Das heißt, es wird versucht, mit Details zu vertuschen, denen man eine falsche Bedeutung gibt.
Ein manipulatives Muster in dieser Dokumentation ist also, mit größtmöglicher Lautstärke herumzuposaunen, dass das Kind trotz Gummistiefeln nasse Füße hat und dass man ja auch nasse Füße bekommen kann, wenn man sich Apfelsaft irgendwie von oben in die Stiefel schüttet. Es wird aber nicht gesagt, dass das Kind seit drei Tagen tot im Brunnen schwimmt.
Ein weiterer manipulativer Aspekt, der dort zum Ausdruck kommt, ist, das Gefühl des Spekulativen und Rätselhaften zu hinterlassen, sinngemäß: „Werden wir dieses große Rätsel jemals lösen können? — Sogar die Experten sind unschlüssig.“ Das ist aber eine ganz falsche Darstellung. Es gibt genug Daten, die die absichtliche Zerstörung der Gebäude belegen. Da ist überhaupt nichts Rätselhaftes dran.
Sie führen an, dass sich eine Folge von synchronisierten Explosionen ereignet hat, durch die die (Stahl)-Stützen der Zwillingstürme in einer regelmäßigen, von oben nach unten fortschreitenden Art und Weise zerstört worden sind. Aufgrund der Zeugenaussagen (4) und der Kamera-Aufzeichnungen, die am 11. September 2001 gemacht wurden, kann man das ja nachvollziehen, oder?
Genau, das kann man. Das ist eine phänomenologische Beschreibung von dem, was man sieht. Wenn man sich also rein qualitativ die Frage beantwortet: Wie sieht’s aus, was scheint der Fall zu sein? Nun, es scheint wohl so zu sein, dass es Explosionen gab, die den Turm zerstören. Das sagen die Zeugen und die Kamera-Aufzeichnungen. Das ist eine sehr wichtige Beobachtung rein deskriptiver Natur, ohne dass ich über eine quantitative Analyse der Abwärtsbewegung spreche oder von einer forensischen Untersuchung der Trümmer und des Staubes. Das NIST ignoriert aber all diese Daten. — Was nicht sein darf, kann auch nicht gewesen sein. Nun, das Ignorieren von empirischen Daten ist natürlich wissenschaftlicher Betrug, nichts weniger.
Die 415 beziehungsweise 417 Meter Höhe der Zwillingstürme sind ja sehr schnell überwunden worden. Sie haben den Einsturz von WTC 1 neu untersucht (5, 6, 7). Wie schnell ist dieser Einsturz erfolgt und was gibt es dazu noch zu sagen?
Die Gesamtdauer des Einsturzes lässt sich nur schwer präzisieren, weil man vor lauter Staub und herumfliegenden Trümmern nicht viel sieht. Das mag irgendwas zwischen 13 bis 15 Sekunden gewesen sein. Interessanter ist die Untersuchung des Einsturzes in seinen einzelnen Abschnitten.
In den ersten drei, vier Sekunden fällt der Oberteil mit etwa zwei Drittel der Erdbeschleunigung. Wenn man das mathematische Einsturzmodell von Zdeněk Bažant benutzt, um den Einsturz zu analysieren, kann man zurückrechnen, dass die Widerstandskraft des Gebäudes am Anfang sehr klein war, weil der Einsturz so verdammt schnell geht.
Bloß ist die Frage: Warum ist die Widerstandkraft des Gebäudes so klein? Die sollte nämlich viel größer sein, denn das folgt auch aus dem Modell. Nur haben das die Leute bisher immer unter den Tisch fallen lassen, weil sie einfach nur das glauben wollen, was ihnen passt, ohne die Dinge nachzurechnen und selbst zu überprüfen.
Das sind recht einfache physikalische Sachverhalte, um die es hier geht, aber die Schere im Kopf verhindert offenbar bei vielen, sich der Dinge so anzunehmen, wie es ein Wissenschaftler oder auch sonst jeder mündige Bürger tun sollte: kritisch und ergebnisoffen.
Eine ganz andere Frage ist, ob das Modell überhaupt angewendet werden kann, denn, so wie es scheint, pulverisiert sich der obere, herabsinkende Gebäudeteil während des Einsturzes selbst, dann kann er gar nicht mehr den darunter stehenden Stumpf des Gebäudes zerstören. Man sieht ab etwa 3,5 Sekunden nach Einsturzbeginn nur noch Staub und weiß nicht, was dahinter ist.
Wenn man aber weiterhin Bažants Modell benutzt, dann kann man durch die Abwärtsbewegung der Einsturzfront, die man noch deutlich länger klar identifizieren kann, zurückrechnen, wie sich die Widerstandskraft im weiteren Einsturzverlauf verhält. Damit kann man dann mathematisch zeigen, dass der Einsturz hätte stoppen müssen. Das ist das Hauptresultat in einer meiner Arbeiten: „The Late Jolt — Re-Examining the World Trade Center Catastrophe“ (5).
Bažants zentrale Aussage, dass der Einsturz unausweichlich war, nachdem er einmal angefangen hatte, ist falsch. Ganz falsch. Aber seine falschen Aussagen werden viel zitiert von den Leuten, die einen feuerverursachten Einsturz sehen wollen.
Von wem zum Beispiel?
Also viel ist hier natürlich sehr relativ, denn wer versucht schon, eine sachliche Diskussion anhand von mathematisch-quantitativen Resultaten zu führen. Aber das gilt zum Beispiel für das NIST selbst, das Bažants zentrales, aber falsches Resultat zitiert, ohne das zu kommentieren beziehungsweise zu korrigieren.
Dann gibt es ein Buch von dem Ingenieur Rayan Mackey, das sich ständig auf Bažant bezieht, aber auch Mackey macht sich nicht die Mühe, die Aussagen zu prüfen. Für Mackey ist Bažant scheinbar so eine Art Heiliger, der immer alles richtig macht.
Dieses Buch hat es nun weit gebracht, denn immerhin zitiert es die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) als Argument gegen das, was sie vermutlich aus intellektueller Ohnmacht Verschwörungstheorien nennt. Der Artikel, den ich da meine, ist einer meiner Lieblingsartikel in den Medien, um schlechten Journalismus zu demonstrieren (8).
Der Verweis auf Mackey kommt in einem Satz vor, der so geht: „Dass es inzwischen eine reichhaltige Literatur gibt, in der über die bekanntesten Argumente der Verschwörungstheoretiker diskutiert wird und diese weitgehend entkräftet werden, verschweigen sie aber.“ Die Worte reichhaltige Literatur sind in dem Artikel verlinkt und führen zu dem Buch von Mackey. Allein an diesem einzigen Satz kann man wirklich viel lernen, meine ich …
… und was meinen Sie, haben Sie da gelernt?
Na ja. In dem Artikel der NZZ stecken einige, teils unterschwellig transportierte Informationen, die ich bemerkenswert finde. So glaubt die NZZ, mit dem Buch von Mackey einen nennenswerten Beitrag reichhaltiger Literatur zu kennen. Das ist peinlich.
Weiterhin meint die NZZ, dass etwas schon entkräftet ist, wenn es weitgehend entkräftet ist. Das ist bei den konkreten Sachfragen, um die es hier geht, logischer Unfug: Entweder ein Argument ist entkräftet oder nicht. Wenn es nur ein einziges stichhaltiges Argument für irgendetwas gibt, dann nützt es nichts, 100 andere Argumente zu entkräften. Deswegen ist die Formulierung weitgehend entkräftet wie vielleicht nur ein bisschen schwanger, also das Eingeständnis, das man die Realität nicht wahrhaben will und sich lieber an seinem Wunschdenken festklammert.
Darüber hinaus benutzt die NZZ das rot-glühende Signalwort Verschwörungstheoretiker. Das ist der Schrei eines kleinen Kindes, das nicht zugeben will, dass es die Hausaufgaben nicht gemacht hat und jetzt nicht versteht, um was es geht.
Auch weiß die NZZ nicht, dass sich Mackeys Buch argumentativ aus Aussagen von Bažant zusammensetzt, und weist nicht auf die Fehler von Bažant hin. Das nennt man neuerdings Fake News.
Und schließlich behauptet die NZZ, jemand, den sie Verschwörungstheoretiker nennt, würde etwas verschweigen. Das ist der Schluss von sich selbst auf andere, denn der Autor des Artikels verschweigt offenbar, dass er sich nicht mit Mackey und Bažant auseinandergesetzt hat, sonst hätte er ja die Fehler bei Bažant gefunden und würde als ehrlicher Journalist natürlich über diese berichten. Aber er hätte als ehrlicher Journalist auch einfach sagen können, dass da eine fachliche Diskussion ist, die offensichtlich wichtig ist, die er aber leider nicht ganz durchdringt, und dass er die wissenschaftliche Gemeinde bittet, sich dieses Themas anzunehmen. Da wäre doch nichts Verwerfliches dran.
Ich verstehe ja auch nicht alles, kann nicht alles erklären, halte Rücksprache mit anderen Wissenschaftlern. Wie soll das auch sonst gehen? Kein Mensch versteht alles, weiß alles. Was der Journalist aber macht, ist den Eindruck zu erwecken, er wüsste bestens Bescheid. Dabei versteht er selbst nicht mal, was die Argumente überhaupt sind, von denen er hofft, sie seien weitgehend entkräftet. In seiner intellektuellen Verzweiflung schreit er dann laut Verschwörungstheorie und hofft, dass deswegen keiner merkt, wie uninformiert er ist.
Jetzt wäre das nicht schlimm, wenn das ein Einzelfall wäre. Aber dieses Muster ist in den Medien und leider auch in gewissen akademischen Kreisen allgegenwärtig, wenn es um den 11. September geht. Wir leben wohl im Zeitalter der Desinformation und Gegenaufklärung.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Schneider Ansgar, Stigmatisierung statt Aufklärung. Das Unwesen des Wortes „Verschwörungstheorie“ und die unerwähnte Wissenschaft des 11. Septembers als Beispiel einer kontrafaktischen Debatte. Erste Auflage 2018, Peace Press, aufzurufen unter: http://www.peace-press.org/#schneider
(2) Kolenda Klaus-Dieter, Politischer Sprengstoff. Neue Erkenntnisse zeigen, dass die Zwillingstürme am 11. September 2001 gesprengt worden sind.- Zeit, die Debatte neu aufzurollen. Rubikon vom 18. April 2019, aufzurufen unter https://www.rubikon.news/artikel/politischer-sprengstoff
(3) Kolenda Klaus-Dieter, Geplanter Zusammenbruch. Am 11. September 2001 sind alle drei Wolkenkratzer des World Trade Centers absichtlich zerstört worden. Rubikon vom 10. Mai 2019, aufzurufen unter: https://www.rubikon.news/artikel/geplanter-zusammenbruch
(4) MacQueen Graeme, 118 Firefighters` Testimony to explosions in the Twin Towers. Journal of 9/11 Studies. August 2006, Volume 2, Page 47- 106
(5) Schneider Ansgar, The late Jolt- Re-Examining the World Trade Center Catastrophe. Englisches Original auf dem E-Print-Server der Cornell University Library 2017; PDF-Fassung aus 2018, aufzurufen unter: https://arxiv.org/abs/1712.06207
(6) Schneider Ansgar, Energy Estimates of Progressive Floor Collapses and the World Trade Center Carastrophe. Englisches Original auf dem E-Print-Server der Cornell University Library 2017; PDF-Fassung aus 2018, aufzurufen unter: https://arxiv.org/abs/1712.06183
(7) Schneider Ansgar, The Crush Down Equation for Non-Constant Velocity Profiles. Englisches Original auf dem E-Print-Server der Cornell University Library 2017; PDF-Fassung von 2018, aufzurufen unter: https://arxiv.org/abs/1712.06188
(8) Speicher Christian, Einladung zur Spekulation über 9/11. Neue Züricher Zeitung vom 16. September 2016. aufzurufen unter: https://www.nzz.ch/wissenschaft/technik/anschlag-auf-das-world-trade-center-einladung-zur-spekulation-ueber-911-ld.116999
Foto: Carlos Gandiaga/Shutterstock
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Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der nachfolgende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!
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Dieser Beitrag erschien am 25.06.2019 bei Rubikon – Magazin für die kritische Masse.
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