Von Uli Gellermann.
Den einen, zumeist im alten deutsch-atlantischen Milieu angesiedelt, gilt Donald Trump als unberechenbarer Elefant im diplomatischen Porzellan-Laden. Den anderen, in einer sonderbaren Gegend rund um die AfD, erscheint er als neuer Besen, der ähnlich rigoros kehrt wie sie selbst gern Staub aufwirbeln. Und selbst an Rändern der Friedensbewegung wird er als eine Hoffnung vermutet, weil er immerhin nicht zum alten Clinton-Obama-Klüngel gehört und noch selbst keinen Krieg ausgelöst hat. Mein Großvater, ein krumm gearbeiteter Bergmann, wusste in solchen Fällen guten Rat: „Guck se nich aufen Mund, guck se aufe Finger“. Die Finger von Trump waren gerade mal wieder in Polen zu besichtigen. Dort fand in Warschau – garniert mit Vizepräsident Mike Pence und Aussenminister Mike Pompeo – auf Anregung des Godfathers in Washington eine sogenannte Nah-Ost-Konferenz statt, die besser Konferenz der Willigen hätte heißen sollen: Vertreterinnen und Vertreter aus 60 Ländern waren offenkundig willig, der Anti-Iran-Politik des Waffen-Dealers Trump zu folgen. Zugleich war das Warschauer Treffen Trumps Vorbereitung und Gegengewicht zur Münchner Sicherheitskonferenz: Da durften die Länder der EU tatsächlich auch ein paar eigene Standpunkte vertreten.
Erfrischend klar beschrieb der Chef des israelischen Gottesstaates, Benjamin Netanjahu, das Ziel der Konferenz in einem Video, das sein Büro vorab verbreitete: Er wollte in Warschau “unser gemeinsames Anliegen eines Krieges mit dem Iran” voranbringen. Der angeblich schwer durchschaubare weil unberechenbare Donald Trump hat diese Konferenz zielstrebig vorbereitet: Eingeladen waren vorrangig Kunden der US-Waffenindustrie. Und eingeläutet wurde die Messe der Willigen schon vorher durch die Liquidation des Iran-Atomabkommens und den Ausstieg aus dem INF-Vertrag. Beides Maßnahmen, die heftigen Beifall des militärisch-industriellen Komplexes in den USA ausgelöst haben. Denn beide Kündigungen internationaler Abkommen zur Friedenssicherung sind Schritte, die zum Krieg führen können. Und nichts ist besser für den Waffenumsatz als als ein schöner blutiger Krieg. Schon die Aussicht darauf lässt Aktienkurse steigen.
Doch schon auf dem Weg zum Krieg achtet Trump auf den Profit seines Klientels: Polen und die USA haben ein weiteres Rüstungsgeschäft besiegelt. Warschau kauft US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ “Himars”. Für nur 400 Millionen US-Dollar. Diese prima Gefechtsfeld-Waffe hatte die rumänische Regierung bereits im August 2017 bei der Defense Security Cooperation Agency bestellt und bekommen. Diese Agentur der US-Regierung beschreibt sich selbst so: “Die Aufgabe von DSCA besteht darin, die nationalen Sicherheits- und Außenpolitikinteressen der USA durch den Aufbau der Fähigkeit ausländischer Sicherheitskräfte zur Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen zu fördern. DSCA führt das breitere US-amerikanische Unternehmen für Sicherheitskooperation in seinen Bemühungen, ausländische Partner auszubilden, zu beraten und auszurüsten.” Was mag denn wohl die “gemeinsame Herausforderung” sein, wenn die DSCA gezielt Länder des ehemaligen Warschauer Paktes beliefert und so deren Beitrag zur weiteren militärischen Einkreisung Russlands fördert?
An der Warschauer Konferenz der Willigen nehmen natürlich auch lukrative Kunden wie “Golfmonarchien” genannte Diktaturen sowie auch Ägypten, Jordanien und Marokko teil. Katar besitzt schon länger die großartigen HIMARS-Trägerraketen. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben welche gekauft. Und das saudische Mörder-Regime stand ebenfalls auf der Kundenliste. Aber natürlich sind die Vertreter sunnitischer Länder in Warschau nicht nur zum Waffen-Kauf eingeladen worden. Es geht, wie Benjamin Netanjahu in dankenswerter Weise der Weltöffentlichkeit mitteilte, parallel um die Einkreisung des Irans zum Zweck eines militärischen Überfalls auf das schiitisch geprägte Land, das in scharfer Konkurrenz zum Trump-Darling Saudi-Arabien steht.
An der Warschauer Konferenz nimmt auch der Lehrling vom Lehrling teil: Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Niels Annen. Noch immer hoffen die Außenpolitiker der Bundesrepublik, sie könnten sich durchmogeln: Den Russen mit dürftiger Höflichkeit begegnen und zugleich Trumps erpresserische Forderung nach der Erhöhung des NATO-Beitrags irgendwie nachkommen, die unbedingt zur Einkreisung Russlands gehört. Sicher kann man von den Merkel-Maas-Annen nicht den Mut verlangen, der US-Hegemonialmacht auf die gierigen Finger zu klopfen. Aber wer die Detonation der Trump-Bombe eingrenzen will, der muss sich aus dem Würgegriff der USA lösen.
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Dieser Artikel erschien am 18. Februar 2019 auf dem Blog Rationalgalerie.
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.
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