Tagesdosis 18.11.2017 – Soziale Ungleichheit: Die schockierenden Zahlen der Credit Suisse

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Die Schweizer Großbank Credit Suisse hat in dieser Woche zum achten Mal ihren „Global Wealth Report“ („Globalen Wohlstandsbericht“) veröffentlicht. Darin geht es vor allem um die Frage, wie sich die Verteilung des weltweiten Reichtums in den zehn Jahren seit der Krise von 2007 / 2008 verändert hat.

Dem oberflächlichen Leser des Papiers wird der Eindruck vermittelt, die Welt sei auf dem besten Weg in eine strahlende Zukunft: Das globale Vermögen ist in den zurückliegenden zehn Jahren um 27 Prozent und allein in den letzten zwölf Monaten um 6,4 Prozent gestiegen.

Noch besser klingt es, wenn man liest, dass das Durchschnittsvermögen eines Deutschen bei 174.000 Euro, das eines Amerikaners bei $ 388.600 und das eines Schweizers gar bei $ 537.000 liegt. Der Gipfel der guten Nachrichten aber scheint erreicht, wenn man erfährt, dass das weltweite Durchschnittsvermögen eines Erwachsenen mit $ 56.540 ein neues Rekordhoch erreicht hat.

Entscheidend sind die Trends hinter den Statistiken

Wer sich angesichts dieser Zahlen die Augen reibt, tut das allerdings zurecht, denn mit der Wirklichkeit haben die Zahlenspielereien der Credit Suisse wenig zu tun. Doch so irreführend die von Statistikern berechneten Durchschnittswerte sind, so alarmierend sind die Trends, die sich dahinter verbergen: Sie zeigen eine sich immer schneller beschleunigende Konzentration von Vermögenswerten in den Händen von immer weniger Menschen, drastischer ausgedrückt: Eine globale Explosion der sozialen Ungleichheit.

Besaß das reichste Hundertstel auf unserem Planeten 2008 42,6 Prozent des globalen Gesamtvermögens, so ist dieser Anteil inzwischen auf 50,1 Prozent angewachsen. Etwas mehr als die Hälfte des weltweiten Vermögens befindet sich damit in der Hand von nur einem Prozent der Weltbevölkerung, während siebzig Prozent der Weltbevölkerung über gerade einmal 2,7 % des Gesamtvermögens verfügen.

Allein im vergangenen Jahr sind weltweit 2,3 Millionen neue Millionäre hinzugekommen, womit die Anzahl der Millionäre auf dem gesamten Globus jetzt bei 36 Millionen und damit um 170 Prozent höher liegt als im Jahr 2000. Noch größer ist die Zunahme des Reichtums bei den „Ultra High Networth Individuals“ (Ultrareiche mit einem Netto-Vermögen von über $ 50 Millionen): Ihre Zahl ist in derselben Zeit um 500 Prozent angestiegen, allein in Deutschland sind in den vergangenen zwölf Monaten 500 Personen in diesen Kreis aufgestiegen und haben ihn auf 7.200 erweitert.

Die Politik hat den Ultrareichen ermöglicht, die Krise für sich zu nutzen

Hintergrund der rasanten Zunahme der weltweiten Vermögenskonzentration ist die Politik, die nach dem Beinahe-Zusammenbruch des globalen Finanzsystems betrieben wurde. Damals standen zahlreiche Großbanken in aller Welt vor der Zahlungsunfähigkeit. Politiker in aller Welt erklärten sie für „too big to fail“ und retteten sie mit Steuergeldern, deren Löwenanteil die arbeitende Bevölkerung erwirtschaftet hatte.

Da diese größte Vermögensumverteilung von unten nach oben riesige Löcher in die Staatshaushalte riss, wurde die arbeitende Bevölkerung anschließend auch noch zur „Austerität“ verurteilt. Während die Manager geretteter Banken auch nach der Krise noch ihre millionenschweren Boni erhielten, musste die arbeitende Bevölkerung den Gürtel enger schnallen und sich einschränken – in Südeuropa bis hin zum Verzicht auf grundlegende soziale Leistungen wie die medizinische Versorgung von Krebskranken, Schwangeren und Kleinkindern.

Da die Realwirtschaft nach der Krise nicht wieder anspringen wollte, begannen die Zentralbanken, Geld zu drucken und zu immer niedrigeren Zinssätzen zu vergeben. Dieses Geld aber wurde zum weitaus größten Teil nicht in den Wirtschaftskreislauf eingespeist, sondern von vermögenden Investoren zu erneuter Spekulation genutzt. Das wiederum hat dazu geführt, dass die Börsen-, Anleihen- und Immobilienmärkte immer neue Rekordwerte verzeichneten und den Spekulanten riesige Gewinne bescherten.

Mittlerweile gleicht das globale Finanzsystem einem Suchtkranken, der auf die Zufuhr frischen Geldes durch die Zentralbanken und auf immer niedrigere Zinsen angewiesen ist. Auch wenn die Mainstream-Medien immer wieder ankündigen, dass es demnächst zu einem Ausstieg aus dieser Politik kommen wird: Das wird nicht geschehen, denn es wäre das gleiche, als ob man einem schwer Suchtkranken schlagartig das Suchtmittel verweigern und dadurch ein Organversagen provozieren würde.

Wir werden also auf absehbare Zeit mit einer Politik weiterleben, die die soziale Ungleichheit auf immer neue Rekordwerte treibt und uns damit – so lange die Mehrheit der Menschen sich nicht erfolgreich dagegen wehrt – offenen Auges in ein Zeitalter von Bürgerkriegen und Revolutionen führt.

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