Ein Kommentar von Thomas Röper.
Außerdem hat WhatsApp bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass es mit der Datensicherheit dort nicht weit her ist, als Einladungen zu Gruppen-Chats plötzlich in Google-Suchen gezeigt wurden und Außenstehende dann in diesen vermeintlich privaten Chats mitlesen konnten.
Aber was bedeuten die Änderungen der Nutzungsbedingungen von WhatsApp tatsächlich und welche Alternativen gibt es für diejenigen, die nicht zustimmen wollen? Dazu hat die TASS (eine der größten russischen Nachrichtenagenturen) eine Analyse veröffentlicht, die ich übersetzt habe (Die im Schriftartikel vorzufindenden Links sind aus dem Artikel übernommen) (1)
Beginn der Übersetzung:
„Zustimmen oder löschen“ Warum verschrecken die neuen WhatsApp-Regeln die Nutzer?
Viele haben begonnen, über den Wechsel zu alternativen Messengern zu sprechen.
WhatsApp hat sich immer als sichere Plattform positioniert, die eine End-to-End-Verschlüsselung verwendet, was bedeutet, dass auch der Dienst selbst keinen Zugriff auf die Korrespondenz und Gespräche seiner Nutzer hat. Die neuen Vorschriften haben jedoch für viele die Frage aufgeworfen, ob ihre personenbezogenen Daten geschützt bleiben. Das hat bereits dazu geführt, dass Politiker, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und normale Menschen sich von dem Messenger abwenden.
Ab dem 8. Februar wird jeder, der WhatsApp nutzt (außer Bürgern der EU und Großbritanniens), gezwungen sein, seine persönlichen Daten mit Facebook zu teilen. Das soziale Netzwerk hat Zugriff auf Telefonnummern, Transaktionsinformationen und IP-Adressen.
„Als eines der Facebook-Unternehmen erhält WhatsApp Informationen von anderen Facebook-Unternehmen und stellt anderen Facebook-Unternehmen Informationen zur Verfügung“, heißt es in der neuen Version der Datenschutzvereinbarung. Wie in dem Dokument gesagt wird, analysiert und fördert Facebook auf diese Weise die Arbeit seiner Dienste.
Die Benachrichtigung über die Einführung der neuen Regeln erscheint im Messenger-Fenster und fordert die Benutzer auf, ihre Zustimmung zu geben. Wer das nicht vor dem 8. Februar tut, verliert die Möglichkeit, Nachrichten auszutauschen und zu telefonieren. De facto geht es um die Entscheidung, WhatsApp weiterhin zu nutzen und persönliche Daten mit Facebook zu teilen oder nach alternativen Messengern zu suchen.
Was die neuen Regeln bedeuten
„Die Daten, die wir mit anderen Facebook-Unternehmen teilen, umfassen Informationen über Ihr Konto (z. B. Ihre Telefonnummer), Transaktionsdaten, dienstbezogene Informationen, Informationen darüber, wie Sie mit anderen Plattformen interagieren, wenn Sie unsere Dienste nutzen, Informationen zu Mobilgeräten und Ihre IP-Adresse“, heißt es in dem Dokument.
De facto wird das Unternehmen in der Lage sein, zu verfolgen, wo sich das Gerät befindet, Statistiken darüber zu sammeln, wie oft eine Facebook-App verwendet wird und Zugriff auf den Status der Nutzer und Fotos ihrer Profile zu erhalten.
Wie im Abschnitt über Datenschutz in den Richtlinien von WhatsApp erwähnt wird, werden diese Änderungen dem Unternehmen helfen, die Dienste zu verbessern und mit anderen Facebook-Produkten zu verbinden, einschließlich der Interaktionen von geschäftlichen Accounts. De facto sprechen wir über die Schaffung eines miteinander verbundenen Ökosystems, das Ihnen zum Beispiel erlaubt, WhatsApp Pay auf Instagram zu verwenden. Facebook-Chef Mark Zuckerberg sprach 2019 über das Konzept der Multiplattformen, die den Facebook Messenger, Instagram und WhatsApp miteinander verbinden würden.
Bisher gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass die neuen Regeln private Korrespondenz oder Gespräche von WhatsApp-Nutzern gefährden werden. Jedenfalls ändert die Plattform ihre Richtlinie zum Schutz dieser Daten nicht.
INFORMATIONEN, DIE WHATSAPP SAMMELT:
- Die Telefonnummer, die zum Erstellen des Kontos verwendet wird
- Account-Fotos und Informationen zu Ihrem Konto
- Telefonnummern Ihrer Kontakte auf WhatsApp
- Transaktions- und Zahlungsdaten
- Standortinformationen
- Informationen zu Ihrem Gerät (Modell, Betriebssystem und Mobilfunknetz)
- Sonstige Informationen, einschließlich IP-Adresse
Ein unfreundlicher Ansatz
Die neuen WhatsApp-Regeln haben nicht nur normale Nutzer empört, die den Hashtag WhatsAppPrivacy populär gemacht haben, sondern auch ganze Regierungen. So leitete die türkische Wettbewerbsbehörde ein Ermittlungsverfahren gegen Facebook wegen Änderungen in der Nutzervereinbarung ein:
„Die Wettbewerbsbehörde hat eine eigene Untersuchung zu Facebook und WhatsApp eingeleitet, einschließlich der Notwendigkeit, Daten von Social-Media-Nutzern und Messengern teilen müssen“, heißt es in dem Communiqué. Vor diesem Hintergrund begannen Mitarbeiter türkischer staatlicher Institutionen, Konten in Telegram und BIP, einem Messenger der türkischen Firma Turkcell, zu eröffnen.
Auch in Russland wird über die Notwendigkeit gesprochen, WhatsApp zu verlassen. So ist Alexander Malkevitsch, der erste stellvertretende Vorsitzende der Kommission der Öffentlichen Kammer der Russischen Föderation für die Entwicklung der Informationsgemeinschaft, Medien und Massenkommunikation, der Ansicht, dass „russische Beamte aufhören sollten, auf WhatsApp über berufliche Themen zu kommunizieren.“
Malkevitsch hat dazu aufgerufen, darüber nachzudenken, dass „alle unsere vertraulichen Informationen nun per Gesetz Eigentum westlicher Geheimdienste werden.“
Anton Gorelkin, Mitglied des Ausschusses für Informationspolitik, Informationstechnologie und Kommunikation der Duma, nannte den neuen Ansatz des Messengers ebenfalls „suboptimal“:
„Sie stellen ihre Nutzer einfach vor vollendete Tatsachen: Stimmen Sie unseren Bedingungen zu oder löschen Sie die App. Das ist eine unfreundliche Politik gegenüber dem Nutzer und ich denke, dass es die Popularität von WhatsApp allmählich verringern wird“, prophezeit der Abgeordnete.
Das Signal zum Wechsel
Nach der Meldung über die neuen WhatsApp-Regeln forderte der SpaceX-Gründer und neuerdings reichste Mann der Welt, Elon Musk, seine Twitter-Follower auf, zu Signal zu wechseln. Dieser Instant Messaging-Dienst wird oft von Journalisten, Aktivisten, Politikern und all jenen genutzt, die sich besonders um die Sicherheit eines Netzwerks sorgen. Er twitterte zwei Wörter: Use Signal. Benutzt Signal.
Signal ist nicht im Besitz eines großen Unternehmens, sondern arbeitet innerhalb der Signal Foundation, die von Einzelpersonen gesponsert wird. Der Messenger ist eine der Benchmarks bei der Verschlüsselung, seine Sicherheitsprotokolle werden auch von WhatsApp und Skype verwendet. Im Gegensatz zu anderen Apps sammelt Signal keine Kundendaten zu Werbezwecken, da es nicht versucht, seine Zielgruppe zu monetarisieren.
Der Messenger steigerte seine Popularität inmitten der amerikanischen Proteste gegen die Ermordung von George Floyd. Die Teilnehmer dieser Aktionen befürchteten, dass IT-Unternehmen ihre personenbezogenen Daten mit der Polizei teilen könnten. Das einzige, was Signal benötigt, wenn ein neuer Benutzer registriert wird, ist eine Telefonnummer, aber das Unternehmen arbeitet bereits daran, diese Regel zu umgehen.
Nach Elon Musks Tweet sah sich der Messenger einem massiven Zustrom neuer Kunden gegenüber, der sogar zu technischen Schwierigkeiten führte.
„Das Senden von Verifizierungscodes verzögert sich derzeit bei mehreren Anbietern, weil zu viele Leute versuchen, Signal beizutreten“, schrieb das Unternehmen auf seinem Twitter-Account.
Das Vertrauen der Benutzer
Die Anzahl der Downloads hat außer bei Signal auch bei Telegram dramatisch zugenommen. Der Gründer des Messengers, Pavel Durov, hat das direkt mit der neuen WhatsApp-Richtlinie in Verbindung gebracht.
Nach Angaben des Unternehmers hat sein Unternehmen nicht die Absicht, Daten seiner Nutzer zu sammeln oder groß angelegte Werbung einzuführen. Durov sagte auch, dass bei Facebook eine ganze Abteilung daran arbeitet, den Erfolg seiner Anwendungen zu untersuchen.
„Ich bin glücklich, Facebook zig Millionen Dollar zu sparen und unser Geheimnis kostenlos zu enthüllen: Respektiert Eure Nutzer“, sagte er.
Nach Angaben des Analyseunternehmens Sensor Tower haben zwischen dem 6. und 8. Januar mehr als 100.000 Nutzer Signal im Apple Store und bei Google Play installiert, während Telegram zur gleichen Zeit fast 2,2 Millionen Mal heruntergeladen wurde.
„Signal und Telegram sind jetzt die besten Alternativen, wenn Sie sich Sorgen um Ihre Privatsphäre machen“, schrieb Mike Butcher, Redakteur von TechCrunch auf Twitter.
Laut Sensor Tower ging die Zahl der WhatsApp-Downloads in der ersten Woche des Jahres 2021 im Vergleich zur Vorwoche um 11% zurück, es erreichte aber weltweit immer noch rund 10,5 Millionen Downloads. Im März 2020 erreichte WhatsApps Gesamtpublikum 2 Milliarden Menschen.
Ende der Übersetzung
Anmerkung in eigener Sache: Ich werde WhatsApp, das ich bisher wegen seiner großen Verbreitung genutzt habe, Ende Januar deinstallieren und komplett zu den genannten Alternativen wechseln.
Quelle:
1. Russischer Originaltext: https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/10439967
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.
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Dieser Artikel erschien zuerst am 12. Januar 2021 auf dem blog ANTI-SPIEGEL
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Bildquelle: Worawee Meepian/ shutterstock
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