Von Dirk C. Fleck.
Wie jedes Mal zu Beginn eines neuen Jahres habe ich auch diesmal das Gefühl, als würde mir von unsichtbarer Hand der Mantel der Melancholie übergestreift. In diesen Momenten wird mir bewusst, was der Dichter Max Jacob wohl gemeint hat, als er sagte: „Ich weine vor Euch, weil ich weiß zu welchen Schlünden ihr wandert. Und wenn ihr vorbei gegangen seid werden meine Tränen nicht aufhören zu fließen.“
Ich wohne in Hamburg, da sind Orkanstärken, wie wir sie heute zu registrieren haben, nichts Ungewöhnliches. Die geschundenen Straßenbäume halten ihre Äste fest, Plastikfetzen kleben knatternd in den Hecken, eine Flasche trudelt über den Asphalt. Die Weide am Weiher pendelt die himmlischen Peitschenhiebe elastisch aus, während die Bogenlampen mit ihren Neongebissen klappern, als beklagten sie das Ende alles Statischen. Neu sind die weißblauen Stofffetzen, die aus den Rinnsteinen in die Luft gewirbelt werden. Besorgte Mitbürger hatten sie sich von den Gesichtern gerissen, um sie, dem Rat der Gesundheitsämter folgend, gegen neuere, frischere auszutauschen. MASKE AUF UND DURCH! heißt die Parole, die von den gegenüberliegenden Litfaßsäule prangt.
Im Moment ist niemand da draußen. Ich sehe eine Stadt voller unsichtbarer Helden. Wer zuhause bleibt ist ein Held, sagt die Bundesregierung. Und wer den Nachbarn denunziert ist was? Ein Superheld! Ist doch klar. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann das faschistische Potenzial in unserer Gesellschaft wieder so angeschwollen sein wird, dass wir nicht mehr werden atmen können. Auch ohne Maske nicht. Für diejenigen, die den Homo sapiens aufgrund einiger Zeugnisse aus dem Bereich der Kunst gerne anders als eine Ansammlung dummer, willfähriger Geschöpfe gesehen hätten, wird es Zeit, sich der Wahrheit zu stellen.
Aber Halt! ES GIBT HOFFNUNG! Hier ist eine Geschichte, die uns hoffentlich zuversichtlich ins neue Jahr gehen lässt. Der philippinische Soziologe, Umweltaktivist und Träger des Alternativen Nobelpreises, Nicanor Perlas (70) hat in den neunziger Jahren auf die Frage, wie er die Zukunft der Menschheit einschätzt, gesagt: „Für dieses Jahrhundert bin ich pessimistisch gestimmt, für das kommende jedoch sehr optimistisch.“
Das kommende Jahrhundert, von dem der Mann gesprochen hat, ist jetzt! Seinen Optimismus verdankt er einer biologischen Transformation aus dem Tierreich, einem Umwandlungsprozess, von dem Perlas glaubt, dass er nun auch von der globalen Zivilgesellschaft Besitz ergriffen hat. Er nannte das Beispiel eines Raupenkörpers, der sich verpuppt. In dem verpuppten Körper bilden sich Zellen, die die Wissenschaft ‚Imagozellen’ nennt. Imagozellen sind Schmetterlingszellen, welche in dem Raupenkörper entstehen und dort die Zukunft implantieren. Natürlich werden sie vom Immunsystem der Raupe als Fremdkörper angegriffen und vernichtet.
Aber da sich der Raupenkörper in zunehmender Desintegration befindet, hat es die zweite Generation der Imagozellen schon leichter.
Aber auch sie werden noch von dem alten System attackiert, aber immerhin wissen die Eindringlinge jetzt, wie man die Immunzellen der Raupe so infiziert, dass sie selber Imagozellen hervorbringt.
Irgendwann schließen sich die bislang isolierten Imagozellen in Clustern zusammen und werden zu ‚Inseln der Zukunft’. Dann fangen sie an, sich zu vernetzen und sich durch Zellstraßen zu verbinden. Zeitgleich wird der Raupenkörper immer instabiler. Irgendwann kommt ein Moment, wo das Netzwerk die Nachricht an die Zukunftsinseln sendet, dass sie keine Raupe mehr sind‚ Von diesem Augenblick an geht es rasend schnell. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis aus einem wilden Zellhaufen ein Schmetterling erwächst, der eine völlig andere Realität vorfindet und dem andere Ebenen des Ausdrucks zur Verfügung stehen.
Ist das nicht schön, ist das nicht vorstellbar? Ich wünsche uns allen ein inspirierendes Neues Jahr, Gesundheit, Mut und Zuversicht.
Bleiben wir wahrhaftig!
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: su prasert / shutterstock
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