Ein Kommentar von Rainer Rupp.
„Quod licet Iovi, non licet bovi“. Vom Lateinischen frei übersetzt heißt das: „Was sich ein Gott erlaubt, das darf ein Ochse noch lange nicht“! Sich an diese Anweisung zu halten war schon für die alten Römer überlebenswichtig, insbesondere nachdem sie die Republik und mit ihr ihre Bürgerrechte verloren hatten. Zugleich hatte diese Warnung auch im römischen Imperium eine grenzüberschreitende Wirkung. So mancher Statthalter oder Vasall Roms, dem seine Macht als regionaler Herrscher zu Kopf gestiegen war, musste wegen der Missachtung der Allmacht des Gott-Kaisers in Rom mit seinem Leben bezahlen.
Mit dem einführend erwähnten lateinischen Zitat spielte jüngst der empfehlenswerte, englischsprachige Blog „Moon of Alabama“ auf die Ähnlichkeit des Allmacht-Gehabes des US-Imperiums und des Römischen Reiches an. Dazu zitierte der Blog zuerst den US-Außenminister Tillerson, der am 17. Januar dieses Jahres angekündigt hatte: „Die Vereinigten Staaten werden ihre Militärpräsenz in Syrien aufrechterhalten. … Unsere Militärmission in Syrien wird weiterhin auf Bedingungen basieren.“
So hätte auch ein Vertreter des Kaisers in Rom dekretieren können. Denn für die US-Militärpräsenz im souveränen Staat Syrien gibt es nirgendwo eine Grundlage im Völkerrecht, auch wenn man es noch so sehr vergewaltigt – worin die Amis große Meister sind.
Dann, vier Tage später am 21. Januar warnte die Sprecherin des US-Außenamtes Heather Nauert die Türkei, die gerade mit Panzerkolonnen über die syrische Grenze in das von YPG-Kämpfern kontrollierte Gebiet Afrin vor gestoßen war. Die YPG wird von der Türkei als Terrororganisation eingestuft, wird aber von den USA mit Waffen, Material und Finanzen unterstützt. Die Sprecherin des göttlichen US-Imperiums warnte also den „Ochsen“ Türkei mit den Worten:
„Wir fordern die Türkei auf, Zurückhaltung zu üben und sicherzustellen, dass ihre Militäroperationen hinsichtlich Umfang und Dauer begrenzt bleiben.“
Hier haben wir’s. Die jenseits des Atlantiks beheimateten Amerikaner dürfen militärisch in Syrien präsent sein, so lange sie wollen, und das ohne auch nur den Hauch einer Rechtsgrundlage. Zugleich aber warnt das US-Imperium Ankara, sich in Afrin so schnell wie möglich wieder vom Acker zu machen, obwohl die Türkei eine gemeinsame Grenze mit dem syrischen Afrin hat, was die völkerrechtliche Situation verändert.
Wenn z.B. von der YPG von Afrin aus Waffen über die Grenze in die Türkei an die PKK geschmuggelt würden, dann könnte Ankara durchaus völkerrechtliche – wenn auch umstrittene – Argumente für seinen Einmarsch in Afrin geltend machen. Das gleiche wäre der Fall, wenn es zuvor zu bewaffneten YPG-Provokationen an der türkischen Grenze mit Afrin gekommen wäre. Allerdings hätte es auch dann eine Vorbedingung für ein – allerdings angemessenes – völkerrechtkonformes, militärisches Eingreifen der Türkei in Afrin gegeben, dass nämlich die syrische Regierung in Damaskus nichts getan hätte, um die gefährlichen, grenzüberschreitenden YPG-Aktivitäten zu unterbinden. Dabei hätte es keine Rolle gespielt, ob das Nichtstun von Damaskus politischer Absicht war oder aus militärischem Unvermögen geschah.
Am 17. Januar dieses Jahres hatte US-Außenminister Tillerson weiter ausgeführt, dass die Vereinigten Staaten fünf „Schlüsselbedingungen“ für die zukünftige Entwicklung in Syrien stellten. Dabei wärmt er unter anderem die schon tot geglaubte US-Forderung, „Assad muss gehen“ wieder auf.
Aber dann machte Tillersons einen Vorstoß in den Bereich des Surrealen, als er forderte: „dass Syrien nie wieder als Plattform oder sicherer Hafen für Terroristen dient, um Angriffe auf amerikanische Bürger im In- und Ausland oder gegen unsere Verbündeten zu organisieren, zu rekrutieren, zu finanzieren, auszubilden und durchzuführen.“
Das sagt der Außenminister des Landes, das nachweislich dafür verantwortlich war – und dies immer noch ist – nämliche islamistische Terroristen zu rekrutieren, zu finanzieren, auszubilden, zu organisieren bei Angriffen zu führen und zugleich den „gemäßigten“ Halsabschneidern die von US-Truppen kontrollierten Gebiete in Syrien als sicheren Hafen und Rückzugsgebiet bereitzustellen.
Auch kannte sich Tillerson mit Real-Satire aus, z.B. mit der Forderung „die Nachbarn Syriens müssen vor allen von Syrien ausgehenden Bedrohungen sicher sein“. Ja, Ja, den Trend kann man schon erkennen. In der US-Geschichtsschreibung wird es bald heißen, dass von Damaskus angeheuerte islamistische Söldner im Auftrag von Assad die Türkei, Libanon, Israel, Jordanien und natürlich auch Saudi Arabien überfallen haben.
Auch US-Verteidigungsminister James Mattis hat am 22. Januar dieses Jahres in einem Interview auf dem Weg nach Indonesien diese realsatirische Perle präsentiert:
„Wir marschieren nicht in andere Länder ein, wie das z.B. Russland im Fall von Georgien und der Ukraine getan hat. Wissen Sie, wir regeln solche Sachen im Rahmen des internationalen Rechts, und so. …. Ein Punkt, den ich hervorheben möchte, ist, dass wir diese Länder als souveräne Nationen behandeln, mit einer souveränen Stimme und mit souveränen Entscheidungen, die wir respektieren, und wir denken nicht, dass jemand anderes ein Vetorechte über ihre wirtschaftlichen, diplomatischen oder sicherheitspolitischen Entscheidungen haben sollte“.
Das römische Imperium mit seinen absolutistisch herrschenden Gott-Kaisern an der Spitze ist nach und nach zu einer rechtslosen Gesellschaft verkommen, in der Korruption, Intrigen, Doppelbödigkeit unaufhaltsam in den Untergang führten. Ähnlichkeiten mit einem aktuell herrschenden Imperium sind nicht rein zufällig.
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