Ein Kommentar von Dirk Pohlmann.
Unbeachtet von den Relotiusmedien veröffentlichte die amerikanische Journalistin Whitney Webb, die zur Zeit in Chile lebt und arbeitet, am 17. April einen unglaublichen Artikel im US Alternativmedium Mintpress News. Einen Artikel, der alle Voraussetzungen zum Skandal in Deutschland erfüllte – wenn denn unser Mediensystem funktionierte. Wenn wir Wachhunde in den Redaktionen hätten, statt Schoßhunde der Macht. Vor 40 Jahren wäre diese Geschichte über die „Operation Condor“ wohl die Titelstory des „Spiegel“ geworden. Aber heute hat der Spiegel keinen Mumm mehr, keinen Biss – und keine Zukunft. Er verendet, völlig zu recht, langsam aber sicher mit immer geringer werdenen Verkaufzahlen hinter dem Hamburger Hauptbahnhof. Mitleid ist nicht angebracht, das ehemalige Sturmgeschütz der Demokratie ist „durch eichne Schuld in die Gagge geraden“, wie man in Sachsen sagt. Der Spiegel wirbelt heute keinen Schlamm mehr auf, er ist zum Mülltransporter der Berliner Republik degeneriert. Zu eine ganz besonderen Mülltransporter, der im Regierungsviertel Abfall auflädt und dann gleichmäßig in die Wohngebieten verteilt. Er liefert Relotius-Märchen, Fake-News und Informationsklumpen der Marke Integrity Initiative. Unter anderem mit Hilfe des glorreichen investigativen Rechercheverbundes, dem außer dem ehemaligen Nachrichtenmagazin noch der NDR, der WDR und die Süddeutsche Zeitung angehören. Ab und an auch die BBC, die noch so ein Fall eines einstmals guten Nachrichtenmediums ist, das nur noch als abschreckendes Beispiel dienen kann.
Der Rechercheverbund recherchiert nicht, er lässt seinen Mülllaster bei einem Informationsdienst des Oligarchen Michail Chodorkowski mit Schrott beladen. Oder beim eBay Oligarchen Pierre Omidyar, von dem es die Panama Papers stückchenweise zugeteilt bekommt und der die Snowden Akten so gut beschützt, dass sie nie mehr das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden.
Chodorkowski war einst reichster Mann Russlands, er ist nach offizieller Ansicht des EU Gerichtshof für Menschenrechte nicht aus politischen Gründen wegen Steuerhinterziehung vorbestraft, er lebt nach langer Haft im Schweizer Exil und hat eine Rechnung mit Putin offen. Chodorkowskis Medien-Angestellte haben dem Spiegel die gar schröckliche Moritat vom unter Kontrolle des Kreml stehenden AfD Abgeordneten Markus Frohmaier geliefert. Sie ist so solide wie ein Kartenhaus im Nordseeregen, aber das werde ich an anderer Stelle detailliert nachweisen.
Zuerst geht es um die unter den Teppich gekehrte Meldung über die Operation Condor. Operation Condor ist der Name einer konzertierten Aktion von Staaten, in denen jeweils nach einem Militärputsch mit freundlicher Unterstützung der USA rechtsgerichtete Militärs Linke jagten, töteten oder verschwinden ließen – und das koordiniert, über Lan Offiziell handelte es sich um „Terrorismus und Aufstandsbekämpfung“, tatsächlich war es Staatsterrorismus, um unliebsame Linke auszuschalten. Zur Operation Condor gehörten anfangs Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay, Bolivien, Brasilien, später Ecuador und Peru. Bei den politischen Säuberungen wurden nach Dokumenten des in Paraguay aufgefunden „Archiv des Terrors“ 50.000 Menschen ermordet, 30.000 verschwanden spurlos und 400.000 wurden ins Gefängnis geworfen.
In Chile wurde unter General Pinochet vom Geheimdienst DINA mit wissenschaftlicher Präzision gefoltert und ermordet. Chile wurde zum Experimentierfeld der exakt geplanten Vernichtung. 3000 präzise ausgewählte Menschen wurden unter dem Kommando von DINA Chef Manuel Contreras sorgsam gequält, dann getötet und so der politische Widerstand gezielt enthauptet. Alles unter den wachsamen Augen der CIA, die ihre schützende Hand über das Morden hielt. Vor einigen Jahren dachte man noch, die Rolle der USA sei eher passiv und beobachtend gewesen, Beihilfe zum Massenmord sozusagen, aber dieser Eindruck erweist sich mehr und mehr als falsch. Es war Mord mit Anleitung.
In Argentinien wurde die alte ultrabrutale Methode angewendet, die jeden Verdächtigen in die Knochenmühle schickte. 30.000 Menschen fielen den Militärschergen zum Opfer. In Chile und Argentinien ließ man Gefangene spurlos verschwinden, in dem man sie mit Drogen vollpumpte, in Leichensäcke steckte, den Bauch aufschlitzte und dann aus Flugzeugen und Hubschraubern ins Meer stürzte, wo sie die Fische spurlos zerlegten. Eine Methode, die man von den französischen Streitkräften des Algerienkrieges übernahm. Französische Experten bildeten ihre südamerikanische Folterkollegen in solchen erprobten Verfahren aus.
Was bisher unbekannt war und in jetzt freigebenen Akten der CIA steht: Im September 1977 waren Geheimdienstmitarbeiter und Sicherheitskräfte aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland im Hauptquartier in Argentinien, um sich über die Operation Condor zu informieren. Sie diskutierten, wie man eine ähnliche Struktur in Europa aufbauen könnte, weil nach ihrer Ansicht der Terrorismus und die subversive Tätigkeit in Europa eine große Gefahr darstellten, die wie in Südamerika zu bekämpfen sei. Die Vertreter der 3 Länder wollten wie die Länder der Operation Condor bei ihrer „Tätigkeit“ gegen die „Subversion“ über Landesgrenzen zusammenarbeiten. Die Operation Condor war das Vorbild.
Die oft missbrauchten Wörter „Recht und Ordnung“ bedeuten in diesem Zusammenhang Machtausübung in Gestapo Manier. Wer waren die deutschen Beamten, die so angetan vom Folter und Massenmordprojekt Condor waren, dass sie es nach Deutschland und Europa importieren wollten? Wer wollte wie in alten Zeiten mit eiserner Faust aufräumen und die Fische mit politischen Gegnern füttern?
Und warum interessiert das niemand beim glorreichen Rechercheverbund von NDR, WDR und , Süddeutscher, im Spiegel, der Zeit und in anderen Qualitäts-Medien? Ist das zu viel Information? Zu viel Realität? Bedeutet die Veröffentlichung die Verringerung der Karrierechancen auf einen transatlantischen Führungsposten in den Leitmedien?
Das Schweigen der Relotius-Medien zur deutschen, staatlichen Sehnsucht nach organisiertem Terror sollte uns in den Ohren dröhnen. Es ist ein Warnsignal. Dies und das Schweigen der Qualitätsmedien angesichts der Einkerkerung ihres Kollegen Julian Assange sind ein klarer Beleg, mit wem man es zu tun hat. Niemand sollte darauf bauen, dass diese Kaste zu mehr fähig ist, als ihren Opportunismus auch angesichts einer folterwilligen Staatsmacht hinter wohlklingenden Nebelwänden aus Neusprech zu verstecken.
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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