Die Hinweise mehren sich, dass Julian Assange bald verhaftet werden wird.
Ein Kommentar von Caitlin Johnstone.
Der britische Außenminister Jeremy Hunt wiederholte heute (Anmerkung der Übersetzerin: 20. Juli 2018) die lahme, alte Lüge, dass Julian Assange, Chefredakteur von WikiLeaks, „die Botschaft von Ecuador, sofern er dies wünscht, jederzeit verlassen kann“ – obwohl die USA immer unverhohlener danach trachten, Assange zu verhaften! Zudem hat Großbritannien sechs Jahre lang keine Auskunft darüber gegeben, ob es von den USA – dem Land, das Chelsea Manning gefoltert hat – einen Auslieferungsantrag erhalten hat. Er kann die Botschaft also genauso verlassen wie ein Mann, dem man eine Pistole an die Schläfe hält, nachdem man ihm sagte: „Nicht bewegen oder ich schieße!“
„Es sind schwerwiegende Anklagen gegen ihn erhoben worden und wir möchten, dass er sich vor Gericht dafür verantwortet, aber wir sind ein Land mit rechtsstaatlichen Verfahren“, sagte Hunt über Assange. „Er kann jederzeit, so er dies wünscht, auf die Straßen von Knightsbridge treten und die britische Polizei wird ihm ein herzliches Willkommen bereiten.“ Hunt ließ sich nicht näher über die „schwerwiegenden Anklagen“ aus, was seltsam ist. In den öffentlichen Unterlagen sind nämlich keine verzeichnet. Assange wurde im Zuge der berüchtigten, schwedischen Ermittlungen wegen sexueller Nötigung nie unter Anklage gestellt. Bereits vor Monaten wurden die Ermittlungen eingestellt. Was einer öffentlichen Anklage noch am nächsten käme, ist ein Haftbefehl wegen eines angeblichen Kautionsverstoßes, der absurderweise ganze 12 Tage, nachdem Assange in der ecuadorianischen Botschaft Asyl beantragt hatte, ausgestellt wurde. Jegliche Anklagen, die man daraus ableiten wollte, wären beim besten Willen nicht „schwerwiegend“.
Da haben wir nun also ein Mitglied der britischen Regierung, das kurz vor dem Besuch des ecuadorianischen Präsidenten Lenin Moreno in Großbritannien öffentlich behauptet, es gebe einen Plan, Assange wegen mysteriöser „schwerwiegender Anklagen“ zu verhaften. Lenin Moreno hat sich vor kurzem mit US-Vizepräsident Mike Pence getroffen und sich Berichten zufolge mit ihm über Assange ausgetauscht. Dies erfolgt ziemlich genau vier Monate nachdem Assange von der ecuadorianischen Regierung für das Twittern politischer Kommentare zum Schweigen gebracht und von der Welt abgeschnitten wurde. Und laut Margarita Simonyan, Chefredakteurin von RT, gibt es tatsächlich Pläne, Assange „in den nächsten Wochen oder gar Tagen“ den britischen Behörden auszuliefern (Anmerkung der Übersetzerin: Simonyan fügt noch hinzu, „Noch nie habe ich mir so sehr gewünscht, meine Quellen würden sich täuschen“.).
„Der Bericht darüber, dass Großbritannien und Ecuador sich darauf vorbereiten, Assange an Großbritannien auszuliefern, scheint wahr zu sein“, kommentierte der Journalist Glenn Greenwald Simonyans Aussage. „Die große Frage ist nun, ob die USA ihn anklagen und seine Auslieferung fordern werden, wie es Sessions und Pompeo gelobt haben. Ich kann es nicht erwarten zu sehen, wie viele falsche Verteidiger einer freien Presse das gutheißen werden.“ Ja, wie viele werden es wohl sein? Es mag ja gerade sehr öffentlichkeitswirksam gejammert werden, es mögen auch viele Haare gerauft werden über Donald Trumps „Krieg gegen die Presse“, weil er „Fake News“ sagt und auf Jim Acosta herumhackt. Aber erwartet hier wirklich jemand, dass die so genannte freie Presse einem Journalisten zu Hilfe eilt, der aktiv und aggressiv mit der vollen Wucht des westlichen Imperiums verfolgt wird – und zwar wegen der Veröffentlichung echter Dokumente über eben dieses Imperium? Wir werden bald herausfinden, ob dies der Teil des Spielfilms ist, in dem sich das Imperium die Maske von Freiheit und Demokratie herunterreißt und sein wahres Gesicht, die Fratze der Tyrannei, offenbart.
Assange ist ein leicht verwundbares Ziel, eine kontroverse Figur, welche ungeheuer erfolgreichen Verleumdungskampagnen ausgesetzt war, die jeder größeren politischen Fraktion der westlichen Welt angedreht wurde. Er ist der logische Ausgangspunkt für die brutale Niederschlagung der Pressefreiheit und ein öffentliches Exempel für all jene, die es wagen die Wahrheit über Big Brother ans Licht bringen zu wollen. Wenn wir ihnen erlauben, Julian Assange für die Ausübung von Journalismus zu inhaftieren, ist es aus und vorbei. Dann können wir genauso gut damit aufhören, uns um die Welt zu kümmern, und können Däumchen drehen, während die Oligarchen uns in eine ökologische Katastrophe, die atomare Vernichtung oder eine Orwellsche Dystopie führen.
Wenn wir, die Vielen, nicht das Rückgrat besitzen, aufzustehen gegen die Wenigen und zu sagen: „Nein, wir werden weiterhin Dinge über euch Mistkerle herausfinden und sie dazu verwenden, ein umfassendes Weltbild zu entwickeln! Und wir werden nicht zulassen, dass ihr das kriminalisiert“, dann haben wir ganz sicher auch nicht das Rückgrat, um den soziopathischen Plutokraten die Kontrolle über die Welt zu entreißen und unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Mit der Verhaftung Julian Assanges würden wir an einer Weggabelung angelangen. Hier würden wir gemeinsam als Spezies entscheiden, ob wir überleben wollen und ob wir das überhaupt verdienen.
Sie scheinen sich gerade für etwas zu rüsten. Die Russland-Hysterie hat den schrillsten und hysterischsten Gipfel überhaupt erreicht – just zu dem Zeitpunkt, an dem eine der Schlüsselfiguren im Russland-Narrativ des Establishments völlig von der Welt abgeschnitten ist und sich nicht verteidigen kann. Seid also bereit, Himmel und Hölle erzittern zu lassen, falls sie beschließen sollten, dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, ihn sich zu krallen. Wenn sie auch nur ein Silberhaar auf dem Kopf dieses Mannes berühren, müssen wir einen solchen unerbittlichen, weltweiten Aufruhr entfesseln, wie sie ihn noch nie erlebt haben. Denn wir kämpfen nicht nur für Assange – wir kämpfen um unser eigenes, nacktes Überleben.
Jeremy Corbyn hat sich in der Vergangenheit bereits für WikiLeaks und Assange ausgesprochen. Sein moralisch einwandfreier Charakter mit seinem steten Aufstieg zur Führung der britischen Regierung könnte zum Teil erklären, weshalb man Assange nun so schnell wie möglich festnehmen möchte. Beim Glastonbury Festival 2017 trug Corbyn einen Ausschnitt aus Percy Bysshe Shelleys „The Masque of Anarchy“ (Das Maskenspiel der Anarchie) vor Tausenden von Menschen vor – für mich eines der aufregendsten politischen Ereignisse des letzten Jahres.
Er rief leidenschaftlich:
„Rise like Lions after slumber
In unvanquishable number—
Shake your chains to earth like dew
Which in sleep had fallen on you—
Ye are many—they are few.“
(„Erhebt euch wie Löwen nach dem Schlummer
In unüberwindlicher Zahl
Schüttelt eure Ketten ab wie Tau,
Der im Schlaf auf euch gefallen ist
Ihr seid viele – sie sind wenige!“)
Wenn Assange festgenommen wird, wird das unser Stichwort dazu sein, uns wie Löwen aus unserem Schlummer zu erheben, in dem wir uns schon viel zu lange und zu einem viel zu hohen Preis befinden. Wir können ihnen nicht erlauben, uns wie bisher zu benutzen, auszubeuten und zu unterdrücken. Wir sind die Vielen. Sie sind die Wenigen.
Seid bereit euch zu erheben!
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Dieser Beitrag erschien am 25.7.2018 im Rubikon- Magazin für die kritische Masse.
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Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!
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Redaktionelle Anmerkung [Rubikon]: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Be Prepared To Shake The Earth If Julian Assange Is Arrested“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.
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Danke an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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