Ein Kommentar von Rüdiger Lenz.
Es ist wieder so weit. „Der Irre aus dem Bosporus” schlägt zu. Unter anderem soll der Menschenrechtsaktivist und Trainer für Menschenrechte, Peter Steudtner in der Türkei ein „möglicher“ Putschist sein, so der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan.
Erdoğan braucht wieder Merkels Aufmerksamkeit und will verhätschelt werden. Sein stetes Motto: Nur Bares ist Wahres.
Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte man in schallendes Gelächter verfallen. Und das in zweierlei Hinsicht. Denn, nicht nur dass die Anschuldigungen vom türkischen Präsidenten und dem hiesigen Staatsanwalt, der ihm die Unterstützung einer „bewaffneten Terrororganisation“ vorwirft, unglaubhaft scheinen. Nein! Sogar Kanzlerin Merkel setzt sich nun persönlich für seine Freilassung ein. Was bedeutet das? Stichwort: NATO-Angriffskriege.
Deutschland lieferte 2015 die Milan-Panzerabwehrrakete, nach der sogar kurdische Babys benannt wurden. O-Ton der Kanzlerin 2015 dazu: „Wir haben dann dieses Panzerabwehrsystem geliefert. Und es hat mich dann sehr berührt, als mir ein Vertreter der Kurden im Nordirak erzählt hat, dass das Wort Milan jetzt ein Vorname für Babys ist, für männliche Babys, weil die so entzückt sind von der Wirkung dieser Waffe…“ 1)
Menschenrechte? Bei dieser Frau? Fehlanzeige.
Zurück zum Fall Peter Steudtner.
Wenn das mal nicht, alter türkischen Präsidententradition voran geschickt, nach einer Erpressung riecht. Denn schon zuvor hat es ähnliche Fälle von Deutschen in der Türkei gegeben, die durch an den Haaren herbei gezogenen „Delikten“ in türkischen Gefängnissen landeten, um dann gegen horrende Summen wieder frei gelassen zu werden.
Wer traut heute dem türkischen Präsidenten Erdoğan denn nicht auch so einen Kuhhandel, für seine Privatwirtschaft zu? Ja, Erdoğan für einen mafiösen Paten zu halten fällt wahrlich nicht schwer.
Angela Dorothea Merkel hingegen, die lebendige Teflonschutzheilige aus Hamburg (Hamburger! Bleibt wie ihr seid, sie war nur ein Ausrutscher.), die überall die Menschenrechte anprangert, hält sich selbst ja ganz und gar nicht an die UN-Menschenrechtscharta. Eigentlich sollte gerade die UN Merkel oder Erdoğan verhindern, dass solche Personen an Machtpositionen gelangen.
Unter ihr ist Deutschland an so vielen Kriegen beteiligt, verkauft als Bronzemedaillengewinner weltweit so viel Rüstungs- und Tötungshilfsgerät, dass ich ihr ihr Menschenrechtsgefasel nur schwer, ja sehr schwer abnehmen kann. Eigentlich gar nicht.
Sie kennt die Dealerregeln ganz genau, nach denen Erdoğan seit Jahren verfährt: „Du brauchst mich, das kostet was!“ Eben Kriminelle untereinander nach ihren eigenen Regeln sich umschmeichelnd. So läuft das. Wir kennen es. Wir erdulden es. Die ganze Geschichte ist ihre Geschichte. Die Geschichte der kriminellsten aller Kriminellen, vor denen selbst ein Hannibal Lektor oder ein Dexter Morgan neidvoll erblassen.
22 Deutsche sollen in Haft sein. Da hat Erdoğan einen langen Atem in petto und kann Forderungen stellen, die die gesamten Jahresgehälter eines Vorstandes der Deutschen Bank im Nu erblassen lassen. Ja, die Weltpolitik. Sie ist das dreckigste aller dreckigen Geschäfte überhaupt. Und wer bezahlt die Rechnung? Der Steuerzahler. Steuergelder sind das beste aller Bankgeschäfte weltweit.
Murat Kurnaz, wer weiß noch von ihm?
Heute Bundespräsident, damals im auswärtigen Amt, lehnte Frank Walter Steinmeier das amerikanische Angebot zur Auslieferung nach Deutschland ab – und versaute Kurnaz sein Menschenrecht auf Unversehrtheit von Leib und Seele fast komplett. Menschenrechte überall. Jedoch immer und immer wieder mit politischen Füßen getreten.
Welcher Fußabdruck wäre wohl größer auf diesem Planeten. Der der Wahrung und Einhaltung der Menschenrechte oder der, der sie missachtet?
So weit die allgemeine politische Moral, wenn es um Menschenrechte hier in diesem Land oder in anderen Ländern geht. In anderen Ländern, ja, da gilt es stets seine Verletzung ganz ausdrücklich und mit ordentlicher Power anzuprangern, so wie regelmäßig in China. Doch hier? In Deutschland? Da gibt es keine Menschenrechtsverletzungen. Punkt.
Wir erinnern uns: Edward Snowden sitzt in Moskau – wegen der Menschenrechte, die im Westen für so jemanden nicht zählen. Die Liste ist lang, sehr lang, für die Snowdens dieser Welt, die der Westen in Akkordarbeit selbst produziert. Aber lassen wir auch das.
Ich schrieb in meinem Buch „Die Fratze der Gewalt“, dass wir im Westen innenpolitisch so tun, als ob wir alle wohl behütet und streng verteidigend die Menschenrechte im Inneren wahren. Jedoch aussenpolitisch einen Faschismus fahren, der beispiellos (nicht zu verwechseln mit „vergleichbar“) ist.
Und da kommen wir wieder zum Anfang zurück: Erdoğan, von der EU am Gängelnd jahrelang hinterher gezogen, ist auch ein Produkt europäischer Außenpolitik. Ob es uns schmeckt oder nicht: Den Irren dort, den hat der Westen mit hochgezogen. Durch eine Verweigerungshaltung, die uns heute und in naher Zukunft noch viel zu schaffen machen wird. Ich hoffe, die Türkei fliegt uns alle nicht noch um die Ohren. Sie ist zu stark geworden, als dass man sie einfach ihren Weg machen lassen soll, denn dazu ist Erdoğan zu sehr ein Patriarch und Chauvinist. Wo so etwas hinführen kann, wissen Europäer nur zu gut.
Ich weiß, dass das viele anders sehen, doch wäre es wünschenswert, die Türkei viel enger in die politische Nähe der EU anzugliedern. Warum das unter Merkel bisher nicht gelang? Weil Merkel eine Politikerin ist, die selbst eine Führung braucht. Sie kann sie nicht herstellen. Merkel ist keine Führungspersönlichkeit. Das dürfte so ziemlich allen klar sein. Daher wird sie verführt, was wir alle merken. Zur Zeit ist sie Führungslos und prangert den US-Präsidenten an, sie nicht führen zu wollen.
Wünschen wir allesamt den inhaftierten Deutschen und allen in türkischen Gefängnissen, die aus Geltungssucht und Machtstreben des türkischen Präsidenten inhaftiert wurden und vielleicht noch inhaftiert werden, eine schnelle Freilassung. Eine mental starke Merkel, eine Bundeskanzlerin, die ihre Fehler hinsichtlich der Türkei wirklich anfängt zu verstehen, würde nicht nur schnell die Inhaftierung auflösen können. Sie könnte auch in der dringend nach Lösung schreienden Flüchtlingskrise großes bewirken.
Sie müsste nur eines tun: vorbildliche Ausübung der Menschenrechte. Und keinen Fingerzeig mehr nach anderen Übeltätern. Menschenrecht hier auszuüben bedeutet Mensch zu werden und die Menschwerdung über alle anderen Eigenschaften zu setzen. Das ist noch ein langer Weg. Er wird aber kürzer, und das ist das Erstaunliche daran, je mehr Menschen dabei mitmachen.
Erdoğan schreit derzeit laut herum, weil er Bedeutsamkeit will. Er will Bedeutung erlangen. Geben wir sie ihm in Form einer längst überfälligen stärkeren Bindung und Aufgabensetzung innerhalb der EU. Sicher, wenn das geschieht, braucht es es konfliktfähige Politiker, die standhalten und eine Richtung weisen können, die ausserhalb der Ganovenpolitik von Euro und Finanzwirtschaft liegt. Das ist der Haken an der Menschrechtspolitik seit jeher. Menschenrechte sind unrentabel.
Gehabt euch wohl und bleibt menschlich, Ihr wisst ja, Frieden heißt: alle Menschen. Der Weg dorthin findet in eurem Inneren statt und bedeutet Empathie mit sich selbst und den anderen. Auch mit Erdoğan, Merkel und den anderen bösen Jungs und Mädels. Das ist die Prüfung, um die bestehende Krise zu meistern. Sie fliegt uns sonst allen um die Ohren. Starke Persönlichkeiten werden gebraucht. Werde eine davon.
Quelle: 1) https://www.youtube.com/watch?v=2C-Fe05suWM
Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
KenFM bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Meinungsartikel und Gastbeiträge müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
+++
Alle weiteren Beiträge aus der Rubrik “Tagesdosis” findest Du auf unserer Homepage: hier.
Dir gefällt unser Programm? Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten hier: https://kenfm.de/support/kenfm-unterstuetzen
Kommentare (2)