Die erste Juristin im Land zieht wegen der Grundrechtseinschänkungen durch die Corona-Maßnahmen vor das Bundesverfassungsgericht — weitere werden folgen.
Ein Kommentar von Tilo Gräser
Mit einer Verfassungsklage will die Heidelberger Fachanwältin für Medizinrecht Beate Bahner gegen die offiziellen Maßnahmen vorgehen, die das öffentliche Leben beschränken. Diese verletzen laut der Anwältin massiv die Grundrechte der Bundesbürger, weshalb sie bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen will. „Die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung sind eklatant verfassungswidrig und verletzen in bisher nie gekanntem Ausmaß eine Vielzahl von Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland.“
Das hat die Rechtsanwältin Beate Bahner am Freitag erklärt. Die Fachanwältin für Medizinrecht aus Heidelberg hat deshalb nach eigenen Angaben eine Normenkontrollklage gegen die CoronaVerordnung von Baden-Württemberg angekündigt. Sie wolle notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gehen.
Bahner sieht alle Corona-Verordnungen der 16 Bundesländer als verfassungswidrig an, wie sie in einer Pressemitteilung erklärt:
„Insbesondere sind diese Maßnahmen nicht durch das Infektionsschutzgesetz gerechtfertigt, welches erst vor wenigen Tagen in Windeseile überarbeitet wurde. Wochenlange Ausgehbeschränkungen und Kontaktverbote auf Basis der düstersten Modellszenarien (ohne Berücksichtigung sachlich-kritischer Expertenmeinungen) sowie die vollständige Schließung von Unternehmen und Geschäften ohne jedweden Nachweis einer Infektionsgefahr durch diese Geschäfte und Unternehmen sind grob verfassungswidrig.“
Risikogruppen besser schützen
Die Infektion durch das neue Virus Sars-Cov 2 und die von ihm laut Weltgesundheitsorganisation WHO ausgelöste Krankheit Covid-19 stellen laut Bahner „keine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit“ dar.
Das werde durch die vorliegenden Zahlen und Statistiken belegt. Diese würden zeigen, „dass die Corona-Infektion bei mehr als 95 Prozent der Bevölkerung harmlos verläuft (oder vermutlich sogar bereits verlaufen ist)“.
Die Fachwältin hebt hervor, das stattdessen die Risikogruppen wie Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen (ca. 4,5 Prozent der Bevölkerung) beachtet werden müssten:
„Diese Menschen sind durch geeignete Maßnahmen sowohl der Regierung als auch der Risikogruppen selbst zu schützen: Etwa durch Schleusen vor den Altenheimen, durch Aufklärung der Übertragungswege (nur durch Tröpfcheninfektion), durch Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen sowie insbesondere durch eigenverantwortliche Schutzmaßnahmen dieser gefährdeten Menschen selbst in den Wochen der Epidemie.“
Bahner fordert außerdem:
„Das medizinische Personal in Kliniken, Arztpraxen, Altenheimen und Pflegediensten ist mit sämtlichem notwendigen Material zu versorgen, was der Bundesregierung bis heute nicht gelungen ist!“
Die Anwältin kritisiert die von der Regierung getroffenen radikalen Maßnahmen der Ausgangs- und Kontaktverbote für 83 Millionen Menschen und die Lahmlegung nahezu der gesamten Wirtschaft über viele Wochen.
Das sei „weder durch die Entwicklung der Zahlen, noch durch Studien, noch durch bisherige Erfahrungswerte gerechtfertigt“.
Falsche Maßnahmen Bahner beruft sich auf bisher bekannte Fakten und Expertenaussagen:
„Die wirklich notwendigen Maßnahmen hingegen sind noch immer nicht umgesetzt, wie die vielfältigen Klagen aus Kliniken, Altenheimen und Arztpraxen zeigen. Es braucht ferner mehr Tests bei denjenigen Menschen, die viel Kontakt mit der Risikogruppe haben: Dies sind die Pflegekräfte sowie die Familienmitglieder einschließlich der Kinder, die ihre alten Angehörigen besuchen wollen.“
Ebenso fordert sie Teste für die Mitarbeiter der Supermärkte, die täglich mit hunderten Menschen Kontakt haben. Notwendig seien Stichproben bei der Bevölkerung, „um die tatsächliche (vermutlich um ein vielfaches höhere) Zahl der Infektionen und damit den tatsächlichen (vermutlich um ein vielfaches geringeren) Prozentsatz der schweren und schwersten Erkrankungen des Corona-Virus zu ermitteln“.
„Es braucht vor allem dringend die Obduktion der an/mit Corona verstorbenen Menschen, um festzustellen, woran diese meist alten Menschen mit meist vielen Erkrankungen tatsächlich verstorben sind“, so Bahner.
Das tonangebende Robert Koch-Institut (RKI), das dem Bundesgesundheitsministerium untersteht, erklärt stattdessen in seinen „Empfehlungen zum Umgang mit COVID-19-Verstorbenen (1):
„Eine innere Leichenschau, Autopsien oder andere aerosolproduzierenden Maßnahmen sollten vermieden werden. Sind diese notwendig, sollten diese auf ein Minimum beschränkt bleiben.“ „Shutdown muss beendet werden“
Die Heidelberger Fachanwältin fordert „eine redliche Darstellung der Todeszahlen, weil nämlich täglich etwa 2500 Menschen sterben, davon täglich etwa 900 Menschen in Pflegeheimen. In Deutschland sterben jährlich 900.000 Menschen! Es braucht somit endlich ein korrektes wissenschaftliches Vorgehen und eine korrekte Information der Menschen!“
Bahner fordert ein Ende des „Shutdown“:
„Der seit 70 Jahren einmalige Shutdown, zu dem das Infektionsschutzgesetz ausdrücklich nicht berechtigt, verletzt in gravierender Weise das verfassungsrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit und die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zum Schutze der Freiheitsrechte und der Gesundheit der Bürger. Dieses Regierungshandeln zerstört sämtliche Prinzipien unserer Verfassung und unseres Rechtsstaats, den wir noch vor wenigen Monaten mit dem 70-jährigen Bestehen des Grundgesetzes so stolz gefeiert haben.“
Sie sei „wirklich entsetzt“, erklärt sie. Sie wolle sich „nicht vorwerfen müssen, als Rechtsanwältin nicht gehandelt und den Rechtsstaat nicht mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigt zu haben“.
Die Folgen der Corona-Maßnahmen für die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Demokratie und insbesondere für die Gesundheit der Menschen „werden verheerend sein“, warnt sie.
Quelle:
Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der nachfolgende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!
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Dieser Beitrag erschien zuerst im Magazin Rubikon am 4.4.2020
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Bildquelle: nitpicker / shutterstock
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