Warum der Oktober 2016 unser Monat besonders vieler Friedensaktionen ist.
Von Berhard Trautvetter.
In der Zeit der Studentenbewegung hatten wir teils mehrmals pro Woche Aktionen gegen die Notstandsgesetze, den Krieg, den Überwachungsstaat.
So bewegt scheint der Oktober zu werden, der uns bewegt, den wir bewegen werden.
Es beginnt gleich mit der Demonstration am Bundeskanzleramt gegen die Kriegspolitik am 1. Oktober.
Dort geht es gegen den Rüstungsexport Deutschlands: Nach der Verdoppelung im letzten Jahr kamen im ersten Halbjahr 2016 weitere Exportgenehmigungen im Umfang von mehr als 500 Millionen Euro hinzu. Das durchbricht die 4 Mrd. Euro-Schallmauer. Waffenexport führt zu Massenmord und Flüchtlingsströmen. Die Bekämpfung der Fluchtursachen liegt beileibe nicht im Grenzschutz. Der ist angesichts der eigentlichen Ursache-Wirkungs-Kette zynisch, menschenrechtswidrig und mörderisch.
KenFMs Aufruf fordert einen “Regime-Change” in den Konzernetagen. Das wäre sicher, wenn dort Humanisten Platz nehmen sollten, ein Fortschritt. Alleine, wir werden sicher mehr brauchen als das: Ein Ende eines Systems, dem es egal ist, ob der Profit aus dem Blut in den Schlachtfeldern der Erde oder aus sozialen Konzern-Entscheidungen hervorkommt. Wir brauchen eine Ökonomie, in der nicht mehr betriebswirtschaftliche Entscheidungen auf Kosten der Volkswirtschaft oder gleich der Menschheit Grundlage von Investitionen sind, wir brauchen eine Welt ohne privatwirtschaftliche Konzerne. Der Austausch von Führungskräften (“Regime-Change”) greift da noch etwas kurz.
Zwei Tage nach dem Samstag am Bundeskanzleramt demonstriert die Friedensbewegung ab 11 Uhr in Kalkar/NRW gegen einen der “großen Player” von Bundeswehr und Nato in Deutschland, wie es Generalleutnant Wundrak, Leiter des Zentrums Luftoperationen/Kalkar, ausspricht. Dort wachsen in atemberaubender Schnelligkeit das Weltraumlagezentrum des Bundes-Wirtschaftsministeriums und der Bundeswehr, das Combined Air Operations Centre mit dem “taktisch” genannten 24-Stunden-Gefechtsstand der Nato, die Operationszentrale Luftwaffe, die von Seydlitz-Kaserne, das Joint Air Power Competence Centre (JAPCC) als Denkfabrik der Luftwaffenstrategen der Nato, bald auch noch das GeoInfo-Zentrum, das eng mit dem Fliegerhorst Büchel kooperiert, wo die Bundeswehr den Wahnsinn der sog. nuklearen Teilhabe durchführt und immer wieder das Beladen von Tornados mit Atomsprengköpfen für den Einsatz einübt. Von Kalkar aus wird die sogenannte Speerspitze des Nato-Rapid Action-Plans gegen Russland gesteuert. Dazu gehören Command and Control der Einsätze auf dem Stützpunkt Amari unweit der russischen Grenze. Die Luftwaffe spricht auf ihrer Website hier von “Koordination, aber auch -wenn auch sehr unwahrscheinlich- Waffeneinsatz.” Das wäre das Ende der europäischen Zivilisation, denn ein Krieg mit der Atommacht Russland würde ein Inferno hinterlassen. Das aber genau kalkulieren die Militärs mit ein. Details: http://demo-kalkar.de/
Unmittelbar am Tag nach dieser Demonstration beginnt in Essen eine Konferenz des JAPCC unter dem Titel “Einsatzfähigkeit der Luftwaffe in einem verwüsteten Umfeld” (degraded environment).
Die Strategen meiden das Wort “Krieg” wie das Wort “Schlachtfeld”, usw. Sie besprechen in Essen, wie sie selbst dann noch zu präzisen Schlägen fähig sind, wenn etwa das Internet, GPS, das Banken- und Gesundheitssystem zusammengebrochen sind. Was mit den davon betroffenen Menschen ist, bleibt außerhalb ihres Fokus. Es geht nur um das Militärische.
Der 3. Oktober wird entsprechend auch eine Friedensaktion um 15 Uhr am Willy Brandt-Platz am Essener Hauptbahnhof sehen, wo unter anderem Eugen Drewermann das Wort ergreift. Die Kundgebung hat das Motto ‘No-Natom-Krieg’, da die Gefahr, gegen die sich die Friedenskräfte wenden, in der Tat bis zur nuklearen Bedrohung reicht, die die Militärs billigend in Kauf nehmen.
Dann, am 8. Oktober endet diese Friedenswoche mit der großen Friedensdemonstration “Die Waffen nieder!” für >>Kooperation statt NATO-Konfrontation, Abrüstung statt Sozialabbau<<. Siehe auch: http://friedensforum-duisburg.de/bundeswehr-und-nato-krieg-beginnt-an-rhein-und-ruhr/
Eugen Drewermann sagte am 17. Mai 2014: “Die Welt bricht aus den Angeln. Wir haben Millionen Verhungerte pro Jahr, eine riesige Flüchtlingswelle, wir haben das Mittelmeer als Massengrab. Wir hätten enorm zu tun, aber doch nicht durch Ausdehnung von militärischem Engagement und durch Waffenexporte. Das alles ist eine Perversion und eine glatte Lüge. Weil das so ist, müssen wir uns engagieren und auf die Straße gehen.”
Seit damals haben sich die Gründe, sich mit aller Konsequenz und Beharrlichkeit Tag für Tag für den Frieden zu engagieren, weiter vermehrt. Der Oktober wird ein Zusammenspiel vieler Friedensaktionen sein, als Wegmarke zu einem weiteren Aufschwung der Bewegung – so Not-wendig wie attraktiv.
Sich für eine gute Sache einzusetzen, ermutigt andere, das auch zu tun. „Das weiche Wasser bricht den Stein.“ Das sangen einst hunderttausende auf den Friedensdemonstrationen in Bonn und anderswo. Daran knüpfen wir an.
Der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir uns zu bewähren haben, denn ohne ihn ist alles nichts, wie einst Heinemann und Willy Brandt sagten.
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