Mut machende Rede einer mutigen Frau | Von Liane Kilinc

Mit einem Vorwort von Rainer Rupp.

Anlässlich einer Demonstration am 04.07.2022 gegen die Stilllegung der Raffinerie in Schwedt an der Oder hielt auch Frau Liane Kilinc eine viel beachtete Rede. In Schwedt endet die Pipeline Druschba, die bisher russisches Schweröl geliefert hat, das nun per Federstrich des Grünen Bundesminister Harbeck gestoppt wurde, angeblich um Russland in die Knie zu zwingen.

In Schwedt wurde es Schweröl zu Diesel und zu einer Vielzahl von dringend benötigten Vorprodukten für den Produktionsablauf in anderen Industriezweigen verarbeitet. Die Entscheidung der Bundesregierung, aus Russland kein Schweröl mehr zu importieren bedeutet das AUS für die Raffinerie und große Teile der Region und sogar für Industriezweige über die Region hinaus.

Liane Kilinc ist regelmäßigen Lesern und Hörern meiner Tagesdosis nicht unbekannt.

In der Tagesdosis vom 8. Oktober 2021 unter dem Titel „Scham, Erschütterung und Befremden, Entsetzen, Zorn[i] rechnete die 45 Jahre alte studierte Betriebswirtin, Friedensaktivistin und engagierte Pflegekraft kompromisslos mit dem kaputten und durch und durch korrupten Staatswesen der Bundesrepublik Deutschland ab. „International engagiert sie sich im Verein Friedensbrücke/Kriegsopferhilfe der über 800 verschiedene Projekte im Donbass durchgeführt hat und mehr als 45 Konvois zusammengestellt und gegen alle Widerstände für die Ost-„Ukraine vor Ort gebracht und verteilt hat. Die Webpage des Vereins „Friedensbrücke/Kriegsopferhilfe Hilfsorganisation Organisation“ ist WWW.fbko.org.

Beginn der Rede gehalten in Schwedt:

Liebe Freunde,
ich freue mich besonders, heute hier zu stehen, in Schwedt. Nicht, weil der Anlass so schön ist; schöne Anlässe sind selten geworden in letzter Zeit.

Aber weil die Kämpfe, die hier laufen, so etwas wie ein Mikrokosmos dessen sind, was in ganz Deutschland bevorsteht, gewissermaßen der Trailer zum Untergang der deutschen Titanic.

Denn so, wie die Mitarbeiter der Raffinerie in Schwedt plötzlich zu Opfern der Sanktionen gegen Russland wurden, wird es noch vielen anderen ergehen.

Und immer wieder wird man mit Verblüffung feststellen, dass Industrie nicht aus Anlagen besteht, die man mal eben an- und abschalten, oder mit anderen Ausgangsstoffen betreiben kann.

So wie man hier in Schwedt sagt: „Eine Raffinerie ist kein Wasserkessel, dem es egal ist, welches Wasser man einfüllt“. Es gibt Kollegen in der Glasherstellung, die sich fragen, wie lange es ihre Arbeit überhaupt noch gibt. Wenn man eine Glasschmelze abstellt, wenn sie kalt wird, dann ist die Anlage nämlich hinüber. Nicht nur ausgeschaltet. Kaputt. Weg.

Es gibt noch einige weitere Bereiche, in denen das ähnlich aussieht. Wenn man die ganze chemische Industrie in Leverkusen abschaltet, kann man die dann wieder hochfahren?

In den meisten Fällen wurde das noch nie ausprobiert. Es geht also nicht nur um eure Arbeit hier in Schwedt. Unsere Bundesregierung hat sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen; damit haben sie die Interessen aller Beschäftigten in Deutschland preisgegeben, denn ohne Energie keine Industrie!

Ganz egal, welche Fantasien ein Robert Habeck zusammenspinnt. Fakt ist: Ohne Gas gibt es weniger Dünger und ohne Dünger weniger Nahrungsmittel, und ohne Diesel kommen keine Waren in die Supermärkte. Und wofür das alles?

Für eine Lüge, um Russland in die Knie zu zwingen.

Ja, für eine Lüge!

Den größten Teil davon hatte ich schon lange durchschaut. Das hat damit zu tun, dass der Verein „Friedensbrücke–Kriegsopferhilfe/ мост мира“, dessen Vorsitzende ich bin, seit acht Jahren humanitäre Hilfe im Donbass leistet.

Wir haben nicht nur Hilfsgüter geschickt, wir haben Projekte mit Kindern gemacht, die sich Nacht für Nacht vor dem ukrainischen Beschuss in Kellern verstecken mussten; wir haben Saatgut für die kleinen Gärten geliefert, mit denen sich die Menschen in der Nähe der Frontlinie versorgen; und ich war selbst mehrmals dort vor Ort und habe den Krieg gesehen, der dort seit 2014 stattfindet und acht Jahre lang bei uns von Medien und Politik verschwiegen wurde.

Wann immer dort etwas passierte, ich habe es im Laufe des Tages erfahren. Wenn auf die Stadt Gorlovka Granaten fallen, dann lese ich das auf meinem Handy. Allerdings konnte ich davon hier nie etwas in der Zeitung lesen. Und im Februar war allen dort klar, dass ein Angriff der ukrainischen Armee unmittelbar bevorsteht. Weil jedes Mal, wenn die ukrainische Armee in der Vergangenheit einen Angriff versuchte, hatte sie den zuvor mit einer Intensivierung des Artilleriebeschusses vorbereitet.

Es gibt Schulen und zwei Kulturhäuser in Gorlovka, denen wir bereits mehrmals geholfen haben, die zerstörten Fenster zu ersetzen und das Dach zu reparieren.

All die Jahre über hat die ukrainische Armee ihre Artillerie gegen die Menschen in den Donbass Republiken eingesetzt. Und im Februar dieses Jahres war der Beschuss so heftig wie seit sieben Jahren nicht mehr. Laut offiziellem OSZE-Bericht steigerte sich der Artillerie-Beschuss von knapp über 50 Granaten am 16. Februar auf über 1.000 am 23. Februar 22. Einen Tag später, am 24. Februar, begann die russische Militäroperation zur De-militarisierung und Entnazifizierung der Ulkraine.

Ich sage, es ist eine Lüge, wenn deshalb hier Sanktionen gegen Russland verhängt werden. Und seit letztem Wochenende ist das letzte Puzzlestück in diesem Lügenstück bekannt:

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat auf dem Madrider NATO-Gipfel offen gesagt, die NATO hätte sich acht Jahre lang auf diesen Krieg vorbereitet.

Das passt zusammen mit dem, was der ukrainische Ex-Präsident Petro Poroschenko, der vor sieben Jahren das Minsker Friedensabkommen unterschrieben hatte, vor kurzem in in zwei verschiedenen Interviews eingestanden hat, dass nämlich die Ukraine nie vorhatte, dieses Abkommen umzusetzen und es nur unterschrieben hatte, um Zeit zu gewinnen. Zeit zu gewinnen wofür?

Um die eigene Armee aufzurüsten, mit NATO-Hilfe auszubilden und dann – den Donbass und die Krim zu erobern. Also anzugreifen.

Damit ist die ganze Geschichte, mit der die Herrschenden jetzt dir zusätzlichen Sanktionen gegen Russland rechtfertigen, eine dicke Lüge. Tatsächlich stimmt die ganze Geschichtevon vorne bis hinten nicht.

Und zum anderen ist mittlerweile doch jedem klar, dass die Folgen der Sanktionen vor allem gegen uns gerichtet sind. – Gegen die arbeitende Bevölkerung. Schwedt ist da nur das Vorspiel. Und dann gibt es noch die andere Seite.

In der DDR hatten wir lange Probleme mit der Energieversorgung, weil die Steinkohle nun einmal im Westen gefördert wurde. Nicht umsonst heißt die Schweröl-Pipeline, an der auch die Raffinerie Schwedt hängt, Druschba, Freundschaft.

Für uns waren die Russen keine gefährlichen, NICHT- Europäer, Untermenschen, oder wie auch immer sie noch im Westen dargestellt wurden und werden, sondern unsere Kumpels, mit denen wir gemeinsam Probleme lösten. Unsere Probleme, in denen es nicht um globale Machtspielchen ging, sondern um das tägliche Wohl von ganz normalen Leuten.

Genau um dieses Wohl geht es. Aber geht es der Bundesregierung um dieses Wohl, um das Wohl der ganz normalen Leute? An ihren Taten kann man sie erkennen.

Die Bundesregierung hätte acht Jahre lang durch ein kurzes Ziehen am Halsband den Krieg der Ukraine gegen den Donbass beenden können. Sie wollte ihn nicht beenden!

Aber jetzt, wo sie mit dem gesamten Westen behauptet „Russland hat die Ukraine überfallen“ und „Solidarität mit der Ukraine ist gefordert“, setzt diese Bundesregierung unser aller Wohl aufs Spiel.  Nicht nur, weil ohne gesicherte Energie die Industrie, von der wir alle leben, zusammenbricht.

Sondern auch, weil eine Bundesregierung, die den USA so sehr zu Willen ist, dass ihr das Wohl ihrer eigenen Bevölkerung egal ist, die Gefahr eines US- Atomwaffeneinsatzes zur Verhinderung eines russischen Sieges in der Ukraine erhöht und nicht verringert. Denn nach Afghanistan wäre in der Ukraine eine weitere spektakulären Niederlage einer vom Pentagon hochgezüchteten Armee ein unerträgliches geo-politisches Debakel für die Herren in Washington. Denn damit würde der Mythos der allmächtigen US-Supermacht endgültig zerstören und damit ging auch ihr globaler Einfluss in die Brüche.

Entwicklungen in diese Richtung erkennt man bereits jetzt und aus Sicht Washingtons und seiner Vasallen im Westen muss das gestoppt werden, koste es was es wolle. Das erklärt, warum der Westen darauf besteht, dass die bis in die Puppen korrupte Ukraine GEWINNEN MUSS. Aber die Fakten sprechen dagegen.

Letzten Monat gab es einen Aufsatz in einer britischen Militärzeitschrift, der einmal ganz nüchtern die Zahlen vergleicht – wieviel Artillerie und Raketen im Krieg in der Ukraine bisher von Russland eingesetzt wurden, und wieviel die NATO in ihren Arsenalen hat. Die Schlussfolgerung lautete, die NATO könne einen Krieg gegen Russland gerade mal zehn Tage führen. Diese Zahlen sind kein Geheimnis.

Diese NATO mit ihren tollen Sprüchen kann eigentlich nichts reißen. Den Krieg in der Ukraine hat sie eigentlich längst verloren.

Sie könnten, sie sollten eigentlich jetzt zur Vernunft kommen, den Sanktionswahn beenden und verhandeln. Denn je sichtbarer die Niederlage wird, desto teurer wird sie auch. Und was passiert?

Sie wollen noch mehr Sanktionen, sie wollen weiter tausende ukrainische Soldaten sinnlos verheizen, und wir sollen dafür ganz solidarisch hungern und frieren.

Wenn man nach dem Wohl der Menschen geht, dem hier und dem in der Ukraine, wäre die Lösung ganz einfach.

Die NATO zieht sich zurück, die EU hebt alle Sanktionen auf und die Regierung in Kiew rettet durch ihre Kapitulation die Leben der Soldaten, die ihr noch verblieben sind. Dann könnte nicht nur die Raffinerie hier in Schwedt weiterarbeiten wie bisher.

Wie gesagt, hier in Schwedt lässt sich im Kleinen sehen, was auf der großen Bühne passiert. Und auch im Kleinen kann man sagen: eine Regierung, der das Wohl der Regierten egal ist, braucht keiner. Und solange es mit der Freundschaft mit Russland gut lief, lief es auch hier in Schwedt gut. Wer die Arbeitsplätze und den Beitrag, den die Raffinerie zur Versorgung liefert, erhalten will, muss gegen die Sanktionen sein.

Auch wer für den Frieden ist, muss gegen die Sanktionen sein. Wer für die Wahrheit ist, muss gegen die Sanktionen sein. Die Überlebensfrage für Schwedt ist die Überlebensfrage für ganz Deutschland.

Die Antwort auf diese Frage ist mit meterdicken Rohren quer durch den Kontinent verlegt.

Sie lautet: Druschba-Freundschaft

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Wir danken dem Autor und der Rednerin für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Heide Pinkall / shutterstock

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Kommentare (8)

8 Kommentare zu: “Mut machende Rede einer mutigen Frau | Von Liane Kilinc

  1. Schramm sagt:

    NATO und EU-Politik für soziale Bevorzugung der Flüchtlinge aus der Ukraine.

    Warum werden Flüchtlinge aus der Ukraine finanziell und sozial besser gestellt, in Bildung und Ausbildung, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, als andere Migranten und Flüchtlinge, aber auch als die heimische Bevölkerung? –

    Etwa, weil sie, mit ihren Soldaten und Söldnern, einen geopolitischen und wirtschaftspolitischen NATO-Stellvertreterkrieg für die USA und EU gegen Russland (und vorsorglich China) führen?

    • Andreas I. sagt:

      Hallo,
      vielleicht auch, weil die Ukraine offensichtlich um jeden Preis in die Nato und in die EU soll – also müssen Ukrainer die EU von der Schokoladenseite her erleben.

  2. _Box sagt:

    Vom anderen Ende der Nahrungskette:

    Die Zeit der immer gravierenderen Notstände – eine Analyse von Prof. Fabio Vighi
    8. Juli 2022von Dr. Peter F. Mayer
    Nach Covid-19 kam Putin-22. Nun folgt die Energiekrise, die Lichter gehen aus und dann kommt die Nahrungsmittelkrise und, wenn nötig, die von Bill Gates schon angekündigte, noch schlimmere Pandemie. Das System braucht immer mehr und neue Außenfeinde um von den inneren Problemen abzulenken.

    Weltweit nehmen Streiks und Proteste der Bauern zu, denen die Lebensgrundlage entzogen werden soll. Angeblich um das Klima zu schützen sollen natürlich gewachsene Lebensmittel durch in der Fabrik industriell produzierte Nahrungsmittel ersetzt werden. Um die dadurch entstehenden Krankheiten kümmert sich dann Big Pharma.

    Die Angstpropaganda ist jedoch nicht mehr so wirkungsvoll wie 2020 als es noch ein „neuartiges Coronavirus gab, die Menschen glauben den Konzernen und ihren Medien immer weniger. Deshalb wird mit verschärfter Repression reagiert. In Holland schießt die Polizei auf friedlich demonstrierende Bauern, in Deutschland gibt es den ersten politischen Gefangenen mit Michael Ballweg, den Gründer der Querdenker Bewegung. Die Justiz wird durch Hausdurchsuchungen bei missliebigen Richtern und Gutachtern de facto ausgeschaltet.

    Warum reagieren die Geld-Eliten und ihre Politiker so hektisch. Hier eine Analyse von Fabio Vighi, Professor für Critical Theory and Italian an der Cardiff University im UK.

    Der Artikel mit dem Titel „Pause for Thought: Money without Value in a Rapidly Disintegrating World“ (Pause zum Nachdenken: Geld ohne Wert in einer sich rasch auflösenden Welt) ist in The Philosophical Salon erschienen. Hier die Übersetzung:

    Pause zum Nachdenken: Geld ohne Wert in einer sich rasch auflösenden Welt

    Die Beschleunigung des „Notfallparadigmas“ seit 2020 hat einen einfachen, aber weithin verleugneten Zweck: den sozioökonomischen Zusammenbruch zu verbergen. Im heutigen Metaversum sind die Dinge das Gegenteil von dem, was sie zu sein scheinen. Bei der Eröffnung von Davos 2022 machte IWF-Direktorin Kristalina Georgieva die Pandemie und Putin für das „Zusammentreffen von Katastrophen“ verantwortlich, mit denen die Weltwirtschaft nun konfrontiert ist. Das ist keine Überraschung. Davos selbst ist keine Verschwörungszentrale, sondern das Sprachrohr der zunehmend panischen Reaktionen der Eliten auf unüberschaubare systemische Widersprüche. Die Davoser verstecken sich inzwischen hinter Lügen wie ein Haufen nervöser Kinder. Während sie uns weiterhin erzählen, dass der kommende Einbruch die Folge globaler Widrigkeiten ist, die die Welt überrumpelt haben (von Covid-19 bis Putin-22), ist das Gegenteil der Fall: Die abstürzende Wirtschaft ist die Ursache für diese „Unglücke“. Was uns als äußere Bedrohung verkauft wird, ist in Wirklichkeit die ideologische Projektion der inneren Begrenzung und der fortschreitenden Zersetzung der kapitalistischen Modernität. Systemisch gesehen hält die Sucht nach Notfällen den komatösen Körper des Kapitalismus künstlich am Leben. Der Feind wird also nicht mehr konstruiert, um die Expansion des Empire zu legitimieren. Stattdessen dient er dazu, den Bankrott unserer schuldengeplagten Wirtschaft zu verschleiern.

    Seit dem Fall der Berliner Mauer hat die Entfaltung des vollen Potenzials des Kapitals, auch bekannt als Globalisierung, nach und nach die eigenen Möglichkeiten des Kapitals untergraben. Die Antwort auf diese implosive Entwicklung war schließlich die Entfesselung globaler Notlagen, die immer dauerhafter sein müssen und durch immer größere Injektionen von Angst, Chaos und Propaganda ergänzt werden. Wir alle erinnern uns, wie alles um die Jahrtausendwende begann, mit Al-Qaida, dem „globalen Krieg gegen den Terror“ und Colin Powells winzigem Fläschchen mit weißem Pulver. Daraufhin folgten die Taliban, der Islamische Staat, Syrien, die nordkoreanische Raketenkrise, der Handelskrieg mit China, Russiagate und schließlich COVID-19 – in einem Crescendo der Gefühle. Nun scheint sich ein neuer Kalter Krieg anzubahnen, vielleicht die Mutter aller Notfälle. Der elementare Grund für diesen Verlauf der Ereignisse ist, dass das System, je näher es dem Zusammenbruch kommt, umso mehr exogene Krisen benötigt, um die Bevölkerung abzulenken und zu manipulieren, während es seinen Untergang hinauszögert und den Boden für seinen autoritären Wechsel bereitet.
    (…)
    Die Technokraten am Ruder der Titanic haben mehr als nur eine Ahnung, dass das Schiff auf den Eisberg zusteuert. Da ihnen die politischen Argumente ausgegangen sind (wie in der jüngsten Debatte über Sparmaßnahmen oder Konjunkturprogramme), haben sie sich für ein kontinuierliches Programm der Angst und Propaganda entschieden, um das Unbeherrschbare zu bewältigen. Entscheidend ist, dass sie wissen, was den meisten von uns kontraintuitiv erscheint: dass der Zusammenbruch unserer überholten Produktionsweise nur durch 1) einen stetigen Strom globaler Notfälle, 2) die kontrollierte inflationäre Zerstörung der zunehmend unproduktiven Realwirtschaft und 3) die autoritäre Umgestaltung der liberalen Demokratie hinausgezögert werden kann.

    Das kranke Theater des Ukraine-Krieges ist also ebenso wie die bösartig aufgebauschte Covid-Affäre eine Folge des panischen Bewusstseins der Eliten, dass der Zusammenbruch nun überfällig ist. In der Tat wissen die heutigen Manager des „Krisenkapitalismus“, dass ein Zusammenbruch notwendig ist, damit ein neues Geldsystem entstehen kann. Entscheidend ist, dass sie auch erkennen, dass der Zusammenbruch als geplanter Abriss des gegenwärtigen Modells erfolgen muss, was es ihnen ermöglichen würde, ihre Machtposition innerhalb des bevorstehenden neofeudalen kapitalistischen Normalzustands zu erhalten und sogar zu stärken. Lebensmittel- und Energierationierung, Massenverarmung, Sozialkredite und Geldkontrolle über digitale Währungen sind längst in den kapitalistischen Kuchen der Zukunft eingebacken. Wahrscheinlich ist dieses Szenario bereits Teil unserer kollektiven Vorstellungskraft, da uns seine Unausweichlichkeit aufgrund höherer Gewalt eingeredet wird.
    (…)
    Aller Voraussicht nach wird die Schulden- und Börsenkrise weiter hinausgezögert werden. Das große Finale – ein biblischer Crash jenseits unserer Vorstellungskraft, ausgelöst durch die Explosion der Schuldenmarkt-Hyperblase – wird derzeit durch das inflationäre Abwürgen der Realwirtschaft hinausgezögert. Das bedeutet, dass der „Elendsindex“ (Kombination aus Inflation und Arbeitslosenquote) noch weiter steigen wird. Die Zentralbanken können die Inflation nur mit Worten zähmen: Sie wissen, dass jede Straffung der Geldpolitik mit der gegenteiligen Notwendigkeit verbunden ist, die öffentliche und private Verschuldung weiter zu monetarisieren, d.h. Geld aus dem Nichts zu schaffen. In gewissem Sinne kehren wir also in die Vorgeschichte des Kapitalismus zurück und haben es erneut mit dem Problem des „Geldes ohne Wert“ zu tun. Hier schließt sich fast der Kreis. Die Entwertung des Mediums Geld stellt sich heute jedoch als die Katastrophe der „Arbeitsgesellschaft“, des Systems der abstrakten, durch den Markt vermittelten Arbeit dar. Die gegenwärtige bio- und geopolitische Gewalt (Virus, Krieg und andere kommende globale Notlagen) ist ein integraler Bestandteil dieser selbstzerstörerischen Entwicklung; ein bewusster Versuch, die Implosion mit autoritären Mitteln zu steuern. Wir haben nur eine wirkliche Wahl: Entweder wir beginnen, uns von den Formen der Ware, des Wertes und des Geldes und damit von der Kapitalform als solcher zu emanzipieren, oder wir werden in ein neues dunkles Zeitalter der Gewalt und der Regression hineingezogen.

    https://tkp.at/2022/07/08/die-zeit-der-immer-gravierenderen-notstaende-eine-analyse-von-prof-fabio-vighi/

    • DKB.GRZ sagt:

      ……na – das ist ja wohl kaum ein Kommentar zum o.g. Text – hier sucht wohl einer eine Selbstdarstellungsbühne für "eigenwillige" Texte….🥸

    • _Box sagt:

      Tatsächlich? Ich finde es paßt perfekt um die Geschehnisse in einen größeren Kontext einzusortieren. Um allerdings den Oberlehrer, der Zensuren verteilt, zu markieren, sollten sie auch begründen warum etwas von ihnen als nicht passend empfunden wird.

  3. Andreas I. sagt:

    Hallo,
    "Für uns waren die Russen keine gefährlichen, NICHT- Europäer, Untermenschen, oder wie auch immer sie noch im Westen dargestellt wurden und werden, sondern unsere Kumpels, mit denen wir gemeinsam Probleme lösten. Unsere Probleme, in denen es nicht um globale Machtspielchen ging, sondern um das tägliche Wohl von ganz normalen Leuten."

    Naja, es war beides und wenn es heute im Verhältnis USA – BRD beides wäre … aber das ist der Punkt, es geht ausschließlich um den Machterhalt für USA.

    • DKB.GRZ sagt:

      ….nein – Andreas I. – es war nicht beides….die Leute im Osten lebten mit diesen Menschen zusammen – auf unterschiedlicher Art…..
      …..und erst in dem freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat lernten die Leute des Ostens das wahre Gesicht dieser "Freiheit und Demokratie und den Rechtsstaat" kennen….🥸

    • Andreas I. sagt:

      Hallo,
      die DDR-Regierung hatte so viel Spielraum, wie ihr von der UdSSR-Regierung zugebilligt wurde.
      Genau wie die BRD-Regierung so viel Spielraum hat, wie ihr von der USA-Regierung zugebilligt wird.
      Das war das eine.
      Bei BRD und USA ist die Ideologie Liberalismus = Konkurrenz.
      Bei DDR und UdSSR war die Ideologie Kommunismus = Kooperation.
      Das war das andere.
      Es war das eine und das andere, es war beides.

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