“Waldweg” und “Panzerketten noch immer”

Zwei Gedichte von Wolfgang Bittner.

 

Waldweg

Das filigrane Blattwerk der Esche,
Ahorn, Buchen und Kiefern,
sie wachsen hoch in den Himmel,
an dem Kampfflugzeuge
ihre schnurgeraden Bahnen ziehen.
Hohe Bläue heute,
und statt Wolken
gefiederte Kondensstreifen.

Piloten dort oben, Techniker, Militär.
Es macht ihnen Spaß, manchmal
schießen sie einen Purzelbaum,
sie üben noch, aber vielleicht
sind sie bald schon Helden.
Wir senken den Blick
auf den schlammigen Weg
und überspringen die Pfützen.

 

Panzerketten noch immer

Die Fenster vernagelt, die Türen
verbarrikadiert,
ein fernes Grollen kommt näher,
Artillerie, heißt es,
auf der Straße knattern Schüsse,
das Rassel von Panzerketten
bis in den Keller,
Wände beben, zittern,
es riecht nach Kartoffeln.
Das Schloss am Hoftor wird
aufgeschossen,
Rufe in einer fremden Sprache
und Kolbenstöße an der Kellertür,
auf dem Hof Schreie,
im Hinterhaus schreien Frauen,
die Großmutter löscht das Licht.

(Aus: Wolfgang Bittner, „Südlich von mir“, Gedichte, Lyrikedition 2000/ Allitera Verlag, München 2014)

 

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung der Gedichte.

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