KenFM am Set: Demonstration in Frankreich am 12.12.2020 (Place du Châtelet)

Am Samstag, den 12. Dezember 2020, versammelten sich erneut tausende Menschen – nach Aussage der Organisatoren ca. 10.000 – in Paris zu einem „Marsch der Freiheiten“, um gegen Polizeigewalt, das geplante Sicherheitsgesetz und den kürzlich veröffentlichten „Gesetzesentwurf zur Stärkung der Prinzipien der Republik“ zu demonstrieren. Die Demonstration war durch massive Polizeipräsenz und Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstrierenden geprägt.

Das stark umstrittene Sicherheitsgesetz (loi sécurité globale) führt seit 3 Wochen zu Demonstrationen in ganz Frankreich. Der Großteil der Kritik bezieht sich auf drei Artikel des Sicherheitsgesetzes. Diese würden den Einsatz von Drohnen zum Filmen von Demonstrierenden, sowie die Benutzung von Gesichtserkennungssystemen ermöglichen. Darüber hinaus würde das Verbreiten von Foto- und Videoaufnahmen von PolizistInnen unter bestimmten Umständen unter Strafe gestellt. In den Tagen nach der Ankündigung dieses Gesetzesentwurfes wurden Videos veröffentlicht, die Szenen unverhältnismäßiger Polizeigewalt festhielten, beispielsweise gegenüber dem Musikproduzenten Michel Zecler oder gegenüber dem Journalisten Rémy Buisine. Die Wichtigkeit von Videoaufnahmen bei Polizeieinsätzen wurde somit ein weiteres Mal unterstrichen. Nach 2-wöchigen Demonstrationen kündigte der Premierminister an, dass Artikel 24 – die Foto- und Videoaufnahmen betreffend – neu geschrieben wird. Da jedoch bezüglich der anderen beiden Artikel kein Einlenken von Seiten der Politik ersichtlich ist, gehen die Demonstrationen weiter.

Der „Gesetzesentwurf zur Stärkung der Prinzipien der Republik“ ist ein umfassendes Gesetz, das als politische Reaktion auf die gefühlte Gefahr islamistischen Terrors fungieren soll. Das Gesetz soll Änderungen in vielen Rechtsgebieten einführen und sieht sich zurecht dem Vorwurf islamophober Tendenzen ausgesetzt. Unter anderem soll eine generelle Schulpflicht eingeführt werden, um „Kinder aus den Krallen der Islamisten zu retten“– Zitat Gérald Darmanin, französischer Innenminister.

Neue Kontrollmechanismen gegenüber religiösen Vereinen sollen ebenfalls dazukommen. So müssten alle Spenden über 10.000 Euro veröffentlicht werden – aber nur wenn sie aus dem Ausland kommen. Dem Richter würde die Möglichkeit gegeben werden, den Moscheebesuch Personen zu verbieten, die wegen bestimmter Delikte verurteilt wurden – zum Beispiel wegen Aufstachelung zu Diskriminierung oder Gewalt. Darüber hinaus müssten zukünftig alle religiösen Vereine und Organisationen, die Subventionen bekommen wollen, einen Vertrag unterzeichnen, in dem sie sich zum Respekt der Prinzipien der Republik verpflichten. Ein Generalverdacht gegenüber gläubigen Muslimen.

Die Demonstration startete am zentralen Pariser Place du Châtelet, welcher von Polizei umstellt war. Reingelassen wurde nur, wer den Inhalt seiner Taschen und Jacken vorzeigte. Sobald die Menschenansammlung sich in Bewegung setzte, in Richtung des Place de la République, begannen die Polizeitrupps ohne ersichtlichen Grund im 10-Minuten Takt in die Menge zu stürmen und einzelne Demonstranten rauszuziehen. Die Polizeipräfektur rechtfertigte dieses Verhalten damit, dass dadurch die Bildung eines schwarzen Blocks unterbunden wurde. Dies führte zu einer von Anfang an stark angespannten und gewaltvollen Stimmung und dementsprechend schnell zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstrierenden. Ein Farbbeutel flog auf ein Polizeiauto, ein am Straßenrand stehendes Mofa wurde angezündet. Von Seiten der Polizei wurde schnell mit Tränengas in die Menge geschossen, auch Gummigeschosse kamen zum Einsatz. Die Demonstration war zu jedem Zeitpunkt von allen Seiten von der Polizei eingerahmt, ein Rein- oder Rauskommen unmöglich. Auf halbem Weg zum Place de la République beruhigte sich diese angespannte Stimmung ein wenig, die Demonstranten sangen, einige hatten Musikinstrumente mitgebracht und von vereinzelten Lautsprecherwägen konnte man politische Statements vernehmen. Am Ziel angekommen wurden die Demonstranten von Wasserwerfen und Tränengas begrüßt, bis sich die Versammlung schließlich auflöste.

Es kam zu über 140 Festnahmen in Paris, der Innenminister Darmanin bedankte sich über Twitter bei der Polizei und Gendarmerie für ihre „mutige Aktion gegen die zahlreich erschienenen gewaltsamen Unruhestifter“ und zeigt sich überzeugt, dass die „Strategie der Härte“ Gewalt verhindern konnte. Dem gegenüber stehen zahlreiche verletzte Demonstrierende sowie die Frage, von wem an diesem Samstag eigentlich die Gewalt ausging.

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