Tagesdosis 1.2.2019 – Berlin und EU schleimen sich ein bei Trump

Sehnsucht nach starkem Mann aus Washington.

Ein Kommentar von Rainer Rupp.

Nur wenige Tage nach Bekanntwerden, dass Trump sich vergangenes Jahr bei seinen Beratern mehrmals darüber geäußert hatte, aus der NATO aussteigen zu wollen, sah sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen genötigt, am 18. Januar dieses Jahres schnell einen Artikel in der „New York Times“ zu veröffentlichen(1). In dem hat sie versucht, den von ihr als ungehobelt angesehenen Blondschopf im Weißen Haus mit den wenigen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu umgarnen. So schwafelte sie über die abgedroschene Phrase der „gemeinsamen Werte“, warnte vor den gemeinsamen Erbfeinden, vor allem vor dem bösen Russen Putin und der gelben Gefahr in Asien und bedankte sich dann überschwänglich bei den USA und der NATO, die uns die deutsche Einheit beschert haben.

Komisch, wie man sich irren kann. Ich habe immer geglaubt, es wären die Russen gewesen, die die deutsche Einheit ermöglicht haben, als sie sich ohne Zwang und aus freien Stücken aus der DDR und Osteuropa zurückgezogen haben, gegen das hochheilige abgegebene Versprechen der Amerikaner, die NATO nicht nach Osten zu expandieren. Aber wahrscheinlich täuscht mich auch da mein Gedächtnis, denn die NATO und die Amis und auch die deutsche Bundeswehr stehen jetzt mit ihren Panzern an der Grenze Russlands. Naja, irgendwie müssen wir ja unsere liberale Ordnung gegen diese autoritären Bösewichte aus den sibirischen Urwäldern verteidigen.

Wenn unsere Politiker dermaßen unbeschwert bekannte Tatsachen auf den Kopf stellen, wie das Flinten-Uschi mit ihrem einschleimenden Kommentar in der New York Times getan hat, dann werden die Hofschranzen in den Konzern und Regierungsmedien erst recht versuchen, mit ihren eigenen fake news Narrativen die offiziellen Geschichtsfälschungen noch zu übertreffen. Wer unbedingt ein Brechmittel braucht, dem sei die Lektüre der stark emotionalen Liebeserklärung der Dame von den Leichen an die NATO, an die USA und vor allem an Trump zu empfehlen. Das treibt einem die Schamesröte ins Gesicht.

Offensichtlich haben die Berichte über Trumps Gedankenspiele, sich aus der NATO zurückzuziehen, die Bundesregierung ins Mark getroffen. Aber das ist sicherlich nicht der alleinige Grund für die tiefe Verunsicherung, die aus Frau von der Leyens peinlicher Anbiederung Deutschlands an die USA vor den Augen der Welt spricht. Denn die Veröffentlichung des Kommentars ist ganz bestimmt nicht ohne Absprache mit Kanzlerin Merkel und dem SPD-Außenminister Maas geschehen.

Vielmehr dürfte die geliebte, neo-„liberale Ordnung“, die an allen Ecken und Enden zu kollabieren droht, mit zu Frau von der Leyens Anbiederungsschreiben beigetragen haben. Wohin die Bundesregierung auch schaut, sowohl innen- als auch außenpolitisch, überall ist sie mit Problemen konfrontiert, deren Lösung außerhalb ihrer Macht steht, und für die sie selbst innerhalb der Europäischen Union keine willigen und/oder fähigen Partner mehr findet.

Das Zeitalter der hemmungslosen Bereicherung der Wenigen auf dem Rücken der Vielen, eine andere Beschreibung der „liberalen Ordnung“, ist vorbei und stößt überall auf zunehmend militanten Widerstand. Man braucht sich nur die Berichte vom Weltwirtschaftsforum in Davos letzte Wochen anzusehen, um zu verstehen, dass die gleiche tiefe Verunsicherung, die in Berlin herrscht, auch die selbsternannte Weltelite erfasst hat. Die Vampire der „liberalen Ordnung“ haben die Volkswirtschaften und Gesellschaftsstrukturen in den westlichen Ländern an die Wand gefahren, und Alternativen für ein neues System, in dem sie ihren Platz behaupten könnten, sind nicht in Sicht. Vielmehr scheinen in allen Ländern die Malocher und Bauern dabei zu sein, ihre Mistgabeln und Fackeln griffbereit zu stapeln.

In diesen schweren Zeiten sehnen sich somit die „Führer der Europäischen Union“, als die sich Merkel und Macron gerne feiern lassen, nach der bewährten starken Hand der transatlantischen Führungsmacht. Denn in den Augen der EU-„Eliten“ haben nur die USA noch die notwendige Macht- und Skrupellosigkeit,  und somit auch die Autorität, um wieder „Ordnung“ in das Chaos zu bringen. Dafür aber muss Donald Trump geschmeichelt und umworben werden. Die Schleimspuren, die dabei so mancher Top-Politiker hinterlässt, sind nicht nur ekelerregend, sondern auch menschenverachtend und oft hochgefährlich für Leib und Leben vieler Menschen.

In der Absicht, Präsident Trump, ihrem langjährigen und wenig charmantem Kritiker, zu gefallen und ihn milde zu stimmen, hat Bundeskanzlerin Merkel diese Woche bei einer Veranstaltung der „Fulbright Association“ die inzwischen Tausendfach wiederholte Parole herausgegeben: „Deutschland ist in Afghanistan, um auch US-Interessen zu verteidigen“(2). Wunderbar; unsere Kanzlerin scheut sich nicht zu sagen, dass sie tote, verwundete und schwer traumatisierte deutsche Soldaten auf dem Altar amerikanischer Interessen in Afghanistan geopfert hat. Das mag Trump und den Amerikanern zwar gefallen, aber wie wird dieses Eingeständnis bei der deutschen Bevölkerung ankommen, oder bei den Bundeswehrsoldaten, die in diesem Spiel ja die Rolle der leicht zu opfernden Bauern spielen?

Aber die Berliner Ein- und Anschleimerei an Washington zieht noch weitere Kreise und nicht nur Berlin, sondern Paris und London und andere aus der EU machen fleißig dabei mit, Washington einen Treuebeweis nach dem anderen zu liefern. Das fängt an mit Iran, gegen den sich der diplomatische Ton wieder verschärft hat und gegen den wegen abenteuerlicher Terrorismusvorwürfe einige EU-Länder wieder Sanktionen eingeführt haben. Längst haben die EU-Regierungen ihren Plan für eine eigenständige Iran-Politik aufgegeben. Nur um den Gesichtsverlust zu vermeiden, spielt man den Wählern noch Widerstand gegen die Iran Sanktionen Washingtons vor. Die Amerikaner warten nur darauf, europäische Firmen, die mit dem Iran handeln, mit Milliarden-Dollarstrafen zu belegen.

Ein weiteres Stück der Schleimspur der Europäer in Richtung Trump ist deren Hinnahme der hoch gefährlichen US-Kündigung des INF-Vertrags zum Stationierungsverbot landgestützter nuklearer Mittelstrecken-Raketen in Europa. Der Öffentlichkeit, auch der deutschen, klingt immer noch der scharfe, aber leider nur anfängliche Protest der Bundesregierung und anderer Europäer in den Ohren. Als es aber einige Wochen später bei einer UNO- Abstimmung in New York darum ging, eine Resolution zu unterstützen(3) welche den US-Austritt auf dem INF-Vertrag verurteilte, haben die Europäer, einschließlich der Bundesregierung gegen die Resolution gestimmt und damit die Position der USA unterstützt.

Und nicht zuletzt haben wir jetzt das Beispiel des US-inszenierten Putsches in Venezuela, bei dem die USA – ähnlich wie zuvor in der Ukraine – alle von der Europäischen Union ständig mit Pathos deklamierten „Werte“ in den Dreck tritt. Und was machen Deutschland und Frankreich und die EU? Sie schwingen sich voll hinter die USA, sie stellen dem rechtmäßig und demokratisch gewählten Präsidenten Maduro ein Ultimatum, innerhalb von 7 Tagen Neuwahlen zu verkünden oder sie werden die von der Mafia in Washington ausgesuchte Marionette als Präsidenten Venezuelas anerkennen.

Das einzig Erfrischende bei diesem jüngsten US-Regimewechselversuch ist, dass es die Hauptakteure in Washington es nicht einmal mehr für nötig erachten, den Putsch mit einem über Jahre dauernden medialen Trommelfeuer mit Demokratie- und Menschenrechtsphrasen zu rechtfertigen. Ohnehin weiß jeder worum es im Fall Venezuela geht, nämlich um Öl, Öl, und nochmals Öl, denn Venezuela ist das Land mit den bei weitem größten Reserven der Welt. Und geographisch liegt es in einer Region, die von den USA seit über einem Jahrhundert als ihr exklusiver Hinterhof angesehen wird. Vor diesem Hintergrund muss man schon ein ausgemachter Trottel oder deutscher Außenminister sein, wenn man uns erklären will, dass Präsident Maduro jegliche Legitimation fehle, er sei nicht demokratisch gewählt. Genau das hat der hippe Heiko gesagt und dann auch noch unverzügliche Neuwahlen in Venezuela gefordert, wenn nicht, werde Deutschland den von Washington gewählten Putschisten Guaidò als Präsidenten anerkennen.

Da denkt man an den alten Spruch: „Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen will“. Mein einziger Trost: jedes Land verdient die Politiker, die es gewählt hat.

Quellen:

  1. https://www.nytimes.com/2019/01/18/opinion/nato-european-union-america.html
  2. https://www.youtube.com/watch?v=GqYfhDCPvyg
  3. https://de.sputniknews.com/politik/20181230323453450-lawrow-eu-inf-un-resolution/

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