Inkompetenz ist die Grundlage für erfolgreichen Lobbyismus

Ein Beitrag von Peter Haisenko.

Versteht jemand etwas von seinem Fach, kann er kompetent begründete Entscheidungen treffen. Ist er aber ein Laie, braucht er Berater. Wie aber soll ein Laie entscheiden, welche Berater ihn richtig beraten?

Minister haben Staatssekretäre zur Verfügung. Das sind zumeist erstklassige Fachleute für ihr Gebiet. Leider gibt es mehr und mehr Staatssekretäre, die nicht wegen ihrer Fachkompetenz ins Amt gehoben wurden, sondern wegen ihrer Parteizugehörigkeit. Gleichzeitig werden erprobte Staatssekretäre aufs Abstellgleis geschoben, wegen der „falschen“ politischen Ausrichtung. Das ist nicht förderlich für den gesamten Apparat und seine Arbeitskompetenz. Nichts desto Trotz findet sich immer noch auf Staatssekretärsebene geballte Kompetenz, die die Dinge am Laufen hält.

Ein Minister selbst ist auf diese Expertise angewiesen, sollte aber über so viel eigene Kompetenz verfügen zu entscheiden, welche Richtung seiner Staatssekretäre in seinen Augen zum besten Erfolg führen wird. Ist er selbst jedoch fachunkundig, kann er das nicht. Zumindest nicht eigenständig und da liegt der Haken. Tritt der Fall ein, und das geschieht regelmäßig, dass die (politische) Grundlinie der Staatssekretärsebene nicht mit den (politischen) Zielen des Ministers konform geht, wird er sich externe Berater einkaufen, die ihm mehr oder weniger nach dem Mund reden. Schließlich werden die ja dafür bezahlt und wollen weitere Aufträge. Die Überzahl der „Berater“ arbeitet aber kostenfrei. Sie werden von Interessengruppen bezahlt, zumeist aus der Industrie. Man nennt sie Lobbyisten und dass deren „Ratschläge“ nicht am Wohl der Bevölkerung interessiert sind, bedarf keiner Erklärung. Sie vertreten die Interessen ihrer Brötchengeber. Dafür werden sie bezahlt.

Nur wer kompetent ist, kann auch kompetente Entscheidungen treffen

Warum funktioniert der Mittelstand in Deutschland so erfolgreich? Zumindest noch. Weil an der Spitze eines jeden erfolgreichen Unternehmens ein Fachmann mit reicher Erfahrung steht, der auch die volle Verantwortung für sein Unternehmen und jede seiner Entscheidungen trägt. Muss ich da überhaupt noch den Unterschied zu einem Minister ausbreiten? Ministern, die üppig Pension beziehen, ganz gleich, wie sehr sie versagt haben? Die in dieser Hinsicht auf einer Ebene stehen mit den Vorständen von Großkonzernen, die sich ebenfalls schon vor Beginn ihrer Arbeit garantieren lassen, wie viele Millionen sie bekommen, auch wenn sie total versagt haben, plus üppige Ruhestandszahlungen. Genau deswegen sind auch in den Großkonzernen nur selten Fachleute Vorstandsvorsitzende, sondern vielmehr Juristen und Kaufleute. Die Zustände in unseren ehemals führenden Konzernen sind durchaus mit denen zu vergleichen, die wir seit zu langer Zeit in unserer Staatsführung erleiden.

Nur wer kompetent ist, kann auch kompetente Entscheidungen treffen. Das ist beinahe ein Naturgesetz. Kann man also kompetente Entscheidungen erwarten, wenn man einen Bankkaufmann zum Gesundheitsminister macht? Ich erspare es mir und Ihnen, hier eine Liste aufzuführen, über die nicht nur fachliche Inkompetenz so vieler Minister, die während der letzten Jahrzehnte gekommen und gegangen sind. Zum Schaudern sage ich nur „Nahles“ und bleibe ansonsten beim Bankkaufmann. Dieser Bankkaufmann ist verehelicht mit einem Pharmalobbyist. Der hat natürlich ganz andere Interessen, als einem Gesundheitsministerium anzuraten wären. Schließlich muss da ja noch eine Viermillionen-Villa bezahlt werden. Aber er hat mit hoher Wahrscheinlichkeit größere Kompetenz in Medizinangelegenheiten als sein Mann oder seine Frau. Wie immer die sich das aufgeteilt haben. Aber eines sollte klar sein. Wenn jemand aus der Pharmabranche seine*n Partner*in berät, – und das kann unter Eheleuten (das ist geschlechtsneutral!) nicht ausbleiben – dann wird er/sie/divers in Gesundheitsfragen dominant, bestimmend sein, gegenüber seine*r*m Partner*in, der/die nur Bankkaufmann ist und so über keine Eigenkompetenz zu diesen Themen verfügt.

Ein Minister ohne Fachkompetenz ist angewiesen auf Berater

Nun ist das Spahn-Modell eine Ausnahme. Normalerweise sind Minister*innen nicht mit Lobbyist*innen verehelicht. Dabei erachte ich es als unwesentlich, ob es sich um aktive oder ehemalige Lobbyisten handelt. So oder so macht das die Sache nicht besser. Ein Minister ohne eigene Fachkompetenz hat das grundsätzliche Problem, dass er keine fachlich fundierten Entscheidungen eigenständig treffen kann. Er ist angewiesen auf Berater. Bezahlte oder andere. Damit ist sein Dilemma aber keineswegs gelöst. Er kann nämlich nicht eigenständig entscheiden, welchen Wert die Einflüsterungen seiner Berater haben. Ist es da verwunderlich, wenn Ministerien den bequemen Weg gehen, ganze Gesetzesvorlagen aus den Händen von Lobbyisten zu übernehmen? Die natürlich sehr kompetent zu ihren Fachthemen vortragen können, während der Laienminister eben nicht in der Lage ist zu erkennen, welcher Unterparagraph nur den Interessen des Auftraggebers des Lobbyisten dient. Die den natürlich gut „versteckt“ haben.

Der Chef muss immer über die höchste Kompetenz in seinem Fachgebiet verfügen. Er muss abwägen können, welcher Ratschlag der richtige für den gewünschten Erfolg ist. Und ja, auch ich hatte als Flugkapitän eine Menge an Beratern. Für die Ausarbeitung der Flugvorbereitung zum Beispiel und im Bereich der Technik. Aber die letzte Entscheidung darüber, wie der Flug dann sicher durchgeführt werden soll, die lag ganz allein bei mir. Ich kann über viele Fälle berichten, als ich Vorarbeiten für den Flug korrigieren musste, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Das konnte ich aber nur machen, weil ich in dem Rahmen über die größte Kompetenz und Erfahrung verfügte. Ich hätte niemals ein Flugzeug in die Luft gesteuert, wenn ich nicht vollständig überzeugt gewesen wäre, dass ich alle Vorbereitungen restlos verstehe und alles so arrangiert ist, dass ich mit meiner Fachkompetenz und Erfahrung davon ausgehen kann, dass ich dieses Flugzeug unbeschädigt zum Ziel bringen kann.

Die Inkompetenz wandert in der Hierarchie immer weiter nach oben

Genauso sollte es sein, bei Ministern und Vorständen. Nein, sie müssen nicht alles wissen und können, aber sie müssen, nein, nicht „sollen“, sie müssen zumindest das Maß an Fachkompetenz haben, entscheiden zu können, welche Berater die richtigen, die zielführenden Ratschläge erteilen. Nur ein Blödmann kann annehmen, dass ein Bankkaufmann ohne weitere Ausbildung und Erfahrung im medizinischen Bereich diese Fachkompetenz haben kann. Welche Rückschlüsse darf man da ziehen, über die allgemeine Kompetenz derjenigen, die diese Person (das ist geschlechtsneutral) in dieses Amt gehoben hat? Gesteht man der aber Kompetenz zu, dann muss man sich fragen, mit welcher Absicht diese die fragliche Person ins Amt geschoben hat. Das gilt leider für fast alle Ministerien, zumindest in Berlin.

Lobbyisten haben keine Chance ihre Ziele durchzusetzen, wenn ein Ministerium (fach-) kompetent geführt wird, wenn ein Minister seiner Staatssekretärsebene und deren Fachkompetenz vertrauen kann, wenn diese Kompetenz unpolitisch und rein fachlich ist. Wenn diese nicht zu faul sind, Gesetze selbst zu erarbeiten, anstatt ganze Kapitel aus dem Pool der Lobbyisten zu übernehmen. Aber auch darüber entscheidet ein fähiger Minister selbst. Er ist derjenige, der seinen Staatssekretären die „Löffel lang ziehen“ muss, wenn sie nicht eigenständig arbeiten (können). Schließlich sind Staatssekretäre richtig gut bezahlt und wenn sie gute Arbeit leisten, vollkommen zu Recht. Leider gibt es da aber eine Art Naturgesetz.

Jede Hierarchieebene versucht in der nächsttieferen Ebene Leute fernzuhalten, die ihnen selbst aufgrund ihrer Fähigkeiten den Posten streitig machen könnten. So wandert die Inkompetenz von Jahr zu Jahr immer weiter nach oben und auch unten kann es nicht besser werden. Dann noch das eher natürliche „Peter Prinzip“: Jeder steigt solange auf, bis er überfordert ist. Das Dumme dabei ist nur, dass man die dann von dem Posten der Überforderung nicht mehr weg kriegt. „Besitzstandswahrung“ oder so, heißt die Krankheit. In diesem Sinn betrachten wir den Zustand in Deutschland. Mit dieser Kanzlerin und den Ministern, bar jeder spezifischen Fachkompetenz. Mit dieser geballten Inkompetenz ist Deutschland zum Schlaraffenland für Lobbyisten geworden. Merkel selbst hat noch nie regiert, bestenfalls (auf Umfragen) reagiert. Was kann man sich als Lobbyist mehr wünschen?

 

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Dieser Beitrag wurde zuerst am 17.04.21 auf anderweltonline.com veröffentlicht.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Csaba Deli / Shutterstock

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Kommentare (1)

Ein Kommentar zu: “Inkompetenz ist die Grundlage für erfolgreichen Lobbyismus

  1. Kurt Klein sagt:

    Dieser Beitrag enthält einen Fehler, den der Ehemann von Herrn Spahn, Herr Daniel Funke, ist Lobbyist der Medienbranche, namentlich des Burda-Verlags und nicht wie angegeben von der Pharma-Instustrie.
    Für bemerkenswert halte ich im Zusammenhang mit diesen Eheleuten, dass der Arbeitgeber von Funke 570.000 FFP2 Masken an das Bundesministerium für Gesundheit verkauft hat ["Arbeitgeber von Spahns Ehemann verkaufte Masken ans Gesundheitsministerium" Spiegel Online vom 21.03.2021]. Wie kann eigentlich ein Verlagsunternehmen mit Atem-Masken handeln und was waren die Konditionen des Kaufvertrags? Da ein Vertragspartner ein Bundesministerium ist, sollte einer journalistischen Recherche und Veröffentlichung nichts im Wege stehen, falls apolut hier Interesse hat näher einzusteigen.
    Gestatten Sie mir noch die Anmerkung, dass mir dieser Beitrag zu sehr von der persönlichen Befindlichkeit des Autors geprägt ist. Bitte nicht falsch verstehen, ich halte die geäußerte Kritik inhaltlich für angebracht. Es hat mir aber den Eindruck, dass hier abgerechnet werden soll. Da steht schnell der Verdacht ideologischer Einseitigkeit im Raum, Eine distanziertere Darstellung würde meines Erachtens zu (noch) mehr Aufschluss führen.

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