Bevor wir eine bessere Gesellschaft anstreben, sollten wir uns Klarheit darüber verschaffen, was wir uns eigentlich unter „Freiheit“ vorstellen.
Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!
Ein Standpunkt von Marcus Zeller.
Nicht alles war in der „alten Normalität“ frei. Es gab Einschränkung. Jedoch gab es für Menschen in Deutschland zumindest immer eine Alternative zum Konformismus. Wir konnten uns zurückziehen und uns auf den Standpunkt stellen, der ganze politische Kram ginge uns nichts an. Heute ist das anders. Der Staat und die angepasste Mehrheit verhalten sich zunehmend zudringlich und vereinnahmend. Wir haben nicht mehr die Freiheit, nicht reagieren zu müssen. Wir müssen mitgehen oder kämpfen. Der Gleichschritt lässt die persönliche Überzeugung für die meisten Makulatur werden. Der Kampf „gegen“ kettet uns jedoch an das Bekämpfte. Unsere Energien sind gebunden durch den Freiheitskampf, insofern sind wir unfrei. Um unser Feindbild zu pflegen, müssen wir Teile von uns abspalten und im Außen bekämpfen. Wenn wir also eine Welt erschaffen wollen, in der Freiheit als Wert wirklich existiert, müssen wir zuerst ein klares Verständnis des Begriffs entwickeln.
„Mensch ärgere dich nicht!“ — warum kann ein Spiel mit einem solchen Namen überhaupt einen Reiz haben? Die einfache Antwort lautet: Weil sich der Mensch gerne ärgert. Er quält sich sogar gerne. Wie sonst ist eine Geschichte anders zu verstehen, die in Summe die scheinbare Unfähigkeit des Menschen zum Frieden bezeugt?
Freiheit ist eben erst vor dem Kontrast der Unfreiheit erfahrbar. Es dauerte Jahrhunderte, bis viele beispielsweise religiösen Aberglauben und die damit verbundene Unfreiheit durch mächtige Institutionen wie die römisch-katholische Kirche durchschauten und ablegen konnten. Die Furcht vor einem bedrohlichen Jenseits haben die meisten Menschen endlich weitestgehend überwunden.
Doch offensichtlich erscheint mit jeder errungenen Freiheit ein neues Level oder ein neues Kapitel in der Geschichte unserer moralischen Evolution in Form einer neuen Unfreiheit.
Die Epoche der Aufklärung ermöglichte das gegenwärtige Technologiezeitalter, in dem nicht nur die ganze Welt für grundsätzlich versteh- und erklärbar gilt, sondern auch mehr oder weniger stillschweigend davon ausgegangen wird, dass der Mensch, insbesondere der Wissenschaftler, imstande ist, jede Herausforderung zu lösen.
Diese stille Konvention macht auch die gegenwärtige Krise erst möglich. Wir fühlen uns nicht als eingebundener und integraler Bestandteil einer freundlichen und förderlichen Mitwelt, sondern als ihr gegenübergestellt. Die Welt ist kein Oikos, keine Heimat mehr, sondern sie erscheint uns gefährlich. Wir müssen unsere Existenz deshalb sichern und verteidigen. Die Krise folgt dem Duktus: der Mensch gegen den Rest der Welt.
Der Mensch befindet sich in einem ständigen Kampf, weil alles zur Bedrohung geworden ist. Nicht mehr der Teufel mit seinen Versuchungen bedroht uns; der Teufel sitzt in neuem Gewand überall. Wir befinden uns ständig im Kampf — zumindest mit Worten — gegen den Hunger, gegen den Klimawandel, gegen die Sonneneinstrahlung, gegen die Armut, gegen die Ausbeutung, gegen die Arbeitslosigkeit und gegen Viren. Politischer Diskurs ist deshalb immer auch Kampfrhetorik.
Natürlich, es ist ein Kampf für das Gute, das Richtige, für die Gesundheit, für die Gerechtigkeit. Doch im Kampf ist wenig Platz für Freiheit. Aber auch für die müssen wir kämpfen! Ist Freiheit also eine Utopie?
Bedrohte Freiheit
Ich habe den Eindruck, dass die Menschheit in ihrer Geschichte immer wieder ein paar Ehrenrunden dreht, derzeit auch wir. Gut, wir haben philosophisch gründlich aufgearbeitet, was Freiheit überhaupt ist, und wir haben sie in unseren Verfassungen wortgewichtig verankert. Doch noch immer scheint eine tiefe, unbewusste Grundangst im Menschen vorhanden zu sein, die Angst vor einer übermächtigen und unberechenbaren Natur in und um uns. Der große Philosoph Friedrich Schelling schrieb:
„Die Welt ist gebändigtes Chaos, und alles Seiende existiert über einem gefährlichen Abgrund“ (1).
Dieser Abgrund könnte auch als Symbol aller unserer archaischen Ängste verstanden werden, die heute in der technisierten Welt, die für alles eine Erklärung parat hat, keinen Platz mehr haben. Wir haben kollektiv mit dem Aberglauben auch den Glauben an das aufgegeben, was uns Halt in der eigenen Existenz gibt. Nun bedroht uns die Existenz selbst.
Diese Bedrohung gilt es zu „bändigen“, unsere Freiheit ist eben nicht sicher. Wo Kontrolle ist, ist Kampf nicht weit. Und der Kampf ist inzwischen eine innere Haltung geworden; er findet dank Projektionen auch genügend Objekte im Außen.
Doch für echte Freiheit, die eben kein Privileg, sondern eine Eigenschaft ist, braucht es ein Vertrauen, wie ich es in dem Artikel „Angstfrei“ (2) beschrieben habe.
Wollen wir den Begriff der Freiheit als Wert erfassen, kommen wir nicht umhin, ihn auf eine greifbare Ebene zu reduzieren und ihn zu konkretisieren.
Was vor einigen hundert Jahren noch die überschaubare Sphäre des eigenen Kulturkreises war, ist heute gefühlt die ganze Welt. Der Blick durch das digitale Fenster wurde immer globalisierter, und damit finde ich mich in meiner Freiheit kaum mehr in einem Bezug zum realen Leben wieder.
Aber genau dort, in meinem Real-Lebensbezug, bin ich frei und handlungsfähig. Werden wir also konkret.
Freiheit konkret
Wir wissen, dass wir kaum aus den Erfahrungen anderer lernen. Aber genau dieses Wissen sollte unseren Blick schärfen: auf das, was die Mainstream-Medien uns als „Realität“ vermitteln, auf unsere Reaktion darauf, auf all das, was „alternativlos“ sein soll. Wo könnten wir als Menschheit stehen, wenn wir wirklich alle Erfahrungen integriert hätten? Was für eine Welt hätten wir erschaffen, hätten wir alle Lektionen der Geschichte gelernt?
Wahrscheinlich eine freie Welt. Eine Freiheit aus einer Ordnung heraus, die uns nicht bestimmt, sondern uns dient, weil wir nur Ordnungen etablieren würden, die als synergetische Systeme miteinander und mit den natürlichen Systemen kooperieren.
Wir lebten in einer Freiheit, in der Autoritäten Diener und nicht Herren wären, weil ihre Wahrheiten immer nur vorübergehend sein können und erst die Zeit ihre Validität zeigen würde.
Leider geben wir zu gerne anderen die Hoheit über unser Leben ab. Die neuen Sakralbauten und ihre Autoritäten sind nicht mehr die Kirchen und Kathedralen, sondern die Wissenszentren, Parlamente und Thinktanks.
Dort werden die Schicksale der Menschheit im Interesse weniger Macht- und Kapitalinhaber geschmiedet und es ist unverzeihlich naiv, davon auszugehen, dass diese Autoritäten das reine Wohlergehen der Menschheit zum Ziel hätten. Das haben sie nie getan, und sie tun es auch heute nicht. Es braucht kein Studium der Geschichte, um das zu erkennen.
Institutionalisierte Freiheit
Wenn im Anfangsstadium einer ausgerufenen und unabsehbaren Pandemie „von oben“ der Begriff einer „neuen Normalität“ für die Zeit nach der Pandemie platziert wird, darf man sicher sein, dass er bereits mit Inhalt gefüllt ist.
Ist es Freiheit, die Dinge vorwegzunehmen, nein, sie vorwegnehmen zu lassen? Es ist ja nicht so, dass daraus ein Hehl gemacht würde: „Wir werden nie zur alten Normalität zurückkehren können“, sagte der Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF).
Dort, in Davos, trifft sich die Polit- und Finanzelite sowie CEO‘s der größten Konzerne der Welt weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um die Freiheiten der Zukunft zu formulieren. Man sympathisiert offen mit dem chinesischen Modell einer technokratischen Überwachung der Bürger weltweit, man investiert gewaltige Summen in die transhumanistische Forschung und zeichnet unverhohlen Visionen einer Gesellschaft, in der „du in zehn Jahren nichts besitzen wirst und dich darüber freuen wirst“ (3).
Die Epoch Times schreibt dazu: „Im Zuge des ‚Great Reset“ will das Weltwirtschaftsforum, nach Angaben seines Gründers Klaus Schwab, die „vierte industrielle Revolution“ einleiten und „die Welt in einen besseren Zustand versetzen“. Es soll eine digitale Identität, die sogenannte ID2020, und das darauf aufbauende „Internet der Dinge” eingeführt werden. Hinzukommen sollen globale Impfungen gegen COVID und „das digitale Geld der Zentralbank“(4). Ist das die Freiheit, die dem Menschen gemäß ist, eine Freiheit, die einer natürlichen Entwicklung folgt? Oder eine Freiheit, die den Werten einer globalisierten Welt im Interesse der Wirtschaft entspricht?
Nebenbei gesagt, kümmert sich dieses — in keiner Weise demokratische „Forum“ — auch gründlich um die Nachwuchskräfte in Wirtschaft und Politik gleichermaßen. Das „Forum of Young Global Leaders“, Bestandteil des WEF, bildet seit Jahrzehnten den entsprechenden Nachwuchs selbst aus. Inzwischen sitzen Hunderte dieser „Young Leaders“ in den Aufsichtsräten der großen Konzerne und Banken gleichermaßen wie in den Parlamenten, darunter finden sich prominente Namen wie Boris Johnson, Nicolas Sarkozy, Annalena Baerbock, Jens Spahn, Mark Zuckerberg, José Manuel Barroso, Emmanuel Macron. Sponsoren dieser Organisation, die ihrem Selbstverständnis nach nur höchst ehrbare Ziele verfolgt, sind unter anderem die Bill und Melinda Gates Stiftung, JP Morgan Chase und Google.
Es existiert unleugbar eine konzentrierte Macht- und Interessensbündelung, welche Medien, Konzerne und Politik „penetriert haben“ — O-Ton Klaus Schwab (5), — und die ganze Bevölkerungen zum Objekt macht. Zu verrückt, um wahr zu sein? Nein. Aber das ist nur die Spitze des Zucker-, ähm, Eisbergs, und es liegt natürlich in der Freiheit des Einzelnen, diesen Eisberg zum Zwecke seiner Meinungsbildung selbst zu erforschen. Und es darf gefragt werden, ob es vernünftig ist, den Darstellungen und Prognosen solcher Organisationen zu folgen und in ihnen die Heilskonzepte für die Probleme der Welt zu sehen.
Auch dazu braucht es eben die Freiheit, Dinge hinterfragen zu dürfen, ohne mit seiner daraus gebildeten Meinung stigmatisiert zu werden. Du hast dir deine Meinung gebildet? Du bist frei, dies gewissenhaft und kritisch zu tun, bist frei, den genutzten Quellen genau in dem Maße zu vertrauen, in welchem sie sich in der Vergangenheit als würdig erwiesen haben. Und nun habe ich eine andere Meinung: Achtest du sie wirklich respektvoll oder tolerierst du sie nur? Sind wir noch auf Augenhöhe? Falls nicht, gestehst du mir nicht dasselbe Recht zu wie dir selbst.
In einer freien Welt gibt es keinen Absolutismus. Erst dann können mögliche Fehler überhaupt frühzeitig erkannt werden, erst dann ist echter Pluralismus möglich, erst dann bin ich nicht mehr vergangenen Entscheidungen verpflichtet.
In dieser Freiheit verpflichte ich mich selbst dazu, eine Haltung einzunehmen, nicht eine Haltung zu übernehmen.
Freiheit mit beschränkter Reichweite
Es ist auch naiv zu denken, die Geschichte wäre ein fortdauernder und aufeinander aufbauender Lernprozess. Wir wiederholen die gleichen Fehler und wollen es nicht bemerken, weil sie doch so anders verkleidet sind. Dahinter stecken aber auch die Angst und das Gefühl des Bedrohtseins. Wir verengen gerade unseren Blick auf die Welt auf eine schmale verordnete „Wahrheit“, wir erleben, dass unter gewaltigem Aufwand Menschen mit abweichender Meinung stigmatisiert werden. Diese Wahrheit scheint sehr empfindlich für Kritik zu sein. „Wahrheit ist eine spottfeste Angelegenheit“, schreibt Peter Sloterdijk (6).
Spottfest ist unsere gegenwärtige „Wahrheit“ nicht, im Gegenteil: Braucht eine freie Welt bezahlte „Faktenchecker“? Braucht sie Begriffe, die von vornherein eine bestimmte Meinung abwerten? Braucht sie Zensur? Braucht sie eine Aufklärung, die nur ein Richtig kennt? Genau das ist gerade Realität. Ist der freie Bürger denn auch ein mündiger Bürger?
Ein großer Teil dessen, was vor noch einem Jahr als „Verschwörung“ abgetan wurde, ist inzwischen Wirklichkeit geworden. Dennoch wird alles, was nicht zur „Wahrheit“ des Mainstreams passt, verunglimpft, verallgemeinert, falsch kontextuiert und die Quellen werden denunziert. All diejenigen Techniken, die ich aus totalitären Sektenstrukturen kenne, finde ich inzwischen in unserer „Normalität“ (7).
Und damit sind wir bei einer der subtilsten Formen politisch-mentaler Beeinflussung angekommen: Es herrscht die Verpflichtung zur Konformität. Jede Abweichung davon gilt als gefährlich und unsozial. Es wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass jeder alle Maßnahmen unterstützt und eigene Bedenken beiseite schiebt. Die medial vermittelte scheinbare Einigkeit gegenwärtiger Strategien in Fragen der Pandemiebekämpfung definiert auch, wie Solidarität auszusehen hat.
Wir haben nicht mehr die Freiheit, nicht reagieren zu müssen. Wir müssen mitgehen. Sonst haben wir keinen uneingeschränkten Zugang mehr zum öffentlichen Leben. Der Gleichschritt lässt die persönliche Überzeugung Makulatur werden. Wer nicht freiwillig kooperiert, verliert seine Freiheiten. Mehr noch: Er wird zum Schuldigen, er trägt die Verantwortung, dass die Probleme überhaupt existieren. Wir müssen glauben, was als wahrer Weg zur (Er-)Lösung proklamiert wird. Auch das kennen wir aus dunklen Epochen der Geschichte.
Führt der Weg zur Freiheit über die Unfreiheit, über den Gehorsam? Finden wir ein Beispiel in der Geschichte, dass das schon einmal funktioniert hat?
Wahrheit entsteht zwangsläufig erst aus Freiheit: der Freiheit, bestehende Konventionen infrage zu stellen, aus der Gleichberechtigung abweichender Meinungen und aus der Geduld, die Zeit für die Wahrheit arbeiten zu lassen, sowie dem Willen zu echter Menschlichkeit. Sind diese Werte überhaupt mit den oben angerissenen Interessensbündelungen zu vereinbaren? Können wir sie derzeit in den politischen Strömungen erkennen?
Noch einmal Peter Sloterdijk:
„Wer die Wahrheit will, muss (…) Verhältnisse schaffen, in denen jedes Geständnis möglich wird. Erst wenn wir für alles Verständnis haben, alles gelten lassen, alles ins Jenseits von Gut und Böse stellen und letztlich alles so ansehen, dass nichts Menschliches uns fremd ist, nur dann wird diese Ethik des Seins möglich, weil sie die Verfeindungen (…) beendet“ (8).
Ich bin sicher, dass er damit Recht hat. Harmonie und Frieden entstehen eben nicht daraus, unliebsame Teile abzuspalten, sondern sie zu inkludieren.
Der Kampf ist immer gegen Inklusion gerichtet. Das Feindbild wird gemacht, und es ist nie so bedrohlich, wie es jene darstellen, die ein Interesse an seiner Bekämpfung haben. Aber hinter der Niederlage wartet nicht die Freiheit, sondern eine gewaltsam reduzierte Wirklichkeit, die sich nur schwer von der Zwangsjacke ihrer Ideologie befreien können wird.
In einer Welt, die Freiheit nur im Sinne von „Freiheit von“ kennt, hat eine „Freiheit zu“ keinen Raum, weil der Kampf gegen das Abzuwehrende die Ideologie bestimmt — eine Ideologie, die notwendigerweise immer die Wirklichkeit und die Freiheit einsperren muss.
Quellen und Anmerkungen:
(1) F.W.J. Schelling: über das Wesen der menschlichen Freiheit. Reclam, 2017
(2) https://www.rubikon.news/artikel/angstfrei
(3) Klaus Schwab im WEF am 26. Oktober 2020, aufgerufen auf der Twitterseite des WEF
(4) Epoch Times Online, am 4. März 2021
(5) https://theparadise.ng/world-economic-forums-young-global-leaders-revealed/
(6) Peter Sloterdijk: Kritik der zynischen Vernunft, Bd. 2, S. 527
(7) Siehe bitte dazu auch meinen Artikel „Die Sekte namens System“, erstmals erschienen in der Zeitschrift „Raum&Zeit“ Ausgabe 229, abrufbar auch hier: https://ausstiegsberatung.com/2021/03/13/die-sekte-namens-system/
(8) ebd. S. 554
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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Dieser Beitrag erschien zuerst am 31. März 2022 im Rubikon – Magazin für die kritische Masse.
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Bildquelle: Gts / shutterstock
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Sehr geehrter Herr Zeller,
wenn Sie wirklich aus der Philosophie etwas über Freiheit erfahren wollen, dann sollten Sie Kant lesen, aber nicht Schelling. Sehr hilfreich wäre auch ein Auseinandersetzung mit dem Taoismus.
Freiheit ist lediglich ein abstrakter Begriff und eine Entität des menschlichen Erkenntnisvermögens . Freiheit ist streng genommen nicht einmal eine Entität, weil weil sie nur eine Negation von allem Vorhandenen und damit selbst nicht vorhanden ist, in diesem Sinn kann Freiheit als negativer Seinsbegriff bezeichnet werden.
Freiheit kann nur deshalb zu einem Ideal und damit zu einem Wert werden, weil sie als Handlungsfreiheit aufgefaßt wird und das Handeln für Menschen wertvoll ist. Die Freiheit als Handlungsfreiheit ist damit gleichbedeutend mit der Fähigkeit zum Handeln und somit gleichbedeutend mit Macht. In dieser Bedeutung kann Freiheit nicht absolut sein, weil absolute Freiheit auch absolute Macht bedeutet, und absolute Macht eine Macht über alle Bedingungen ist, und wenn Macht über alle Bedingungen möglich ist, dann können auch alle Bedingungen verändert werden, und wenn alle Bedingungen verändert werden können, dann können auch keine Bedingungen mehr vorhanden sein, auf die sich die Macht richten könnte. Freiheit ergibt also erst im Verhältnis zu den notwendigen Bedingungen überhaupt einen Sinn, ohne Notwendigkeit läßt sich der Begriff der Freiheit nicht einmal denken, so daß die Notwendigkeit immer von der Freiheit abgegrenzt werden muß und damit auch immer im Begriff der Freiheit immer enthalten ist, wenn zu einer Vorstellung von Freiheit gelangt werden soll. Freiheit und Notwendigkeit schließen sich zwar gegenseitig aus, aber sie bedingen einander auch und sind deshalb immanent (oder inhärent, wie man's nimmt). Insofern ist es nicht ganz falsch, wenn Sie sagen: "Freiheit ist eben erst vor dem Kontrast der Unfreiheit erfahrbar.", nur ist das eben nicht besonders scharf gedacht und damit auch nicht wirklich klar erkannt.
Freiheit ist also nicht nur ein abstrakter, sondern auch ein relativer Begriff. Freiheit kann nicht absolut sein, weil absolute Freiheit die Freiheit von absolut allem bedeutet, und damit auch bedeutet, frei von Raum und Zeit zu sein, und wenn Freiheit von Raum und Zeit besteht, dann ist nichts mehr gegeben, worauf sich Freiheit noch beziehen könnte, so daß absolute Freiheit nur im absoluten Nichts bestehen kann. Damit gelangt man zu der Erkenntnis: Nichts ist absolut, oder umgekehrt anders ausgedrückt: Alles ist relativ.
Wenn Sie diese Erkenntnis erst einmal gemacht haben, dann werden sich aus ihr für Ihr Denken sprichwörtlich und vielleicht sogar wortwörtlich wahre Wunder ergeben und Sie werden die Welt mit anderen Augen sehen, und dann wird es Ihnen auch nach und nach gelingen, die Zusammenhänge der Welt zu erkennen und sie wie Mosaiksteine in das richtige Bild zu setzen.
Also, lesen und verstehen Sie Kant, lernen Sie zu verstehen, was transzendentale Logik und das TAO bedeuten.
Sie sind auf dem richtigen Weg.
Freundliche Grüße
(Wenn ich noch einen Ratschlag geben darf: Verwenden Sie möglichst nie "Unworte", also Wörter, die mit dem Präfix "un-" beginnen. Das ist sicherlich nicht leicht, weil es in der deutschen Sprache von "Unwörtern" förmlich nur so wimmelt und es wirklich sehr mühsam sein kann, für ein Unwort einen anderen passenden Begriff zu finden und der Verzicht auf Unworte die Gestaltung der Syntax und Grammatik häufig sehr umständlich macht, aber es lohnt sich nicht nur aus stilistischen Gründen, sich diese Mühe zu machen, es ist auch sehr hilfreich für die Erfassung der Entitäten beim Umgang mit der Sprache und kann dadurch nicht selten zu Erkenntnisgewinn verhelfen.)
Auf in den Kampf!
Bin so frei…
Der Standpunkt: "der ganze politische Kram geht uns nichts an" – inwieweit ist der zutreffend? Kann es sein, daß gerade der ansolut kontraproduktiv, ja lähmen für jede politische Veränderung ist?
Ich muß wieder einen eher kleinen Mann, von vor mehr als 100 Jahren zitieren: "politisches Wissen, gehört zur Klugheit eines Volkes", Lenin.
Wen Politik nichts angeht, macht um den, die Politik einen Bogen? Wird er von den politischen Entscheidungen nicht betroffen?
Das wäre ja ganz einfach! Mich interessiert Politik nicht, also brauche ich keine Maske zu tragen , es gibt für mich auch keinen Krieg…. ich habe immer meine Arbeit und meine Kinder eine hervorragende Schulbildung, natürlich kostenlos, wie auch die Gesundheitsvorsorge kostenlos ist….
Geht so Politik?
Oder ist es gerade die Absicht der Eliten, die Mehrheit aus ALLEN politischen Entscheidungen herrauszuhalten? Könnte also die Eingangs gemachte Bemerkung eher den Eliten in die Hände arbeiten?
Es geht nicht, sich herauszuholen! Wichtigste Arbeit ist es gerade, viele Menschen von politischer Arbeit zu überzeugen, sie einzubeziehen und ihnen dabei so viel als möglich politisches Wissen an die Hand zu geben.
Marx, Engels und auch Lenin, haben, was gesellschaftliche Zusammenhänge betrifft, hervorragendes geleistet. Ihnen ist es zu verdanken, dass diese Zusammenhänge einer breiten Masse zugänglich wurde. ALLE Erkenntnisse treffen hier und heute immer noch absolut zu. Damit will ich keinesfalls diese Leute als unfehlbar hinstellen. Insbesondere Lenin hat einen riesengroßen Fehler gemacht, indem er nach dem Sieg der Oktoberrevolution, keine Proletarische Internationale mehr ins Leben rief, sondern eine Kommunistische. Es sind aber nicht die Kommunisten, die die Welt verändern können, sondern nach Marx bleiben das das Proletariat – statt dessen haben sich Kommunisten ab dieser Zeit zu wichtig genommen und in ihrer Eitelkeit Marx, Engels und auch Lenin verraten, haben deren Erkenntnisse verletzt und sich eigene Theorien erstellt und wollten, dass sich die Praxis nach ihnen richtet! Die Praxis ist aber immer die Messlatte der Theorie, richtet sich nicht nach ihr, sondern nimmt Verletzungen einer praxisorientierten Theorie sehr krumm, letztlich, indem es dieses falsche System zugrunde gehen ließ.
Leider sträuben sich immer noch viele "Kommunisten" diese Erkenntnis wahrzunehmen, sitzen statt dessen in der Ecke und Schmallenberg, wodurch es zu einer solchen Macht des Kapitals kommt.
Da wird von "Freiheit" geschwurbelt. Wenn das nicht lustig ist.
"Es könnte dann aber sein, dass diese Leugnung aus einem ganz bestimmten Grund geschieht, nämlich das der Leugnende selber von seinen Eltern seelisch missbraucht wurde und es genau deshalb leugnet, Schmerzvermeidung."
Mit solchen Unterstellungen lässt sich gut Geschäft machen .
Was ist der Schmerz . Hat er eine Funktion und welche ?
Wo ist der natürliche Schmerz und wo der der gesellschaftlich akzeptierte sein, also der Schmerz, den Politik als Schmerz fördert und will um ihn bekämpfen zu können .
Zu: Andreas I.
@ wasserader
"Mit solchen Unterstellungen lässt sich gut Geschäft machen ."
Mit psychologischem Wissen kann man Menschen helfen, der Wahrheit ihrer eigenen Geschichte auf die Spur zu kommen; mehr als ein Angebot kann man aber nicht machen.
"Was ist der Schmerz . Hat er eine Funktion und welche ?"
Wie bei körperlichem Schmerz, er signalisiert, dass etwas falsch / bedrohlich / gefährlich ist und abgestellt / vermieden werden muss.
Psychologen haben den Schmerz seit Jahrzehnten beschrieben, aber viele Leute ziehen es vor, das rundheraus als Quatsch abzutun – oder wie Sie oben, als Unterstellungen wegen Geschäft oder so ähnlich – und dann kommt die Hirnforschung und stellt fest:
Wenn man ein Kind aus der Gruppe ausschließt, dann sind die gleichen Hirngegenden aktiv wie bei körperlichem Schmerz, d.h. es wird im Hirn ganz ähnlich verarbeitet.
Und die ersten Synapsenverbindungen bleiben die bestimmenden, in deren Bahnen alles spätere verläuft. Deshalb ist das die Grundlage für Freiheit oder Manipulierbarkeit und damit Abhängigkeit.
Maaz und Ruppert haben Bücher geschrieben und wurden von KenFM interviewt, etliche Vorträge von Gerald Hüther sind online verfügbar, die Bücher von Alice Miller sind seit Jahrzehnten bekannt … das Wissen ist da und dann liegt es nur noch an jedem Einzelnen selbst, das Wissen zu nutzen oder eben nicht.
Verdrängtes wird reinszeniert, vgl. Alice Miller.
Ist die Mehrheit von ihren Eltern seelisch missbraucht worden, dann wird kollektiv reinszeniert und so entsteht Totalitarismus.
So ähnlich auch zu finden bei Hans Joachim Maaz, Stichwort Normopathische Gesellschaft, oder auch Franz Ruppert. Letzterer hat z.B. sehr schön auf den Punkt gebracht, was Psyche überhaupt ist (ein Werkzeug zur Erfassung der Realität) und das ist die Grundlage allen menschlichen Verhaltens, also ist das auch die Grundlage aller Betrachtungen über den Menschen bzgl. Freiheit o.ä..
"Ist die Mehrheit von ihren Eltern seelisch missbraucht worden, dann wird kollektiv reinszeniert und so entsteht Totalitarismus."
Der Zustand der Gegenwart ist u.a. auf solche Behauptungen zurückzuführen .
Die Schuld und Verantwortung des Individuums (Eltern) ,
dem die hehre Ideologie des zentralistischen Sozialismus entgegengesetzt wird .
Die globalistische Ideologie getragen durch das globale Kapital setzt auf diese totale Kontrolle der Macht, die alternativlos das Gute ist und die Mängel des Individuums reduziert und im Plan des transhumanistischen globalen Projektes beseitigt.
@ wasserader
"Der Zustand der Gegenwart ist u.a. auf solche Behauptungen zurückzuführen."
Oder darauf, die Erfahrungen vieler Menschen, die von ihren Eltern seelisch missbraucht wurden, als "Behauptungen" abzutun.
Es könnte dann aber sein, dass diese Leugnung aus einem ganz bestimmten Grund geschieht, nämlich das der Leugnende selber von seinen Eltern seelisch missbraucht wurde und es genau deshalb leugnet, Schmerzvermeidung.
"Die Schuld und Verantwortung des Individuums (Eltern) ,"
Schuld ist eine Kategorie, die da eher hinderlich ist, Verantwortung ist m.E. der zutreffende Begriff, ja Eltern haben Verantwortung dafür, was sie mit ihren Kindern machen.
"dem die hehre Ideologie des zentralistischen Sozialismus entgegengesetzt wird ."
???
Diese und alle anderen Ideologien zeichnen sich ja gerade dadurch aus, das Wesen des Menschen – also was man heute Psychologie nennt – zu ignorieren und genau weil die Ideologien das Wesentliche ignorieren, scheitern sie alle.