Ein Kommentar von Ernst Wolff.
Seit einem halben Jahr erlebt die Welt ein Weißes Haus, das nach außen eher einer psychiatrischen Klinik als einer funktionierenden politischen Machtzentrale gleicht. Die Mitglieder der Trump-Administration verunglimpfen einander vor laufenden Kameras, Gesetzesvorhaben scheitern reihenweise, der Präsident heuert und feuert per Twitter und liefert sich nebenbei Privatfehden mit einzelnen Medien.
Viele Beobachter glauben, Donald Trump sei nicht ganz klar im Kopf und sein Team bestehe aus Dilettanten, die nichts auf die Reihe bekommen. Doch der Eindruck täuscht. Seit Trumps Wahl findet im Weißen Haus eine für die gesamte Welt bedeutsame strategische Neuausrichtung statt. Ihr Ziel ist es, den politischen Apparat in Washington jeglicher demokratischer Kontrolle zu entziehen, die Befehlsstrukturen zu straffen und den Regierungssitz angesichts der aufziehenden Stürme zu einer effektiven Kommandozentrale für die Wall Street und das US-Militär aufzurüsten.
Das Weiße Haus stellt auf Krisenmodus um
Während der Präsident seine Verachtung für Bürgerrechte und demokratische Prozesse immer ungenierter in die Welt twittert, wird sein Führungsstil von Woche zu Woche autoritärer. Während er sich im Licht der Öffentlichkeit sowohl mit Republikanern als auch mit Demokraten anlegt, sorgt er durch gezielte Neubesetzung von Schlüsselpositionen dafür, dass die Macht innerhalb seiner vor allem aus Bankern und Militärs bestehenden Führung kontinuierlich zentralisiert und der Anteil an Militärs systematisch erhöht wird.
Durch die Aufstockung des Rüstungshaushaltes, gewaltige Waffendeals und den Abwurf der größten nicht-atomaren Bombe auf Afghanistan hat er sich die Unterstützung des militärisch-industriellen Komplexes gesichert. Durch die Beseitigung von Umweltschutzbestimmungen und die Freigabe von Erschließungsprojekten hat er die mächtige Öl- und Gasindustrie hinter sich vereint. Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, treibt er die Deregulierung im Finanzbereich ebenso voran wie die Besetzung wichtiger Posten der US-Zentralbank Federal Reserve mit ihm treu ergebenen Vasallen.
Wie zufrieden die Großbanken und Hedgefonds der Wall Street mit seiner Politik sind, lässt sich am Dow Jones ablesen: Der Börsenindex ist seit Trumps Amtsübernahme um zwanzig Prozent in die Höhe geschossen und hat diese Woche zum ersten Mal die 22.000er-Marke überschritten.
Die Alternative heißt: Krieg oder Crash
Die Rekordjagd an den Börsen ist jedoch nicht auf einen wirtschaftlichen Aufschwung der US-Wirtschaft zurückzuführen, sondern auf ungehemmte Spekulation, die Manipulation des Kursgeschehens durch die US-Zentralbank und auf Aktienrückkäufe von Großunternehmen.
Diese drei Faktoren haben zu riesigen Blasen an den Märkten geführt, die irgendwann platzen müssen. Das wissen sowohl die führenden Banker und Hedgefonds-Manager als auch die maßgeblichen Militärs, für die es zur Bewältigung der sich abzeichnenden Krise zwei Optionen gibt: Einen Crash herbeizuführen und sich durch Wetten auf fallende Kurse daran zu bereichern oder einen Krieg zu entfachen, um die Kurse über die Rüstungsproduktion weiter in die Höhe zu treiben und den Crash vorerst aufzuschieben.
Beide Varianten werden für die arbeitende Bevölkerung der USA verheerende Folgen haben. Größter Verlierer werden der Mittelstand und das untere Einkommensdrittel sein. Statt der von Trump im Wahlkampf versprochenen Jobs und dem angekündigten Wohlstand für alle wird es zu Massenarbeitslosigkeit und sozialen Verhältnissen wie zu Zeiten der Großen Depression in den Dreißiger Jahren kommen.
Das gegenwärtige Polittheater im Weißen Haus erfüllt damit einen ganz bestimmten Zweck: Es lenkt die Menschen von den Vorgängen, die für ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung sind, ab und ermöglicht Trump und seinem Team, sich voll und ganz für die beiden Kräfte einzusetzen, die in den USA seit Jahrzehnten die Fäden in der Hand halten: die Finanzelite und das Militär.
Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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