Westdeutsches Denken, ostdeutsche Wirklichkeit | Von Rüdiger Rauls

Ein Kommentar von Rüdiger Rauls.

Nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen haben die üblichen Sprechblasen wieder Konjunktur. Wieder einmal müssen aus den Wahlergebnissen Lehren gezogen werden. Aber wieso führten die Lehren aus die früheren Misserfolgen dann nicht zu Siegen?

Wie weiter?

Die Demonstrationen gegen Rechts hatten nur kurz Wirkung gezeigt – vor allem im Westen. Diese aber scheint inzwischen verflogen. Die Alternative für Deutschland (AfD) war nur vorübergehend in den Sonntagsfragen abgerutscht. Am Wochenende hat sich die Wirklichkeit von ihrer unangenehmen Seite gezeigt. Sie lässt sich nicht mehr wegdiskutieren und auch nicht wegdemonstrieren. Die Menschen können nur für eine gewisse Zeit getäuscht und von ihren Ansichten abgebracht werden und schon gar nicht, wenn sich die Anlässe für ihren Unmut nicht ändern.

Die AfD ist besonders im Osten Deutschlands nicht mehr klein zu reden, geschweige denn wegzudenken. Das liegt nicht daran, dass die sogenannten Westparteien von CDU, SPD, Grüne und FDP ihre Ansichten und Vorschläge nicht klar genug „kommuniziert“ hätten, wie man sich immer wieder in diesen Parteien das eigene Scheitern schönredet. Das ist nur eine selbstgefällige Umschreibung für die Verachtung gegenüber dem Wähler, den man für zu blöde zu halten scheint, die tollen Heilsversprechen der „Westparteien“ zu kapieren.

Vielmehr funktionieren die alten Herangehensweisen der alten Regierungsparteien nicht mehr, und das will man in uneinsichtiger Bockigkeit nicht wahrhaben. Vielleicht erkennt man es aber auch einfach nicht beziehungsweise weiß nicht, wie man anders Politik machen soll. Denn zu sehr eingespielt und eingefahren ist der Politikbetrieb, der sich seit 1949 im Westen herausgebildet hatte und nach 1990 einfach auch auf den Osten übertragen wurde.

Doch trotz aller Besserungsschwüre, dem Bürger die eigene Politik noch besser erklären zu müssen oder auch dem Bürger noch besser zuhören zu müssen und allerlei sonstiger Selbstverpflichtungen, wenden sich immer mehr Bürger von den alten Regierungsparteien ab. Hatte man die anfänglichen Erfolge der AfD sich noch als Proteststimmen schönreden können, so ist mittlerweile klar, dass das im Osten nicht mehr stimmt.

Wie die Forschungsgruppe Wahlen nach den Stimmabgaben ermittelte, hatten nur noch 31% ihre Stimme für die AfD aus Protest abgegeben, „62 Prozent hingegen wegen ihrer politischen Forderungen“ <1>. Dieser Erkenntnis scheint man sich nicht stellen zu wollen. Stattdessen wird weiterhin versucht, die AfD und neuerdings auch die Bewegung Sahra Wagenknecht (BSW) in Misskredit zu bringen.

Da man sich nicht politisch mit ihnen auseinandersetzen und inhaltlich messen kann, mäkelt man kleinkariert an ihnen herum, ohne zu merken, dass man sich damit schlechte Verlierer nur noch mehr ins Abseits stellt und sich noch unsympathischer macht. Der ständige Verweis darauf, dass die AfD eine „gesichert rechtsextreme Partei“ <2> sei, hat zumindest im Osten immer weniger Menschen davon abgehalten, sie zu wählen.

Westliches Denken

Die Meinungsmacher in den Westparteien waren der festen Überzeugung, dass solche Aussagen genügen, um die Menschen zu Einsicht und Abkehr zu bringen. Denn die Führungskräfte im politischen Westen kennen es nicht anders, als dass es überall nach ihrer Nase geht. Das gilt nicht nur weltweit sondern auch in den eigenen Gesellschaften. Die Meinungsmacher in Medien, Politik, Kultur und Wissenschaft sind es gewohnt, dass Ihre Sichtweisen, ihre Meinungen, ihre Werte und Wertmaßstäbe bestimmend sind und überall gelten. Sie kennen es nicht anders, als dass die meisten Menschen in ihren Gesellschaften dieses Denken teilen, staatstragend und systemtreu, vielleicht etwas kritisch, aber nur selten systemkritisch und schon gar nicht klassenbewusst.

Und so war es auch selbstverständlich im Bewusstsein der gesellschaftlichen Führungskräfte, dass die Bürger die Demokratie als höchstes Gut betrachten und alle zu bekämpfen bereit sind, von denen Gefahr für unsere Demokratie droht. Auf diesem Denken beruht der Glauben an die Wirkkraft solcher Aussagen, dass die AfD eine „gesichert rechtsextreme Partei“ ist. Nun fallen sie aber aus allen Wolken, wo sie merken, dass das einem großen und wachsenden Teil der Bevölkerung egal ist. Sie merken, dass sich immer weniger Menschen durch solche Warnungen und Verteufelungen von der Wahl dieser Partei abhalten lassen.

Das entspricht nicht ihrem herrschenden Weltbild, weil sie davon ausgehen, dass alle so denken wie sie, sich denselben Werten verpflichtet fühlen wie sie, dieselben Ansichten teilen wie sie. Sie kennen es auch nicht anders aus ihrem Umfeld und Erlebnisraum. Denn sie sind umgeben von solchen ähnlich denkenden Menschen, von Ihresgleichen. Ihre Lebenswirklichkeit spielt sich ab in dieser Blase der Gleichgesinnten.

Wer aber dennoch nicht so denkt wie sie zum Beispiel in den Medien und Öffentlich Rechtlichen, den Parteien, in ihren Einflussbereichen in Kultur und Gesellschaft, der schweigt aus Angst um seinen Arbeitsplatz oder ist bereits mehr oder weniger freiwillig gegangen. Wer in ihrem Umfeld nicht so denkt wie sie, redet ihnen nach dem Munde aus Selbstschutz oder hält sich mit seiner Meinung zurück. Denn sie als die gesellschaftlichen Führungskräfte haben die Macht. Das wissen diejenigen, die von ihnen abhängig sind.

So entsteht bei diesen Mächtigen der Eindruck, dass alle so denken wie sie, dass allen die Demokratie so wichtig und heilig ist wie ihnen. Dementsprechend hilflos und ratlos sind sie dann, wenn Entwicklungen auftreten wie im Osten oder gesamtgesellschaftlich durch das Erstarken der AfD oder auch des BSW. Sie fallen aus allen Wolken, dass da Menschen sind, bei denen offensichtlich ihre Überzeugungsarbeit nicht gefruchtet hat.

Das kann in ihrem Denken nur an diesen Menschen selbst liegen, nicht an der eigenen Unfähigkeit zu überzeugen. In wirren Gedankengängen erklärt man sich die Erfolge der AfD daraus, dass „sie das ideologische Erbe zweier unaufgearbeiteter Diktaturen noch erfolgreicher bewirtschaftet als die Linkspartei“ <3>. Das heißt also, dass die Menschen, die AfD gewählt haben, nicht nur zu dumm oder gar undankbar sind, sondern zudem noch Anhänger von Diktaturen. Sollte da nicht gleich die Forderung gestellt werden, ihnen das Wahlrecht zu entziehen? Denn wer nicht richtig wählt, hat sich nicht als wahlberechtigt qualifiziert?

Östliche Wirklichkeit

Sie merken nicht oder wollen nicht wahrhaben, dass sie selbst es sind, die ihr eigenes Fundament unterspülen. Sie verurteilen den Hass in der Gesellschaft und deren Spaltung, merken aber nicht, dass sie selbst es sind, die beides betreiben. So bezeichnet Anton Hofreiter von den Grünen in seinem missionarischen Eifer die AfD als eine „eine Truppe von Landesverrätern … [eine] unglaubliche Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat sowie den Wohlstand vieler Menschen… . Das ist noch nicht in allen Teilen der Gesellschaft angekommen“ <4>. Auch hier drückt sich wieder die Verachtung für jene Wähler aus, die Hofreiter offensichtlich für dumm hält, weil sie eine andere Meinung zur AfD haben.

All das sehen und hören die Menschen, und solche Ausbrüche nähren Zweifel bei vielen an der Ehrbarkeit von Politikern und den Werten, die sie zu vertreten vorgeben. Viele erleben, wie glühende Verfechter der Demokratie mit Taschenspielertricks die AfD von der Regierungstätigkeit fern zu halten versuchen. Damit verprellt man nicht nur die Wähler dieser Partei sondern weckt auch Zweifel bei jenen, die an die demokratischen Werte glauben. Denn diese müssen nun mit ansehen, wie die Herolde der westlichen Werte diese selbst in Misskredit bringen, indem sie eine Partei ausschließen wollen, die immerhin ein Drittel der Wähler repräsentiert.

Wenn die ehemalige Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, die weithin noch hohes Ansehen genießt, behauptet: „Die AfD hat in Wahrheit keine Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit.“ <5>, so stellt sich die Frage, welche Antworten denn die Regierungsparteien haben, die CDU eingeschlossen.

Offensichtlich sehen die Menschen im Osten keine Lösungen in dem, was die Parteien von CDU bis SPD an Maßnahmen anbieten. Denn auch die CDU konnte im Osten nicht vom Niedergang der Ampel profitieren. Das konnten nur BSW und AfD. Dabei können auch sie nur Hoffnungen auf Lösungen anbieten, aber das scheint den Wählern schon zu genügen. Wie realistisch deren Angebote gerade in Bezug auf die Migrationsfrage und Rückführung sind, ist zweifelhaft.

Denn die Entscheidung in dieser Frage wird auf Bundesebene, nicht der Landesebene getroffen. Das ist die Anerkennung der Regierungen von Afghanistan und Syrien. Solange die Bundesregierung die Regierungen dieser Staaten nicht anerkennt und sich weigert, mit diesen Abkommen über die Rückführung zu schließen, wird dort kein Flugzeug landen dürfen. Das sind die Tatsachen, die alle bisherigen Regierungen den Bürgern verschwiegen haben von der CDU bis zur SPD. Das Haupthindernis liegt in ihnen selbst, ihrer Weigerung Regierungen anzuerkennen, die ihnen nicht in den Kram passen.

Die unlängst erfolgte Rückführung von Afghanen hat aber eigentlich dem Ansehen der AfD in dieser Frage eher genützt als der Ampel. Denn sie zeigte einerseits, dass eine solche Rückführung möglich ist, wenn auch die komplizierten Umstände weitgehend nicht öffentlich wurden. Und sie unterstützte den Vorwurf, dass die bisherigen Regierungen eine solche Abschiebung wenn nicht gewollt so dann doch aus Unfähigkeit nicht durchgeführt haben.

Aber aus all diesen Pannen und Unzulänglichkeiten der Ampel hat die CDU nicht profitieren können.

In Dresden und auch Berlin war man offensichtlich erleichtert darüber, dass die CDU nicht mit dem Rest der alten Westparteien abgestürzt ist. Das sah man schon als Erfolg. Der Krieg in der Ukraine hatte für die Landtagswahlen nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Dennoch scheint man es Ministerpräsident Kretschmer hoch angerechnet zu haben, dass er sich nicht davor scheute, „sich in Fragen von Krieg und Frieden von der Bundespartei abzusetzen“ <6>.

Auch wenn für die meisten Bürger in Sachsen diese Frage nicht so wichtig war, sahen sie doch anscheinend darin das Signal, dass ihre Interessen, Wünsche und Sorgen ernst genommen werden. Das unterscheidet den Ossi Kretschmer dann von seinen Kollegen aus dem Westen. Er kommt bodenständiger daher, er kennt die Realitäten im Osten und erkennt sie an.

Er tritt den Bürgern im Osten, die die AfD gewählt haben, nicht mit demselben Hochmut und Überheblichkeit gegenüber wie die Hofreiters und andere aus dem Westen. Und vor allem denkt er politisch. Er denkt auch schon an die Bundestagswahlen im nächsten Jahr, also über seinen Sprengel hinaus, und scheint zu wissen, dass man den Wählern nicht weiterhin mit dieser Verunglimpfung der AfD kommen kann, wenn man sie gewinnen will.

Quellen

<1> FAZ vom 3.9.2024: Maximal volatil

<2> ebenda

<3> ebenda

<4> Welt vom 26.8.2024: Hofreiter nennt AfD eine „Truppe von Landesverrätern

<5> ebenda

<6> FAZ vom 3.9.2024: Maximal volatil

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse

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Kommentare (9)

9 Kommentare zu: “Westdeutsches Denken, ostdeutsche Wirklichkeit | Von Rüdiger Rauls

  1. Yoyohaha sagt:

    😡😡🙏👉
    https://staging.apolut.net/gesicht-zeigen/

    😡😡🙏👉Findet den Fehler in Euren Denken!!

    • Yoyohaha sagt:

      👉👉🙏🙏😡Wie war das mit deinen Gesicht Zeigen, Winner Gates….? Das es alle glauben alle Partein? Haben die sich abgesprochen? Auch die Spitze der AFD?
      Schade Ken für den Wandel. LG (Basis Partei wurde später gegründet)

  2. Osterei sagt:

    Zu den Rätseln, die einem die Ossis aufgeben gehört für mich die Frage, warum so viele Leute dort die CDU wählen. Alles, was man dort zu kritisieren hat, verdankt man schließlich der CDU und nicht zuletzt deren "Kampf" für die neoliberale Politik. Und es ist dier neoliberale Politik, die so Vieles im Osten, wie im Westen, ins Arge geführt hat, von der sich auch die AfD nicht distanziert hat.
    Bleibt mir also ein Rätsel, was man dort – aber auch AfD-Wähler im Westen – so denkt.
    Die Misere Deutschlands verdanken wir
    1. der CDU
    2. dem Ampel-Konglomerat.
    Nichts davon sollte wählbar sein und auch die AfD nicht, solange sie nicht den beschriebenen Mangel korrigiert hat (und noch einige).
    Wie es aussieht hat das BSW diese Mängel nicht, doch dessen Idee, mit der CDU koalieren zu wollen ist schon haarsträubend. Da hätte BSW doch gleich in der bankrotten Linken bleiben können. Die hat ja immer hervorragend mit der Macht gekuschelt.
    Was bleibt?
    Nichts.

    • Die CDU(D) gab es als Blockpartei schon zu DDR-Zeiten. Wer weiß; vielleicht aus Nostalgie…

      Was das BSW anbelangt, was sollen die mit den, zwar beachtlichen aber nicht ausreichenden, 15% anfangen? Regieren können sie damit nicht. Also MÜSSEN sie eine Koalition eingehen.
      Zwischen Pest, Cholera und was weiß ich noch was für tödliche Krankheiten, ist die CDU das geringste Übel. Wahrscheinlich wird das aber auch nicht reichen. Eine dreier Koalition, egal was für eine, kann nur katastrophal sein und enden, wie die aktuelle auch.

      Naja, als Fazit, kann ich Ihnen nur recht geben – da bleibt eigentlich nichts.
      Sowas von trostlos. Und das genau in Zeiten wie diesen, wo man im Grunde nicht nur Profis sondern außerordentliche Profis gebraucht werden.
      Ich hätte fast gesagt "echte Profis", aber kann man dann "unechte" noch Profis nennen?

    • Schramm sagt:

      Immerhin: Die westdeutsche CDU der gesamtdeutschen Bourgeoisie führte die ostdeutschen Brüder und Schwestern im Geiste in das westdeutsche Schlaraffenland und erträumte Konsumparadies.

      Da kapitulierten selbst die ostdeutschen „Kampftruppen der Arbeiterklasse“ (200 000 für den Fall eines Falles), das Ministerium für Staatssicherheit (92 000 in vergeblicher Erwartung einer neuen Verwendung beim westdeutschen Kapitalschutz von BfV und BND etc.), die Nationale Volksarmee (NVA, die verbliebenen 42 000 von vormals 150 000 wechselten über Nacht das Hemd und die Uniform, so vom 2/3. Oktober 1990).

      Die Millionen ostdeutschen Wahlberechtigten warfen zu über 80 Prozent am 18. März 1990, ebenso ihren vorgeblichen Marx und Engels, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, wie die 2,4 Millionen m/w Mitglieder der sich rasant auflösenden SED ihren Mitgliedsausweis in die Tonne für das Altpapier und für die Verbrennungs- und Heizungsanlagen.

      PS: Der kleinen überlebenden Minderheit von Humanisten, Kommunisten und Sozialisten ist es nach Kriegsende 1945 eben nicht gelungen, mit der antifaschistischen staatlichen Gründung einer Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eine dem Kapitalfaschismus und Imperialismus widerständige Bevölkerung gesellschaftspolitisch zu manifestieren.

      04.09.2024, R.S.

  3. Norbert sagt:

    Ich kann es nicht fassen, dass Sie, Rüdiger Rauls, so etwas schreiben:
    "So entsteht bei diesen Mächtigen der Eindruck, dass alle so denken wie sie, dass allen die Demokratie so wichtig und heilig ist wie ihnen."
    "Ihre Demokratie" hätten Sie schreiben können. Was Demokratie eigentlich ist, sollten Sie bei Prof. Dr. Rainer Mausfeld nachlesen.
    2. "klassenbewusst" sollten sie erklären! Viele Politiker und Journalisten denken sehr klassenbewusst: sie zählen sich zur Klasse von Waren Buffet.

  4. _Box sagt:

    Rüdiger Rauls Denken gemessen an der Wirklichkeit. Jenseits dem Anspruch einer zur hohlen Phrase verkommenen Demokratie, erhebt keine der angetretenen Parteien einen Anspruch zur tatsächlich demokratischen Gestaltung einer Gesellschaft. Korrekterweise heißt es u.a. auch Elitenwahloligarchie. Das bedeutet in der institutionalisierten Tyranei des Kapitals, hat man lediglich den Demagogen ausgetauscht von dem man sich vorzugsweise belügen läßt. Das zeugt nicht von politischem Interesse oder von politischer Mündigkeit, woran auch keiner der Partei- und Medienlaufburschen ein Interesse hat, sondern von politischem Analphabetismus bekundet durch ein Kreuz.

    Ein alternativer Artikel zur Thematik:

    Parteienkartell und Scheinopposition: Das Wahl-Dilemma der Ostdeutschen
    3 Sep. 2024 16:11 Uhr

    Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen bringen den Mainstream zum Kochen. Die Medien wechseln von Entrüstung zu Ossi-Bashing, Altpolitiker überbieten sich mit Sündenbock-Thesen und Moralin. Doch es gibt ein echtes Dilemma, in dem die aufmüpfigen ostdeutschen Wähler stecken.
    Von Susan Bonath

    Die Wahlergebnisse in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen und Sachsen sind so wenig überraschend, wie die hysterischen Reaktionen des Mainstreams darauf: Rechte CDU-Hardliner distanzieren sich öffentlichkeitswirksam von ihrer erstarkten rechten Schwesterpartei AfD. "Experten" identifizieren mal wieder den "demokratiefernen Jammerossi" als Übel – und so weiter, das übliche eben.

    Der Grad an Absurdität dieser seit Jahren vollführten Moral-Show steigt mit der politisch vorangetriebenen Zerrüttung der Lebensverhältnisse. Nach tiefer gehenden Analysen mit Blick auf die realen Interessen der lohnabhängigen Bevölkerung sucht man vergeblich. Nicht einmal die eindeutige Ursache wird reflektiert: die berechtigte Wut auf die etablierte Kriegskurs-Politik. Die daran anknüpfende Frage müsste lauten: Was bringen solche Wahlergebnisse der Mehrheit der Wähler wirklich?
    (…)
    Die Wähler sendeten eine eindeutige Botschaft: Sie haben die etablierte Politik satt und erhoffen sich Veränderung durch AfD oder BSW. Ganz oben auf der Liste des Unmuts dürften stehen: Die Kriegstreiberei gegen Russland, die damit verbundene desaströse Energiepolitik, die zu einer Explosion der Heiz- und Stromkosten führte, die Migrationspolitik sowie die Angriffe auf die Meinungs- und Pressefreiheit.

    Das Verbot der russischen Sender RT und Sputnik im Jahr 2022 ist nur ein kleiner Teil umfassender Zensurmaßnahmen in Deutschland und der EU. Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz trat bereits 2017 in Kraft und führte 2020 mit Beginn der Corona-Maßnahmen zu ausufernder Zensur in sozialen Netzwerken. Erst kürzlich wurden in mehreren EU-Staaten, darunter Deutschland, pro-palästinensische Telegram-Kanäle verboten.

    Auch die ostdeutsche Geschichte darf nicht ausgeblendet werden. Mit dem Anschluss der DDR an die BRD wurde der Osten zum Armenhaus Deutschlands gemacht: Die Löhne sind bis heute niedriger, die Armutsraten höher. Viele Politiker und Firmenbosse kommen nach wie vor aus dem Westen, die einst von Altkanzler Helmut Kohl (CDU) versprochenen "blühenden Landschaften" kamen nie.

    Der westliche Imperialismus

    Von derartiger Selbstreflexion ist weit und breit nichts zu finden, keine Spur auch von einem Blick auf die tatsächlichen Interessen der "kleinen Leute". Das alles wäre aber nötig, um die Anschlussfrage stellen zu können: Inwiefern sind AfD und BSW tatsächlich eine Opposition im Sinne der Mehrheit der Ottonormalbürger? Gegen die desaströs agierenden etablierten Parteien zu sein, genügt dafür nicht allein.

    Dazu ein Blick auf den weltpolitischen Kontext. Deutschland ist eingebunden in den westlichen Kapitalblock, der mittels NATO eine imperialistische Strategie gegen seine Kontrahenten, im wesentlichen Russland und China, verfolgt, um – ohne Rücksicht auf Verluste – seine schwächelnden Profitraten wieder zu steigern.

    Dabei setzt der Westen nicht auf die Erhöhung des eigenen Lebensstandards, schon gar nicht auf Kooperation mit wirtschaftliche schwächeren Ländern. Er verfolgt das Ziel, Märkte zu erobern, technologisch Oberwasser zu gewinnen und kriegerisch aufzurüsten. Die NATO ist somit eine imperialistische Eroberungsarmee im Interesse des westlichen Kapitalblocks – und dieser sitzt heute vor allem in den USA.

    Die USA als NATO-Führungsmacht, so kann man es wohl beschreiben, betrachten Europa anscheinend als Kolonie für ihre eigenen Interessen, die es, wie den "globalen Süden", auszuplündern gilt. Dabei nehmen die USA als kapitalistisches Mutterland weder Rücksicht auf die eigene Bevölkerung, was an den rasant steigenden Armutsraten sichtbar wird, noch auf die Zustände in Europa, wo es sich ähnlich entwickelt.

    Die NATO-Osterweiterung ähnelt eigentlich einer kolonialen Erweiterung, freilich verbunden mit ein wenig Erpressung von der Art: Wenn du nicht beitrittst, bekommst du keinen militärischen Schutz. Das ist wie die Mafia in großem Rahmen. Die westlichen Imperialisten denken nicht daran, die dem Kapitalismus innewohnende Monopolbildung des Kapitals aufzuhalten. Sie hoffen offenbar, davon zu profitieren.

    Die wirtschaftlichen Krisen führen allerdings zu Problemen mit zunehmend verarmenden, aber auch widerspenstigen Bevölkerungen. Dem begegnen die Regierungen autoritär: mehr Zensur, mehr Verbote, mehr Staatsgewalt. Die etablierten Parteien in Deutschland, von der SPD bis zu den Grünen, der CDU bis zur FDP, vertreten die imperialistische Agenda der USA – Deutschland als ihr Anhängsel sozusagen.

    NATO-affine Scheinopposition

    Doch wen vertreten eigentlich AfD und BSW? Natürlich bekunden sie wie alle anderen auch, an der Seite der deutschen Bevölkerung zu stehen und in deren Sinne zu agieren. Allerdings prangern beide nicht die systemische Ursache der innenpolitischen Verwerfungen an: Den NATO-Imperialismus von US-Gnaden.

    Die AfD will laut ihres Programms an Deutschlands NATO-Mitgliedschaft nicht rütteln, sondern lediglich Deutschlands Stellung in ihr verbessern und das Militärbündnis mehr auf Verteidigung umpolen. Das ist angesichts der Machtverhältnisse utopisch, zumal die AfD nie Einwände gegen die NATO-Osterweiterung hatte und auch Waffenlieferungen in Kriegsgebiete regelmäßig zustimmte – nur in die Ukraine nicht.

    Mit anderen Worten: Die AfD will am System nichts ändern, auch nicht am imperialistischen Vorgehen der NATO gegen alle Welt – sie will aber die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland wieder herstellen, um die deutsche Industrie nicht in den Ruin zu treiben. Objektiv betrachtet steht sie damit an der Seite des von US-Monopolen bedrohten nationalen Großkapitals, das auf günstige Energie aus Russland angewiesen ist. Freilich würde das, zumindest vorläufig, auch dem Mittelstand helfen. Das ist aber auch schon alles.

    Das BSW umschifft die ganze NATO-Frage sogar vollständig. Stattdessen wünscht es sich mehr "eigenständiges Europa souveräner Demokratien", deren abweichende Interessen die USA doch bitte beachten möge. Das kann man freilich fordern und wünschen: Aber realistisch ist es nicht, als Mitglied der NATO dies auch nur ansatzweise umzusetzen.

    Vertreter der oppositionellen Kapitalfront

    Das Problem an beiden Konzepten ist: Sie berücksichtigen bestimmte Interessen der Bevölkerung zwar mit Sprüchen auf dem Papier, real wird diese dabei aber immer Verfügungsmasse des Kapitals bleiben.

    Auch außenpolitisch kann sich dabei nicht viel ändern, zum Beispiel an den Ursachen für Flucht und Migration. Diese wären nur zu beheben, wenn Deutschland von der gegenwärtigen imperialistischen Ausbeutung ärmerer Staaten auf Kooperation mit ihnen umschwenkt. Im Verbund mit der NATO wird es dazu nicht kommen können. Ohne Kampf gegen die Fluchtursachen wird man Flüchtlinge und Migranten nur mit Barbarei abwehren können. Und Barbarei führt meist zu noch mehr Barbarei.

    Man kann es auch so beschreiben: Aktuell findet ein innerwestlicher Kampf zwischen zwei Kapitalfraktionen statt: US-dominierte, multinational agierende Monopole, die mehr und mehr den westlichen, darunter den deutschen Markt beherrschen, treiben national und gen Osten orientierte, häufig auf fossile Technologien setzende Konzerne zusammen mit dem deutschen Mittelstand in den Abgrund.

    Während die Politik an der Seite der Monopolisten steht, bilden AfD und BSW die andere Kapitalseite ab. Die Opposition existiert damit zwar tatsächlich, diese steht aber keineswegs primär an der Seite der lohnabhängigen Mehrheitsbevölkerung. Für deren Interessen wären mindestens systemische Umschwünge nötig, allem voran eine Abkehr vom NATO-Imperialismus sowie der Kampf gegen die Monopolbildung, durch weitreichende Entprivatisierungen und Vermögensbegrenzungen etwa.

    Wahl-Dilemma und Entrüstungsshow

    Das Dilemma der ostdeutschen Wähler ist weniger das Wahlverhalten, als die Nichtexistenz einer echten Opposition für ihre Interessen. Die Linkspartei, ehemals PDS, ist einst als solche angetreten im Osten, hat aber die Hoffnungen der Bevölkerung rasch enttäuscht. Heute ist sie weitgehend eingebettet in den Mainstream, ihre einst wenigstens im Ansatz klassenkämpferischen Positionen hat sie gegen Cancel Culture und Identitätspolitik eingetauscht.

    Das Fehlen einer echten Opposition für die Interessen der Lohnabhängigen ist geradezu ein Glücksfall für das imperialistische Parteienkartell. Diese kann innerkapitalistische Konkurrenten, die kein bisschen bedrohlich für das System sind, zu großen Buhmännern aufblasen und die Wähler so immer noch daran hindern, ihre eigenen Interessen zu erkennen und dafür zu kämpfen.

    Anders ausgedrückt: Ein rechter Parteienblock bekämpft eine rechte Scheinopposition und erklärt deren Wähler zu Sündenböcken, die für einen "Rechtsruck" verantwortlich seien, den die Altparteien selbst verantworten. Dazu gibt's gratis eine moralinsaure Enrüstungsshow fürs Volk – verrückt.

    https://de.rt.com/meinung/217845-parteienkartell-und-scheinopposition-wahl-dilemma/

  5. wolfcgn sagt:

    ich möchte mich dagegen wehren, dass wir aufgespalten werden sollen in OST-und WEST-Deutsche. ich denke man wird sich noch darüber wundern können , wie auch in Westdeutschland der Einfluß der "Jung"-Parteien wachsen wird. Die Behauptung es handele sich um ein reines Ost-Problem hilft nur der Ampel über die Agonie ihrer letzten für uns so grausamen Monate. Die Bürger im Westen haben vielleicht ein wenig mehr gewachsene Parteien-Adhäsion, aber die Tatsache, dass die Jugend sich zunehmend den "Jung"-Parteien zuwendet zeigt, dass die Entwicklung innerhalb ganz Deutschlands in Ost und West synchron abläuft und auch die Älteren wenden sich mehr und mehr von den Altparteien ab. Die Ampel hat's endgültig vermasselt und Blacckrock kann's auch nicht mehr wenden. Gates noch?

  6. "Sollte da nicht gleich die Forderung gestellt werden, ihnen das Wahlrecht zu entziehen? "

    Nicht nötig. Man kann Forderungen stellen zum rückgängig Machen der Wahlen oder sie für ungültig zu erklären, wie einst Tante Merkel.
    Naja, und dann wählt man halt bis es "stimmt".
    Könnte eine Weile dauern…

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