Protest gegen den Nato-Gipfel – Invest in peace, not in war

Nato-Gipfel in Brüssel am 24./25.Mai.

von Bernhard Trautvetter.

Der Nato-Gipfel in Brüssel wird nach außen hin eine Propaganda-Show für die Militarisierung der Weltpolitik, die die Nato ‘Wiederkehr der Abschreckung’ und ‘Antiterror-Krieg’ nennt. Was die Abschreckung angeht verweisen die Militärs und die sie unterstützenden Kräfte seit 2014 auf die Krim, so als hätte Russland dort die Büchse der Pandora geöffnet: “Russland habe mit der Annexion der Krim das Völkerrecht gebrochen und die ‘Büchse der Pandora’ geöffnet,” wie alle drei betonten. “Unsere Hoffnung war, dass wir uns bei Konflikten nicht mehr dafür entscheiden, Grenzen zu korrigieren”, sagte Steinmeier. “Diese Regel aber habe Russland nun gebrochen.”
Diese manipulative Verkürzung der Nachrichtenlage zur Ukraine stellt das argumentative Fundament dafür dar, dass die Nato aus dem einstigen “strategischen Partner” im Osten das Gegenteil macht: “Der neue Nato-Oberbefehlshaber, US-General Curtis Scaparrotti, hält Russland für den größten Feind der USA.”

Das Krim-Narrativ, das die vom Westen unterstütze illegale Einsetzung einer pro-westlichen “Übergangsregierung” in Vergessenheit verdrängen soll, ist die Basis für die Eskalation der Spannungen der Nato mit der Atommacht Russland. Nachdem die Yatsenyuk-Regierung, die Ende Februar 2014 gegen die Vorgaben der Verfassung ins Amt gekommen war und nachdem dann das Krim-Referendum stattgefunden hatte und Putin die Aufnahme der Krim in den russischen Staatsverband erklärt hatte, erklärt die Nato-Medienwelt Russland zum Initial-Täter, dessen Handlung die Spannungen in Europa steigert. Dass dies eine Halbwahrheit darstellt, die zudem von Völkerrechtlern unterschiedlich bewertet wird, wird vergessen gemacht. Man will davon ablenken, dass die Nato dasjenige Staatenbündnis ist, auf dessen Konto die häufigsten, eindeutigen und massivsten Völkerrechtsverstöße seit dem Ende des Kalten Krieges gehen.

Das Krim-Narrativ wird auch dafür benutzt der Weltöffentlichkeit vorzumachen, dass zum Wendepunkt hoch-stilisierte russische Politik gegenüber der Krim und der Ukraine derjenige Grund für die neue Stufe der Nuklearrüstung sei, für die Nato-Ost-Strategie in Osteuropa und für die Steigerung der Rüstungsausgaben im Nato-Gebiet.

Die Türkei, die große Teile Zyperns seit über vier Jahrzehnten völkerrechtswidrig annektiert hat, sitzt mit am Tisch, wenn die Nuklearstrategie, die Abschreckung, die Aufrüstung, die Ostexpansion usw. der Nato verhandelt werden.

Das gefährlichste Thema ist die Atomrüstung: Dazu schrieb die Frankfurter Allgemeine am 25.01.2015: “Atomwaffen wieder im Spiel”. Es hieß, wegen russischer Drohgebärden sorge sich die NATO auch im Zusammenhang mit der nuklearen Rüstung. Im gleichen Zusammenhang schrieb die Bild-Zeitung schon am 22.9.2014: “Die ‘New York Times’ meldet: Die Regierung in Washington betreibe intensiv ‘die Wiederbelebung’  ihres Atomwaffenprogramms. Die Nuklear-Kapazitäten sollen demnach modernisiert (…), neue Trägersysteme entwickelt werden – für bis zu einer Billion Dollar. (…) Vor allem der Kurs von Russlands Präsident Wladimir Putin hat die US-Regierung offenbar zum radikalen Umdenken gebracht. ‘Putins Invasion in der Ukraine hat alles verändert’, sagt Obamas früherer Atomwaffenberater Gary Samore.”

Dieses Narrativ zur Manipulation der Weltöffentlichkeit ist nicht nur durch die Gesamtsicht auf die Ereignisse auf der Krim eine einzige Lüge: Die von der Nato fälschlicherweise “Modernisierung” genannte Neuentwicklung der Wasserstoffbombe B 61 – 12, hat die Nato lange vor der Zunahme der Spannungen in der Ukraine 2014 beschlossen. 2012 hat der Chicago-Gipfel der Nato entschieden, sich für die als “einsatzfreudiger” eingestufte Neu-Entwicklung der B 61-12 zu entscheiden. Wenn das in Chicago auf der Agenda war, dann hatte das mindestens eine zehnjährige Vorlaufzeit. Technisch ist die neue Wasserstoff-Militärtechnik wegen einer Integration eines Zielfindungs-Steuersystems und einer deutlich reduziert einstellbaren Sprengkraft keine Modernisierung des alten Systems, auch wenn die Nato das so nennt. Es ist eine brandgefährliche Neuentwicklung: “Könnte die B61-12 dazu beitragen, die Rolle nuklearer Waffen wieder auszuweiten oder die Hemmschwelle gegen den Einsatz solcher Waffen abzusenken? Die Versuchung, diese Frage mit einem klaren ‘Ja’ zu beantworten ist groß. Vieles spricht dafür.”

Es stellt sich die Frage: was haben die Militärs vor, wenn sie die Menschheit in einer überlebenswichtigen Frage wie dieser belügen?

Eine Antwort findet man bei Donald H. Rumsfeld, der bereits 2002 (!) als damaliger Pentagon-Chef im Vorwort zu der sogenannten Nuclear Posture Review schrieb:

“Dieser Bericht entwickelt eine neue Triade, zusammengesetzt aus

  • Offensive schlagkräftige Systeme (nuklear und konventionell)
  • Defensive (aktiv und passiv)
  • Eine wiederbelebte Verteidigungsinfrastruktur, die die Nato mit neuen Kapazitäten (…) ausstattet

Diese neue Triade ist mit verstärkten Kontroll- und Intelligenz-Systemen ausgestattet.”

Die Atomfrage wird die Nato aber eher unter dem Deckmantel medialer Zurückhaltung durchziehen, um den Widerstand im Keim abzuwenden. Denn eine nicht-informierte Öffentlichkeit ist leichter steuerbar. Der Nato-Gipfel wird dazu sicher keine offensive Werbekampagne lostreten. Das Thema wird eher hinter dem Mantel der Verschwiegenheit behandelt.

Im Vergleich dazu wird der Brüsseler Nato-Gipfel die Frage der “Verteidigungs”ausgaben in den Vordergrund öffentlicher Aufmerksamkeit stellen.

Man wird wie fast immer seit dem 2. Weltkrieg eine vermeintliche russische Gefahr für die Sicherheit der Nato als Legitimation für die Ver(sch)wendung tausender von Milliarden Euro und Dollar aus den relevantesten Mainstream-Medien in die Gehirne der Menschen träufeln (lassen), damit aus der Friedensbewegung keine so einflussreiche Kraft wird, dass das Vorhaben gefährdet werden könnte.

Beim Kampf gegen den Terror wird die Nato in Brüssel ihre Hände in Unschuld waschen, so als seien Al Quaida und ISIS, Al Nusra und die Taliban keine oft sogar in bestimmten Phasen ihrer Entwicklung von den USA geförderte und durch den Krieg mit seinen Hass-Emotionen genährte Kraft. Man wird mehr von dem verlangen, was man bisher eingesetzt hat. Dass dabei der Terror eher zu- als abgenommen hat, ist eine willkommene Erscheinung, die wir getrost als willkommene Verschwörung abbuchen können. Denn ohne einen solchen Feind könnte die Rüstungsindustrie kaum ihre Profite auf ihrem hohen Niveau mit einer aktuellen Steigerung durch das Ziel der 2 % von der Wirtschaftskraft realisieren.

Eisenhowers Worte bleiben aktuell: “Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss (…) durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen (…).”

Dass ein bürgerlicher Präsident, der selber Marionette der Kräfte ist, vor denen er hier warnt, einer “angemessenen” Vernetzung der “gigantischen” Rüstungsmaschinerie mit friedlichen Methoden verbinden will, das zeigt, dass der Militarismus die Gehirne nicht nur vergiftet, sondern dadurch auch die Denkfähigkeit unterhöhlt. Es geht natürlich darum, diese gigantische Maschine abzubauen, ehe sie uns abschafft.

Zu den Aktionen gegen den Nato-Gipfel in Brüssel ruft die Friedensbewegung mit dem Aufruf “Invest in peace, not in war”  auf.

Alle Details zum Protest “Invest in peace, not in war”: hier.

am 24. Mai 2017
um 17:00 Uhr
Brüssel Nordbahnhof

Für soziale Rechte  +  gegen Sexismus, Rassismus und Diskriminierung  +  für eine lebenswerte Welt  +  für Frieden!

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Textes.

KenFM bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Meinungsartikel und Gastbeiträge müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

 


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