dem Iran einen heftigen Zwist gegeben.

Hilfreich bei der Beilegung des Streits war in diesem Fall die Shanghaier Organisatio für Zusammenarbeit (SOZ), in der der Iran inzwischen ein Vollmitglied ist, während Afghanistan einen Beobachterstatus hat. Wer meine Artikel und PodCasts verfolgt, wird sich erinnern, wie oft ich in den letzten Jahren über die Rolle der SOZ und von BRICS berichtete, und wie wichtig es war, dass der Iran als Mitglied aufgenommen wurde.

Wasser bedeutet für Teile des Irans überleben und so war schon 1973 ein Vertrag mit Afghanistan über die gemeinsame Nutzung des Helmand River geschlossen worden. Der iranische Präsident Raisi hatte dann vor einigen Monaten öffentlich die Vermutung geäußert, dass Afghanistan gegen den Vertrag verstößt und eine Überprüfung durch iranische Ingenieure gefordert. Das wiederum war mit einem Video beantwortet worden, in welchem sich ein Beamter Afghanistans über den iranischen Präsidenten lustig machte.

Es gab eine Zeit lang das Gerücht, dass die Taliban sich für eine kurze Phase der iranischen Unterstützung der USA im Krieg gegen Afghanistan rächen wollten, oder sogar versuchten, durch den Streit mit dem Iran Punkte in den USA zu sammeln, um die Folgen des Wirtschaftskrieges abzuschwächen, oder dass die USA bewusst so viele Waffen und Fahrzeuge intakt hinterlassen hatten, damit die Taliban zu einem Krieg gegen den Nachbarn bereit waren.

Der Iran wiederum hatte kein Interesse an einem Streit, weil er sich auf die Entwicklung des bahnbrechenden Nord-Süd-Transportkorridors (NSTC) mit Russland und Indien und die gleichzeitige Zusammenarbeit im Rahmen der chinesischen Belt and Road Initiative konzentrieren muss. Und so konnte die SOZ relativ schnell die Wogen glätten.

Wie in der Philosophie der neuen multipolaren Welt üblich, wird es wohl zu Vereinbarungen zwischen dem Iran und Afghanistan kommen, welche beiden Ländern nur Vorteile bringen. Für Afghanistan wird die Möglichkeit verbessert, Handel über iranische Häfen zu organisieren. Außerdem werden mehrere Vereinbarungen über die Zusammenarbeit nicht nur im Transit, sondern auch im bilateralen Handel geschlossen. Dafür wird z.B. eine neue Eisenbahnstrecke gebaut werden. Das Ziel der Länder ist außerdem die Steigerung des Handels. Russland dürfte ebenfalls von dieser Entwicklung profitieren, weil es den indisch-russischen Nord-Süd-Transportkorridor (NTSC) durch den Iran stärkt.

Die US-Pakistan-Karte

Der Versuch der USA, weiterhin Druck über seinen Verbündeten Pakistan auszuüben, dürfte sich dadurch verringern. Aber natürlich bleibt das Problem von ca. 1,7 Millionen Afghanen, die sich noch illegal in Pakistan aufhalten, und durch Islamabad verstärkt ausgewiesen werden.

Alexander Korybko schreibt:

„Aus der gemeinsamen strategischen Perspektive Indiens und Russlands ist es wichtig, das Gleichgewicht in den Beziehungen zwischen Pakistan und den Taliban aufrechtzuerhalten, um zu verhindern, dass Pakistan das wiederherstellt, was einige Beobachter zuvor als seinen unverhältnismäßigen Einfluss auf die Taliban angesehen hatten. Delhis Gründe dafür sind selbsterklärend, während Moskaus Gründe in der Verschlechterung der Beziehungen zu Islamabad seit dem postmodernen Putsch im April 2022 zu suchen sind, nach dem ihre vielversprechenden Energiegespräche ins Stocken gerieten und Beweise dafür auftauchten, dass Pakistan die Ukraine heimlich bewaffnet.“(1)

Im Jahr 2022 hatte die Führung der Taliban einen offiziellen Besuch bei Putin absolviert und damit zum Ausdruck gebracht, dass man Russland eine größere Rolle in der Außenpolitik Afghanistans zuweisen wollte. Ein Grund war sicher, um zu verhindern, dass Pakistan, unter der Fuchtel der USA, einen größeren Einfluss auf das Land gewinnt. Darüber hinaus hatten die Taliban sich China zugewandt. Aber ohne eine Vereinbarung mit dem Iran, darauf weist auch Korybko hin, war die Strategie der Taliban, sich echte Autonomie zu verschaffen, nur bedingt erfolgreich.

Je mehr sich aber die Taliban gegenüber den Nachbarländern öffnete und begann Strategien der Entwicklung des Landes zu entwickeln, desto geringer wurde der Einfluss der USA über Pakistan auf das Land. Und so war auch die Aussöhnung mit dem Iran eine logische und pragmatische Entscheidung.

Pragmatismus und Frieden

Der Iran hat aber auch an einer anderen Front seine diplomatischen Beziehungen verbessert. So hatte es vor und während der Wiedereingliederung Bergkarabachs unter die staatliche Kontrolle Aserbaidschans, zwischen dem Iran und dem Land Spannungen gegeben, nicht zuletzt auf Grund der engen Beziehungen Israels mit dem Nachbarn des Irans. Zeitweise war sogar von einer israelischen Militärbasis in der Nähe der iranischen Grenze gesprochen worden. Das war ein großer Hemmschuh in der Entwicklung von wirtschaftlichen Integrationsprojekten, und für eine mögliche Zusammenarbeit.

Durch die Beseitigung des langjährigen Konfliktherdes Bergkarabach, ohne dass sich die Befürchtungen und Behauptungen eines Genozids oder einer gewaltsamen ethnischen Säuberung im Stil von Palästina bewahrheitet hatten, wurde der Weg frei für eine Verbesserung der Beziehungen.

Hilfreich bei der Annäherung der Länder war sicher die Tatsache gewesen, dass Armenien, unter dem Einfluss der USA, sich geweigert hatte, eine Bedingung des durch den Kreml vermittelten Waffenstillstand Ende 2020 zu erfüllen. Damit sollte ein Korridor zwischen einer Enklave Aserbaidschans und dem Kernland eröffnet werden. Was nun passierte, ist ein klassisches Beispiel für das Ausspielen westlicher „teile und herrsche“ Politik. Aserbaidschan und der Iran einigten sich auf einen Korridor auf dem Gebiet des Irans. Der Iran wird nun Eisenbahnverbindungen, Brücken und Straßen bauen, damit Aserbaidschan einen ungehinderten Zugang zu seiner Enklave erhält.

Es ist ein auch ein Stück Multipolarität, denn durch diese Vereinbarung profitieren alle Partner. Neben den offensichtlichen Vorteilen für Aserbaidschan ergeben sich für den Iran neue Möglichkeiten im Rahmen von Handelswegen und Absatzmärkten. Und Teheran umgibt sich zunehmend mit freundlich gesinnten Nachbarn. Die Hilfe für den Irak bei der Verhinderung der Übernahme der Hauptstadt durch den IS, wird noch lange in den Beziehungen zwischen den Ländern nachhallen. Die Aussöhnung mit Saudi-Arabien dürfte so schnell nicht mehr zu zerstören sein. Der Beginn der Zusammenarbeit mit Afghanistan öffnet für den Iran die Möglichkeit, sich als wichtigste Landbrücke zwischen China und dem Mittelmeer zu etablieren.

In einem Artikel wird die Intensität der Veränderungen deutlich:

„Das jährliche Gipfeltreffen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECO) fand letzte Woche in der usbekischen Hauptstadt Taschkent statt, und am Rande dieser Veranstaltung trafen die Präsidenten Alijew und Raisi zusammen. (…) Präsident Raisi lobte zunächst seinen aserbaidschanischen Amtskollegen dafür, dass er Karabach ‚nach vielen Jahren in sein angestammtes Gebiet zurückgeführt‘ habe.“(2)

Derzeit wird die Region von einem Sturm der Entwicklung seiner Infrastruktur beherrscht. Da ist einerseits der Nord-Süd-Verkehrskorridor, dann die mit Russland geplante Rasht-Astara-Bahnstrecke(3), und sogar Projekte zwischen Armenien, Georgien, Russland und der Türkei.

Im Großen und Ganzen sieht man die Region wirtschaftlich förmlich explodieren. Saudisches Kapital fließt in den Iran und ermöglicht große Industrieprojekte, Handelswege konkretisieren sich, welche die Wirtschaft beflügeln werden, und Frieden breitet sich aus.

Die große Gefahr

Aber natürlich werden diese guten Nachrichten für die Region überschattet von einem großen Risiko. Dem des Krieges, ausgelöst durch Israel und den USA wegen des Genozids an Palästinensern.

Nach dem Beginn der Bombardierung von Gaza hatte Israel wiederholt auch den Libanon bombardiert und dabei mehrere Rote Linien der mit dem Iran verbundenen Hisbollah überschritten. Diese ist eine der wichtigsten politischen Parteien des Libanon, mit einer eigenen Miliz, welche im Westen als „Terrororganisation“ bezeichnet wird, da sie bereits zum wiederholten Male Israel gezwungen hatte, eine Besatzung des Libanons zu beenden, und eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des IS in Syrien gespielt hatte.

Durch die ständige Bombardierung Syriens und des Libanons durch Israel und in dieser Woche auch durch die USA, sind die Spannungen dort auf einem Hochstand. Gegen Syrien alleine hat die israelische Luftwaffe über 1000 Einsätze seit dem Beginn des Terroristenkrieges gegen das Land geflogen, teilweise den Anschein erweckend, als sei es die Luftwaffe des IS. Nun begeht das Land einen Genozid an Palästinensern und die Hisbollah muss dabei zusehen.

Die offiziellen Opferzahlen in Gaza können den Schrecken und das Leid dort nur teilweise wiedergeben. Gezählt werden nur die namentlich bekannten Toten. Und sowohl Scott Ritter als auch eine israelische Zeitung gingen von der doppelten Anzahl an Todesopfern aus, weil viele noch unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können, nur als „vermisst“ gelten. Nicht gezählt werden die Menschen mit Amputationen, manchmal ohne Betäubung, im Schein von Mobiltelefonen operiert, die Traumatisierten, die zerstörten Existenzen. Was für ca. 2 Millionen Menschen in Gaza unter den Augen der Weltbevölkerung passiert lässt sich nicht in Worten beschreiben.

Und die Hisbollah könnte dem ein Ende setzen. Nach israelischen Angaben verfügt sie über 100.000 Raketen mit großer Zielsicherheit und Sprengköpfen, die 250 und sogar 500 kg Sprengstoff tragen. Damit könnte der israelische „Iron Dome“, die Luftabwehr, locker überlastet, und Israels Militärindustrie und Militärziele dramatisch reduziert werden. Aber zu welchem Preis?

Die USA haben nicht umsonst eine unglaubliche Feuerkraft an der Küste des Libanon versammelt. Die Eskalation, die zweifelsohne folgen würde, wäre nicht nur für den Libanon, sondern auch Syrien verheerend. Und die gesamte Politik der Entspannung und wirtschaftlichen Entwicklung, welche so vielversprechend im Iran Fahrt aufgenommen hat, wäre damit zunichte gemacht. Möglicherweise könnte eine drohende Niederlage Israels auf Grund der Raketen des Irans sogar eine nukleare Eskalation nach sich ziehen. Niemand kann daran ein Interesse haben. Niemand?

Nun es gibt schon Kreise sowohl in Israel als auch den USA, welche durchaus ein Interesse an einer Eskalation haben. Denn in Israel hat man immer noch nicht den Gedanken eines eroberten „Groß-Israels“ aufgegeben, und in den USA will man sich immer noch nicht mit der Niederlage von 1979 durch die iranische Revolution abfinden. Und angesichts der dramatischen finanziellen Situation des US-Staatshaushaltes, mehren sich Warnungen davor, dass das Imperium implodieren könnte(4) Und deshalb geht der indische Ex-Diplomat M.K. Bhadrakumar davon aus, dass es doch zu einer Eskalation kommen wird.

Die Libanon-Eskalation

Er schreibt, dass die Ankündigung des US-Zentralkommandos [CENTCOM] mit Sitz in Doha, dass ein amerikanisches Atom-U-Boot der Ohio-Klasse in seinem “Zuständigkeitsbereich” eingetroffen ist, auf eine erhebliche Eskalation der Situation im palästinensisch-israelischen Konflikt hindeute.

Es sei sehr selten, dass der Einsatz dieser U-Boote öffentlich gemacht wird. Zusammengenommen hätten diese US-Einsätze, die zu der Präsenz von zwei Flugzeugträgerverbänden mit Hunderten von modernen Kampfjets im östlichen Mittelmeer bzw. im Roten Meer hinzukommen, “die andere Seite der Gleichung” im Blick, wie Außenminister Antony Blinken bei seinem jüngsten Besuch in Tel Aviv am Freitag die Hamas, die Hisbollah und den Iran treffend bezeichnet habe.

Die wohl wahrscheinlichste Erklärung für die Stationierung eines US-Atom-U-Boots, das Teil der “nuklearen Triade” des Pentagons ist – die Boote der Ohio-Klasse sind die größten U-Boote, die je für die US-Marine gebaut wurden – in der Nähe des Kriegsgebiets sei wohl, dass die Biden-Regierung eine Eskalation des Krieges im Libanon vorbereite, um die Hisbollah herauszulocken, was wiederum eine iranische Reaktion auslösen könnte.

Bhadrakumar weist darauf hin, dass der Hibollah-Chef Nasrullah eine solche Entwicklung wohl befürchtet, und die USA von Konsequenzen gewarnt hatte, die denen zu Beginn der 1980er Jahre ähneln könnten. Als Vorläufer der Hisbollah bei einem Selbstmordanschlag auf die Kaserne der USA auf dem internationalen Flughafen von Beirut 220 Marinesoldaten, 18 Matrosen und drei Soldaten getötet hatten, und dadurch einen Rückzug der USA aus dem Libanon erzwangen. Natürlich nicht ohne vorher das Land gründlich bombardiert zu haben.

Es liege auf der Hand, dass sich der Schwerpunkt der US-Strategie in der gegenwärtigen Situation im Nahen Osten von der Diplomatie, die ohnehin an Zugkraft verloren habe, verlagern könnte, meint Bhadrakumar. Blinkens verzweifelte Versuche, der zunehmenden internationalen Kritik an Israels schrecklichen Kriegsverbrechen zu begegnen, indem er die Aufmerksamkeit auf eine “humanitäre Pause” bei den Kämpfen lenkt, sei von Netanjahu kurzerhand abgeschmettert worden.

Auch der überstürzte Versuch der Regierung Biden, ein vages Konzept für die Nachkriegszeit im Gazastreifen vorzustellen, das eine Kombination aus einer wiederbelebten Palästinensischen Autonomiebehörde, einer Friedenstruppe usw. beinhalten könnte, stieß bei Blinkens Treffen mit den arabischen Außenministern – aus Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten – am Wochenende in Amman auf wenig Begeisterung, berichtet der Autor.

Blinken sei dann von Amman nach Ramallah gereist, wo der Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, ihm ebenfalls eine Absage erteilte. Er erklärte, dass die Autonomiebehörde nur im Rahmen einer “umfassenden politischen Lösung“, die das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen einschließt, bereit sei, die volle Verantwortung für den Gazastreifen zu übernehmen, und dass Sicherheit und Frieden nur durch die Beendigung der Besetzung der Gebiete des “Staates Palästina” und die Anerkennung Ostjerusalems als dessen Hauptstadt erreicht werden können. Das Treffen habe weniger als eine Stunde gedauert und endete ohne öffentliche Erklärungen.

Die Option KRIEG

Inzwischen haben die USA die Forderung eines sofortigen Waffenstillstandes durch ein Veto im Sicherheitsrat verhindert. Die Provokationen des Libanons und Syriens gehen mit Luftangriffen weiter, und trotzdem ist die anscheinend gewünschte Eskalation noch nicht eingetreten, während dieser PodCast vorbereitet wird.

Die USA beobachten mit Frustration, wie sich unter den muslimischen Nationen neue regionale Gleichgewichte herausbilden. Die Außenminister des Irans und Saudi-Arabiens führten weitere Gespräche und stimmten mit ihrer Einschätzung der Lage in Gaza überein. Dann fand am 12. November ein außerordentliches Gipfeltreffen der Organisation of Islamic Cooperation statt, auf Antrag des derzeitigen Vorsitzenden, Saudi-Arabien, um die Angriffe Israels auf das palästinensische Volk zu erörtern. Die Mitglieder gehen weit über die Zahl der Länder in der arabischen Welt hinaus und das Ergebnis war, dass sie ausdrücklich Israel ein so genanntes „Selbstverteidigungsrecht“ absprechen.

Bhadrakumar schreibt dazu:

„Angesichts der mehr als 10 000 Todesopfer im Gazastreifen sind die Gemüter in der muslimischen Welt tatsächlich erhitzt. Der Oberste Führer des Iran, Ali Khamenei, sagte heute, dass ‚alle Beweise und Indizien auf eine direkte Beteiligung der Amerikaner an der Führung des Krieges‘ in Gaza hindeuten. Khamenei fügte hinzu, dass die Gründe für die direkte Rolle der USA im Laufe des Krieges immer deutlicher werden würden.“

Bhadrakumar weist darauf hin, dass Teheran kein Problem mehr darin sieht, seine brüderlichen Beziehungen zu den Widerstandsgruppen anzuerkennen. Dies sei ein Paradigmenwechsel, der die Verschiebung der Machtdynamik verdeutliche. Dadurch seien die USA und Israel gezwungen, mit Gewalt zu antworten, da die Diplomatie Washingtons keine Fortschritte bei der Isolierung des Iran erzielt habe. Und so sei verständlich, dass Äußerungen des israelischen Generalstabes darauf hindeuten, dass Israels Armee mit den Hufen scharrt, um endlich einen neuen Waffengang gegen den Libanon zu beginnen.

Der indische Ex-Diplomat erklärt, dass keine Macht der Welt Israel jetzt noch aufhalten könne. Seine Stabilität und seine Verteidigung seien untrennbar mit diesem Krieg verbunden, der auch das dauerhafte Engagement der USA für seine Sicherheit als eine der wichtigsten Vorlagen der amerikanischen globalen Strategien für die absehbare Zukunft sicherstellen werde. Israels beste Überlebenschance lägen daher in der Ausweitung des Krieges im Gazastreifen auf den Libanon – und möglicherweise sogar auf Syrien – im Schulterschluss mit den Amerikanern.

Es stehe außer Frage, dass die Stationierung des US-Atom-U-Boots östlich von Suez ein Versuch sei, den Iran von einem Eingreifen abzuhalten, während Israel mit Unterstützung der USA eine zweite Front im Libanon eröffnet. Die israelischen Behörden haben inzwischen die Evakuierung von Menschen aus Siedlungen angekündigt, die sich in einer Zone von bis zu fünf Kilometern von der Grenze zum Libanon befinden. Alles ist für den großen Krieg vorbereitet.

Fazit

Im Nahen Osten bahnt sich ein Krieg von unbestimmter Dauer an. Bhadrakumar ist der Meinung, dass es kein Weltkrieg wird, sondern dass er „nur“ im Nahen Osten ausgetragen werde, aber sein Ausgang habe erhebliche Auswirkungen auf die Schaffung einer neuen multipolaren Weltordnung. Der vergangene Monat habe den rapiden Rückgang des US-Einflusses und das äußerst unbeständige globale Umfeld seit Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar letzten Jahres gezeigt.

M.E. muss man diesen sich vor unseren Augen entwickelnden Massenmord, Krieg genannt, auch unter der abzusehenden Niederlage der Ukraine, und damit des westlichen hegemonialen Systems sehen. Nach dem schmählichen Abzug aus Afghanistan und der Niederlage der größten Militärmacht in der Geschichte der Menschheit, verursacht durch Sandalenkrieger, droht der nächste dramatische Imageschaden.

Wenn jetzt auch noch eine Verschärfung der Taiwan-Krise hinzukommt, haben wir alle Voraussetzungen bereit, um, notfalls mit Hilfe eines False-Flags, wie bei fast allen Kriegen der Vergangenheit, durch einen großen Krieg wieder einmal zu versuchen, den Niedergang eines Imperiums zu verhindern.

Falls aber die arabischen Staaten es schaffen, diesen großen Krieg zu verhindern, wird nicht nur Israels Image in der Welt endgültig zerstört sein, weil die Welt nicht von dem Massaker in Gaza abgelenkt wird, sondern auch die USA werden unter der Last ihrer Kriegskosten, ohne entlastenden großen Krieg implodieren.(4) Ohne Krieg ist die Finanzierung des US-Budgets in 3-4 Jahren ganz einfach nicht mehr möglich(5). So lange können die Vasallen wie Deutschland noch durch überteuerte Gas- und Militärgüterkäufe in den USA eine Transfusion organisieren. Aber mit dem Ende des Krieges in der Ukraine wird das auch enden müssen.

Quellen und Hinweise:

Der Autor twittert zu tagesaktuellen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka

(1) https://korybko.substack.com/p/the-improvement-of-iranian-taliban

(2) https://korybko.substack.com/p/the-latest-meeting-between-the-azeri

(3) https://www.indiatimes.com/explainers/news/explained-what-is-rasht-astara-railway-603253.html

(4) https://twitter.com/jochen_mitschka/status/1723782659141161457

(5) In einem großen Krieg können die US-Staatsanleihen, welch von ausländischen Mächten gehalten werden, die den USA gegenüber „feindlich“ eingestellt sind einfach für Null und Nichtig erklärt werden. Was ohne Krieg unmöglich erscheint. Dadurch könnte die Zinslast durch die Staatschulden reduziert werden, und quasi ein Reset des Finanzsystem ermöglicht werden, für den der Krieg als Grund angeführt werden wird.

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Aritra Deb / Shutterstock.com

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Kommentare (15)

15 Kommentare zu: “Entwicklung des Multipolarismus | Von Jochen Mitschka

  1. triple-delta sagt:

    Die objektive Ebene wird ganz gut analysiert, aber die Metaebene darüber leider gar nicht.
    Warum sind denn die USA so aggressiv an einem Krieg interessiert?
    Weil sie als führendes kapitalistisches Land auch die allgemeine Krise des Kapitalismsu an stärksten spüren. Der Kapitalismus ist an sein technologisches Ende gekommen und nur noch durch eine faschistische Diktatur und Krieg am Leben zu halten. Der antikoloniale Kampf der Völker war schon immer die erste Stufe der Weltrevolution, da diese immer sozialistische orientiert waren. Schließlich waren die kolonialen Unterdrücker alles kapitalistische Länder. Leider ist im Westen der latente Antikommunismus so tief indoktriniert, dass dieser einzige Ausweg nicht gesehen werden kann.

  2. Ursprung sagt:

    Fazit
    aus Mitschkas` (vermutlich weitgehend zutreffenden) Fazit:

    eine Gruppe geisteskranker (psychopathologischer) ORKS in den UsA, sichtbar geworden durch deren Busch jun. mit seinem gezieltem Massenmord-Abbruch (ca, 3 T Mordopfer) der World Trade Centers versucht weiterhin, die komplette Welt mit in ihren Untergang zu reissen.

    Je eher wir Rest diese dystopisch schlummernde Gefahr aus Amerika erkennen, egal in welcher moeglichst weltumspannenden Koaltion (Russen, Chinesen, Inder, Westeuropaer), umso eher hat jeder von uns 8 Milliarden, die Gnade, sein Leben nicht vor seiner Alterserfuellung gewaltsam, vorzeitig, grausam zu verlieren.

    Was koennten wir kleinen Deutschen in unserem Land wenigstens minimalst tun?

    Die Vasallenkreaturen aus unserer sogenannten "Regierung" und Administration entfernen und durch GEEIGNETE ersetzen. Egal wie. Wegziehen woanders hin waere bloss Scheinloesung.
    Bedingung: absolut gewaltfrei, also nicht wie die ORKS.
    Schaffen Du oder ich wenigstens dieseses Minimalste?

    • Die herrschende Klasse wir nicht einfach ihren Besitz abgeben.
      Und, wozu ersetzen, es muss ohne Staat gehen.
      Keine Herren keine Sklaven.

    • tulopa - ich denke selbst sagt:

      @Publiekviewer
      Ein Leben ohne Staat wäre nur möglich, wenn wir uns auf das Niveau der Bronzezeit zurückentwickeln würden – und selbst dann gäbe es noch einen Häuptling, der das Sagen hat. Ich lebe ohne Auto und ohne Smartphone, aber sogar ich bin dazu nicht bereit!

    • Ursprung sagt:

      #PubliKviewer:
      "herrschende Klasse" ist die devote Uebernahme sprachlicher Fehlbezeicnung einer Gruppe irrelevanter Gesellschaftsidioten.
      Kurzlebfliegen koennen nichts "besitzen", sondern sich nur auf was draufsetzen.

      "Staat" ist ein natuerlich eingehaltener Sippenkodex, vergleichbar mit einem "Ting".
      Ist nicht rein anatomische Planung fuer Orte wie "Herren" (oder Damen mit Urinalen und Bindenbehaeltern).
      Es gibt Ting-Ungeeignete. Sogenannte "Politiker" sind solche anderweitig Lebensuntuechtigen.

    • Man merkt das du wohl keine Ahnung hast.
      Der Begriff "herrschende Klasse" ist aus dem 68er Diskurs geprägt und m.E. wesentlich zutreffender, als "Elite" oder jedes neuzeitliche Synonym, das sich hier so bereitmacht.
      Ich hätte auch "Transhumanisten" schreiben können, aber eben nicht alle Superreichen der herrschenden Klasse sind als Solche anzusehen.
      Und was das Leben ohne Statt betrifft sollte man einfach nach der Anarchie schauen, aber wahrscheinlich ist das für euch auch nur der Inbegriff des Chaos…;-)))

    • Ursprung sagt:

      #tulepa…:
      Die Bronzezeit war m. E. zwar eine gewisse Art noch nachhaltiger Spitzenzeit menschlicher Technofertigkeiten aber schon erheblichem Abbau organisatorischer Spitzenentwicklungen mit Ihren leider dann schon eingerissenen "Haeuptlingen".
      Machen Sie sich mal gelegentlich kundig ueber "Goebekli Tepe" oder "Gunnar Padang" 5T oder25 T Jahre vor der Bronzezeit, damals noch ohne Hierarchie-Krankheiten in Menschheitskulturen.

    • Ursprung sagt:

      #Publikviewer:
      Ihr Folgebeitrag weist Sie als notorisch aus. Viel Erfolg in Ihren Diskursen.

    • tulopa - ich denke selbst sagt:

      @Ursprung
      Es gab niemals eine Menschheit ohne Häuptlinge, genau so wenig wie eine Schafherde ohne Leithammel.

    • Sie Anarchie bedingt sicher nicht ein Leben ohne Auto. aber ein einfaches Recht auf ein analoges Leben wäre doch bestimmt auch zu begrüßen.
      Ich habe selten Erfolg bei Diskursen, aber das schon seit fast 60 Jahren.
      Meine Genugtuung erfahre ich mit meiner Sabotage des Kapitalismus und meiner seit Dekaden betriebenen subversiven Tätigkeiten um diese heuchlerische Gesellschaft zu Fall zu bringen.

    • Ursprung sagt:

      #tulepa….:
      "Um ein tadelles Mitglied einer Schafsherde sein zu koennen, musst Du vor allem erst mal Schaf sein." (Albert Einstein)
      Ihre Vermutung der "Menschheit nicht ohne Haeuptlinge" widerspricht den anerkannten Forschungsergebnissen der Palaeo-Historiker, die konstatieren eine Faktenlage, dass die Menschheit und deren Hirnaufbau sich rund 350 T Jahre symbiotisch und hierarchiefrei entwickelte bis zu geradezu heute unvorstellbaren Ergebnissen.
      Bis vor rund 7 T Jahren, als Hierarchie erstmalig und nur punktuell auftrat (Aegypten) und Sumatras Hochtaeler erst 1930 erwischte.
      Sie scheint fuer unsere zivilisatorische Entwicklung zerstoereisch zu sein, denn angesichts heutiger technischen Moeglichkeiten ist unserer Art organisatorisch unendlich weit hinter Gunnar Padang (29 T Jahre) und Goebekli Tepe (9 T Jahre) zurueckgefallen.
      Schafe sind Schafe, Elephanten Elephanten, Ameisen Ameisen, homo sapiens der sapiens, deren jeweilige Artentwicklungen untereinander fur andere Arten kein Modell darstellen.

    • tulopa - ich denke selbst sagt:

      @Ursprung
      Es gibt aus Zeiten, die länger als Siebentausend Jahre zurückliegen, überhaupt keine aussagekräftigen archäologischen Funde. Evident ist aber, dass der Mensch vom Affen abstammt und Menschenaffen ohne Leittier gibt es nun einmal nicht.
      Wenn Sie sich allerdings ein Leben als Reptil oder als Vogel vorstellen können – viel Spaß dabei!

    • Ihr verwechselt Autoritäten mit Autoritärem verhalten.
      Ihr wollt geführt werden und wozu das führt sieht man ja….

  3. Der Teil der den Konfliktherd Bergkarabach betrifft, halte ich für zu kurz geraten und erklärt auch nicht einmal im Mindesten des tragischen Ausmaßes, der dort lebenden Bevölkerung, die von den eigenen Landsleuten durch die Intervention der USA nun mal einfach fallen gelassen und vertrieben wurde.

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