KenFM im Gespräch mit: Dr. Christian Kreiß (“Geplanter Verschleiß”) (Podcast)

Es gab Zeiten, da herrschte der Mangel.

Wer sich etwas anschaffen wollte, musste nicht nur lange sparen und dann bar bezahlen, er musste vor allem auf das jeweilige Produkt warten. Konsumgüter, die rar sind, haben einen höheren Wert.

Auch emotional. Man verbindet mit ihnen auch das, was man Vorfreude nennt.

Die Zeit der Vorfreude ist vorbei. Die Gegenwart hält nahezu alles im maximalen Überfluss für uns bereit. Man kauft in Raten und finanziert das meiste über Kredit.

Diese schöne neue Hochglanzwelt hat den Nachteil, dass ab einem bestimmten Punkt Sättigung eintritt. Irgendwann hat auch jeder Single-Haushalt alles, was er benötigt, in doppelter Ausführung. Dann bricht das sich immer schneller drehende Konsumkartenhaus in sich zusammen.

Hierin besteht die Achillesferse des Kapitalismus. Marktsättigung. Um dieser „Gefahr“ entgegenzuwirken, haben sich die großen Kapitalbesitzer und Produzenten schon vor sehr langer Zeit zu Kartellen zusammengeschlossen. Bei aller Konkurrenz erkannte man ein gemeinsames Ziel. Die hergestellten Waren hielten zu lange. Also verständigte man sich auf nahezu allen Gebieten auf eine Technik, die man Obsoleszenz nennt.

Geplanten Verschleiß. Wer heute einen Drucker kauft, kennt das Problem. Kaum ist die Garantie abgelaufen, gibt das Gerät seinen Geist auf und kann nicht repariert werden. Oder aber, die Kosten hierfür stehen in keinen Verhältnis zu einem Neukauf.

Geplanter Verschleiß ist der Motor der sogenannten Konsumgesellschaft. Wir kaufen für die Müllhalde, ohne dass wir uns über die Auswirkungen groß Gedanken machen. Das ist Teil der Technik, mit der der angebliche “König” Kunde im Hamsterrad gehalten wird. Der künstliche Verschleiß, dem heute alle Produkte unterliegen, wurde so „eingebaut“, dass er unter der Wahrnehmungsschwelle bleibt. Das geht vor allem daher, dass ein Durchnittshaushalt heute über rund 10.000 Produkte verfügt. Wer weiß da schon noch, wann er was gekauft und wie lange es tatsächlich gehalten hat.

KenFM traf sich mit Dr. Christian Kreiß.

Kreiß hat sich über Jahre immer wieder mit der geplanten Obsoleszenz auseinandergesetzt und kommt zu dem Schluss, dass unser Planet an dieser kapitalistischen Technik zugrunde geht.

Wir, die Konsumenten in der Wegwerfgesellschaft, gehen mit diesem Planeten um, als hätte wir noch einen weiteren im Kofferraum. Der Ast, auf dem wir sitzen und an dem wir sägen, knarzt bereits.

Inhaltsübersicht:

00:05:07 Pro & Contra Investment-Banking. Wer profitiert vom Profit und wie funktioniert der Kreislauf des leistungslosen Einkommens?

00:11:51 Ökonomischer Unsinn: Unnötige Arbeit und geplante Obsoleszenz. Welche Kriterien sind entscheidend? Historisches Beispiel aus der Automobilindustrie: Ford vs General Motors oder Qualität vs Lifestyle

00:18:58 Geplante Inkompatibilität von Produkten und die Illusion vom „Smart Customer“: Wie der Informationsmangel die Kunden in die Irre führt (TCO)

00:28:15 Kartellbildung: Wie die Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit der Glühbirne abgeschafft wurde (1926). Marketing, Wirtschaftswachstum und das Grundprinzip der Ökonomie: Profitmaximierung vs Kundenbedürfnisse

00:38:30 Psychologische Obsoleszenz: Psychologie, Werbung & Marketing (Vance Packard, Sigmund Freud, Edward Bernays)

00:49:58 Pharmaindustrie: Mehr Geld für Werbung als für Forschung und Entwicklung von Medikamenten

00:51:21 Die Analysen von Karl Marx und die Idee vom Neoliberalismus. Kommunismus vs Marktkapitalismus: Silvio Gesell, Joseph Stieglitz, Niko Paech, Fritz Schuhmacher

00:58:16 Milliarden für die Mülltonne: Wie die Obsoleszenzanfälligkeit Geld und Zeit kostet

01:06:23 3.000 Werbebotschaften pro Tag: Lug und Trug beim ZAW e.V. und dem Deutschen Werberat. Wer braucht eigentlich noch Werbung?

01:12:32 Eine Bannmeile für Lobbyisten im deutschen Bundestag: Sticko-Finanzierung durch die Pharmaindustrie. Demokratie, Post-Demokratie, Direkt-Demokratie

01:18:54 Umgang und Reaktionen auf die Analysen zum „Geplanten Verschleiß“: Die Medien und die Wikipedia

01:25:23 Was kann der Einzelne tun? Wählen, Entscheiden, Verzichten und die Vorteile von Qualität

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