Ein Kommentar von Dirk C. Fleck.
Das Leben ist eine einzige Hängepartie, die letztlich durch Materialermüdung zu unseren Ungunsten entschieden wird. Aber es ist nicht allein der fassbare Körper, der sich irgendwann erschöpft, es ist auch das begrenzte Fassungsvermögen unseres Emotionalkörpers, das durch negative Sinneseindrücke permanent überflutet wird und schließlich zu einer mentalen Befindlichkeit führt, die kaum zu ertragen ist – bis der seidene Faden, der uns noch ans Leben bindet, endgültig reißt. Gelegentlich weit vor der Zeit, die unser Body noch in petto hat.
Der von mir sehr verehrte englische Autor Martin Amis (“Gierig”, “Pfeil der Zeit”, “Die schwarze Witwe“) fasste seine Eindrücke in einer niederschmetternden Bilanz folgendermaßen zusammen: “Wir dünnen alle aus – wir alle schwinden, schrumpfen, verblassen. Leben ist ein riesiges Verlieren. Wir alle verlieren, verlieren die Mutter, den Vater, die Jugend, die Haare, die Zähne, die Freunde, die Liebhaber, die Form, den Verstand, das Leben. Wir alle verlieren, verlieren, verlieren. Weg mit dem Leben. Es ist zu schwer, zu schwierig. Wir können es einfach nicht, Lasst uns was anderes versuchen. Aber legen wir das Leben ad acta. Machen wir Feierabend damit. Es ist zu verflucht hart, wir können es einfach nicht.”
Starker Tobak, Martin. Derartige Gedanken nimmt man nicht gerne zur Kenntnis. Und dennoch sitzen sie als Ahnung, als bitterer Beigeschmack der eigenen Biographie in den Seelen der meisten Menschen. Zumindest bei uns, in der sogenannten „ersten Welt“. Die simple Tatsache, dass wir endlich sind, wird hier nicht etwa als Chance begriffen, den uns verliehenen Augenblick zu lieben und zu leben, sondern dient dazu, sich ausschließlich mit „Erdarbeiten“ zu beschäftigen. Wir errichten einen Wall aus Illusionen um die Wahrheit der eigenen Endlichkeit, hinter dem wir dann in Angst verharren. Als amorphe ängstliche Verfügungsmasse, die keinen Sinn mehr für die Schweinereien entwickelt, die ihr unverblümt zugefügt werden. Die eine Lüge nach der anderen schluckt, wie Glückspillen, die nie erprobt wurden. Wir begreifen Gesundheit als Leistung der pharmazeutischen Industrie, wir verstehen soziale Sicherheit als etwas, was Polizei und Justiz herstellen. So ist es auf fast allen Gebieten: wir glauben ausschließlich an ordnungspolitische oder technische Lösungen.
Aber hier soll heute einmal nicht von der Pandemie die Rede sein, der bis April nächsten Jahres alle Ungeimpften zum Opfer fallen werden, wie der Heiner am lauteren Bach in einer Talkshow verkündete, um das Feuer der Angst wieder zum lodern zu bringen. Hier wird lediglich die Frage gestellt, warum wir uns so schwer tun, uns täglich für fünf Minuten auf unseren Atem zu konzentrieren. Schließlich ist es der Atem, der uns am Leben hält. Reißt er, dann ist es vorbei. Falls wir lernen würden, bewusster zu atmen, käme all das in unser Leben zurück, was wir im Rattenrennen der Leistungsgesellschaft haben opfern müssen: Respekt und Demut.
Ein weiterer Vorschlag, den ich, so ich denn König von Deutschland wäre, jedem meiner Mitbürger dringend empfehlen würde, ist die Spiegel-Ignoranz. Damit meine ich nicht das Druckerzeugnis, das auch, ich meine die wirklichen Spiegel, die überall aushängen, in der eigenen Wohnung wie auch draußen. Stellen Sie sich vor, wir würden uns selbst dazu verpflichten, eine Woche pro Monat jeden Blick in den Spiegel zu meiden und uns somit kein Bild von uns selbst zu machen. Wie die Tiere, ja. Ohne unser Spiegelbild würden wir uns völlig neu sehen. Die Eitelkeit fiele von uns ab, wir würden uns unserem wahren Wesen wieder annähern. Wie erholsam. Und was wir dann dermaßen befreit an positiver Energie in die Gesellschaft tragen, würde sie liebens- und lebenswerter machen, garantiert. Aber ich bin nun mal nicht der König von Deutschland, dessen Wort Gewicht hätte …
Waschen wir uns den Schmutz von der Seele, den wir in dieser ruhig gestellten Gemeinschaft angesammelt haben. Machen wir uns immer wieder klar, dass wir auf der Erde nur zu Gast sind, dass es Millionen von Parallelwelten auf diesem Globus gibt, sowohl in der Tier- als auch in der Pflanzenwelt. Und dass jede dieser Welten in einem eigenen Gefühlskosmos lebt und mit einem ureigenen Kommunikationssystem ausgestattet ist. Öffnen wir unsere Herzen für das Mysterium der Schöpfung, dem wir auf kurze Zeit beiwohnen dürfen und von dem die Betreiber des seelenlosen Killer-Systems nicht die geringste Ahnung haben. Verschwenden wir unsere Energien nicht in einem aussichtslosen Kampf gegen sie, in dem die Gewalt die einzige Option zu sein scheint. Auf diese Weise werden wir nie gewinnen. Arbeiten wir an uns selbst, seien wir uns wichtig, jeder für sich, und sehen wir zu, dass wir die Personen in unserem unmittelbaren Umfeld aus ihrer Bewusstlosigkeit reißen. Machen wir sie vertraut mit sensiblen, mitfühlenden Menschen. Das ist die einzige Chance, die Gesellschaft von Grund auf zu verändern. Eine andere haben wir nicht.
Diese Einsicht scheint sich bei immer mehr Menschen durchzusetzen. Eines der eindrucksvollsten Appelle für einen entsprechenden Bewusstseinswandel hat der französische Schriftsteller, Landwirt und Umweltschützer Piere Rabhi formuliert. Sein MANIFEST FÜR MENSCH UND ERDE plädiert für einen Aufstand des Gewissens, das sich angesichts des schändlichen Umgangs mit der Schöpfung, den die globale Zivilgesellschaft unter der Knute weniger ausschließlich am Profit interessierter Konzerne pflegt, in vielen von uns zu regen beginnt. „Piere Rabhi,“ so heißt es im Vorwort, „begreift das Leben auf Erden als einen unverhofften Schatz. Er fühlt sich in jeder Sekunde an das Dasein gebunden, an alles was ist, an alles was vibriert, pocht und sich stetig verändert. Doch obwohl er das Leben als Glück begreift, so zeigt er sich inzwischen tief besorgt, dass der Lebensfaden reißen könnte.“
Er wird vermutlich reißen, weil in dieser Gesellschaft Worte wie Solidarität, Mitgefühl und Zivilcourage ihre Bedeutung verloren haben, was von den meisten unter uns nicht einmal mehr als Verlust empfunden wird. Falls dies bei dem einen oder anderen doch ein Gefühl des Verlustes bewirkt, landen diese Kandidaten früher oder später in der Welt der Ausgestoßenen, wo ein täglicher Schmerzcocktail aus Entsetzen, Einsamkeit und Tieftrauer verabreicht wird. Schwer auszuhalten. Nicht wenige kehren zurück in die Matrix, wo sie als verdienstvolle Invaliden des Lebens wieder in Unwissenheit verharren. Zusammen mit der milliardenfachen Schar der …. wie drücke ich es aus, der Manipulierten, der in die Irre geleiteten.
Dieser Schritt zurück ist fatal, weil er die Tatsache ignoriert, dass wir uns in einer Epoche des Wandels befinden, wie sie die Welt bisher noch nicht erlebt hat.
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Dirk C. Fleck ist ein deutscher Journalist und Buchautor. Er wurde zweimal mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis ausgezeichnet. Sein Roman “Go! Die Ökodiktatur” ist eine beklemmend dystoptische Zukunftsvision.
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: fran_kie / shutterstock.com
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Das Leben als "unverhofftes Glueck": genau das sagt in 2 Worten alles, was Leben ausmacht.
1. Was Leben ist. Deines, meines, der Fichte mit und ohne Holzbock in ihr, jede glueckliche Minute, der Muecke Lust bis Deine Hand sie platt macht.
2. Es ist unverhofftes Glueck, ins Leben hineingefuehlt zu haben, selbst wenn wenn Du den Geburtskanal nicht mehr miterleben konntest.
3. Es ist unverhofftes Glueck, im Wald zu Schwimmen, auf Seen zu klettern, die Nacht blitzen, die Sonne dunkeln zu sehen.
4. Es ist unverhofftes Glueck, verschrumpelt, gebeugt, geschwaecht, aengstlich, elend zu sein, denn dann weisst Du auch, was Strotzen ist, gespannt, stark, tollkuehn, souveraen.
5. Es wird, die Chancen stehen gut, unverhofftes Glueck sein, das eigene Sterben durchleben zu duerfen. Einmalig. Es wird gut gewesen sein, ganz unverhofft.
Danke, Herr Fleck, fuer Ihre sehr guten Worte.
Danke für die heilenden Worte, hochgeschätzter Herr Fleck. Es freut mich besonders, sie nach kurzem Taucher wieder so positiv und tief weise lesen zu können.
Ähnlich bereichert fühlte ich mich grad gestern bei diesem wunderbaren Video, das ich empfehle:
https://www.youtube.com/watch?v=iN6GTMF6S0M
Jetzt, wo es dunkel wird, müssen wir wieder Engel sein. Sie machen es vor, Herr Fleck!
Hare Krishna, euer Chaukee
Was mir spontan als Randbemerkung dazu einfällt… "warum wir uns so schwer tun, uns täglich für fünf Minuten auf unseren Atem zu konzentrieren. ". Nun ja, der Atem will einfach nicht so richtig durch die FFP2-Maske hindurchgehen.
Und: "uns selbst dazu verpflichten, eine Woche pro Monat jeden Blick in den Spiegel zu meiden und uns somit kein Bild von uns selbst zu machen." Tun wir das nicht? Haben wir nicht längst alle den oben abgebildeten Magritte'schen Spiegel, in dem wir uns nicht erkennen können? Und sollten wir uns dennoch einmal auch frontal begegnen, dann stellt die Maske sicher, dass wir uns immer noch nicht erkennen können. Und damit wird der Mensch anonymisiert, auf dem besten Weg zum transhumanen Wesen, das keine Individualität mehr kennt, wenn überhaupt davon noch etwas übrig geblieben ist. „Metropolis ist überall“ – „Wir sind Maschinen-Maria“ ist die BILD-Überschrift, die noch fehlt.
Auch wenn man in solchen Zeiten häufig zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist; auch ich lese Ihre Artikel sehr gern! Die sind hier unverzichtbar, zwischen den politische Artikeln referenzieren sie immer wieder auf den menschlichen Alltag, der nun einmal vom Gefühl dominiert wird und nicht von Objektivität. Auch teile ich Ihre Naturverbundenheit.
Danke sehr.
Dirk C. Fleck
Lieber Dirk,
ich habe eben den letzten Absatz und das Schlusswort vermerkt, um es an meine Lieben weiterzuleiten. Ich schreibe dies um dir mitzuteilen: "Schön, dass du da bist – wir brauchen dich, um das hier psychisch überleben zu können".
Axel
Danke für die lieben Worte.
Dirk