Von Prinz Chaos II.
In Großbritannien wurde am 6. Juli 2016 der Chilcot-Bericht veröffentlicht. Seither tobt die Debatte darüber, ob Tony Blair als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden sollte.
Und um Tony Blair wird es einsam. Von den Verbündeten von 2003 rührt sich keiner, um ihm beizuspringen. Viele würden ihr damaliges Verhalten viel lieber dem gnadenvollen Wind des Vergessens anheim stellen. Leider aber gibt es im Internet kein Vergessen, weshalb wir den Kriegstreibern von damals nicht ersparen können, sie an ihre Haltung zu diesem größten geopolitischen Desaster der modernen Geschichte zu erinnern.
Wer also hat sich 2003 wie positioniert?
Angela Merkel. Deren Rede, in der sie die Regierung Schröder für die Ablehnung einer Kriegsbeteiligung geißelt, ist ausgesprochen hörenswert. Selbst für eine an verantwortungslose Geschichtsklitterung gewöhnte Öffentlichkeit dürfte bemerkenswert sein, wie hier die Verbrechen der deutschen Geschichte vor den Kriegskarren gespannt werden.
Oder Hillary Clinton. Hier ihre Rede, mit der sie den Kriegskurs von George W. Bush und die Lügen, die uns aufgetischt wurden, rückhaltlos unterstützte:
Überhaupt, das liberale, US-amerikanische Bürgertum! Wenn die Kriegsfanfaren erschallen, reihen sich diese Herr- und Frauhaften zuverlässig in die Reihen der kriegslüsternen Falken ein.
Hier beispielsweise ein Meinungsartikel in der guten, alten New York Times. Die Ablehnung des Irak-Krieges durch die französische Regierung wird da auch nach der Einnahme Bagdads noch mit einer wütenden Abrechnung quittiert.
„Es wird Zeit“, heißt es da: „dass wir Amerikaner uns etwas klarmachen: Frankreich ist nicht einfach nur unser nervtötender Alliierter. Sie sind nicht unser eifersüchtiger Rivale. Frankreich ist dabei, unser Feind zu werden.“
Und Donald Trump? Der hat den Irak-Krieg seinerzeit unterstützt. Er forderte sogar, den Job – anders als beim ersten Irak-Krieg 1990 – diesmal richtig zu machen, sprich: Bagdad einzunehmen! 2016 kann sich Donald Trump typischerweise nicht mehr daran erinnern. Er will vielmehr „total gegen den Krieg“ gewesen sein.
Trump kann sich nicht mehr erinnern
Andere sehen da im Rückblick wesentlich besser aus.
Nehmen wir Bernie Sanders. Der ist zwar auf dem Weg, sich der Kandidatur Hillary Clintons unterzuordnen. Und diese Entscheidung kann nicht genug kritisiert werden. Aber er ist sicherlich kein Falke und hielt 2003 diese Rede gegen den Irak-Krieg.
Sanders gegen den Irakkrieg, 2003
Oder der derzeit umkämpfte Vorsitzende der Labourparty, Jeremy Corbyn. Er war 2003 Vorsitzender der „Stop The War Coalition“. Hier seine Rede vor der größten Kundgebung in der Geschichte Großbritanniens, am 15. Februar 2003 in London:
Corbyn vor 2 Millionen Demonstranten
Das Problem an dieser kleinen Übersicht ist offensichtlich. Die Kriegstreiber von 2003 sind 2016 in Amt und Würden oder auf dem Weg dahin. Diejenigen, die 2003 richtig lagen und das drohende Desaster richtig vorhergesagt haben, sind in der Opposition.
Es wäre höchste Zeit, die Welt vom Kopf auf die Füße zu stellen. Wir brauchen endlich Vertreter der Friedensbewegung an der Spitze, keine Kriegstreiber. Eine Anklage des Kriegsverbrechers Tony Blair könnte den Anfang machen.
Weitere Artikel von Prinz Chaos II. gibt es auf seinem Blog: https://prinzchaos.wordpress.com/
Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.
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