In eigener Sache – oder ein Blick hinter die Kulissen
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Immer wieder wird in den klassischen Medien erklärt, “in Deutschland gibt es absolute Meinungsfreiheit”. Dagegen werden die Vorwürfe von Unterdrückung und Verfälschung von Nachrichten durch die marktbeherrschenden Medien immer lauter und zahlreicher. Und das mit eindeutig nachgewiesenen Fällen. Es vergeht praktisch kein Tag, an dem nicht bewiesen wird, wie die wichtigsten Medien Interpretationen statt Inhaltsangaben von Vorfällen abgeben. Aber sind die so genannten “Alternativen Medien” besser? Und wie sieht es mit der finanziellen Seite des alternativen Journalismus aus? Ich möchte heute meine eigene persönliche Erfahrung als Autor mit einer eigenen Meinung beschreiben.
Da gibt es zunächst die Erfahrung mit den “klassischen” (Print)-Medien. Vor vielen Jahren, als das Internet gerade begann, sich zu entwickeln, hatte ich mit denen ein kurzes Techtelmechtel. Dabei erhielt ich aber immer wieder von den Redaktionen klare Änderungswünsche hinsichtlich Bewertung von Fakten, Länge des Beitrags, Schwerpunktlegung auf “Beispiele” oder Zeugenaussagen zur Erhöhung von Emotionalität, dafür Weglassen von Hintergründen und Fakten, usw. Was mir nach kürzester Zeit den Spaß verdarb und ich dann für viele Jahre aufhörte zu schreiben.
Dann, in den Jahren 2016 und 2017, mit dem Ruhestand vor Augen, begann ich Beiträge für Alternative Medien zu verfassen. Das entwickelte sich am Anfang ganz gut. Anders als früher, sah ich es aber nicht als meine Aufgabe an, rein neutral zu berichten, sondern ich empfand die massenmediale Berichterstattung so einseitig, dass ich mich darauf fokussierte, diese Einseitigkeit zu durchbrechen. Aber bald stellte ich fest, dass es “Alternative” gab, die zwar kritisch sind, aber nicht unbedingt systemkritisch, sondern dem Mainstream doch näher als gedacht.
Da gab es zum Beispiel die Internetseite, welche mir nach einigen Ablehnungen offen mitteilten, dass sie mit mir nicht mehr zusammenarbeiten wollte, weil der Redakteur festgestellt hätte, dass ich beim Kopp-Verlag Bücher veröffentlicht hatte. In einem zweiten Fall war die Erklärung eher indirekt. Wieder eine andere Seite wollte einen Artikel nicht veröffentlichen, der sich kritisch mit der Politik Israels auseinandersetzte. “Das will ich nicht riskieren”. Es ging also gar nicht um den Inhalt meiner Beiträge, sondern um die Tatsache, dass ich es gewagt hatte, in einem vom Establishment ausgegrenzten Verlag, Bücher zu veröffentlichen, oder ein Thema anzufassen, vor dem man Angst hatte, etwas “Falsches” dazu zu veröffentlichen.
Deshalb hier ein Wort zur Zusammenarbeit mit dem Kopp-Verlag. Es war der Verlag, welcher mir anbot, zwei Bücher (1) zu veröffentlichen, ohne irgendwelchen Einfluss auf ihren Inhalt zu nehmen, während mir die etablierten Verlage entweder gar nicht geantwortet, oder die Bücher abgelehnt hatten. Die Zusammenarbeit mit dem Lektorat war gut bis sehr gut, und ich fühlte mich in keiner Weise irgendwie in meiner Arbeit beeinflusst oder behindert. Es gibt natürlich im Kopp-Verlag Bücher, für welche ich sicher keine positive Rezension verfassen würde. Aber es gibt auch sehr interessante Bücher. Nicht nur die Neuauflage von “Die einzige Weltmacht” von Zbigniew Brzezinski, ein Buch, das bei der Erstausgabe von führenden deutschen Politikern empfohlen worden war. Nun, veröffentlich in einem “Paria-Verlag” durfte man es natürlich nicht mehr lesen. … Einen Autor und sein Buch alleine deshalb abzulehnen, weil es in einem “gewissen” Verlag erscheint, hat meiner Meinung nach überhaupt nichts mit den Grundprinzipien einer offenen, freien und demokratischen Gesellschaft zu tun. Das passt eher zu autoritären, dogmatischen und/oder faschistoiden Systemen. Sind wir denn schon wieder so weit?
Zurück zu den alternativen Internetseiten. Neben den bereits erwähnten Seiten, welche sich gerne, meinem Eindruck nach, dem politischen Mainstream annähern möchten, gibt es eine Klasse von Seiten, welche eine gesellschaftspolitische Richtung vertreten will. Und dort wurde mir einmal erklärt, dass ein Beitrag, der bereits erschienen war, überarbeitet werden müsse, man hätte ihn wieder vom Netz genommen, weil jemand Anstoß daran genommen hatte. Das mit den Änderungswünschen ging so lange, bis ich begriff, dass man wollte, dass ich den Inhalt verändern sollte, was ich nicht tat, sondern auf die Veröffentlichung verzichtete. Die gleiche Seite wollte dann einen Artikel, den ich angekündigt hatte, nicht veröffentlichen, weil man sich darauf geeinigt hatte, eine darin genannte These nicht zu unterstützen.
Trotzdem arbeite ich weiter mit dieser Seite zusammen. Denn angesichts der eindeutig einem Narrativ folgenden Berichterstattung in den Massenmedien, ist es legitim, eine Gegenposition aufzubauen, und zu versuchen, diese ohne größere Diskussionen medial zu vermitteln. Auch wenn dies nicht meiner persönlichen Meinung entspricht, wie ein solches Medium den Mediennutzer informieren und aufklären sollte.
Nun, dann gibt es noch zwei Medien, die in meinem Rückblick fehlen. Da ist zunächst deutsch.rt.com, also die deutsche Sparte von Russia Today. Dort hatte man einmal einen Artikel abgelehnt, weil man nicht zu aggressiv erscheinen wollte, und befürchtete, dass er als ein “bezahlter Meinungsartikel” erscheinen könnte. Wer die mediale Bekämpfung und Verleumdung des Senders kennt, muss eine solche Entscheidung akzeptieren. Der Artikel erschien dann in einem anderen Medium. Alle anderen Artikel wurden ohne inhaltliche Veränderung (aber nach sorgfältiger Prüfung der Links auf Übereinstimmung mit den Behauptungen im Artikel) oder Einflussnahme auf die darin enthaltenen Fakten und Thesen veröffentlicht.
Und bleibt noch dieser Kanal von KenFM. Was ich hier erlebe ist wirklich einzigartig. Auf keinen Beitrag wurde irgendwie Einfluss genommen, auch wenn er anderen bereits erschienenen Beiträgen widersprach. Insofern realisiert KenFM in einem medialen Mikrokosmos, was ich mir eigentlich von den Massenmedien erwarten würde.
Aber was hat das alles mit Meinungsfreiheit zu tun?
Nun, natürlich gibt es immer ein alternatives Medium, in dem man seine Meinung verbreiten kann. Im Zweifel kann man ja seinen eigenen “Speakers Corner” in Form eines Blogs aufbauen. Insofern stimmt es, dass wir in Deutschland nominell “Meinungsfreiheit” genießen. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit durch die Macht der Massenmedien, und der damit verbundenen Dämonisierung und Verleumdung von Medien, diese Freiheit nicht letztlich wieder eingeschränkt wird. Wer Verlage oder Internetseiten mit der Macht von Milliarden Euro aus erzwungenen Beitragszahlungen für “öffentlich-rechtliche Medien” bekämpft, wer sie als Feind betrachtet, statt als Ergänzung der pluralistischen Meinungsvielfalt in der Gesellschaft, der boykottiert damit auch die Meinungsfreiheit.
Etwas Ähnliches gilt auch für die “privaten” Medien, die in der Hand weniger Konzerne sind, und die sogar nicht dafür zurückschrecken, mit ihrer finanziellen Macht zu versuchen, widerspenstige Blogger mit der juristischen Keule mundtot zu machen (2). Diese Konzerne verfügen über ein anachronistisches Recht. Denn Medien gelten in Deutschland als “Tendenzbetriebe”. Dies schränkt die Rechte der Mitarbeiter ein, und stärkt die Rechte des Eigentümers. Mit anderen Worten, der Eigentümer bestimmt, was geschrieben und gesendet wird. Je weniger unabhängige Medienunternehmen es gibt, desto einseitiger wird natürlich die Berichterstattung. Denn je größer die Unternehmen werden, desto enger sind sie in die Welt der Konzerne und des Finanzwesens eingebunden.
Die Zeit der Entstehung des Journalismus in Deutschland, als mutige Einzelkämpfer mit einer städtischen Zeitung, gegen Korruption und Obrigkeitsstaat anschrieben, ist vorbei. Und damit ist auch der klassische Journalismus gestorben, der auf der Integrität und dem gesellschaftlichen Engagement seiner Protagonisten aufbaute. Aus diesem Grund hat der Status “Tendenzbetrieb”, der einmal solche Unternehmer schützen sollte, sich in sein Gegenteil verwandelt: In eine Waffe zur Verhinderung von Meinungsfreiheit. Und dabei ist der Konformitätsdruck so weit verbreitet, dass Bewerber schon vor der Einstellung wissen, was man von ihnen erwartet. Sie brauchen gar keine schriftlichen Anweisungen mehr, wie zum Beispiel solche, welche Mitarbeiter der Springer Medien verpflichteten, nur positiv über die USA und Israel zu berichten.
Hat ein “Tendenzbetrieb” eine kritische Masse erreicht, schränkt der Status als “Tendenzbetrieb” eindeutig die Pluralität der Meinung ein. Solche meinungsbestimmenden Medien müssten im Gegenteil verpflichtet sein, die pluralistischen Gegebenheiten und Meinungen in der Gesellschaft wieder zu spiegeln.
Die Finanzierung der “Meinungsfreiheit”
Nur die allerwenigsten Journalisten, welche in alternativen Medien veröffentlichen, können wirklich von ihrer Arbeit leben. Obwohl ich mindestens so viel Zeit mit recherchieren, schreiben und veröffentlichen, wie viele festangestellten Journalisten oder Redakteure verbringe, und eigentlich in, für alternative Medien, gut verbreiteten Seiten, und damit auch 8 bis 12 Stunden täglich beschäftigt bin, bringen mir die Texte im Jahr höchstens 2500 bis 6000 Euro an direkten oder Einnahmen aus VG-Wort im Jahr ein. Das Finanzamt erlaubt mir dann großzügig, 25% als pauschale Kosten, abzuziehen, bevor ich die Einnahmen versteuern muss.
Bei Büchern sieht es ähnlich aus. Die bekannten Verlage veröffentlichen nur Bücher von bereits bekannten Persönlichkeiten. Die kleinen Verlage haben keinerlei Möglichkeiten Marketing oder Werbung zu finanzieren, weshalb die Umsätze in der Regel zwar die Kosten der Verlage abdecken, aber für den Autor nur Brotsamen übrig bleiben, die nicht mal die Kosten des Stroms für den Computer abdecken. Nie wird der gesetzliche Mindestlohn erreicht, wenn man den Aufwand mit dem finanziellen Ergebnis vergleicht.
Bücher kaufen, Veranstaltungen besuchen, Reisen, oder Feldforschung ist daher nur möglich, wenn man Mittel aus anderen Einnahmequellen einsetzt.
So lange, wie die Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Medien ausschließlich für diese eingesetzt werden, ist es daher unmöglich, genügend jüngere Journalisten für alternative Medien zu begeistern, denn wer bezahlt ihnen den Lebensunterhalt?
Durch diese Tatsache können “Alternative” nur existieren, wenn sie einen zusätzlichen Hauptberuf haben, der Ihnen genügend Einnahmen verschafft, eine Lebenspartnerschaft, welche die Finanzierung der Familie übernimmt, oder wenn sie, wie ich, nach einem abgeschlossenen erfolgreichen Arbeitsleben oder auf andere Weise finanziell unabhängig sind. Aber genau das verursacht natürlich wieder Einseitigkeiten in der Berichterstattung der “Alternativen”! Jeder der medial arbeitet, tut das aus seiner persönlichen Sicht, welche von der Lebenssituation beherrscht wird. Niemand kann sich davon frei sprechen. Und deshalb fehlt bei den Alternativen die notwendige Zahl von Journalisten, welche die täglichen Nachrichten in alternativer Form aufbereiten.
Fazit
Natürlich kann also jeder seine Meinung sagen. Aber er muss damit rechnen, seinen Job zu verlieren, keine öffentlichen Räume vermietet zu erhalten (wie zum Beispiel, wenn es um Israel und die Veranstaltungen der BDS-Bewegung geht), oder von den Massenmedien verleumdet und boykottiert zu werden, wirtschaftlich zu verelenden, und in die soziale Grundsicherung zu fallen.
Um wirkliche Meinungsfreiheit zu gewährleisten, wären aber mehrere Maßnahmen erforderlich:
- Strikte Trennung von Nachricht und Kommentar. Eigentlich eine Grundforderung an den Journalismus, der aber heutzutage praktisch nicht mehr beachtet wird. Stattdessen erhalten Journalisten Auszeichnungen, die sich klar zugunsten eines “Erziehungsauftrages” äußern.
- Pluralität der Meinungen. Durch eine angemessene Vertretung von Meinungen unterschiedlicher Richtungen der Gesellschaft. Was heute selbst medienübergreifend nicht mehr der Fall ist, wie das Beispiel der Berichterstattung über die Ukraine, Syrien oder den Iran beweist.
- Kontrolle der Medien durch die Gesellschaft. Durch eine Kontrolle der Medien durch die Gesellschaft, welche die Möglichkeit eröffnet, Sanktionen zu verhängen, sollten die vereinbarten Grundsätze missachtet werden ist vielleicht die wichtigste Forderung. Eine Kontrolle der Medien erfolgt nicht einmal im Fall der “öffentlich- rechtlichen” Medien, wie man an der Geschichte von Maren Müller und dem Verein “Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V.” erkennen kann. Und so können “Faktenchecker” einfach behaupten, dass “Fake-News” nur bei den “Alternativen” vorkommen. Und so wird die Medien-Geschichte der Kriege gegen den Irak, Serbien, Libyen, Syrien, oder den Regime-Change 2014 in der Ukraine usw., kurzerhand in ihr Gegenteil verkehrt.
- Trennung von Nachricht und Bezahlung. Durch eine, zumindest teilweise, Trennung von Nachricht und Bezahlung. Das heißt, so lange zum Beispiel der Staat, bzw. von den politischen Parteien kontrollierte Gremien, über die Bezahlung von Journalisten entscheiden, so lange kann es keinen unabhängigen Journalismus geben. Und das ist wohl auch gewollt. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Bundesregierung darüber nachdenkt, Zeitungsverlage wegen der wegbrechenden Einnahmen aus dem Print-Geschäft zu unterstützen (3), statt alternative Journalisten und Medien zugunsten einer pluralistischen Informationspolitik zu unterstützen.
So ist zwar Meinungsfreiheit innerhalb der Seiten von KenFM weitgehend realisiert (wobei es sicher auch hier Fälle geben wird, über die man diskutieren könnte, weil mein Einblick naturgemäß beschränkt ist), nicht aber innerhalb der Mediengesellschaft. Denn seine Meinung sagen zu dürfen, ohne erschossen oder eingesperrt zu werden, bedeutet so wenig, Meinungsfreiheit zu genießen, wie Wahlen automatisch bedeuten, dass ein Staat eine Demokratie ist.
Quellen:
(1) https://www.kopp-verlag.de/a/die-menschenrechtsindustrie-im-humanitaeren-angriffskrieg-3
(2) https://jomenschenfreund.blogspot.com/2017/07/der-stern-fake-news-propaganda-und.html
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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Bildquelle: Photo Kozyr / Shutterstock
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