Ein Kommentar von Willy Wimmer.
Wenn am 12 Juni 2018 in der touristischen Luxus- Hochburg Singapur zwei Persönlichkeiten, die unterschiedlicher nicht sein könnte, in Donald Trump und Kim-Yong-Un aufeinandertreffen, wird es zur spektakulärsten Begegnung des jungen Jahrtausends kommen. Anders kann man es nicht aus europäischer Sicht bewerten, was sich dort tun wird. Die Welt hofft auf ein gutes Ergebnis, aber welches Ergebnis ist dabei schon gut zu nennen? Es ist fast gleichgültig, was bei diesem Treffen herauskommt. Unsere Zukunft und unser Leben wird davon in einer Weise bestimmt werden, wie es die selbstverliebten Europäer kaum für möglich halten werden.
Die Dinge zwischen beiden Staaten schienen auf die Spitze getrieben zu sein, als die nordkoreanische Führung kaskadenmäßig die substantielle Bedrohung des amerikanischen Festlandes, tatsächlich oder behauptet, deutlich machte. Nordkoreanische Atomwaffen im Ernstfall gegen „Continental USA“. Das schien jahrzehntelang undenkbar zu sein, obwohl die Vereinigten Staaten an genau dieses Szenario bei dem „stop and go“ ihrer von gebrochenen Vereinbarungen mit Nordkorea bestimmten Verhandlungen der letzten Jahrzehnte denken müßten. In bestimmter Weise haben sie sogar die Grundlagen dafür gelegt, als sie nicht nur die in Aussicht gestellten Leichtwasser-Reaktoren nicht an Nordkorea lieferten. Ihr Verhalten der auf Sicherheit angelegten internationalen Staatengemeinschaft gegenüber in Zusammenhang mit den seitens der USA gebrochenen Zusagen über Gewaltverzicht, haben nicht nur die nordkoreanische Führung mehr als nachdenklich gemacht.
Lüge ist Lüge und bleibt Lüge, selbst wenn Sie aus Washington kommt. Aber unter Donald Trump die Gewißheit einer existentiellen Bedrohung der USA, unglaublich. Diese nordkoreanische Vorgehensweise zeigt den Vereinigten Staaten zweierlei auf. Einmal die zentrale Fähigkeit einer in die Enge getriebenen Nation vom Format der koreanischen Nation, aus der Ecke heraus entscheidende Schritte zu unternehmen. Daneben ist es für Washington die Schrift an der Wand, was auf dem Globus geschehen wird, wenn ein Abrüstungsabkommen nach dem anderen aus fadenscheinigen „America first“ Überlegungen gebrochen wird. Iran steht nicht allein In der Überlegung, wie man sich gegen die Strangulierung durch die USA zur Wehr setzen kann. Selbst die europäischen Noch- und Zwangsverbündeten müssen sich alles genau überlegen, wenn wieder die Frage von Jo Biden ansteht. Für diesen Herrn war es nur wichtig, in welche Richtung europäische Arme auf den Rücken gedreht werden müßten. Kim-Jong-Un sah etwas anderes, als er Washington nach seinen Nuklear-und Raketentests wahrnahm. In einer bislang auf der Welt einzigartigen Aussage drohte der amerikanische Präsident Donald Trump Nordkorea und wohl im Ergebnis nicht nur diesem Land, mit der völligen Auslöschung seiner Menschen. Es war schon erstaunlich, wer alles zu dieser Aussage aus Washington schwieg.
Für Kim-Jong-Un zeigte sich etwas anderes. Die Augenhöhe, die man immer in den Gesprächen mit den USA für sich anstrebte, schien in greifbare Nähe gerückt. Drohten die USA bislang in jedem Jahr damit, die gemeinsamen amerikanisch-südkoreanischen Kriegsmanöver „heiß“ werden zu lassen, wurde Singapur möglich. Den eigenen Vizepräsidenten als Wachhund der allgemeinen Washingtoner Kriegsallianz stellte Donald Trump kalt, als der durch dummes Geschwätz einen letzten Versuch unternahm, den Gipfel platzen zu sehen. Donald Trump scheint zu verstehen, worauf es jetzt ankommt: alles zu unternehmen, um sein eigenes Land nicht durch die nordkoreanischen Habenichtse bedroht zu sehen. Da Kim-Jong-Un aus einer Gegend kommt, die für gesichtswahrende Elemente jedes Verständnis dieser Welt hat, wird er diese Gratwanderung für sich selbst als letale Gefahr empfinden müssen, wenn ein Schritt daneben geht. Und die anderen in dieser Region? Bislang war die Konfliktlage des Korea-Krieges gleichsam auf der koreanischen Halbinsel festgefroren und man hielt sich gegenseitig in Schach oder machte auf der Grundlage der tatsächlichen oder behaupteten Bedrohung glänzende Geschäfte in zuletzt der Form von Raketen-Abwehrsystemen. Je nach Ergebnis der Singapur-Gespräche dürfte damit Schluß sein.
Die Gewißheit wird aber bleiben, daß hier China, Taiwan, Japan, Seoul und Pyöngyang und Rußland mit den USA aufeinanderstoßen. Wohin wird in dieser Region und weltweit der Schneeball rollen, der im tropischen Singapur losgetreten wird? Ändern die USA ihr angelsächsisches und auf Krieg basierendes Geschäftsmodell, dem Deutschland bereits mehrfach zum Opfer gefallen ist und wird Kim-Jong-Un bei aller Kraft noch laufen können? Oder werden in Singapur beide Herren die berühmte Bombe besteigen, wie Sie uns aus dem Film über Herrn Strangelove so eindrücklich bekannt geworden ist?
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