Ein Kommentar von Bernhard Loyen
Tja, wo anfangen mit der täglichen Realsatire, die sich immer noch Politik nennen darf. Begrenzen wir die Betrachtung nur auf unser Land, oder weiten wir auf Europa aus? Vielleicht noch die USA dazu?
Belassen wir es doch bei der deutschen Politik. Anstrengend genug. Kanzlerin Angela Merkel wurde des öfteren die letzten Tage mit einem Satzausschnitt zitiert, der den ganzen Wahnsinn des großen Missverständnisses wiedergibt. Ein Satz, der die inzwischen vorhandene Entfernung von Galaxien zwischen der Wahrnehmung von Politikern, gegenüber den Einschätzungen und Erfahrungen eines Großteils der Bürger dieses Landes widerspiegelt.
Der Satzausschnitt lautet:…ich möchte nicht, dass wir einseitig national agieren. Ja, den muss man erstmal sacken lassen. Der vollständige Satz, gesprochen beim „ Jetzt erkläre ich mich mal“ Plauder Talk mit Anne Will am 10.06., lautete wie folgt: Ich möchte, dass das was heute gilt, das europäisches Recht Vorrang hat, vor nationalem Recht. Das wir das auch in unserer weiteren Politik umsetzen und das bedeutet, dass wir das Dublin System reformieren, das wir es verändern, aber das wir nicht einseitig national agieren.(1)
Auf ein bestimmtes Ich, folgen vier unglaubwürdige Wir. Betrachten wir zuerst das vielzitierte Wir Nr.4. Sie möchte nicht, das wir einseitig national agieren. Wen meint die Kanzlerin mit diesem wir? Die Bundesregierung? Die Politiker der entsprechenden Ministerien? Den Bundestag mit allen Parteien? Die Bürger, die Wähler wohl wahrlich nicht.
Interessant wird dieses Wir Nr.4, bei Betrachtung von ihrem apodiktischem Ich Satz. Die Kanzlerin formulierte: Ich möchte, dass das was heute gilt, das europäisches Recht Vorrang hat, vor nationalem Recht. Schon harter Tobak, nicht wahr. Darf man ihn so interpretieren, dass sie die Interessen ihres Landes, die sie als Kanzlerin nach Außen hin vertreten sollte, denen der Europäischen Union unterordnen möchte?
Zur Erinnerung, der Amtseid für die die amtierende Amtsinhaberin in Artikel 56 des Grundgesetzes lautet: “Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.”
Ein Widerspruch? Die Kanzlerin schaltet danach umgehend in den Wir Modus. Sie sprach: Das wir das auch in unserer weiteren Politik umsetzen…Wer sind denn jetzt diese Wir? Wir, die europäischen Staatschefs – und Chefinnen, oder ihre Erfüllungsgehilfen in Brüssel? Nebulös und nicht zuzuordnen. Abschließend: …und das bedeutet, dass wir das Dublin System reformieren, das wir es verändern, aber das wir nicht einseitig national agieren. Dublin, mögen sich jetzt etwaig Zuhörer fragen? Was hat Irland mit Deutschland zu tun? Eine sehr kurze Erläuterung: Die Dublin-III-Verordnung ist eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013; in Kraft getreten ist sie am 1. Januar 2014. Die Dublin-III-Verordnung hat die Dublin-II-Verordnung ersetzt. Die Dublin-III-Verordnung legt die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates fest, der für die Prüfung eines in einem EU-Mitgliedsstaat gestellten Antrag auf Asyl zuständig ist.(2)
Nun unterschlägt die Kanzlerin leider mutwillig die entscheidende Information. Nein, das wäre jetzt ungerecht formuliert. Sie wurde schlicht in diesem Fernsehinterview nicht nach den Inhalten der kommenden Veränderungen des Dublin System befragt. Die standen zu diesem Zeitpunkt nämlich schon fest unter der Bezeichnung Dublin 4 und werden kommende Woche in Brüssel verabschiedet.(3,4). Neugierig, dann bitte Link Nr.5 anklicken. Auszüge: Ein Migrant muss nicht mehr in dem Land einen Asylantrag stellen, in dem er die EU betreten hat. Haben Asylbewerber Angehörige oder „sonstige Beziehungen“ zu einem Staat, dann sollen sie in dieses Land gebracht werden, um „Wanderbewegungen“ zu vermeiden und eine bessere Integration zu ermöglichen.
Werte Leser & Hörer, es geht hier nicht um Panik – bzw. Stimmungsmache. Es geht um die schlichte Informationspflicht der Bürger. Dieses Land hat sich verändert. Dieses Land belastet eine sehr bedenkliche Schwermut. Radikale Veränderungen sollten von der Bundesregierung offen kommuniziert und nicht konfrontativ über die Köpfe der Bürger beschlossen werden.
Worum geht es? Es geht um eine fatale Politik in eine noch diffizilere Zukunft. Es wird gelogen, geflunkert, arglistig getäuscht, scheinheilig versprochen, beraubt, beschissen und das alles auf dem Rücken von Millionen Menschen. Deutschen, Alt – Deutschen, Neu-Deutschen, Bio-Deutschen, Bald – Deutschen. Menschen.
Diese Politik will mit ihrer Macht und voller Absicht auseinander dividieren. Sie will mutwillig zerstören. Schon Fassbinder wusste 1974: Angst essen Seele auf(6). Was tun? Aufklären, erklären. Nicht hetzen, sondern verstehen lassen, wie Manipulation von Seiten der Mächtigen praktiziert wird. Das wird schwierig und langwierig. Nicht auslachen, oder aggressiv werden, wenn es nicht sofort verstanden wird.
Revolution ist nicht ein kurzer Akt, wo mal irgendwas geschieht und dann ist alles anders. Revolution ist ein langer schwieriger Prozeß, wo der Mensch anders werden muss. Dies formulierte Rudi Dutschke und dafür wurde er auch schlicht umgebracht. Er ging den Mächtigen zu weit, in der Aufklärung, der Aufwiegelung der Bürger. Dutschke erklärte aber auch: Ein Dutschke will keine Antwort geben (…) was soll es bedeuten als einzelner Antworten zu geben wenn die gesamtgesellschaftliche Bewusstlosigkeit bestehen bleibt.“(7).
Kanzlerin Angela Merkel verschließt die Augen, vor der Realität des Zustands dieses Landes. Richard von Weizsäcker sprach: Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart(8). Heißt Merkels Strategie etwaig Augen zu und durch? Hat sie Angst? Vor wem? Letzte Woche titulierte ich Regierungssprecher Seibert als Oberwasserträger. Wessen Wasser trägt eigentlich Frau Merkel?
Warum erhielt doch gleich Frau Merkel eine erneute Amtszeit? Sie wurde gewählt. Ein Großteil dieser Bevölkerung lebt bedauerlicher Weise nach der Prämisse, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Unwissenheit und Resignation, trifft auf Ablenkungssucht. Ihnen gehören die Augen geöffnet. Werden sie Informations-Optiker und verschaffen sie ihrem Umfeld klaren Blick. Durchblick. Es wird ihnen gedankt, versprochen.
Quellen
- -http://mediathek.daserste.de/Anne-Will/Kein-nationaler-Alleingang-bei-Zur%C3%BCckwei/Video?bcastId=328454&documentId=53071942
- – http://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/de/dublin-iii-verordnung-verordnung-eg-nr-6042013/
- – http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/european-council/2018/06/28-29/
- – http://www.consilium.europa.eu/de/policies/migratory-pressures/
- – http://www.europarl.europa.eu/pdfs/news/expert/background/20171019BKG86403/20171019BKG86403_en.pdf
– https://www.youtube.com/watch?v=L4SnoP6B0VM - – https://www.youtube.com/watch?v=arjzcSudflQ
- – http://zitate.net/richard-von-weizs%c3%a4cker-zitate
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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